Hallo,
Viele amerikanische "Kalibristen" oder Kaliberisten, haben Patronen aus eigenem Antrieb oder in Zusammenarbeit mit Waffen- und Munifirmen entwickelt, die später und z.T noch heute verwendet werden. Manche tragen den Namen oder wurden zu Ehren nach wem auch immer benannt.
lag halt daran, daß es in USA, im Vergleich zu Dtl. und Österreich(-Ungarn) und auch GB, rel. wenige "namhafte" Bümas gab.
Winchester, Remington, Colt und S&W sind wohl die vier "Urväter". Hersteller wie Weatherby, Kimber und Ruger u.a. kamen erst später. Die "renomierteste" Waffenschmiede in den USA dürfte wohl Griffin&Howe in St.Louis/Missouri sein.
Die große "Büchsenmacherdichte" wie in Suhl, Ferlach oder Birmingham, wo kleine und mittlere Betriebe über Büma-Generationen vererbt wurden, gab es in den USA nicht.
Da blieb auch die Anzahl der Patronenschöpfungen in überschaubarem Rahmen. Durch die mehr als liberalen Waffengesetze in den USA wurde es Tüfftlern auch einfach gemacht, eigene Kreationen in "der Scheune" (Garagen gab es ja noch keine) zu entwickeln.
.22-250Rem. (alias .22Rockchucker von Vernon Speer), .25-06 (alias .25Niedner von A.O. Niedner) dürften wohl die bekanntesten und verbreitesten "Wildcats" sein, die es ins Programm der großen Waffen- und Munitionshersteller geschafft haben.
Ansonsten gab es in den USA auch mittelgroße Unternehmen, die für ihre Waffen eigene Patronen schufen. Roy Weatherby und seine Weatherby Magnums von .224 bis .460 ist der bekannteste. Nur wo wäre Weatherby ohne Sauer&Sohn, Howa und Norma, die seine Waffen und Patronen fertigten und z.T. immer noch fertigen, heute...?
Gegenpart in Dtl. war wohl Wilhelm Brenneke (1865-1951) in Leipzig. Dieser entwickelte zw. 1898 und 1930 die Patronen 7x64, 7x65R, 8x64(S), 8x65R(S), 8x72R, 9,3x64 und 9,3x65R, sowie einige Geschoßkonstruktionen an deren Entwicklungsende 1908 das TIG und 1938 das TUG standen. Die Munition ließ er, aus wirtschaftl. Gründen bei der DWM fertigen, die Kipplaufwaffenfertigung übernahm er selber und die der Repetierer übertrug er der suhler Firma Schmidt&Habermann. 7x64/x65R und 8x72R wurden rasch so beliebt, das auch der DWM-Konkurent RWS mehrere Labos mit ins Programm aufnahm und für die 7mm und 9,3mm nach dem Ende der DWM 1971 Munition weiterproduzierte, ebenso die Geschoßkonstruktionen TIG/TUG in 7mm, 8mm-S und 9,3mm, sogar noch je ein TIG (9,7g) und TUG (11,7g) im Kal. .308" nachschob. Die drei 8mm-Patronen und die 9,3er Randpatrone fielen der Normalisierungsvorgabe des DJV in den 50er Jahren zum Opfer, die übrigens auch die 9,3x62 auf der "Abschußliste" hatte.
5,6x57(R) von RWS (1964/71) und 5,6x50(R) von DWM (1968/70) waren wohl die letzten (und zwei der wenigen) Neukonstruktionen, die eine breite Akzeptanz seitens der Waffenhersteller im deutschsprachigen Raum, erfahren haben. Mittlerweile sind sie aus dem Standardangebot auch wieder zum Großteil verschwunden, da sich die jagdl. Präferenzen in Mitteleuropa durch die SW-Zunahme verschoben haben, und es in Dtl., im Gegensatz zu den waffenrechtl. liberaleren USA, den "bösen" §19(2b) BJG gibt, der zwar auf Basis von VV auf Landesebene, zumind. für geringes SW, gelockert wurde, ich aber nicht glaube, daß durch diese VVen uns ein unmittelbares "revival" der 5,6mm-Patronen bevorsteht. Ist halt nur ein Entegegnkommen seitens des Gesetzgebers an die vielen Besitzer einer Jagdwaffe im 5,6mm-Kaliber.
Alle anderen Neukonstruktionen, sei es jetzt die 6x62(R) Frères (DWM, 1968)) oder die 7x66/7x75R SEvHofe von Walter Gehmann aus den späten 50ern, oder eben die 8,5x63(R) von Reb aus dem Jahre 1984 "dümpeln" eher so vor sich hin, wovon eine gesicherte Munitionsversorgung über Jahrzehnte hinweg, auch nur bei den vom Hofe Patronen gewährleistet war/ist (wenn auch von drei unterschiedl. Herstellern nacheinander).
Als Anfang der 1990er Jahre die .30R Blaser herauskam, prophezeite man ihr, durch das "internationale", das soll heißen:
amerik. Kaliber ("international" sind alle Kaliber, die durch die CIP genormt sind, selbst die "urdeutsche" 8x57JS, dagegen gilt die SAAMI nur für die USA) und einer Leistung von ca. 4000-4200Joule, innerhalb der nächsten Jahre die altbewährten 7x65R und 8x57JRS, sowie die in Kipplaufwaffen eingelegten, randlosen .308Win. und .30-06, aus dem Felde zu schlagen, ganz Verwegene meinten sogar selbst bis zur 9,3x74R.
Wo ist sie heute?
Selbst fast 30 Jahre nach Markteinführung und anfängl. "Hype" in den 90ern, werden heute wohl in jedem einzelnen Kaliber, deren rasche Verdrängung man ihr angedacht hatte, mehr Neuwaffen mit Kipplaufsystemen produziert als in .30R Blaser, von der Anzahl an Fabrikpatronen und deren Laborierungsvielfalten ganz zu schweigen.
Die etwa zeitgleich erschienene 6,5x65(R) RWS ebenso. 6,5mm-Randpatronen spielen bei Neuwaffen z.Z. gar keine Rolle mehr (was der Labo-Rückgang an Fabrikmunition in 6,5x57R und der totale Wegfall der 6,5x68R verdeutlicht) und bei den Repetierern brachte die in den späten 80ern und in den 90ern massenweise auf den Markt geworfenen, aus den Depots ausrangierten M96er Schwedenmauser, der 6,5x55 einen regelrechten Siegeszug in ihrer Kalibergruppe, der bis heute andauert und sogar (natürl. in weit geringerem Maße) über den Atlantik schwappte, was dortige Munitionskonstrukteure, wie es ihre Art so ist, "nötigte", neue, eigene US-Konstruktionen in 6,5mm zu entwickeln (.260Rem., 6,5mm-300Wby.Mag., 6,5Credmoore, .26Nosler usw.), obwohl es schon seit 1966, also 30-40Jahre zuvor, eine 6,5mmRem.Mag. und noch früher (1958) eine sehr leistungsstarke .264Win.Mag. in dem Kaliber gab, die aber von "der breiten Masse" dort drüben, obwohl gute Konstruktionen und für den WL spielend einfach aus "geläufigeren" Magnumpatronenhülsen zu fertigen, schon lange wieder vergessen waren.
Also: der Markt (die Nachfrage) ist im Hinblick auf Patronendiversität gesättigt. Anfängl. Hyps neuer Entwicklungen verpuffen schon nach wenigen Jahren, weil sich die Moden und damit die Käuferintressen ändern, und "Tüftler" mit ihren ehem. Konstruktionen auf solche Modeänderungen noch weit weniger reagieren können, als große Konzerne.
Man erkennt zwar gewisse Wellenbewegungen über Jahre/Jahrzehnte in der Beliebtheit einiger Standardpatronen, aber da eine Neuentwicklung, v.a. im für den dt./öster. Markt untyp. Kalibern wie .243" (hier auch wieder §19(2a)BJG), .257", .277", .338", .358" und .375" (bestes Beispiel .376Steyr), wird da nicht viel Chancen haben hineinzukommen. Einzige Ausnahmen bilden die .30er-Kaliber (.308Win., .30-06 und die beiden Magnums von Winchster und Weatherby), die zum Eindringen ins dt. Standardpatronenprogramm die zeitweise Unbeliebtheit des 8mm-Kalibers in den 70er/80er Jahren nutzten. Ohne die damalige Interessenabkehr vom 8mm-Kaliber (mit Hilfe des DJVs) hätte, bis auf die durch das H&K-G3 bekannte, .308Win., wohl kein anderes .30er-Kaliber in Dtl. dermaßen Fuß fassen können.
Ebensowenig Neuchancen werden die oft sehr guten und bewährten Konstruktionen haben, die dem oben schon erwähnten Rationalisierungsausschuß des DJV Mitte der 50er Jahre, zum Opfer fielen und zumind. "rechnerische" Lücken in Leistung und/oder Geschoßdurchmesser/-gewicht (8x64S/x65RS, 9x57(R) hinterlassen haben, oder die, die an einen best. Waffentyp gebunden waren, wie die vier Mannlicher Schönauer Kaliber 6,5x54, 8x56, 9x56 und 9,5x57 und in der jetztigen "Kurzlaufmanie", wie auch 9x57 oder 9,3x57, durchaus ihre Berechtigung hätten, ebenso .264Win.Mag. und 6,5mmRem.Mag. in den USA.
Grüße
Sirius