Materialermüdung

steve

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Stichwort Materialermüdung: Ich hatte am Sonntag einen Hahndrilling aus dem frühen 20.Jahrhundert in der Hand. Ein sehr feines Teil. Nebenan im Schrank stand ein 98er, auch über 100 Jahre alt. Gibt es Erfahrungen zur Sicherheit/Haltbarkeit alter Schusswaffen? Ist beipielsweise bei den 98er Systemen irgendwann mal der Punkt zu erwarten an denen dem Material die Puste ausgeht?
 
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Bin kein Experte, aber Ermüdungserscheinungen beim Material kommen meines Wissens von Belastung.

Wenn die beiden Waffen so lange im permanenten Gebrauch waren würde ich einen Fachmann gucken lassen.
Standen die solange gut konserviert! im Schrank würde ich mir da eher weniger Gedanken machen.
 
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Material altert, ob es belastet wird oder nicht. In wie weit das bei Waffen für die Sicherheit relevant ist - > ich hab keine Ahnung.
 
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Hallo Steve,

nach über 100 Jahren am 98er wohl noch nicht.
Ich war letzte Woche mit meinem Haenel M88 (Vorgänger des 98ers !!!) auf´m Stand und das Ding schießt auch noch nach 100 Jahren sagenhaft.
Kommt halt immer drauf an, wie man seine Sachen pflegt. Ich habe auch schon Jagdwaffen aus den 70er/80er Jahren gesehen, die aussahen als hätte man sie 50 Jahre im Waldboden vergraben gehabt und zum Schluß noch mit ´nem Traktor überfahren.
Läufe innen pockennarbig, außen mehr rot/braun als schwarz und das Holz: da habe ich im Kaminholzstapel in meinem Schuppen qualitaiv besseres liegen.

Mein Drilling ist von 1908 und da ist 2008, also genau 100 Jahre !!! später der Schlagbolzen des rechten Schrotlaufes gebrochen.
Hat den Büma dann gut 1Std. gekostet einen neuen aus dem Vollen zu drehen (Ersatzteil ist nicht, die Fa. Collath gibt´s seit 1942 nicht mehr), härten und wieder einzubauen (alles in allem 100€).
Die neue Emilio Rizzini BDF, die sich mein Vater kaufte als ich 1994 den Jagdscheinkurs anfing, hatte schon eine defekte autom. Umschaltung nach 1/2 Jahr.
Reperatur hatte aber länger gedauert als bei meinem Drilling.

Meine Kettner BBF ist von 1926. Da hat mir beim Kauf der Büma für 60€ einen neuen Scharnierbolzen eingesetzt und nun schließt sie wieder saugend wie eine Neuwaffeund schießt über Kimme und Korn wieder 14mm-Streukreise.

Mein ältestes Gewehr ist mein Gew.88/5 von Loewe/Berlin, Baujahr 1891!!!
So gut von Verarbeitung und Material, daß es 1992 (101-jährig!!!) noch einen Neubeschuß vom BA in Köln bekam.


Es ist halt gut, daß unsere Altvorderen ihr Büchsenmacherhandwerk so gut verstanden und für (aus heutiger Sicht) wenig Geld qualitaiv so überragendes produzieren konnten. Zudem blieb man damals auch munitionstechn. "auf dem Teppich" und verwendete meistens Patronen mit schwachem bis mittleren Gasdruck.
Wenn ich mir z.B. den Stukenbrok-Katalog von 1912 und einen Frankonia/Kettner aus den 1990er Jahren nebeneinanderlege, sehe ich, daß viele Grundwaffen (Drillinge, BBF, DB klass. Bauart sowie 98er Repetierer) noch dieselben sind.
Nur bei den angebotenen kalibern unterscheiden sie sich doch erheblich:

war anno 1912 noch 12/65 u. 16/65 bei den Schrotpatronen und 9,3x72R, 9,3x82R sowie 8x57JR bei den Kipplaufwaffen m. gezogenen Läufen und bei den Repetieren 8x57J und 9x57 Standard, so fallen in den Katalogen der Jetztzeit doch eher gasdruckstarke Patronen, v.a. amerik. Ursprungs, ins Auge.
Ob solche Waffen im Jahre 2090 auch noch so klaglos (sicher) funktionieren werden wie oben erwähnte 100-Jährige, wage ich eher zu bezweifeln, steht doch heute zudem auch noch alles auf in Richtung "Wegwerfgesellschaft".

Unsere Altvorderen besaßen 1 oder 2 Jagdwaffen, die qualitativ auf sehr hohem Stand gefertigt waren und verwendeten Standardkaliber die aufgrund des geringen Gasdrucks eine lange Lebens- und Nutzungsdauer derselben gewährleisteten.

Durch recht theoret. und wenig praxisbezogene Gesetzgebung im Hinblick auf Leistungsparametern der Jagmunition seit den 30er Jahren, verstärkt aber seit den 70ern (momentan pervertiert es völlig), man kann auch sagen "staatl. verordneter MAGNUMANIE", war/ist man gezwungen "mit Kanonen auf Spatzen" zu schießen, d.h. sich vermehrt Waffen in leistungsstarken Kalibern zuzulegen.
(Dazu kommt noch die immer mehr zunehmende Mobilität, so daß die Jagd heute nicht mehr in unmittelbarer Umgebung um den Heimatort gehalten werden kann, sondern oft weite Strecke gefahren werden müssen und die Jagd dort ausgeübt wird, wo sich Landschaftsbild, Wildspektrum und Jagdart oft von denen zu Hause unterscheiden, zumal die Jagdgelegenheiten für die, die keine Pacht haben, auch schnell ändern kann.)

All das zwingt einen förmlich dazu, sich neben den oft viel zu starken Jagdwaffen, auch recht billige Waffen zuzulegen, was dann der dauerhaften Haltbarkeit wiederum abträglich ist.

Ich sage es hier im Forum (und in anderen) schon seit Jahr und Tag:


Handwerklich versierte Bümas und Waffen klassicher Bauart und praxisgerechte Kaliber wie 6,5x55/x57(R), 7x57(R), 8x51k, 8x57(R), 9x57(R), 6,5x54, 8x56, 9x56 u. 9,5x57M.Sch., 9,3x57, 9,3x62, 10,75x57, 10,75x68, 6,5x58R, 8x57R/360, 8x58R, 8x72R, 9,3x65R/x72R/x80R/x82R, 9,3x74R, 10,75x52R

oder bei den Schrotstandardkalibern 12, 16 u. 20 32g, 29g bzw. 26g Vorlage und EINE Hülsenlängen von 65mm (von mir aus auch "international" 67,5mm)

sind (Waffenpflege und vertrauter Waffenumgang natürl. immer vorrausgesetzt) Garanten für lange Lebens- und Nutzungsdauer der Waffe und damit auch für ein tierschutzgerechtes Töten.



Grüße
Sirius
 
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Hallo,
besitze und führe auch einen solch alten Hahndrilling, in diesen wurden, um die Jahrtausendwende mal neue Läufe eingelegt. Nachdem ich die Waffe erworben hatte, hab ich sie bei meinem Büchsenmacher alter Schule vorgestellt. Sein Kommentar, doppelte Laufhaken, ordentlicher Zustand, damit kannst Du ohne Bedenken los gehen.


HuJ
 
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Bei Baskülen aus Alu ist irgendwann die Luft raus. Alu ist nicht Dauerfest. Bei Stahl kann es gut gehen. Richtig ausgelegt hält es ewig. ( Stichwort: Wöhlerkurve ). Die zweite Unbekannte ist die Legierung. Es gibt leider Legierungen, die "Rosten" von innen, d.h. sie zerlegen sich selbstständig und alleine, ohne das ein Schuß fällt. Aber das sind in der Regel keine Legierungen, die im Waffenbau verwendet werden.
 
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gibt es die Möglichkeit beim Beschußamt eine staatliche Gewaltprobe als wiederholungsbeschuß durchführen zu lassen?
 
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gibt es die Möglichkeit beim Beschußamt eine staatliche Gewaltprobe als wiederholungsbeschuß durchführen zu lassen?

Für Geld machen die (fast) alles :biggrin:
Du kannst jederzeit - auch als Privatperson - einen Neubeschuß der Waffe oder den Beschuß von Waffenteilen beauftragen. Allerdings sollte die Waffe schon beschossen sein, wenn Du Dich als Privatmann dahin aufmachst.

Gruß

ZN
 
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gibt es die Möglichkeit beim Beschußamt eine staatliche Gewaltprobe als wiederholungsbeschuß durchführen zu lassen?

Ja, freiwilliger Instandsetzungsbeschuss ist jederzeit möglich. Kostet zwischen 50 bis 80 €.
 
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steve

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@ all: Vielen Dank für Eure Antworten!

Hallo Steve,

nach über 100 Jahren am 98er wohl noch nicht.

Das ist klar, noch werden immer noch originale Systeme umgebaut. Aber das ist doch letztlich eine ganz spannende Frage, wenn ich jetzt beispielsweise eine Waffe von Theo Jung wie gerade in egun eingestellt (http://egun.de/market/item.php?id=5860228; nichts für mich, aber nur mal hypothetisch)für einen am Ende des Tages sicher höheren vierstelligen, vielleicht auch fast fünfstelligen Betrag erwerbe...wieviel Glücksspiel ist dabei? Wie schätzt ihr die Wahrscheinlichkeit ein, dass ich/mein Erbe damit in 30 oder 40 oder 50 noch schießen kann?
 
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Was soll daran so spannend sein?
Online ist spannend, wenn man den Verkäufer nicht kennt, das Wunschobjekt nicht sehen kann und zwar alles.
Auch kann man die Waffe vor dem Kauf nicht Probeschiessen, dass ist Spannend, was da dann kommt, mehr aber auch nicht.

Erwirbt man eine gut erhaltene und gepflegte Waffe, pflegt sie auch weiterhin,
warum sollen Deine Erben nicht mit der Waffe noch in 40-50-60 Jahren Spaß haben?

Ich habe ja an dem Drilling von meinem Opa, immer noch Spaß, der ist laut Beschlussstempel von 1941, also 75 Jahre alt.

Gruß Ralf


@ all: Vielen Dank für Eure Antworten!



Das ist klar, noch werden immer noch originale Systeme umgebaut. Aber das ist doch letztlich eine ganz spannende Frage, wenn ich jetzt beispielsweise eine Waffe von Theo Jung wie gerade in egun eingestellt (http://egun.de/market/item.php?id=5860228; nichts für mich, aber nur mal hypothetisch)für einen am Ende des Tages sicher höheren vierstelligen, vielleicht auch fast fünfstelligen Betrag erwerbe...wieviel Glücksspiel ist dabei? Wie schätzt ihr die Wahrscheinlichkeit ein, dass ich/mein Erbe damit in 30 oder 40 oder 50 noch schießen kann?
 
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Die Haltbarkeit von alten Waffen/Systemen ist deutlich besser, als bei vielen Errungenschaften der modernen Stahlersatz und CNC Bauweise.
Ich hab hier schon viel negatives über RB aus dem Allgäu gelesen. Einem Standnachbarn ist auf einer Rotwildjagd seine nagelneue RB aus deutscher Produktion auseinander gefallen und und und.

Hab selten von solchen Problemen bei 98ern und alten Waffen gehört.Vernünftigen Umgang und Pflege vorausgesetzt.

HuJ
 
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Material altert, ob es belastet wird oder nicht. In wie weit das bei Waffen für die Sicherheit relevant ist - > ich hab keine Ahnung.

Entschuldige, aber das stimmt nicht.

Wenn ein Bauteil so ausgelegt ist, daß es im Hookeschen Bereich des Metalles liegt, ist es praktisch unzerstörbar und hat keine Nennenswerten Ermüdungserscheinungen. So sind alle Brücken ausgelegt, ale Gebäude, Pumpen, Rohrleitungen, etc. und so dürfte auch der K98 ausgelegt sein.

Materialermüdung entsteht, wenn das Bauteil so ausgelegt wird, daß der Werkstoff über die o.g. Grenze hinausgeht. Das wäre z.B. bei Flugzeugen oder Autos der Fall, dort geht man an Grenzen. Auch bei Federn ist es manchmal oder sogar häufig nützlich.

Ich habe jedenfalls keine Bedenken mit meinem zum Teil 150 Jahre alten Waffen zu schießen. Schon gar nicht mit dem 98´er
 
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Materialermüdung ist ein Problem des Ausgangsmaterials.
Eien Waffe aus Alu hätte ich nicht gekauft,
auch wenn Flugzeug-Alu hochfest ist.
Bie der FN B 25 sind 100.000 Schuß eine Selbstverständlichkeit.
ich habe von Krieghoff K80 gehört, die 1 Mio Schuß drauf haben.
...und arsenalgepflegte Argentinier, Peru oder Brasilianer,
wie sie in den 70 ern für kleines Geld verkauft wurden,
waren praktisch fabrikneu.
Was da von H&W oder JUNG oder anderen verarbeitet wurde....
denen würde ich problemlos weitere 100 Jahre Jagdbetrieb zutrauen.
P.:)
 
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Stichwort Materialermüdung: Ich hatte am Sonntag einen Hahndrilling aus dem frühen 20.Jahrhundert in der Hand. Ein sehr feines Teil. Nebenan im Schrank stand ein 98er, auch über 100 Jahre alt. Gibt es Erfahrungen zur Sicherheit/Haltbarkeit alter Schusswaffen? Ist beipielsweise bei den 98er Systemen irgendwann mal der Punkt zu erwarten an denen dem Material die Puste ausgeht?

Material altert, ob es belastet wird oder nicht. ...

Entschuldige, aber das stimmt nicht.

Wenn ein Bauteil so ausgelegt ist, daß es im Hookeschen Bereich des Metalles liegt, ist es praktisch unzerstörbar und hat keine Nennenswerten Ermüdungserscheinungen. So sind alle Brücken ausgelegt, ale Gebäude, Pumpen, Rohrleitungen, etc. und so dürfte auch der K98 ausgelegt sein.
...
Soweit ich den Maschinenbauern über die Schulter geschaut habe, altert Stahl nicht vom Herumliegen. Solange die Steckgrenze nicht überschritten wird, verändert sich das Maschinenteil nicht. Eine hundert Jahre alte Sense ist z.B. nicht anders als eine neue Sense aus demselben Material.

Erst bei bewegten Maschinenteilen kommt Verschleiß ins Spiel. Wo es Verschleiß gibt, gibt es auch Verschleißgrenzen und sobald die Verschleißgrenzen erreicht sind, wars das mir der Lebensdauer.

Dass die Lebensdauer eines Büchsenlaufs begrenzt ist, wissen wir alle. Beim Verschluss geht man offenbar von einer unbegrenzten Lebensdauer aus, sonst würde die Vorschriften einen wiederkehrenden Beschuss verlangen.
 

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