Geschosswirksamkeitstest mit Bleifrei-Konstruktionen in 7mm - mit einfachen Mitteln

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Ich habe von meinem Vater seinen Heymdrilling geerbt, der mich als Jugendlicher schon sehr interessiert hatte. Er hat das Kugelkaliber 7x57R wie die allermeisten in den frühen 60er Jahren, ist leicht, kurz und extrem führig. Bleifreigeschosse verwende ich schon seit Ende der 70er Jhre (wenn man das 10g ABC in 7x65R dazu zählen darf). Als dann die Barnesgeschosse in D auftauchten, habe ich sie auch schon in mehren Kalibern verwendet, vorher allerdings mit den mir zur Verfügung stehenden Mitteln vorgetestet.

Das Kaliber 7x57R wird nicht nur aus nostalgischen Gründen weiter geführt. Es dürfte eine Zukunft in leichten, auch hochwildtauglichen Kipplaufwaffen haben, vorausgesetzt, es ist auch wirkungsvoll mit Nichtbleigeschossen verwendbar. Ich sehe diesbezüglich keine grundsätzliche Alternative zu den homogenen Konstruktionen wie ABC (leider nicht mehr produziert), den Barnes-X-Varianten und hiesigen Nachfolgekonstruktionen aus Kupfer oder Tombak. Auch RWS hat sich mit dem HIT dem Trend gebeugt.

Wegen des niedrigen Maximalgasdrucks der 7x57R kann mit schwereren (> 8g) Homogengeschossen nicht jene Auftreffgeschwindigkeit erreicht werden, welche nicht nur nach meiner Erfahrung bei gut 800 m/s liegen sollte, damit auch Rehe ohne Knocheneinschüsse gut darauf ansprechen. Die Jagdmunitionshersteller bieten hier NICHTS - man muss zu Kleinherstellern und gewerblichen Wiederladern gehen, um in 7x57R entsprechens zu erhalten. Aber worauf dabei achten, was ist bewährt, was sinnvoll?

Nicht jeder kann oder will Wirksamkeitstest veranstalten, den diese erfordern ein gewisses Mindestequipment und Auswertungsmethoden. Meine persönliche Ausrüstung für diese Test beschränkt sich auf ein V-Messgerät, Telefonbücher, Wasser, Zollstock und den PC mit Quickload. Was kann man mit diesen beschränkten Mitteln überhaupt erreichen, macht das auch Sinn?

Im besagten Kailber 7x57R habe ich Homogengeschosse etwa im Gewichtsbereich 7g verglichen und darauf geachtet, dass diese das Ziel "nasse Telefonbuch-Stabel" mit etwa 825 m/s getroffen haben. Es waren folgende Geschosse:

  • Das 7g HDB-Spezial von Reichenberger (selbstgeladen)
  • Das 7,6g Jaguar Classic (Fabrikpatronen)
  • Und das 7,1g DSG (Doppelscharfrandgeschoss, selbstgeladen)

Es sind drei grundsätzlich anders konstruierte Bleifreigeschossse, ein "Aufpilzer", ein Teilzerleger und ein massestabiler "Verdränger". Was fehlt ist das 120 gr Barnes TTS(X), das ich momentan nicht zur Verfügung hatte und im Konstruktionsprinzip dem HDB gleicht.

Die Ergebnisse werde ich in Etappen einstellen. Eigentlich sollte daraus mein erster Blog werden, aber es ist mir nicht gelungen, die Sache hochzuladen. Das angehängte Bild zeigt die Patronen und die Geschossreste, genauere Bilder folgen.

Elmar
 

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Respekt für den Versuch.
Alles ist besser als nix.
Leider sind Telefonbücher mehr für die Ermittlung des Durch- und Einschlages brauchbar,
als für das wild-analoge Verhalten der Geschosse.
Erst einen simplen Versuch mit ca. 780 m/s gemacht, wobei ein einfaches TMS-BKG durch 4 nasse TeBü durchrauschte.
Für KW-Muni eignet sich gut Fensterkitt, was aber bei Gewehrmuni versagt. Da müsste man einen ganzen Eimer voll nehmen.
 
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Zum Thema "nasse Telefonbücher" gehen die Meinungen stark auseinander - von ungeeignet bis fast optimal. In den USA wird dieses Medium durchaus geschätzt, und für mich war keine Alternative greifbar. Das Problem ist die Auswertung - dazu komme ich später.

Jetzt erst noch ein paar Infos zu den Geschossen vorher - nachher. Die ersten und zweiten Bilder zeigen die Geschossreste , die Tabelle fasst einige Grunddaten zusammen. Dass das HDB gut aufpilzt und das Jaguar seine Spitze abgesplittert hat (Splitter im Medium), war nicht überraschend. Interessant war, dass das DSG am zweiten Scharfrand, der besonders tief ausfällt, sich leicht gestaucht hat und eienen etwas größeren Durchmesser aufweist.

Der Jaguar-Rest ist signifikant tiefer durchgeschlagen, die beiden anderen Geschosse sind etwa gleich tief eingedrungen. Allerdings steht dahinter ein sehr unterschiedliches Verhalten im Medium. Dazu bald mehr.

E.
 

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Das Tabellenbild ist zu klein ausgefallen, daher hier noch als Text:



Geschoss
Restgewicht (g /%)
Durchmesser Geschossrest (mm)
Fläche Geschossrest (mm2)
Eindringtiefe (cm)
Anmerkung
DSG (7,1g) form- und massestabil
7,1 / 100
7,5
177
33
Zweiter Scharfrand angestaucht
HDB (7g) massestabil
6,9 / 98,5
etwa 13
etwa 530
34
vollständiger Geschosspilz
Jaguar Classic (7,6g) Teilzerleger
5,0 / 66
7,9
196
47
Vorderteil komplett abgesplittert, Rest leicht angestaucht

E.
 
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Dass das DSG ein Impala Analogon eines weiteren Hobbydrehers ist, hatte ich diesem schon bei einem seiner Auftritte gesagt.
Und deshalb die Wirkung ganz ähnlich sei und nicht so wie von ihm vollmundig behauptet.
Was ihn nicht begeisterte.
 
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Das DSG ist ganz klar ein Impala-Nachfolger. Aber angeblich richtungsstabil im Zielmedium. Und ich wollte unbedingt mal etwas persönliche Erfahrung mit einer derartigen Konstrktion sammeln. Die ersten Testergebnisse sind durchaus aufschlussreich.

E.
 
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Guest
Dass das DSG ein Impala Analogon eines weiteren Hobbydrehers ist, hatte ich diesem schon bei einem seiner Auftritte gesagt.
Und deshalb die Wirkung ganz ähnlich sei und nicht so wie von ihm vollmundig behauptet.
Was ihn nicht begeisterte.
Mutig ;-)
Womit du zweifelsfrei recht hast. Der gestauchte Rand rührt, ebenso wie die geringere durchschlagsleistung, vom Überschlag herB-)
 
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@ safarischorsch

Die Energieabgabe ist bei allen 3 Geschossen IN DER SUMME praktisch gleich ( da praktisch gleiche kin. Auftreffenergie - komplett bis zum Geschossstillstand abgegeben). Interessant ist eigentlich der Verlauf der Energieabgabe. Dazu mehr, wenn ich zu meiner Auswertung komme.

Die Diskussion dreht sich jetzt schon vorwiegend um das DSG. War zu erwarten. Dass sich die leichte Aufstauchung beim Geschossüberschlag gebildet hat, wage ich zu bezweifeln. Dazu ist der Rand viel zu gleichmäßig angestaucht. Ich meine, dass diese Aufstauchung sich überwiegend beim Auftreffen herausgebildet hat.

Ich hänge noch ein Bild an. Es zeigt das DSG, so wie es auf den letzten Seiten des letzten Telefonbuches gefunden wurde. Leicht entgegen der Schussrichtung gedreht. Mit kräftigen Rissen im (natürlich nassen) Papiermedium.

E.
 
G

Gelöschtes Mitglied 9162

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@ safarischorsch

Die Energieabgabe ist bei allen 3 Geschossen IN DER SUMME praktisch gleich ( da praktisch gleiche kin. Auftreffenergie - komplett bis zum Geschossstillstand abgegeben). Interessant ist eigentlich der Verlauf der Energieabgabe. Dazu mehr, wenn ich zu meiner Auswertung komme.



E.


Sic! Bei identischem Speed und fast identischen Gewichten!

Doch das eine drang logischerweise nicht so tief ein, weil der Verformungsprozess an der verfügbaren potentiellen Energie gezehrt hat und der Pilz die Durchschlagsleistung extrem vermindert.

Doch wo soll die Energie des DSG im Vergleich zum Jaguar geblieben sein, welches durch Wegbröseln bis zur Hälfte potentielle Energie "verloren" hat.

Im übrigen, waren die Telefonbücher gewässert? Telefonbücher eignen sich für die Dokumentation von Überschlägen nicht, auch nicht so gut die Gelatine, letztere nur vernünftig mit Highspeedkamera. Aber ballistische Seife ist dafür gut geeignet.
 
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@ safarischorsch:
Doch wo soll die Energie des DSG im Vergleich zum Jaguar geblieben sein, welches durch Wegbröseln bis zur Hälfte potentielle Energie "verloren" hat?


Das Jaguar hat zwar einiges an Masse verloren, aber nicht gleichviel an kinetischer Energie, weil darin ja die Geschwindigkeit zum Quadrat enthalten ist, Wieviel E_kin nach Splitterabgabe das noch Jaguar hatte, das kann man mit meinem einfachen Versuchsaufbau (mit durchnässten ! Telefonbuchstabeln) nicht feststellen.

Noch ein Nachtrag zum DSG. Nicht nur der zweite Starkrand war angestaucht, sondern auch etwas die Flachkopfspitze. Am ersten Scharfrand, der angeblich "Ableitungsfunktion" haben soll, war nichts festzustellen. Dass das DSG beim Aufschlag auf das Zielmedium wirkt, kann man u. a. auch daran erkennen, dass auf der Titelseite des ersten Telefonbuchs eine Kreisfläche im Durchmesser 50 mm aufgebröselt war. Beim HDB war es ein 40 mm und beim Jaguar nur ein 20 mm Durchmesser.

E.
 
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So, ich komme jetzt endlich zu meiner Auswertung. Sie beruht auf dem Prizip der Risslängenausmessung, wie sie früher bei RWS/DWM üblich war (s. Lampel/Seitz 1983, Jagdballistik, Seite 148 -161). Ich habe entsprechend alle 2 cm die Durchmesser der sichtbar durch Risse oder Papierstauchungen beeinträchtigten Papierflächen ausgemessen (auf 5 mm genau) bis zum Ruhepunkt des Geschosses. Diese Risslängen sollen nach den obigen Angaben in direkter Beziehung zur abgegebenen Energie stehen. dem kann ich aber nicht ganz folgen. Dazu unten mehr.

Das angehängte Bild zeigt diese "Risslängenverläufe" für die 3 Geschosse. DAZU MUSS ICH EINIGES ERKLÄREN!


  • In vielen Fällen entstammen die gemessenen Risse nicht einer kreisrunden Form der Energieabgabe, sondern einer ovalen. Ich habe im Diagramm die Messpunkte markiert, wo länglich-ovale Wirkungsflächen mit einem maximalen Durchmesser ausgemessen wurden. Dieser Effekt betrifft v. a. das Jaguar und das DSG-geschoss. Nur an zwei Stellen konnte beim HDB eine ähnliche Ovalfläche festgestellt werden.
  • Dieser Effekt verzerrt die Messergebnisse, weil eine ovale Fläche eigentlich eine geringere Energieabgabe anzeigt als ein runde Kreisfläche mit dem gleichen Durchmesser. Die Energieabgabe der beiden Geschosse DSG und Jaguar ist deshalb in der Realität geringer als es im Diagramm erscheint.
  • Man müsste daher eigentlich die Kreis-/Ovalflächen ausmessen und statt der "Risslängen" in das Diagramm eintragen. Der Aufwand wäre allerdings unverhältnismäßig höher.

Naürlich wäre es auch sinnvoll, je Geschoss mindestens 3 Versuche zu unternehmen und die Mittelwerte einzutragen. Dann wären die Verläufe eher geglättet und die Messwerte zuverlässig.

Ein Ergebnis ist für mich besonders deutlich erkennbar. Das Jaguar, vor allem aber das DSG geben nach einer gewissen Strecke ihre Energie vor allem durch mehr oder weniger ausgeprägte Pendelbewegungen des Geschossrests bzw. des kompletten Geschosses ab! Das hatte ich nicht so deutlich sichtbar erwartet.

Elmar
 
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Gelöschtes Mitglied 9162

Guest
Ein Ergebnis ist für mich besonders deutlich erkennbar. Das Jaguar, vor allem aber das DSG geben nach einer gewissen Strecke ihre Energie vor allem durch mehr oder weniger ausgeprägte Pendelbewegungen des Geschossrests bzw. des kompletten Geschosses ab! Das hatte ich nicht so deutlich sichtbar erwartet.

Elmar



Deutlich erkennbar ist für mich was anderes. Frag mal P226 warum genau bei 160mm die Risslängen beim DSG so ansteigen...:cool:
 

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