Vielleicht kann mir einer der hier ja in Menge anwesenden Landwirte mit Zahlen aushelfen?
- Wieviele Schweine werden in dieser Republik in Massentierhaltung erzeugt und wieviele dürfen als glückliche Schweine auf Wiesen in Freilandhaltung laufen? Oder haben wenigstens mehr als das gesetzlich vorgegebene Mindestmaß im Stall?
- Wieviele Kühe sind in Massentierhaltung zur Milcherzeugung eingestallt und wieviele dürfen wenigstens für ein halbes Jahr auf die Weide? Selbiges für Bullenmastanbindehaltung und Freiland oder Offenstall?
- Wieviele Bauern bestellen in der gewohnten "guten fachlichen Praxis" ihre Äcker und wieviele erzeugen als Biobauern?
Ich habe in hier geführten Diskussionen immer den Eindruck, dass im Forum nur die "guten" Bauern vertreten sind, kann natürlich Zufall sein. Natürlich gibt es die und vor denen habe ich auch Respekt. Aber ich bin nicht blind und war in meinem Leben mit meinem Nachwuchs gut ein Dutzend mal auf Höfen im Schwarzwald und Bayern in Urlaub und was ich da in den Ställen gesehen habe, widerspricht der schönen bunten Welt, die hier gezeichnet wird, allemal. Stallanbindehaltung, Kälber werden umgehend von den Müttern getrennt und in kleine Boxen verfrachtet und die Gülle mehrmals im Jahr auf die Wiese, gute fachliche Praxis halt. Aber das wisst ihr besser als ich...
Einer der drei letzten Landwirte in meinem Dorf betreibt Bullenmast, ist auch Jäger, deshalb war ich schon in seinem Stall. Die Stricke, mit denen die Tiere ihr Leben lang angebunden sind, dürften keinen Meterfuffzig haben.
Was Nitratwerte angeht und die Ursächlichkeit dieser Werte, kann ich als Kommunalbeschäftigter im Umweltschutz und speziell Wasserrechtler nur müde lächeln...
Keine 30 km von hier haben wir den größten "Gemüsegarten" Deutschlands, die Vorderpfalz.
Bis zu fünf Ernten im Jahr, ich würde mir mal die Nitratwerte in dem Gebiet anschauen, Stichwort Meckenheim/Pfalz...
Bei uns im Stadtgebiet das gleiche, wir haben inzwischen über 50ha verseuchte Böden, weil die Bauern ungeprüft Klärschlämme ausgebracht haben etc.pp.
Nochmal zur Verdeutlichung: Ich möchte weiß Gott kein Bauernbashing betreiben, aber ihr redet euch hier die Welt schön. Natürlich haben die im Forum versammelten Bauern einen anderen Blick auf das von ihnen bestellte Land, weil sie eben auch Natürschützer sind, hoffe ich wenigstens. Aber in der Masse ist es eben nicht so. Gottseidank findet in den letzten Jahren ein Umdenken statt, aber nicht schnell genug. Auch ein Verschulden der Bundesregierung, die die Kleinen nicht genügend fördert. Aber nach der kommenden Bundestagswahl dürfte sich das mit den Grünen ja ändern...
Moin.
Die Fragen sind nicht einfach zu beantworten aber ich versuche es mal für Dich herunterzubrechen.
Dir Produktionzahlen sind in den Statistiken nachzulesen, da werde ich mich nicht wiederholen.
Aber
1) Schweine: Die allermeisten Schweine gehen den Weg über Sauenhaltung, Ferkelaufzucht und Mast. Robusthaltung gibt es hier im Norden ein paar Bauern die das machen, allerdings aufgrund von ASP haben diese massive Existenzängste. Nicht wenige scheitern am Konzept der Robusthaltung. Vielfach aus anderen Gründen den ASP. Das nennt sich Kundenakzeptanz.
Die wenigsten Kunden wollen nämlich wirklich mehr zahlen für den Mehrwert an Arbeit, die der Landwirt mit der Robusthaltung hat. Das ist einfach ein Fakt - und solange Aldi 5 Minutensteaks zu 1,99 das Pfund verkauft, wird sich da auch nicht viel dran ändern.
2) Rinder: Ich arbeite selber mit Rindern. Milchvieh und Bullenmast. Ich habe in meinem ersten Lehrjahr auf einem Bio-Betrieb nach Demeter mit Mutterkuh-Herde gearbeitet. Deswegen bin ich, oder auch mein damaliger Chef, kein besserer Mensch. In der Landwirtschaft, egal ob konventionell, ökologisch oder Mischform oder Sonderform gelten als allererstes die Gesetze der Ökonomie.
Andernfalls ist Landwirtschaft nichts als ein teures Hobby und eine Brotlose Kunst.
Ich selber arbeite grundsätzlich nur in Betrieben mit Weidehaltung. Das andere ist nichts für mich. Man darf aber auch da nicht übersehen, dass es einen Grund gibt warum einige Landwirte die Weidehaltung nicht mehr machen können, auch wenn sie es wollten. Es gibt dafür einige Gründe.
3) Landbau: In dem Bereich halte ich von der ökologischen Landwirtschaft sehr wenig, bis gar nichts - ich bin da ein Anhänger des Nachhaltigkeitsgedankens, und dem steht der Ökolandbau ein wenig entgegen. Es sei denn, wie in der Kommune hier oben im Bremischen, die pflügen und ackern mit Ochsengespann.
Warum? Ganz einfach, das Thema ist hier Bodenverdichtung. Ob Du einmal zum Pflügen, Grubbern, Drillen und ggf. noch zweimal Pflanzenschutz auf den Acker mit dem schweren Gerät fährst oder ob Du während der ganzen Wachstumsperiode, mitunter drei mal in der Woche anfangs striegeln und später dann noch hacken musst, das macht schon einen sehr großen Unterschied. Klar es gibt Pflegeschlepper, aber nicht jeder Bio-Bauer nutzt diese.
Desweiteren gibt es noch einen anderen Hintergrund. Getreide, und wenn es nur Futtergetreide ist, hat sehr oft Fusarien und andere Pilzerkrankungen. Ich kann das relativ gut beurteilen, weil ich sowohl Bio als auch Konventionell ausgebildet bin. Wenn ich schwarz schmierige, manchmal richtig dick mit Mutterkorn durchzogene Ähren sehe kriege ich Magenkrämpfe. Das ist kein Futter mehr, dass ist allenfalls noch Abfall.
Ich will auch noch meine Meisterprüfung irgendwann in den nächsten Jahren machen. Nicht weil sowas Chick ist, sondern weil Du Dein Wissen an andere weitervermitteln kannst, und so möglicherweise auch die Sichtweisen anderer in Deinen eigenen Wissenschatz mit einfließen lassen kannst.