Diskrepanzen zwischen Anspruch und Ausbildung...

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BMW sucht ja aktuell auch verstärkt Lehrlinge mit qualifiziertem Hauptschulabschluß. Da wurde auch jahrelang hauptsächlich in den Realschulen und Gymnasien gefischt. Haben anscheinend auch Lehrlingsmangel, denn an so große Anzeigen in den Jobbörsen kann ich mich eigentlich nicht erinnern.

War zusammen mit einem Kollegen in einer fast reinen BMW-Berufsschulklasse. In der Theorie waren sie uns immer weit voraus. Da merkte man schon, was da in den Ausbildungsabteilungen vermittelt wurde. Im Praktischen konnte uns jedoch niemand das Wasser reichen. Wir mussten sehr früh den Gesellen zuarbeiten, da kam man schon gern mal ins schwitzen (bei einem war es Angstschweiß). Aber die Fähigkeit, Lösungen zu finden und ins praktische umzusetzen wurde dadurch maximal gefördert, wie ich finde.

Mein Kumpel lernte auch bei dem Autobauer mit drei Buchstaben. Solche wurden damals in der breiten Öffentlichkeit nur als Fachidioten bezeichnet. Glaub da war auch viel Neid im Spiel. Heut lacht er mich aus. Ist seit über 30 Jahren dort geblieben und hat noch einen "alten" Vertrag - allein die Sozialleistungen sind der Wahnsinn, vom Gehalt ganz zu schweigen. Träumt schon vom Vorruhestand in wenigen Jahren, da werd ich noch lange rödeln, während er das Leben genießt. Einzig die Schichtarbeit macht ihm langsam zu schaffen. Vor allem die Spätschicht, weil er da Nachmittags nicht daheim ist. Aber so in 8-10 Jahren wird er wohl spätestens dem Arbeitsleben adieu sagen. Ich lach dann auf den hinteren Backenzähnen ...
 
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Ein Neuling bei uns war nicht so amüsiert, daß man ihn, der doch gerade seinen Master hatte 2 mal die Woche auf Baustelle bei Porsche nach Stuttgart schickte.
Den ganzen Tag neben den Ankerbohrern in die Baugrube und Anker abnehmen.
Ja, da unten steht der Schlamm bis zum Stiefelrand und es ist auch nix da mit der feinen Hose und weißem Hemd aufzutauchen.
Er war nicht lang da...
Die ganz jungen Kollegen, die von nichts eine Ahnung haben müssen dringend erst mal auf eine Baustelle, damit sie wissen wovon sie reden.
Das ist aber unangenehm, entweder es ist zu heiß, oder zu kalt und dann regnet es auch mal.... betrifft aber meistens die Ingenieure, die Geologen sind das arbeiten draußen eher gewöhnt.
Und wie, eine Woche nicht zu Hause, das geht ja gar nicht und jeden Tag 10 Stunden, das geht absolut nicht...
Über meinen Job mit mal eben 2-3 Jahre auf einer Baustelle und nur am Wochenende zu Hause. :eek: unvorstellbar....
Nicht mal mit Geld kann man die locken.
 
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... da werd ich noch lange rödeln, während er das Leben genießt ...
Ich kann die so oft zu lesende zwangsweise Gleichsetzung von Ruhestand / Rente / Pension mit dem Genießen des Lebens nicht nachvollziehen.

Wäre ich in einer Lebenssituation, in welcher das Ausüben meiner Erwerbsarbeit mich am Genießen des Lebens hinderte, dann suchte ich mir schlicht ´nen anderen Job.

Ich bin jetzt 58 Jahre alt und wenn ich mir vorstellen sollte, dass ich mein Leben erst mit Beginn meiner Regelaltersrente ab August 2029 genießen könnte, dann wäre das in der Tat ein ausgesprochen trauriges Leben.

Darum hab ich auch diesen ganzen "Work-Life-Balance"-Kram nie nachvollziehen können. Strenggenommen bedeutet das ja schließlich, dass ich den größten Teil meines wachen Tages nicht lebend verbringe.

Damit schließt sich auch der Kreis zum Ursprung dieses Threads: Der große Philosoph Karlsson vom Dach sagte einst: "Wenn etwas Spaß macht, dann machen Alle mit." Ein Unternehmen, ein Unternehmer und eine Mitarbeiterschaft, welche diesen Grundsatz pflegen, die finden auch motivierte junge Menschen, die sich gerne und ohne unangemessene Ansprüche in das Team einbringen.
 
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Ich bin jetzt 58 Jahre alt und wenn ich mir vorstellen sollte, dass ich mein Leben erst mit Beginn meiner Regelaltersrente ab August 2029 genießen könnte, dann wäre das in der Tat ein ausgesprochen trauriges Leben.
Kommt drauf an was man unter Leben genießen versteht?
Mir würde es schon reichen wieder mal einen normalen Wach-Schlaf Rhythmus zu finden. :ROFLMAO:

Alle Kollegen von Siemens hier auf der Baustelle sind auslandserfahren, alle haben Auslandseinsätze bis nach Indien oder Nigeria hinter sich.
Auch das ist das Leben genießen. Hohe Gehälter, super Projekte und demnächst geht einer hier mit 58 in Altersteilzeit, oder sie sparen die Überstunden an und machen dann mal ein halbes Jahr bezahlten Urlaub zwischen zwei Projekten und wer möchte auch ein Sabbatical.
 
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Ich kann die so oft zu lesende zwangsweise Gleichsetzung von Ruhestand / Rente / Pension mit dem Genießen des Lebens nicht nachvollziehen.

Wäre ich in einer Lebenssituation, in welcher das Ausüben meiner Erwerbsarbeit mich am Genießen des Lebens hinderte, dann suchte ich mir schlicht ´nen anderen Job.
Ansichtssache und hängt auch von vielen Faktoren ab, welche wohl bei jedem anders gelagert sein dürften. Genießen des Lebens ist für mich, wenn ich nicht mehr 40-50 h die Woche arbeiten muss, um Geld zu verdienen, sondern für meine Interessen nutzen darf.

Ja, such Dir bei mir in der Gegend nen anderen Job über 50 :ROFLMAO:. Wenn das Gehalt wurscht ist, OK. Und so flexibel bin ich nicht, dass ich noch groß umziehe, wenn's nicht sein muss.
 
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Genießen des Lebens ist für mich z.B. zuerst auch, wenn die 40-50 h in der Woche während der Arbeit genau meinen Interessen entsprechen. ;)
Na ja, war vielleicht auch etwas jammern auf hohem Niveau, meinerseits. Die internen Misstände meines Arbeitgebers kann ich hier auch nicht breittreten. Im Großen und Ganzen kann ich grad so zufrieden sein.

Mein Job macht mir Spaß und trotzdem treibt mich nur die Armut hin.
Wenn mir jemand morgen genügend Geld überweist bin ich sofort weg.
Aber sowas von ...
 
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1) Ja.

2) Bei einigen Uninformiertheit, bei nicht wenigen eine eher charakterliche Schwäche. In der Landwirtschaft Verdienst Du im ersten Lehrjahr 693 Euro. Netto verbleiben dann gut 555. Wenn Du im Betrieb untergebracht bist werden Dir noch einmal 422 abgezogen. Verbleiben 133 Euro an Taschengeld. Die Sätze sind vorgeschrieben, einige Ausbilder zahlen Leistungsprämien. Als ungelernter bekommst Du halt den Mindestlohnsatz von 9,60 - nach einem halben Jahr erhöht sich das automatisch auf 10,20 und dann steigert sich das nach Berufserfahrung.

3) Da gibt es ein Programm, "Talente Gesucht" von der LWK, das ist auch recht erfolgreich. Oftmals sind es Leute die eben genau vom Jobcenter oder von der Agentur mit der im Hinterkopf angekommenen Androhung - Kürzung von Bezügen, die derartige Forderungen stellen. Eher selten junge Leute die noch nicht mit Hartz IV in Berührung gekommen sind. Bildungswege spielen da eigentlich auch eher eine untergeordnete Rolle, wir haben alles vom Abiturienten bis hin zum Hauptschüler in der Bewerbung. Ab und an auch jemand mit "Werkerkapazität" - also nicht für eine reguläre Ausbildung geeignet.

4) Gerade in der Landwirtschaft wechselst Du bis zu drei mal den Arbeitgeber, nur sehr wenige bleiben länger als ein Jahr im gleichen Betrieb.
Zu 2.
Selbst hier im tiefem Osten werden einfache Lehrberufe mit nur 2 Jahren Lehrzeit deutlich besser bezahlt. Während der Ausbildung etwa Faktor 1,5 zu deinen Sätzen. Man muss sich den Gegebenheiten anpassen.


Ansonsten ungelernte, angelernte Anlagenfahrer im Conti Betrieb gehen je nach Fähigkeiten und Menge der Zuschläge mit 2500 bis 4000 nach Hause (Brutto). Das ganze aber bei echten 40h. In der Landwirtschaft sind es ja häufig ein paar mehr.
 
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Mein Job macht mir Spaß und trotzdem treibt mich nur die Armut hin.
Wenn mir jemand morgen genügend Geld überweist bin ich sofort weg.

Ich hatte jetzt schon mehrfach in meinem Berufsleben längere (freiwillige) Auszeiten. Und nein, so ganz ohne wäre ich da auch nicht zufrieden, auch wenn ich mich ohne Beruf ganz sicher nicht langweilen würde.

Ich habe in den letzten Jahren meine Arbeitszeit schon reduziert und habe vor, das noch mehr zu tun. Solange mich einer will ;) kann ich mir aber auch fürs Alter ein Modell vorstellen in dem ich z.B. Projektweise mitarbeite, mit längeren Pausen dazwischen. Habe schon mal überlegt, bei einem "Senior Expert" Service anzufangen.

Allerdings habe ich auch das Glück, eines meiner Hobbys zum Beruf gemacht zu haben.
 
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Ich fand meine Erstausbildung in der Fleischerei richtig schlecht.
Nach der 10 Stunden Schicht kam der Meister am Freitag an mit: jetzt kannst du für die Prüfung üben.
Von 6 Azubis haben 2 am Ende die Prüfung bestanden. Und spätestens nach der Jäger Prüfung, weiß ich das die Anforderungen unterirdisch waren.
Es ist schon eine ganze Weile her, aber man wurde einfach als Hilfskraft mißbraucht. Und die Überstunden wurden dann mit 0,70 € die Stunde abgegolten.
Nach der Ausbildung konnte ich wählen zwischen Mindestlohn + 42h Arbeitsvertrag und 16h pro Tag am Fließband im Schlachthof stehen.
Der Schlachthof ist zu, weil nicht mal mehr Rumänen da arbeiten wollten.
Ich werde alles dafür tun, das meine Kinder keine Ausbildung anfangen.
Das ist das was ich meinte mit, dass muss man heutzutage keine Azubi mehr zumuten. Ich habe im Erstberuf Klempner/Installateur gelernt. Das gleiche in grün, aber wenigsten wurden die Überstunden und Bereitschaft extra und gut Vergütet. Dafür war der Chef ein Choleriker vor dem Herren, ein paar mal ist uns Lehrlingen der Vorschlaghammer hinterhergeflogen.

Die Bundeswehrzeit danach war dann wie Urlaub für mich.
Ich wurde wegen meiner Behinderung ausgemustert...
Zweitausbildung war dann schulisch mit Praktikum in einem Betrieb. Das empfand ich als bedeutend besser.
Ja, sowas kenne ich auch noch...
Allerdings frage ich mich, was mir die beiden Gesellenbriefe bringen.
Mit dem Fleischer Gesellenbrief, darf ich kein Wild verarbeitenden Betrieb öffnen, und als Geselle hatte man auch kaum mehr als Mindestlohn.
Mit dem zweiten Gesellenbrief, gilt man in der IT als gelernt. Allerdings im Vergleich zu studierten hängt man Gehalttechnisch immer hinterher.
Beides ist richtig, aber ich habe da noch ein paar draufgesetzt - weil ich mich eigentlich ständig neu erfinden musste, bis ich endlich mal von jemanden erklärt bekommen habe was eigentlich mit mir nicht stimmt.
Ich glaube, der einzige Grund warum überhaupt noch Azubis bei Betrieben anfangen, ist weil sie sich zu wenig informiert haben. Dementsprechend braucht man sich nicht wundern, wenn im Betrieb nicht die Creme dela Creme anfangen möchte.


Ich war zeitweise bei einer HWK tätig und empfand die Meisterausbildung auch als nicht sehr gut. Vom Level dachte ich mir, das sollte eigentlich auch ein Azubi können/wissen.
Und der Part IV wird in 2 Wochen durchgekaut.
Der Azubi kann nicht besser sein als sein Ausbilder. Das funktioniert nicht oder nur in besonderen/seltenen Fall, das er Wissen aus dem elterlichen Betrieb mitbringt.

Okay, das sieht in meiner Branche ganz anders aus, die Ausbildung selbst ist schon sehr hoch angesetzt, die Meisterprüfung toppt das noch einmal um ein paar Schritte.

Danke, guter Beitrag!
 
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Ja, DU weisst das, für Dich, aber solche Motivationsereignisse sind doch von Person zu Person unterschiedlich und damit auch nicht generalisierbar und schlecht planbar. Da ist der Ausbilder gefragt, dem muss da was einfallen.

Ich glaube auch, dass solche Motivationseinbrüche in jeder Ausbildung auftreten und dass es dazu bei den Pädagogen und Psychologen Leute mit Ahnung geben muss.
Klar treten die bei jedem auf! Davon ist niemand befreit.

Aber bei manchem bleibt das dann für den Rest der Zeit auf dem Niveau.
Da muss man eventuell dem Kind gegen die Eltern helfen. Wenn so ein Azubi nur "Heli-Mama" und "Bulldozer-Papa" kennt, dann lernt der nur Eigenständigkeit wenn diese beiden von außen eingebremst werden. Und wenn der die bewusst vorschickt braucht der noch ganz andere Lektionen.
Jo! Das ist ein guter Ansatz.(y)
 
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Zu 2.

Ansonsten ungelernte, angelernte Anlagenfahrer im Conti Betrieb gehen je nach Fähigkeiten und Menge der Zuschläge mit 2500 bis 4000 nach Hause (Brutto). Das ganze aber bei echten 40h. In der Landwirtschaft sind es ja häufig ein paar mehr.

Wenn Du die Normale Arbeitszeit arbeitest sind bis zu 58 Stunden die Norm in der Woche.

Azubis in der Regel 40 bis 43 je nach Alter, bei sechs Tage Woche, jedes zweite Wochenende frei.
 
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Ich hatte jetzt schon mehrfach in meinem Berufsleben längere (freiwillige) Auszeiten. Und nein, so ganz ohne wäre ich da auch nicht zufrieden, auch wenn ich mich ohne Beruf ganz sicher nicht langweilen würde.

Ich habe in den letzten Jahren meine Arbeitszeit schon reduziert und habe vor, das noch mehr zu tun. Solange mich einer will ;) kann ich mir aber auch fürs Alter ein Modell vorstellen in dem ich z.B. Projektweise mitarbeite, mit längeren Pausen dazwischen. Habe schon mal überlegt, bei einem "Senior Expert" Service anzufangen.
Ich würde das hier keine Minute vermissen.
Vorausgesetzt das Geld ist wirklich genug da, mit gerade so eben wäre das ja schlechter als jetzt und so schlimm ist es auch nicht.
 

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