FN B25 - Verwirrung beim Baujahr

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Nabend zusammen,

Ich habe hier eine FN B 25 bei der ich aus dem Baujahr nicht schlau werde. Unter dem Patronenlager ist 6996S2 eingeschlagen. Laut Browning Website heißt das Seriennummer 6996, S=Kaliber 12, 2=Baujahr1962.

Am Sicherungsschieber steht allerdings 6996S72, also Baujahr 1972. Was stimmt denn jetzt?

Ein paar zusätzliche Informationen, die vielleicht weiterhelfen: unter dem Patronenlager ist noch Sp. Skeet eingraviert. Die Flinte ist 1/4 3/4 gechocked, hat einen schwarzen Systemkasten und einen Vorderschaft mit Schraube und eine mechanische Laufumschaltung.

Kann jemand von den Spezialisten die FN anhand dieser Angaben einordnen?

Besten Dank für die Mühe!

Fledertier

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A

anonym

Guest
1972 ist richtig

auf den Läufen werden "nur" einstellige Baujahrzahlen eingeschlagen , eine Besonderheit die man weis oder nicht weis eben

Lauf 2
Scheibe 2
= 1962

Lauf 2
Scheibe 72
= 1972


findet man mit Endziffern 1-6

jetzt kommt sicher jemand und spekuliert, rein theoretisch, könnte man doch an einer 62er Basküle einen 72er Lauf finden oder umgekehrt :25:

unwahrscheinlich weil die Läufe von 1962 in Details anders gefertigt wurden als 1972 > wer sich etwas mit FN auskennt sieht das sofort

Deine Waffe ist das einfache Basis A1-Modell 1972 , in rel. großen Mengen gefertigt worden ist und die Frankonia und Kettner damals in jeder Filiale ein paar ganz selbstverständlich stehen hatte von den div. FN jagdmodellen mit 71er und 76er LL

Die Läufer wurden in unterschiedlichen Konfigurationen bei FN hergestellt und erst bei Produktion der Waffe auf das gewünschte Chokemaß gehohnt, weil bei Herstellung entweder nur zylindrisch in beiden Läufen bei vielen Skeetmodellen , sonst voll/voll

Der Kunde oder der Händler bestellte eine bestimmte Laufbündelkonfiguration "spec. game" = leichter Jagdlauf , "spec. skeet" etwas schwererer Sportlauf oder "spe. trap" schwerer Sportlauf UND suchte sich eine Wunsch Chokekombination aus.

Gängig, zeittypisch und im normalen zeitgenössischen Lagerbestand waren 12er Flinten , immer 71er LL Jagd in 1/4 und 3/4 sowie 1/2 und 1/1 , mal mit Fischbauchschaft, mal mit Pistolengriff sowie sportliche Trap, entweder als A1 = schlicht und blau oder B1 mit stahlsilbener Basküle und floraler Basisgravur, ein paar auch als B2(G) mit Geflügeldeko in unterschiedlicher Gravur-Güte

So gibt es nichts , was es nicht gab: spec. skeet in 1/1 und 1/1, "spec. game" in 1/4 und 1/2 in 71 und auch 76cm (!) , es gab schwere 71er Laufbündel "spec. trap" mit 1/2 und 1/1 und was sonst noch alles. Selbstverständlich auch damals schon 81er als Trap

es gab SKEET Flinten mit Zylinderläufen und 76er mit knapp 1/4 und 1/4 , letztere der Wahnsinn haben-haben !

so selbstverständlich, wie damals noch handgefertigten Spitzenflinten mehrfach zum AUSSUCHEN in den Verkaufsregalen standen , ist es heute nicht mehr

heute muß man selbst Basismodelle z.B. der F3 extra bestellen, weil keiner mehr irgendeine Auswahl lagern will

generell : niemals auf die Werkschokekennzeichnung mit den Sternchen verlassen. Ich habe ein paar Hundert Laufbündel auf ganzer Länge im Laufe von Jahrzehnten vermessen: bei ca 1/2 stimmte die aktuell vorhandene Chokung nicht mehr mit der eingestempelten überein

Nachträglich verbastelt: teil exentrisch vermurkst = seitliche Garbenverlagerung , schief verlängerte Patronenlager/Übergänge, voll/voll mit aufgeweitetem oberen Lauf weil einer der Vorbesitzer zuerst immer den oberen Lauf abfeuert, dann wenn nötig den unteren , Umbauten von 1/2 und 1/1 auf 1/8 und 1/1 für einen sehr schnellen hektisch hingeworfenen ersten Schuß

Chokemessung an der Mündung mittels Meßschieber ist was für Laien und Kinder. Man muß immer nach der aktuell heute vorhandenen lichten Laufweite tief drinnen schauen

Glauben heisst hier = nicht wissen , also professionell über die gesamte Lauflänge vermessen lassen wenn man es ernst meint mit dem Flintenschiessen oder seriösem Sammeln
 
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Hallo!

Vielen Dank für die sehr ausführliche und offensichtlich fundierte Antwort! Darf ich fragen woher Du dein Wissen über FN- Flinten beziehst? Bist Du Büchsenmacher, Beschussamtler, Gutachter oder Sammler?

Ich hab die FN man jetzt gerade ein paar Monate, aber bin so begeistert von der, dass ich mir vorstellen kann, dass das nicht meine letzte sein wird :)

Schönen Abend!

Fledertier

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anonym

Guest
Wer so nett fragt und so begeistert ist, dem helfe ich gern....wenn ich gerade Zeit und Bock habe :26: und wenn mir was dazu einfällt
 
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Rundu schrieb:
:27: ich mag Iltis :27:
Super Beitrag
auch ich habe keine Ahnung welches Baujahr meine FN B25 B2G ist,die W.Nummer ist 8H3PW1833 . Auf dem Lauf steht Made in Belgium By Fabriµue Nationale Herstal und Browning Arms Company Morgan Utah und Montreal , Iltis ich brauche dein Fachwissen . danke
 
A

anonym

Guest
zermatt schrieb:
Rundu schrieb:
:27: ich mag Iltis :27:
Super Beitrag
auch ich habe keine Ahnung welches Baujahr meine FN B25 B2G ist,die W.Nummer ist 8H3PW1833 . Auf dem Lauf steht Made in Belgium By Fabriµue Nationale Herstal und Browning Arms Company Morgan Utah und Montreal , Iltis ich brauche dein Fachwissen . danke


Hallo Zermatt,

Deine B25 ist eine echte B25 , gebaut in allerbester Herstellungsgüte 1984. Sie wurde im belgischen Liege (Herstal) gebaut in Manufakturqualität und hat als B2G eine schon sehr ansehnliche Handgravur. Schau mal auf die Unterseite der Basküle. Die B2G Gravuren wurden nicht von einem einzelnen Gravurmeister, sondern meist von einem aus der Gruppe der Haus-Gravuere von Hand angefertigt. Es gibt aber, Augen auf, auch Meistergravuren nur in "B2G" Style, jedoch in viel höherer handwerklicher Güte. Wenn also aus betriebsinternen Gründen nur rel preiswerte B2G Style-Gravuren von den Kunden gewünscht worden sind, dann haben aus personellen Gründen z.B. in Urlaubszeiten oft auch die Meister so was" rel unaufwendiges" angefertigt. Oft ist seitlich am Rand ein kleiner Namensschriftzug zu lesen, Lupe in die Hand nehmen. Diese Flinten sind einen Aufpreis wert.

Die B2G war die beste Gravurstufe, welche von den damaligen Importeuren wie z.B. Frankonia gelagert worden ist. Solche Waffen konnte man früher bei Kettner und Frankonia oder andereren führenden Einzelhändlern lagermässig betrachten und sofort kaufen.

Die B25 der Varianten A1 , B bis B2G der Ära 1982-1986 waren die letzten Waffen, welche in Kleinserien gestellt und zum sofortigen Kauf damals gelagert worden waren.

Ab 1985/86 wurde die Herstellung anders arrangiert: die B25 wurde zu reinen Einzelanfertigung bei explodierenden Preisen. Kostete die frühere Serienflinte in schlichter schwarzer Basküle noch rund 2000 Dollar + Aufpreise je nach Gravur mind ab 1000 Dollar , ging in Einzelanfertigung nichts mehr unter 6000 Dollar , obwohl sich weder die Art noch der Herstellungsort noch die handwerkliche Güte geändert hatte.

Um nicht die Umsätze kollabieren zu lassen, wurde dann schnell die sog B 125 als zusätzliche Produktionslinie eingeführt. Immer noch in Herstal gebaut, jedoch wurden die Teile von preiswerteren Zulieferbetrieben eingekauft und in Herstall fand gewissermaßen nur noch die Endmontage statt.

Deine Flinte ist wenn gut erhalten "wertvoll" nach internationalem Maßstab. Neue Flinten von Brünner über Blaser , Browning, Beretta , Benelli oder Baikal können in beliebiger Stückzahl weiter produziert werden, was die Märkte erfordern. Deine handgefertigte Flinte ist heute 2012 in Herstal selbstverständlich neu bestellbar: Wartezeit ca 1 Jahr und wird in B2G um 20.000 Euro cash kosten.

Müssig darüber zu sinnieren, ob die Flinte heute neu 20.000 Euro wert sei. Wer über Anschaffungspreise von hochwertigen Gütern lamentiert, ob Waffe , Uhr , Antiquität, Sportwagen usw. kann oder will sie sich sowieso nicht leisten :26:

Zur Seriennummer

8H3 = hausinterner Code für diese Variante
PW = Codierung des Herstellungsjahres
1833 = fortlaufende Seriennummer

8H3PW1833 ist die komplette Seriennummer zur Waffenidentifikation und gehört so in die WBK

Oft erlebt, daß nur die Zahlen als Nummer eingetragen worden sind , aber "nur die Ziffern" reichen nicht aus, eine Waffe identifizierbar zu machen.
 
A

anonym

Guest
Nachtrag

B2G , die erste Gravurstufe bei FN welche leicht plastisch relief-artig mit aufsteigender Ente und Fasan gestochen wird. Seit 1967/68 die Gravurvorlage, die zeitlos bis heute seit mehr als 45 Jahren unverändert weiterhin angeboten wird. Komplett von Hand.

3cs_b25_gradeb2g.jpg


Keine Maschinenprints wie bei den heutigen Heritage , welche nach Fertigstellung durch den Maschinenroboter nachträglich von einfachen Mitarbeitern bewußt "beschädigt = entperfektioniert" werden, um die seelenlose perfekte Uniformität der Fertigungsroboter menschlicher = fehlerhafter zu machen. Man darf natürlich dabei nicht vergessen, daß die komplette Dekoration der Heritage ( NP je nach Händler 7.000 - 9,000€) per Hand in Form einer B25 dann 40.000-50.000€ kosten würden

Die Frage , die sich echte Gentlemen nicht stellen: würde eine echte, aber nur vergoldete Day-Date ausreichen ? :14: Egal: den Käufer muß es gefallen und in deren Kostenrahmen passen.

Mir wäre eine erstklassig erhaltene echte B25 als B2G 1000x lieber , aber das ist wie immer eine rein persönliche Sichtweise


-------------------------------------------------------------------------------------------

Aus einem Parallelthread hier, die gravierte Browning B425 , eine sog Stempelgravur: Klack und fertig, und deswegen nur auf planen Flächen möglich

Rollstempel und neuzeitliche Laserbrenngravuren können auch in Profilen und Rundungen angebracht werden

12376631qz.jpg


12376634hj.jpg


:21: bilde ich es mir nur ein oder haben die Pekingenten Schlitzaugen ? :26:
 
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anonym

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@ Iltis
Ist zwar OT hier aber genau diese Beiträge hier schätze ich sehr an dir!

Wollte dir eigentlich eine PM Schicken das geht aber leider nicht
 
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Danke Iltis für Deine fachliche,sehr fundierte Antwort.
Es ist immer eine Freude, Deine Beiträge in diesem Forum zu lesen.
Der Graveur der B2G war R. Campa.
 
A

anonym

Guest
zermatt schrieb:
Danke Iltis für Deine fachliche,sehr fundierte Antwort.
Es ist immer eine Freude, Deine Beiträge in diesem Forum zu lesen.
Der Graveur der B2G war R. Campa.


Gib den Flintenfreunden hier doch die Chance , Deine Flinte mit ein paar hochgeladenen Fotos bewundern zu können, wenn Du magst
 
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Hallo Iltis ,

Ich finde Deine Ausfuehrungen klasse und wuerde mich freuen mehr von Deinem Wissen in diesem Forum zu lesen.
Wmh
Fb

Ps: Bilder der besprochenen Flinte wuerde ich auch gerne sehen.
 
A

anonym

Guest
Faszination B25

Passt noch in diesen Thread:

http://www.youtube.com/watch?v=ai3cckIG ... re=related

hier wird gezeigt, wie Kunde Martin Newby seine bereits weitestgehend fertig gestellte, schon gravierte B2G begutachtet

Schaut Euch die "alten Fabrikhallen an". Der Custom Shop befindet sich in den alten historischen Hallen , man sieht nich die alte Dachkonstruktion der 30er Jahre.

Im Bereich Polishing am Ende des Video wird gezeigt, wie Läufe aufgeweitet werden mittels einzeln individuell gegossenem Bleipolierkopf.

Kundenbindung. Man kennt die wenigen Mitarbeiter oder lernt sie kennen, weis wer welcher Spezialist für welchen technischen oder dekorativen Arbeitsschritt einer bestimmten Flinte zuständig ist oder war. Man trifft sich wieder, wenn in gewissen Abständen die Flinte im Custom Shop überprüft und gewartet wird oder zum anpassen oder Nachdichten nach langer langer Zeit. Wer mag und artig ist, darf zuschauen, die ggf. begleitenden Damen gehen derweil im Zentrum von Lüttich shoppen.

Es dient dem Werterhalt, wenn Revisionen nicht nur "nach Werksstandarts" , sondern im Werk vorgenommen werden und es lohnt sich, eine Gebrauchtwaffe dorthinzu geben.
 

KND

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19 Jun 2012
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Hallo Iltis,

ganz, ganz großes Kino. :27:

Vielen Dank für die vielen informativen Beiträge
hier in der Flintenabteilung.

Bitte weiter so.

Grüße KND
 
A

anonym

Guest
KND schrieb:
Hallo Iltis,

ganz, ganz großes Kino. :27:

Vielen Dank für die vielen informativen Beiträge
hier in der Flintenabteilung.

Bitte weiter so.

Grüße KND

Vielen Dank.

OT
Es freut mich, wenn andere etwas informiert und unterhalten werden über Themen, die in den Jagdzeitschriften mir zumindest fehlen. Sicher für jeden Leser ob online oder im Print eine kleine Anregung , den Redakteuren mal ein Feedback zu geben, was man gerne regelmäßig und häufiger lesen würde. Nur mit einem regen Austausch zwischen Lesern /Abonnenten <> Redaktion kann gemeinsam ein Produkt "Jagdzeitschrift" verbessert werden. Mir sind die Profile oft viel zu altbacken, bei modernem Layout jedoch inhaltlich irgendwo in den 50er Jahren hängen geblieben. Ich benötige keine Wildrezepte , Mondphasenkalender , Traditionsschmuserrei der ewig Heimatverbundenen , Knochenschau und Musikantentenstadl recycelt aus dem Kellerarchiv.

Mir fehlen frische Berichte, raus mit den Reportern in die Reviere und auf die Schießstände , zu Wettbewerben , internationalen Veranstaltungen und Firmen.

Die Zielgruppe besteht doch nicht nur aus den der deutschen Heimat traditionsverwurzelten Waidmännern im Rentneralter ?

Oder doch :23: ?
 

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