Der mykenische Eberzahnhelm

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In wie weit

sind Kenntnisse einer 3000 Jahre alten Reiseerzählung für heutige Schüler von Interesse, wo helfen sie ihnen, sich auf die Berufsausbildung oder Universität vorzubereiten?

Wenn jemand Finanzbeamter werden möchte oder sich bei einem der derzeit in Mode geratenden Diktatoren à la Putin verdingen möchte, ist aus der Odyssee immer hin der 21. Gesang von Interessen hinsichtlich der dort detailliert beschriebene Folter- und Hinrichtungspraktiken...

Gruß,

Mbogo
 
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Weil sie in Metaphern und direkter Anspielung Alltagsgegenstand für Vergleiche und Bezeichnungen ist (s. Trojaner in PC-Terminologie, Argusaugen, Achillessehne, bezirzen...). Es ist schlicht Teil der kulturellen Identiät. Die Mongolen sagen dazu: Ein Mann, der die Wege seiner Ahnen (gemeint ist Geschichte und Kultur) nicht kennt, ist wie ein Affe im Wald.
Und bevor jetzt noch was zu altnordischer oder altgermanischer Kultur kommt:
Montag=Monday=Lundi=Mondtag/Lunatag, Dienstag=Tuesday=Mardi=Tiustag/Tyrstag/Marstag (Kriegsgott). Mittwoch fällt bei uns wegen der Karolingischen Zwangschristianisierung raus, bei den Franzosen ist mit Mercredi=Merkurstag die Lateinisierung weiter vollzogen, aber im Englischen haben wir ihn noch Wednesday=Wodenestag=Wotanstag, Donnerstag=Thursday=Donarstag=Thorstag, Freitag ist Freyastag... der Rest deriviert mit Sonnabend und Sonntag vom Sol-Invictus-Kult...
 
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Kann nicht mehr nachbearbeiten...
P.S.:
Eines muss ich noch loswerden. Kunst und Kultur sind von jeher Freizeitaktivitäten. Hätten unsere Vorfahren in der Eiszeit nicht freie Flächen besiedelt und somit Wildbestand auf begrenztem Raum bejagen können, hätte wohl niemand Musik und Kunst entwickelt, weil sie abends erschöpft auf ihr karges Lager gesunken wären und gehofft hätten, auch am nächsten Tag was Essbares zu finden... Keine Lagerfeuergeschichten, keine Warnungen vor Gefahren, keine Ideenvermittlung durch Anregungen zum Nachdenken...
Lernen bedeutet, vom Erfahrungsschatz anderer zu profitieren und ihn wertzuschätzen - unabhängig davon, ob er in meinem eigenen Leben eine Rolle spielt oder nicht. Vor allem, wenn ich gar nicht abschätzen kann, ob das so sein wird. Speziell dieses Infragestellen (des Sinns, nicht des Inhaltes) ist kritisch zu sehen, weil dadurch zumindest die Ethik nachweislich leidet. Im Nibelungenlied wird Kritik an den personengebundenen Treueeiden bis in den Tod geübt. Das ist sozusagen die zentrale Botschaft. Vor rund 90 Jahren haben geistige Brandstifter diese Nibelungentreue als Ideal verkauft. Man weiß, wohin es führte...
Auch so etwas wird durch Bildung vermieden. Ich verstehe das ganz im Sinne der Aufklärung. Aufklärung ist der Auszug des Menschen aus der selbst verschuldeten Unmündigkeit. Dieser wird durch Bildung vollzogen. Lässt man hier Abstriche zu, wird man wieder in der Unmündigkeit enden.
 
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Weil sie in Metaphern und direkter Anspielung Alltagsgegenstand für Vergleiche und Bezeichnungen ist (s. Trojaner in PC-Terminologie, Argusaugen, Achillessehne, bezirzen...). Es ist schlicht Teil der kulturellen Identiät. Die Mongolen sagen dazu: Ein Mann, der die Wege seiner Ahnen (gemeint ist Geschichte und Kultur) nicht kennt, ist wie ein Affe im Wald.
Und bevor jetzt noch was zu altnordischer oder altgermanischer Kultur kommt:
Montag=Monday=Lundi=Mondtag/Lunatag, Dienstag=Tuesday=Mardi=Tiustag/Tyrstag/Marstag (Kriegsgott). Mittwoch fällt bei uns wegen der Karolingischen Zwangschristianisierung raus, bei den Franzosen ist mit Mercredi=Merkurstag die Lateinisierung weiter vollzogen,....
Hm, Der Mittwoch wurde im "deutschen" Sprachraum erst 2 Jhdte nach dem Karl eingeführt, etwa zeitgleich mit der Bezeichnungen der Wochentage für die Slawischen Völker. Da heißt der Mittwoch auch einfach "Mitte". Der Dienstag ist dort "der Zweite" , der Donnerstag "der Vierte" , der Freitag "der Fünfte".
Sonntag gefällt mir:"Nicht-Arbeit".
Montag ist "Nach-Nicht-Arbeit"
 
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Weil sie in Metaphern und direkter Anspielung Alltagsgegenstand für Vergleiche und Bezeichnungen ist (s. Trojaner in PC-Terminologie, Argusaugen, Achillessehne, bezirzen...). Es ist schlicht Teil der kulturellen Identiät. Die Mongolen sagen dazu: Ein Mann, der die Wege seiner Ahnen (gemeint ist Geschichte und Kultur) nicht kennt, ist wie ein Affe im Wald.
Und bevor jetzt noch was zu altnordischer oder altgermanischer Kultur kommt:
Montag=Monday=Lundi=Mondtag/Lunatag, Dienstag=Tuesday=Mardi=Tiustag/Tyrstag/Marstag (Kriegsgott). Mittwoch fällt bei uns wegen der Karolingischen Zwangschristianisierung raus, bei den Franzosen ist mit Mercredi=Merkurstag die Lateinisierung weiter vollzogen, aber im Englischen haben wir ihn noch Wednesday=Wodenestag=Wotanstag, Donnerstag=Thursday=Donarstag=Thorstag, Freitag ist Freyastag... der Rest deriviert mit Sonnabend und Sonntag vom Sol-Invictus-Kult...
Hm, Der Mittwoch wurde im "deutschen" Sprachraum erst 2 Jhdte nach dem Karl eingeführt, etwa zeitgleich mit der Bezeichnungen der Wochentage für die Slawischen Völker. Da heißt der Mittwoch auch einfach "Mitte". Der Dienstag ist dort "der Zweite" , der Donnerstag "der Vierte" , der Freitag "der Fünfte".
Sonntag gefällt mir:"Nicht-Arbeit".
Montag ist "Nach-Nicht-Arbeit"
 
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Hm, Der Mittwoch wurde im "deutschen" Sprachraum erst 2 Jhdte nach dem Karl eingeführt, etwa zeitgleich mit der Bezeichnungen der Wochentage für die Slawischen Völker. Da heißt der Mittwoch auch einfach "Mitte". Der Dienstag ist dort "der Zweite" , der Donnerstag "der Vierte" , der Freitag "der Fünfte".
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Stimmt, Ursache ist aber die konsequente Umsetzung der Abschwörformel. ;)
 
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Schönen Dank

für die Erläuterungen zum Mittwoch, sehr interessant.

Die Kenntnisse griechischer Mythologie sind dagegen für die Entwicklung heutiger Wissensbedürfnisse obsolet, wer wissen möchte, woher das Wort becircen kommt, kann das elektronisch nachschlagen, ohne für dumm genommen zu werden. Ich muss nicht jedes Geschehen europäischer Vorfahren in der ausgehenden Bronzezeit kennen, um meinen Weg zu finden und dabei gebildet zu sein. Ich sag‘s mal mit Hoimar von Dithfurt: Wer heute die 3 Gesetze der Thermodynamik nicht kennt, ist ungebildet. Am Anfang war der Wasserstoff, nicht das Wort.

Unsere Untersekundas haben sich weiland, gegen den erbitterten Widerstand der Altphilologen, gegen Griechisch und für Französisch als 3. Fremdsprache entschieden, und es hat uns allen genutzt. Latein wäre auch besser Spanisch gewesen. Die wissenschaftlichen Begriffe, die auch heute noch in den Naturwissenschaften in den beiden toten Sprachen benutzt werden, kann man auch so lernen. Beim Acanthoscaphites nodosus saltans!

Was die frühe Kulturbildung unserer Vorfahren angeht, so ist die Darstellung gänzlich falsch. Die frühen Jäger folgten Jahrzehntausende den Wildtierherden, von denen sie lebten, sie benutzten dabei im Zuge der Kreiswanderungen über Jahrtausende dieselben natürlichen Unterkünfte und dokumentierten ihre Jägerkultur mittels Wandmalereien und darstellender Kunst. Als einige die Landwirtschaft erfanden, wurden sie aus dem Paradies vertrieben, konnten aber die alte Kultur weiter entwickeln. Was aber dazu führte, dass die Erfolgreichsten sich die Kultur peu à peu aneigneten und von der Arbeit der Erfolgloseren lebten. So, in Kürze, die Kulturwerdung der Menschheit.

Gruß,

Mbogo
 
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Man braucht effektiv heutzutage kaum noch Latein oder Altgriechisch für irgendein Studium, es sei man will Sprach, Kultur oder Literaturwissenschaften studieren. Auch gehört die Lektüre der Ilias und der Odyssee schon lange nicht mehr zu Allgemeinbildung. Man darf jetzt nur bedauern daß es nicht mehr so ist, die Zeiten haben sich aber geändert und mit Gewalt kann man keinem Schüler was eintrichtern das ihn nicht interessiert und das er sowieso nicht braucht um in der heutigen Welt kultiviert zu erscheinen.

Trotzdem studieren noch einige Leuten Archäologie und Altphilologie, Fächer die Dank unter anderem der heutzutage verfügbaren neuen Technologien sich in einem Wandel befinden. Das alles aber auch vielleicht Dank der heutigen Schulausbildung wo man eher Wert auf Informatik und Technik legt als auf die Lektüre von klassischen Werken in uralten Sprachen und auf einen Antiken verschönernden Geschichtsunterricht . Wer sich für Geschichte, Literatur und Kunst interessiert, braucht nicht den Schulunterricht um sich Kultur auf diesen Gebieten in seiner Jugend anzueignen.
 
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Ich hab gerade nachgesehen, tatsächlich ist für das Geschichtsstudium kein Latinum oder Graecum mehr Pflicht, das irritiert doch etwas:
Da Sprachkenntnisse zum Rüstzeug eines Historikers zählen, stellen die Nachweise über Kenntnisse des Englischen und einer weiteren modernen Fremdsprache (alternativ Latein oder Altgriechisch) im Umfang von mindestens drei Jahren Schulunterricht eine verbindliche Voraussetzung für das Bachelorstudium im Fach Geschichte dar.

Erst im Masterstudium ist Latein Pflicht.


CdB


... was macht man mit einem Bachelor in Geschichte?
 
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Man kann so was bedauern, aber Geschichte ist ein riesiges Gebiet und nachdem mit welchem Zeitabschnitt man sich beschäftigt, braucht man eher modernere Sprachen als Latein und Altgriechisch.
 
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Guest
Das Studium war mal ähnlich dem Schulsystem aufgebaut, im Grundstudium die breite Grundlage, wo auch Sprachkenntnisse gefragt und vermittelt wurden; im Hauptstudium dann die Spezialisierungen, wo dann durchaus auch andere Sprachkenntnisse gefragt waren.

Mit dem Graecum oder Latinum sollte erstmal gezeigt werden ob der Student überhaupt in der Lage war sprachlich umzugehen und sich in eine Kultur einzudenken.

Wir haben früher die historischen Daten und den Erlkönig auch auswendig lernen müssen um dem Gedächtnis und Verstand eine Basis zu bilden, auf der aufgebaut wird.


CdB
 
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Man braucht nicht unbedingt Latein, aber ich kenne niemanden der nicht letztendlich dankbar ist, für die Grundbegriffe, die er dort aufgeschnappt hat. Ganz besonders wenn es ihn später zumindest im Urlaub in romanische Länder zieht.
Aber auch sonst bewahrt unsere Sprache einen großen Anteil von lateinischen Wurzeln. Z. B. die Präpositionen ab, ad, ante, con, cum, de, contra, per, die zusammen mit einigen wenigen Verben wie esse, iré, ponere, posse usw, deren Kenntnis und Ableitung mir zumindest immer wieder Freude bereitet.*
Ich würde für den "Durchschnittsschüler" einen regelhaften Lateinunterricht auch nicht mehr für adäquat halten.
Aber einen (freiwilligen?) Grundkurs über das, was wir aus den alten Kulturen übernommen haben, fände ich großartig.
Bei dieser Gelegenheit könnte auch endlich mit dem Fake aufgeräumt werden, das Mittelalter wäre eine finstere und rückständige Zeit gewesen. - Wie es u. a. auch Kant verbreitete. Nur hatte Kant vom Mittelalter Null Ahnung.
Schon vor ihm hatte man sich seines Verstandes bedient.
*Ich hatte mal für meine Kinder eine Liste lateinischer Präpositionen und Verben gefertigt. Jeweils 10 bis 20, deren über 100 Kombinationen ihnen viel Freude bereitet hatten, da sie sie in sehr vielen Anwendungen wiederfanden.
 
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Vielleicht liegt es auch am Unterricht in den Schulen. Ich habe kein Überblick mehr über was über Altertumsgeschichte und antike Literatur zu Zeit noch an den diversen Schulen gelehrt wird. Die Deutsche Orient-Eschatologie kämpft dauern mehr oder weniger erfolglos gegen dass aus dem Programm streichen von einigen Fächern die unter anderem den antiken Nahen-Osten und Vorderasien betreffen. Es geht leider nicht nur um den Unterricht an den Schulen, sondern auch um Schließungen von Instituten an Hochschulen und Universitäten.
Wir haben doch nun wirklich genug mit parasitärem Grundeinkommen, Friday for Veggi-day, Gender-Problemen und dem neuen Reichspropagandaministerium von Instagram am Hals, da kommst du auch noch mit klassischer Bildung daher....

Die nachwachsende Generation brauch mal ne Auszeit....

Gruß

HWL
 
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Aber einen (freiwilligen?) Grundkurs über das, was wir aus den alten Kulturen übernommen haben, fände ich großartig.

Da kollidiert der Wunsch schon mit dem Schulsystem. Ich denke dass die Kids schon interessiert sind, aber das muß auch mit dem Kurssystem in Einklang gebracht werden.

Wenn Geschichte oder Geographie und Latein oder Französisch und Chemie oder Physik gelernt werden können, ein Wahl getroffen werden muß, dann wird die Allgemeinbildung schnell einseitig.

Ich kann mich erinnern wie es bei mir war, entweder der freiwillige Aufbaukurs in Chemie oder Französisch oder Latein.

Beim Studium wurden noch "steilere" Verwerfungen klar, wenn Leute ohne Chemie-, Bio_!!! oder Physikkenntnisse in die Forstwirtschaft wollten.


CdB
 
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Es gibt übrigens schon andere Wege freiwillige Bildung zu vermitteln, auch zu den antiken Sagen und Geschichten; ich empfehle an der Stelle mal Rick Riordan - Percy Jackson, die Buchreihe.

CdB
 

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