@Sirius
Das kommt drauf an aus welcher Gegend man kommt.
Hier wo ich wohne wurden in den 60 er Jahren fast genau so viele Sauen erlegt wie heute noch.
Niederwild gab es hier mit Ausnahme von Hasen noch nie in dem Sinne und das abwohl wir damals wie heute keine grosse Landwirtschaft haben, im Gegenteil heute wächst alles mit Dickungen zu wo früher der Ziegenhirte ging.
Unsere langdschaftl. Gegebenheiten im südl. Hunsrück zwischen Hoch-/Idarwald und der Nahe (viel Niederwald mit Traubeneichen, kleine, aber zahlreiche Hochwaldbestände an Traubeneiche/Buche, viele, kleine Fichtendickungen ehem. aufgeforsteter Ackerflächen, sehr häufige Schwarzdornhecken als Tageseinstände, frische bid pseudovergleyte Tonböden die in kl. Senken Suhlen zulassen) sind eigendl. ideale SW-Bestände und haben sich seit den 60er/70er Jahren auch kaum verändert. Trotzdem war SW hier nicht häufig.
Die Bestandesexplosion erfolgte erst nach den Windwürfen von Vivian/Wiebke im Feb./März 1990.
Aber mit solcher Vehemenz, daß bereits ab 1993/94 man beim SW von der "Hauptwildart" sprechen konnte, was vorher mit sehr großem Abstand das Rehwild war.
SW als "Teilzieher", d.h. rel. festern Standort kannte man eigendl. nur an den Grenzrevieren zum Staat (die sich den Höhenrücken Hoch- und Idarwald) etwa zu 1/3 : 2/3 teilen.
Da beim Staat eh nur äußerst zurückhaltend bejagt, konnte sich das SW da in den frühen 90ern sicher auf die noch nicht aufgearbeiteten oder neu angepflanzten Windwurfflächen zurückziehen und nur zur Nahrungsaufnahme in die weiter darunter liegenden Gemeindewälder (meist Niederwald mit guter Eichelmast) oder die damals noch mehr als heute angebauten Hackfrüchte (Steckrüben, Futterüben, Kartoffeln) auf den Feldern, ziehen.
Ohne die schlagartig neuentstandenen, ideale Dickungen im Staatswald, wären die Bestände in den 90ern also lange nicht so explodiert.
Dazu kamen dann noch mehrere gute Mastjahre in den 90ern. Die "überzähligen" Schwarzkittel wanderten aus dem "sicheren" Hoch- und Idarwald ab und wurden in den Gemeinden- Privatwäldern sesshaft. Um sie darin noch zu bestärken, wurde dort von den Jagdpächtern gekirrt, was das Zeugs hielt, was die Reproduktionsrate dann nochmals ansteigen ließ.
Die Reglemetierung zur Kirrmenge kam in etwa mit dem vermehrten Anbau von Biomais, zuungunsten der weniger lukrativen, subventionierten und fürs SW weniger kohlehydrathaltigen Hackfrüchte.
Also wieder künstl. herbeigeführte "Populations-Booster".
Dazu dann immer die ab den 2000er Jahre milderen Winter mit ihren reichhaltigen Mastjahren.
Das kam halt alles zu spät.
Zwichen 1990 und 1993 hätte man rigoros in den SW-Bestand eingreifen müssen um die Bestandesexplosion zu verhindern, die vielen damals auch schon bewußt war.
Man wollte es aber zugunsten des "HW des kleinen Mannes", das auch weit weniger zeit- und kostenintensivere Arbeit als Rotwild macht nicht wahrhaben.
Im Nordpfälzer Bergland (Gegend um Kusel) kenne ich Revierleiter, die noch anfang/mitte der 2010er Jahre gemeint haben: "Wir wollen SW unbedingt als Standwild, zuungunsten des NW, haben und setzten alles dafür dran."
Dann zwei/drei sehr üppige Mastjahre (Nordpfälzer Bergland ist noch besser "ausgestattet" mit Eichen/Buchen als wir hier) und ihre Reviere hatten ausgesehen als hätten dort Nato-Großmanöver stattgefunden. Die Jagdgenossenschaften (meist Landwirte) drohten teils mit "Polizeijagden" und entzug des Pachtvertrages.
Das "nasse" Jahr 2017 brachte dann eine erneute Wende. SW im Herbst/Winter kaum da (großflächig). Auf DJ auf denen sonst 20-30 Sauen lagen, noch keine 10, teilweise soger 0.
Dabei waren die Sauen nicht heimlicher geworden, man sah es an den Wiesen; es waren keine Brechschäden vorhanden, der extrem trockene "Jahrhundertsommer" 2018 hielt dann den Bestand auf niedrigem Niveau.
Letztes Jahr dann wieder deutl. feststellbarer Zuwachs.
Mal sehen, was es diesen Herbst gibt, wenn ich mir die über und über voll hängenden Buchen hier angucke, schwant mir nix gutes für nächstes Jahr.