Rehleder

A

anonym

Guest
Da es im weiteren Sinne um "Verwertung" geht stelle ich das Thema hier mal ein.


Hat jemand Erfahrung mit Rehleder?:what:

Anfallen würde ja genug, man müsst es nur mal zum Gerben geben. :roll:

Und taugt das dann auch für Kleidung - Hosen usw. ?


Eigentlich ist es ja zu schade zum Wegwerfen.

Haut mal raus Eure Meinung, und natürlich Eure evtl. gemachten Erfahrungen - gute wie schlechte.
 
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Rehleder ist was Feines... gut gegerbt trägt es sich wie Samt und ist federleicht, selber besitze ich noch eine Jacke aus demselben, und die hat jetzt 20 Jahre auf dem Buckel... Das ähnelt dann immer Old-Shatterhand, aber ohne Cowboy -fransen

Beim Zerwirken mußt Du entsprechend aufpassen auf Schnitt, genauso wie beim Fuchsbalg, Was häufig entwertent ist, sind der Ein/ausschuß oder auch die ganzen Löcher von Parasiten etc. dementsprechend ist der Wert gemindert auch für den Gerber. Der Aufwand für die Weiterverarbeitung kann dann schon beträchtlich sein.
Und zum Wert: ich wollte meiner Frau in Salzburg ein Kostüm aus Rehleder kaufen (Innenstadt)... der Preis lag bei der Kombination bei >2,500 €....... Hab es sein lassen, weil mir der Schnitt nicht gefiel und es definitiv überteuert war, aber nach 3 Tagen war es weg. Das alte Gesetz: die Ware ist das Wert, was der Käufer bereit ist zu zahlen...
Wir haben es früher auch als Fensterleder für Auto und Fensterscheiden benutzt, alles piko-bello sauber.
Was noch möglich ist, ist auch eine Anfertigung als Mokassin oder halbhoher Schaftstiefel für den Sommer, ähnlich den Indianern. Das wollte ich mal ausprobieren, strapazierfähig ist es wie alle Leder auch, aber halt sehr fein. Nichts für Riemen etc (Zugbelastung).
 
A

anonym

Guest
Gute Idee.
Drei Möglichkeiten:

1.) Dem Gerber verkaufen. Da kriegst wenig. Der sieht kleinste Schönheitsfehler sehr kritisch, um den Preis zu drücken.

2.) Dem Gerber zur Lohnarbeit übergeben. Er soll das gerben. Das ist teuer und zahlt sich meineserachtens nur selten aus.

3.) Selber gerben ! Das könnte interessant sein so wie Wiederladen.
Eine Lohe anfertigen. Kann man ja mal probieren, kostet ja nichts.
"Schön" wird das Ergebnis sicher nicht – eine Jacke draus nähen lassen für die Gattin – kannst vergessen. Aber Mokassins oder einen Jagdbeutel daraus anfertigen (lassen), könnte eine Idee sein. Eine bleibende Erinnerung. Und haltbar sicher auch, wenn man mit traditionellen Mitteln gerbt, sogar viel besser als so manche gekaufte Sachen. Aber ob man für einen Rucksack unbedingt Rehleder nehmen soll ? Na ja, ist wenigstens geräuschlos. Für eine Jagdtasche wohl zu weich. Ich kenne einen Jäger, der hat so etwas schon einmal gemacht, so eine Jagdtasche aus selbstgegerbtem Leder. Ich glaube es war Leder von Hirsch (oder Wildsau ?) – war viel Arbeit und das gerben in der Naturlohe dauerte sehr lange, was aber nichts macht. Ob er mit Eichenrinde gerbte, weiß ich jetzt nicht mehr.
Ich denke, das ist so wie selber Wurst machen – eine schöne Spielerei halt. An die Arbeitszeit darf man da nicht denken !

Der Bekannte hat sich ein Paar Lederstrümpfe / Ledersocken / Mokassins aus zwei selbstgegerbten Stücken Rehleder genäht. Da brauchen die fehlerlosen Flächen nur klein zu sein. Für die Pirsch ist das gut, sagt er, weil die Rehledersohle geräuschlos ist.
 
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Die Arbeitsschritte beim Gerben sind (lt. Wikipedia) :

Weiche
Hautaufschluss im Äscher (Enthaaren und Auflockerung des Hautfasergefüges)
Entfleischen (mechanisches Entfernen des Unterhautbindegewebes)
Spalten (bei dicken Häuten)
Entkalkung
Enzymatische Beize
Entfettung (nur bei Hautarten mit viel Naturfett, z. B. Schwein, Schaf)
Vorgerbung (Pickel): Vorbereitung auf die Gerbung
Gerbung
Entwässern (Abwelken)
Dickenregulierung (Falzen)
Nasszurichtung (Bleichen, Nachgerben, Färben, Fetten)
Ausrecken (Strecken und Entwässern)
Trocknung
Anfeuchten (Konditionieren)
Weichmachen durch mechanische Bearbeitung (Stollen, Millen)
Trocknen
Trockenzurichtung (Oberflächenbehandlung)

Ob man das als Anfänger alles so gut hinbekommt ? Bei Birke kostet das Gerben einer Rehdecke um die 40 Euro, ist wahrscheinlich doch billiger.
 
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Habe mich auch schon öfters damit auseinander gesetzt und der gestartete Versuch wurde aufgrund Zeitmangels abgebrochen.

Sobald dieses Jahr der erste Jungdachs oder Frischling gestreckt wird, wird sorgfältig abgeschwartet. Der erste Versuch sollte von der Fläche her überschaubar und die Schwarte nicht zu dick sein. Eine dicke Haut ist zwar stabiler beim entfleischen, das Gerben geht jedoch länger.

Habe letztes Jahr an einem starken Dachsrüden gearbeitet, aber wie gesagt leider abgebrochen. Mit den sommerlichen Temperaturen hatte ich zudem grosse Probleme mit den Fliegen (Maden) und Wespen, welche spätestens nach einer Stunde in grosser Zahl vorhanden sind :thumbdown:

Am besten währe es die gesammelten Decken und Schwarten einzufrieren bis die Temperaturen etwas abgesunken sind.

Im Internet finden sich viele Infos und Methoden. Schlussendlich habe ich mir jedoch das Buch "Gerben, Leder und Felle" von Ursula Reeb und Helmut Ottiger bestellt. Ist eine wirklich gute und solide Einführung in das Thema und erklärt Techniken, welche mir durch das Web noch unbekannt waren. Kann ich nur empfehlen :thumbup:

Es sind zum Glück, je nach Gerbverfahren, nicht ganz so viele Arbeitsschritte wie in Wikipedia aufgelistet. Der gesamte Aufwand ist jedoch trotzdem immens, das Wiederladen ist im Vergleich zuhause schnell abgehandelt.

Es wäre genial wenn man jedes Stück Wild so verwerten könnte, jedoch ist es aufgrund des aufwands schlicht nicht möglich, wenn man des öfteren Weidmannsheil hat.
 
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anonym

Guest
Ob man das als Anfänger alles so gut hinbekommt ? Bei Birke kostet das Gerben einer Rehdecke um die 40 Euro, ist wahrscheinlich doch billiger.


Ich glaube, so soll man das nicht betrachten. Wenn man Mühe und Geld rechnet, so wäre es unterm Strich unsinnig, auf Entenjagd zu gehen. Da käme es weit billiger, Enten vom Wildprethändler zu kaufen . . .

Aber es macht ja Spaß, selbst etwas zu leisten
 
A

anonym

Guest
Geräuschlose Pirsch-Mokassins oder einen Jagdbeutel aus Rehleder finde ich eine schöne Aufgabe.

Aber muß es unbedingt Rehleder sein ??

Hirsch und Wildsau sind auch interessant und haben Vorteile
 
A

anonym

Guest
Hier dürfte die Rede vom Hausschwein sein. Beim Wildschwein gibt es das Fettproblem sicher nicht.
edit

Zum Thema:
Die Verwendung von Rehhäuten ist recht vielfältig.
-Die Winterdecken finden Freunde bei Fliegenfischern, die sich aus dem Winterhaar Fliegen basteln. Eine getrocknete Winterdecke befriedigt allerdings den Bedarf mehrerer Landkreise...
-Eine oder 2 Winterdecken hänge ich getrocknet im Frühjahr auf und freue mich an den vielen Singvögeln (vornehmlich Meisenarten), die sich die Haare zum Nestbau zupfen.
- Eine relativ große Menge geht an div. Experimentalhobbyarchäologen. Die machen Trommelfelle draus (hierfür ist Rehleder besonders gut geeignet) und gerben für andere Verwendungen.
- Ein archäologisches Museum in Süddeutschland erhält für die sommerlichen Jugendcamps auch regelmässig Häute.
- Gelegentlich hebe ich die Asche aus dem Kachelofen auf und mache daraus die Lauge zum Enthaaren. Das Zwischenprodukt kann dann gelagert und gelegentlich weiter verarbeitet werden. Hirngerbung mit anschließender Räucherung ist auch für den Anfänger machbar, das Stollen stellt allerdings eine echte Herausforderung an Fleiss und Durchhaltewillen:biggrin:.
- Konventionell in der Gerberei gegerbte Rehhäute können schon zu allem möglichen verwendet werden. Vor der Erfindung des Microfasertuchs dienten sie vornehmlich als Fensterleder.

In Biberach an der Riss sowie in Hindelang gibt es jeweils eine sehr gute Altsämischgerberei die sehr schöne Rehleder machen. Der Einsatzzweck ist aber aufgrund des relativ dünnen Materials eingeschränkt. Meine Fernglashülle ist z.B. aus Sämischleder aus BC.

An meinem alten Wohnort hatte ich mit dem dortigen Gerber vereinbart, alle Schwarten, Bälge und Decken die ich nicht selber brauchte einfach vor die Hintertür zu werfen. Er suchte sich dann das raus, was er selber brauchen konnte, der Rest kam halt in die Tonne. Im Ausgleich hat er mir dafür immer mal wieder was ohne Berechnung gegerbt.
Die Firma "friendly fur" in Berlin kauft unter bestimmten Voraussetzungen alle Winterraubwildbälge und ist recht experimentierfreudig. Man könnte die vielleicht auch für Rehleder begeistern...

zu guter Letzt: Eine mit Haar gegerbte Sommerrehdecke gehört zur sommerlichen Blattjagdausrüstung zwingend dazu, siehe den Beitrag "der Bock sieht rot" von E. Marek aus dem Konkurrenzblatt.
 
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Rehleder sind m. E. besser als Microfaser.Die MF-Tücher hinterlassen auf der Karosse noch winzige Perlchen,wohingegen die Behandlung mit Rehleder beim Nachwischen nur Glanz hinterläßt.Meine Holde fährt mit ihren Brummer nie in die Waschanlage ,denn sie hat Angst vor dem Gerät. Das Caprio kommt sowieso nicht da rein.Mit meinem "Eisenschwein" gehts da manchmal durch -kein Vergleich mit einem abgelederten Fahrzeug. Meine Rehleder sind jetzt gut 20 Jahre alt und halten noch paar Jahre.
 
A

anonym

Guest
Manche Vorderladerschützen verwenden Rehleder als Schußpflaster.
Und zwar in Büchsen, damit die Kugel den Zügen folgt, aber auch für die Flintenkugel, damit sie stramm sitzt.

Andere nehmen den Stoff von alten Jeans.
 
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Die klassische Verwendung ist als Autoleder zum trocken ledern der nassen Oberflächen nach dem waschen.
Heute gibts das eigentlich nur noch aus Lammleder, Rehleder ist besser.
 
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N'abend,

mal angenommen, ich würde meine Rehdecken gern besser verwerten - u.a. als Leder (egal ob zum Putzen oder um was draus zu schneidern): Sind die Sommer- oder die Winterdecken besser geeignet oder schenkt sich das nichts?
Wie gesagt, es geht nicht um Decken mit Haaren sondern reines, haarloses Leder.

Grüße und Danke
Baffi2003
 
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Aus Rehleder kann man hervorragende Handschuh fertigen - an meine Rehledernen kommt nichts heran - auch für den Sommer.

Leider bekam ich bei Roeckl keinen Nachschub mehr. Begründung: Es gebe kein brauchbares Rehleder mehr auf dem Markt!

Inzwischen hab' ich mir welche maßanfertigen lassen bei: Handschuh-Wappler aus dem Erzgebirge. Hervorragende Arbeit, schnell und preiswert - kann ich sehr empfehlen. Und v. a. sämisch gegerbt!!!


Mir ist allerdings nicht erklärlich, wie es einen Mangel an Rehleder geben kann...

Gruß

Berlenz
 

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