Weidgerechtigkeit in der Jagdpraxis

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Waidgerechtigkeit bedeutet für mich, das Bemühen möglichst sauber zu jagen.
 
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....Wir haben bei uns dieses Jahr im Revier 3 Drückjagden durchgeführt. Anschließend habe ich ebenfalls evaluiert und die Frage der "Weidgerechtigkeit" an unsere Gäste gestellt - und daher kommt auch meine Frage an euch: Viele berichteten, dass Drückjagden für sie einen sportlichen Aspekt hat und Action ist. Jagen diese Personen dann trotzdem "Weidgerecht", da sie sauber schießen? Jage ich weidgerecht, wenn es für mich das Größte ist, nachts durch den Weizen zu pirschen, bei Schnee die Wechsel entlang zu pirschen und mir dabei sage, dass es für mich tatsächlich ein sportlicher Ausgleich ist?...

.......Und ja, ich war die letzten 9 Jahre nur passiv dabei und habe mitgelesen! Nun habe ich mich aber auch mit den neuen BJagdG-Entwürfen beschäftigt, und auch hier spielt die Frage von Tierschutz/Weidgerechtigkeit eine entscheidende Rolle.

Na, wenn Jagd in Richtung Sport abdriftet, dann ists mit der Waidgerechtigkeit wohl langsam dahin. Oder? Klar, das Jagd anstrengend sein kann und eine gewisse Beweglichkeit mit sich bringen muss, den Begriff Sportlichkeit lasse ich mal unausgesprochen.

Ob das BJagdG sich aktuell in Richtung Tierschutz oder gar Waidgerechtigkeit hin entwickelt. Naja, das wage ich mal zu bezweifeln.
 
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Waidgerechtigkeit ist richtig und wichtig. Gerade hier wird der Unterschied zu einem Fun-Sport gemacht und bezeugt die Erfurcht vor dem Wild. Man schaue sich die Jagdpraxis in Ländern an, in denen Waidgerechtigkeit unbekannt ist. Beispielsweise in den USA. Hier wird mit bei manchem Jäger aus reinem sportlichen Aspekt mit möglichst kleinem Kaliber versucht Hochwild zu erlegen oder auch andersrum. Ich kann mich an ein YouTube Video erinnern, bei dem mit .50 BMG Schüsse auf ein Reh aufs Haupt abgegeben werden. Diese Züge nimmt es dann an, wenn die Wertschätzung und die Schätzung der Werte fehlt. Die Waidgerechtigkeit ist auch nicht frei von Fehlern, aber sie bildet einen guten moralischen Leitfaden im Umgang mit der Kreatur und der Verantwortung des Leben nehmens.
 
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Weidgerechtigkeit ist eine Einstellung oder Motivation. Die jeder so auslegt, wie es ihm passt.
Justiziabel ist das nicht. Da wäre "Tierschutz" wohl der passende Begriff, der auch die übrigen, vom Gesetz geforderten Aspekte wie artenreicher und gesunder Wildbestand inkludiert.
"Ethik" ist ebenso wenig greifbar. Es gab und gibt Kriege und Verbrechen, deren Motivation aus "ethischen Überlegungen" (und seien sie auch noch so abwegig) gespeist werden.
Ebenso unbrauchbar "ungeschriebene Regeln". Was soll das sein? Erzählungen? Sagen? Warum kann jeder Rechtsbereich aufschreiben was gilt, nur bei der Jagd soll das nicht gehen?
 
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Sport impliziert ja, dass schlechte Leistungen keine schwerwiegenden Konsequenzen haben, also das spielerische. Bin ich beim Tennis oder Fussball schlecht trainiert oder unkonzentriert, dann verliere ich, aber damit hat sich die Sache.

Bei der Jagd kommt es auch darauf an, gewisse "sportliche" bzw. mit Sport vergleichbare Leistungen zu vollbringen, nur hat mein Versagen hier unter Umständen schreckliche Folgen für ein lebendes Tier - darf also im Sinne der Waidgerechtigkeit nicht sein.

Waidgerechtigkeit ist für mich also nicht so sehr das gerechte Brauchtum inkl. Trinken mit links, sondern der unbedingte Ehrgeiz, meine Fähigkeiten (und meine Ausrüstung) soweit als möglich zu perfektionieren, damit mir bei der Jagd so wenig wie möglich Fehler unterlaufen - gerade in Respekt vor dem lebenden Tier.
 
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In einem anderen Jagdforum gab es im Jahr 2009 einmal einen sehr langen und hochinteressanten Faden mit der Zielsetzung, den Begriff so konkret und gleichzeitig so umfassend wie möglich zu definieren.

Heraus kam nach langer Diskussion das:

"Waidgerechtigkeit bezeichnet eine Wertvorstellung des Jägers in der über Jahrhunderte gewachsenen deutschsprachigen Jagdkultur, die er in seiner Form zu jagen und der Behandlung des in seinem Obhutsbereich befindlichen Wildes und der gemeinsamen Umwelt zum Ausdruck bringt.

Das Verhältnis des deutschen Jägers zu seinem Jagdwild wird geprägt von den beiden scheinbar gegensätzlichen Zielen, das Wild einerseits durch die Jagd zu erbeuten und ihm gleichzeitig ein Höchstmaß an Wertschätzung und Achtung entgegenzubringen.

Dieser Konflikt zieht sich durch die historische Entwicklung der Jagd und führt zu einem permanenten Wandel im Verständnis des Begriffes der Waidgerechtigkeit in Abhängigkeit von der Weiterentwicklung der Jagdarten und der zur Jagd verwendeten technischen Errungenschaften. Allen Betrachtungen zu diesem Thema ist gemein, einen Kompromiss zwischen der Erbeutung des Jagdwildes unter geringstmöglicher Belastung durch Stress, Schmerzen und unsachgemäße Behandlung und gleichzeitig den gewachsenen Traditionen in der praktischen Ausübung der Jagd zu suchen.

Waidgerechtigkeit ist somit weder die auf das reine Töten reduzierte Ausübung der Jagd mit allen erdenklichen technischen Mitteln, noch das kritiklose Konservieren von traditionellen Riten, sondern das durch empirische Erfahrung und größtmögliche Sachkenntnis aller die Jagd tangierenden Bereiche geprägte Verantwortungsbewusstsein des Jägers im Umgang mit seinem Wild in der gemeinsamen Umwelt und den daraus resultierenden Verhaltensweisen."



Möglicherweise ist die Waidgerechtigkeit auch nicht vollends zu definieren und wird immer Raum für Deutungen lassen. Insbesondere dann, wenn Einigkeit darüber besteht, dass die Definition über naturwissenschaftlich begründete Forderungen, wie Tier-, Natur- und Umweltschutz, tatsächlich immer nur einen Teil des Begriffes abdecken kann - der "Rest" bliebe eine Frage des Charakters. Das ist z.B. eine Sichtweise, die der Jagdphilosoph Eilers im Jahr 1904 beschrieben hat: "Die Weidgerechtigkeit ist mit einem Wort die Kardinaltugend oder noch besser der Grundcharakter des Weidmanns."
 
R

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Guest
Waidgerecht jagen ist eine innere Einstellung, immer subjektiv und meistens geprägt durch jagdliche Vorbilder, wie Lehrprinzen, Vater etc.
Was Waidgerechtigkeit bedeutet kann also abschließend nur jeder für sich selbst beantworten. Es wird Handlungen geben die Viele als Waidgerecht verstehen. Das wäre dann der Konsens.

Für mich bedeutet Waidgerecht:

1. Wenn du nicht sicher ansprechen kannst, schieße nicht.
2. Jeder Schuß wird nachgesucht.
3. Nur schießen wenn deine Fähigkeiten einen tödlichen Treffer hergeben.
4. Kein Muttertier vor Nachwuchs
5. Keinen Bock im Bast
6. Kein Tier an der Wasserstelle
7. Gegen Jagdfrevel aufstehen und benennen
8. In Notzeiten kümmern
9. Niederwild hegen durch Reviergestaltung und Raubwildbejagung
10. Möglichst alles vom Stück verwerten.
11. Pflege der Traditionen

...nicht abschließend

Rübezahl
8.
 
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Waidgerecht jagen ist eine innere Einstellung, immer subjektiv und meistens geprägt durch jagdliche Vorbilder, wie Lehrprinzen, Vater etc.
Was Waidgerechtigkeit bedeutet kann also abschließend nur jeder für sich selbst beantworten. Es wird Handlungen geben die Viele als Waidgerecht verstehen. Das wäre dann der Konsens.

Für mich bedeutet Waidgerecht:

1. Wenn du nicht sicher ansprechen kannst, schieße nicht.
2. Jeder Schuß wird nachgesucht.
3. Nur schießen wenn deine Fähigkeiten einen tödlichen Treffer hergeben.
4. Kein Muttertier vor Nachwuchs
5. Keinen Bock im Bast
6. Kein Tier an der Wasserstelle
7. Gegen Jagdfrevel aufstehen und benennen
8. In Notzeiten kümmern
9. Niederwild hegen durch Reviergestaltung und Raubwildbejagung
10. Möglichst alles vom Stück verwerten.
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...nicht abschließend

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8.

genau Deine aufgezählten Punkte haben wir in 70zigern so gelernt und danach wird heute noch gejagt (zumindest mache ich das so). Unsere Prüfer/Ausbilder waren alles alte Hasen, für die besagtes eine Vorraussetzung für die Jagd war!!
D.T.
 
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Für mich bedeutet Waidgerecht:

1. Wenn du nicht sicher ansprechen kannst, schieße nicht.
2. Jeder Schuß wird nachgesucht.
3. Nur schießen wenn deine Fähigkeiten einen tödlichen Treffer hergeben.
4. Kein Muttertier vor Nachwuchs
5. Keinen Bock im Bast
6. Kein Tier an der Wasserstelle
7. Gegen Jagdfrevel aufstehen und benennen
8. In Notzeiten kümmern
9. Niederwild hegen durch Reviergestaltung und Raubwildbejagung
10. Möglichst alles vom Stück verwerten.
11. Pflege der Traditionen

...nicht abschließend

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.

Da hat jeder seine Sichtweise.
Ich finde die Ziffern 1., 2., 3., 4. teilweise, 6. und 10. richtig. Die anderen Punkte verfolge ich nicht. Über 7. müsste man diskutieren, was das ist. Wilderei oder Schonzeitvergehen würde ich dazurechnen, einen Bock im Bast zu erlegen halte ich hingegen für sinnvoll, dann hat er schon keine Fegeschäden verursacht, also für mich kein Frevel.
Dazu aber die Ziffer 12: ich beabsichtige mit meiner Jagd dem Wald zu nutzen.
 
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@Kaktus8 Wenn Du die Suchfunktion nach "Weidgerechtigkeit" und "Waidgerechtigkeit" bemühst, hast Du schon mal ein paar Abende zu lesen.
Wenn Deine wissenschaftliche Arbeit fertig ist, kannst sie ja mal hier einstellen. Es sind bestimmt einige daran interessiert.

Wmh
Flo

edit: Mir sind gerade meine Sätze in meiner Signatur ins Auge gefallen. Vielleicht ziehst Du auch ein paar Bücher zu Rate, die vor der dunklen Zeit des 20ten Jahrhunderts geschrieben wurden. Ich finde, die haben auch heute noch ihre Gültigkeit, vor allem was die Ehrfurcht und Ethik vor der Kreatur anbelangt.
Genau! Und @Kaktus8, wenn du gerade in der Suchfunktion bist, schau mal bei Hermann Löns vorbei. HH
 
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