Diskrepanzen zwischen Anspruch und Ausbildung...

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Kommt nur mir das so vor, oder ist es tatsächlich so, dass mit jedem Jahr die Bewerber für Ausbildungsplätze mehr und mehr Ansprüche stellen?

Teilweise jenseits der Dinge, die über die "Ausbildungsleistungen" weit hinausgehen?

Vor zwei Jahren versuchte eine 23 jährige junge Frau ohne Ausbildung einen Ausbildungsplatz als "Pferdewirtin" zu bekommen, mit der Prämisse das wohl während der Ausbildung 25 € Stundenlohn angemessen sein. Nachdem sie sowohl von ihrem Sachbearbeiter vom Jobcenter, als auch von ihren Eltern darüber aufgeklärt wurde, dass man in der Ausbildung nur Anspruch auf eine Ausbildungsvergütung hat und halt auf Kost und Logis bei Unterbringung im Ausbildungsbetrieb nahm sie den Job zähneknirschend an.

Keine zwei Wochen hat sie die Arbeit ausgehalten und noch problematischer war, dass in den paar Tagen ein unglaubliches Chaos hinterlassen wurde - Futtermittel wurden vertauscht, obwohl ihr mehrfach die Rationen erklärt wurden, Arbeiten die etwas "anstrengender" waren wurden nicht durchgeführt - dazu gehörte das Einstreuen. Nach genau zehn Tagen hatte ihr Arbeitgeber die Schnauze gestrichen voll. Der Betrieb hat die Ausbildung aufgrund der letzten Erfahrungen mittlerweile aufgegeben.

Vor einigen Tagen hatte ich auch eine sehr merkwürdige Begegnung. Einen jungen Mann, der wohl Arbeitssuchend war, allerdings noch ohne Ausbildung. So als Lohnvorstellungen sagte er 19,-- Euro seien eigentlich zu wenig für eine körperlich anstrengende Arbeit und da wäre noch Platz nach oben. Ich fragte ihn nach einer konkreten Vorstellung, und da sagte er "Naja, so 30 Euro die Stunde. Bei einem 6 Stunden Arbeitstag, Wochenenden frei, selbstredend und zwei Monate Urlaub, Vorzugsweise im Sommer."

Ich konnte nur mit dem Kopf schütteln. Die meisten haben null Plan was Ausbildung bedeutet, und dass Du als Ungelernter egal in welcher Branche kaum Forderungen über den Mindestlohn stellen kannst, es sei denn Du hast irgendeinen Skill der gerade für den Betrieb auf dem Du Dich bewirbst relevant ist. Ein gutes Beispiel ist Zuverlässigkeit und Lernbereitschaft in der Landwirtschaft, weil die Thematik sehr komplex ist und es halt nicht eben nur "Tiere füttern", "Mist wegräumen" und "Im Melkstand der Absauganlage beim Melken zusehen" ist.

Aber auch in anderen Bereichen sieht es ähnlich aus, selbst Jungjäger mit Jagdprüfung sind sehr oft ahnungslos worum es in der Jagd geht, und sehr oft von einer großen und ungebildeten Klappe eingenommen. Also im Sinne von unbedacht Vorlaut. Gut, mangelnde Erfahrung - aber wenn einer die Klappe groß aufreißt oder andauernd Fehler macht - dann ist die Neigung einem "Neuen eine Chance zu geben" gegen Null. Insbesondere dann wenn die Vorgänger das Revier leergepirscht haben, oder mit ihren Experimenten zum Thema Jagd Schäden and Feld und Flur verursacht haben.

Wir alle brauchen den Nachwuchs, allerdings hat der Nachwuchs oft keinen Sinn mehr für Feinheiten - wie kann man da noch einen einigermaßen geraden Konsens hinbekommen. Wer hat ähnliche Erfahrungen machen müssen, wer hat Lösungen für diese Probleme - oder zumindest einen Ansatz abseits der Teilweise nicht mehr funktionierenden Normalen Methoden.

Und lasst bitte den Mist mit ZKuB (Züchtigung, Kontrolle und Bestrafung) - damit bekommst Du heutzutage nur Probleme.
 
G

Gelöschtes Mitglied 13565

Guest
Junior von einem Kumpel hat seine 1. Ausbildung geschmissen und danach bei einer Versicherung angefangen wo er auch als Azubi (in welcher Form auch immer) in das Bonussystem eingebunden ist. Er hat im ersten Monat 2,9 k€ netto heimgeschleppt!

Unsere Azubis (Forstwirt) liegen im ersten Lehrjahr bei ~1200 € im Monat.


CdB
 
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Wir sind die letzten Jahre mit Abiturienten auf die Schnauze gefallen, versuchen es ab diesem Jahr mal mit Hauptschülern.

Alle die wir die letzten 10 Jahre hatten meinten sie könnten Holz schweißen, dabei habe sie gerade mal gelernt die Schuhe zu binden.
 
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Kürzlich erst wieder gehört: wer mit 14/15 noch keine Steuerkarte hat, ist für die
Handarbeit verloren!
 
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Was ist denn aus dem guten alten "Praktikum" geworden? Das wurde zwar massiv missbraucht, aber wenn man sich über die Qualitäten der Bewerber nicht klar ist kann man doch ein vierwöchiges Praktikum nutzen, um zu sehen, ob das passt und was man alles ausbilden muss wenn es passt.
 
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Junior von einem Kumpel hat seine 1. Ausbildung geschmissen und danach bei einer Versicherung angefangen wo er auch als Azubi (in welcher Form auch immer) in das Bonussystem eingebunden ist. Er hat im ersten Monat 2,9 k€ netto heimgeschleppt!

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CdB
Junior von einem Kumpel hat seine 1. Ausbildung geschmissen und danach bei einer Versicherung angefangen wo er auch als Azubi (in welcher Form auch immer) in das Bonussystem eingebunden ist. Er hat im ersten Monat 2,9 k€ netto heimgeschleppt!

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CdB
Die grasen ihren Freundeskreis und Familie ab , danach wars das meist. Da schöpfen andere ab.
 
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Erst muss man überhaupt jemand finden der noch in die Lehre will. Bei meinem Sohn gehen von 23 Schülern, 2! in eine Ausbildung. Der Rest will weiter Schule machen. Darunter Kinder mit einem Notendurchschnitt von 4-5.
Wir bilden in unserem Betrieb im Tief und Straßenbau jedes Jahr aus. Es bewerben sich in der Regel nur Kinder wo die Eltern auch in diesem Berufsbereich arbeiten.
Mein Vater arbeitete bei einem großen Hersteller für Robotertechnik, wenn der was von Abiturienten hörte, ging bei dem schon die Hutschnurr hoch. Nach einigen Jahren haben sie erkannt das Hauptschüler besser in handwerkliche Berufe passten.
 
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Gegenbeispiele gefällig:
Freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr: 8-Stunden- Tag, zw. 150- 500 € ( +evtl. Verpflegung) im Monat für die Allgemeinheit. Davon gibt es auch viele.
Früher war nicht alles besser und nicht immer alle über einen Kamm scheren.
 
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Was ist denn aus dem guten alten "Praktikum" geworden? Das wurde zwar massiv missbraucht, aber wenn man sich über die Qualitäten der Bewerber nicht klar ist kann man doch ein vierwöchiges Praktikum nutzen, um zu sehen, ob das passt und was man alles ausbilden muss wenn es passt.

Ja - gerade in der Landwirtschaft gibt es die Probearbeit, bevor Du überhaupt eingestellt wirst. Das ist aber nicht die Fragestellung - vielmehr geht es darum die teilweise unrealistischen Forderungen so abzubiegen ohne dabei gleich die Motivation - die mitunter ja wirklich vorhanden sein mag - gleich mit abzuschwächen.

Oder halt eben um Konzepte wie man bestimmte Motivationen, die Vorhanden sind auch fördert - ohne dabei den Betreffenden zu sehr zu Bauchpinseln.

Früher war nichts besser, gerade was die Ausbildung angeht. Das einmal vorweg, aber dennoch hat man sich als Auszubildender eben in der Ausbildung angemessen verhalten.
 
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Erst muss man überhaupt jemand finden der noch in die Lehre will. Bei meinem Sohn gehen von 23 Schülern, 2! in eine Ausbildung. Der Rest will weiter Schule machen. Darunter Kinder mit einem Notendurchschnitt von 4-5.
Wir bilden in unserem Betrieb im Tief und Straßenbau jedes Jahr aus. Es bewerben sich in der Regel nur Kinder wo die Eltern auch in diesem Berufsbereich arbeiten.
Mein Vater arbeitete bei einem großen Hersteller für Robotertechnik, wenn der was von Abiturienten hörte, ging bei dem schon die Hutschnurr hoch. Nach einigen Jahren haben sie erkannt das Hauptschüler besser in handwerkliche Berufe passten.

An Leuten die eine Ausbildung in unserem Berufsbereich machen wollen mangelt es nicht - es gehen zwar regelmäßig Betriebe leer aus, aber meistens sind das nur so knapp ein dutzend der Ausbildungsbetriebe im Landkreis. Einige Betriebe haben sogar mehr als einen Auszubildenden.

Nur mir kommt der Eindruck, dass viele mit den falschen "Hintergedanken" die Ausbildung machen - und ich will gar nicht von den AzuBis sprechen, welche bereits einen elterlichen Hof im Hintergrund haben - das hält sich mittlerweile gut die Wage.
 
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Was sind denn das für Hintergedanken? Meinst Du damit die Forderungen in diesem Post:?
vielmehr geht es darum die teilweise unrealistischen Forderungen so abzubiegen ohne dabei gleich die Motivation - die mitunter ja wirklich vorhanden sein mag - gleich mit abzuschwächen.

Woher kommen denn die Forderungen? Ist das Uninformiertheit (die Bewerber haben keine Ahnung vom Lohnniveau je nach Tätigkeit generell, oder speziell in der LaWi)? Oder Charakter ("egal was ihr verdient, ICH will ...")? Oder hat die entsprechende Branche einfach einen enormen Wettbewerbsnachteil, weil die meisten geeigneten Kandidaten eine andere Berufslaufbahn einschlagen wollen und z.B. die Lehrstellen lange Leerstellen bleiben und das Jobcenter dann als "Resterampe" diese Leerstellen mit den "Bewerberresten" auffüllen will in der Hoffnung, dass, wenn es von 10 Versuchen nur einmal passt das immer noch ein Arbeitsloser weniger ist?

Gegen die letzten Punkte hilft wahrscheinlich nur ein ganz bewusstes, aktives Werben um passende Azubis mit entsprechenden Aussichten, Angeboten jenseits der Lehre etc. pp.

Oder halt eben um Konzepte wie man bestimmte Motivationen, die Vorhanden sind auch fördert - ohne dabei den Betreffenden zu sehr zu Bauchpinseln.

Das ist doch IMHO so individuell wie die Paarung Azubi - Betrieb - Betriebsleiter.
 
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