.... es gibt doch allgemein bereits Richtlinien bei Jagden, die müssten nur entsprechend auch eingehalten werden, geht auch aus der UVV hervor.
Eine Ansprache des Jagdleiters vor der Erntejagd auf event. Gefahren/Kugelfang wäre m.E. wirkungsvoller. Jäger, die für ihre ungezügelte Schussabgabe bekannt sind, haben dort nichts verloren.
D.T.
Ja, es gibt sie. Und würden sie immer und überall vollständig eingehalten werden, würden sicherlich weniger Unfälle geschehen.
Das Problem ist: sie werden nicht immer und überall eingehalten.
Hier stellt sich nun die Frage nach dem "Warum".
Du kannst die Gesamtheit aller Jäger als Vierfeldertafel darstellen:
Kenne die UVV, Kenne die UVV nicht,
halte sie ein. würde sie bei Kenntnis einhalten
Kenne die UVV, Kenne die UVV nicht,
halte sie aber nicht ein. würde sie auch nicht einhalten wollen.
Diejenigen, bei denen Unkenntnis das Problem ist, kannst du mit Ausbildung und Information, mit Aufklärung und Aufmerksamkeitsverbesserung erreichen.
Die Ge- und Verbote zur Schussabgabe finden sich in §3, Abs. 4 der UVV:
UVV §3, (4)
Ein Schuss darf erst abgegeben werden, wenn sich der Schütze vergewissert hat, dass niemand gefährdet wird.
Durchführungsanweisung zu Absatz 4
Eine Gefährdung ist z. B. dann gegeben, wenn
- Personen durch Geschosse oder Geschossteile verletzt werden können, die an Steinen, gefrorenem Boden, Ästen, Wasserflächen oder am Wildkörper abprallen oder beim Durchschlagen des Wildkörpers abgelenkt werden,
- beim Schiessen mit Einzelgeschossen kein ausreichender Kugelfang vorhanden ist.
Ich bin mir sicher, dass manche eigentlich gutwillige Waidgenossen hinsichtlich der Interpretation dieser Anweisungen eine zeitgemäße Unterstützung benötigen könnten, die über einen schnell überflogenen Jagdzeitungsartikel hinausgeht: wann genau und in welchem Umfang besteht denn die beschriebene Ablenkungsgefahr, welcher Kugelfang ist denn als ausreichend zu betrachten.
Granzin geht in seinem Aufsatz, auf den ich mich in meinem letzten Beitrag bezog, davon aus, dass ein Büchsenschuss aus stehender Position auf ein ebenerdiges Ziel in sagen wir 30, 50 oder 80 m Entfernung aufgrund der sich ergebenden Aufprallwinkel auf den einzig zuverlässigen Kugelfang, den gewachsenen Boden, de facto DURCH DIE BEREITS GÜLTIGKEIT HABENDEN UVV SCHON JETZT AUSGESCHLOSSEN, und dass die zukünftige Rechtsprechung entsprechend urteilen wird!
Das hat, bzw. hätte ganz erhebliche Auswirkungen auf die gelebte Praxis der Jagd in unserem Land, ganz ohne jeden Zweifel.
Diejenigen nun, die die UVV, ob sie sie nun kennen, oder auch nicht, aus innerer Überzeugung als übertriebenen Schwachsinn betrachten und ablehnen, sind wohl letztlich nur durch Überwachung, Kontrolle und in Fällen auffälligen Verhaltens durch Bestrafung zu erreichen. Bedauerlich, aber wahr. Ist ja im Verkehr auch nix anderes.
Wie auch dort, halte ich aber Bußgelder und/oder Geldstrafen für ein eigentlich wenig geeignetes Mittel zum Schutz der Mehrheit. Viel besser und von durchschlagenderer Wirkung sind im einen Fall Fühererschein-, im anderen Jagdscheinentziehungen. Folge: wer mit 90 durch den Ort rauscht, geht eine Weile zu Fuß und wer die UVV in sicherheitsgefährdender Weise übertritt, nimmt halt an den nächsten paar Jagden als Treiber teil.
Hierzu bedürfte es aber dringend eine Konkretisierung und Schaffung eines vermittelbaren Konsenses, welches Verhalten GENAU wir denn für akzeptabel, und welches für inakzeptabel halten wollen. Da gibt es einigen Definitionsbedarf!
Eine Ansprache ("Vergatterung") durch den Jagdleiter, der selbstverständlich eindeutig zu bestimmen ist, findet doch sowieso vor jeder - auch Ernte- Jagd statt. Ansonsten gnade Gotte dem Veranstalter, sofern auch nur irgendwas passieren sollte! Offensichtlich reicht dies aber nicht aus, sondern ist unbedingt zu ergänzen durch eine faire aber konsequente Auswahl der teilnehmenden Schützen anhand ihres in der Vergangenheit gezeigten Verhaltens!
D.-T. schreibt, dass ungezügelte Schützen nichts auf der Erntejagd verloren haben. So ist es! Eigentlich haben sie grundsätzlich auf der Jagd nichts verloren, aber das ist ein anderes Thema.
Wir alle sind es doch, die die soziale Kontrolle darüber ausüben, wen wir denn zu unseren Jagden einladen. Seien wir doch diesbezüglich endlich einmal konsequent: "Nee, Jürgen, leider kannste diesmal nicht teilnehmen, die Art und Weise, wie du letztes Mal fünf Meter an Günter vorbei auf die Sau geflammt hast, erfordert, dass du erstmal deine Beherrschung und dein Urteilsvermögen trainierst!" Ich fänd`s gut!
Ich bin aber auch gegen ewige Verdammnis und möchte jedem ernsthaft bemühten Menschen auch Möglichkeiten zur Rehabilitation und Wiedereingliederung eröffnet sehen.
Hier wären solche Sicherheitsseminare, durchgeführt vom Jandesjagdverband oder durch diesen zertifiziert durch private Anbieter.
Einen Tag Theorie mit Recht, naturwissenschaftliche und mathematische Grundlagen (Physik, Winkel, Entfernungen etc.), Waffenkunde, Erste-Hilfe-Lehrgang mit Praxisteil und Herz-Lungen Wiederbelebung, sowie Grundlagen des Tourniqueteinsatzes. Am zweiten Tag dann Praxis mit simulierter Treib-/Drückjagd, Ausweisung und Kennzeichnung der Gefahrenbereiche am Schützenstand und Schießkinobesuch mit Filmsequenzen, die eine Entscheidung über schießen/nicht schießen erfordern (ähnlich wie die "Hostage-Rescue" Schießkinofilme der SEK/KVK-Ausbildung).
Und am Ende gibt`s ne Hutnadel, so ähnlich wie die Jahresschießnadel früher: "Sicherer Jäger 2022".
Mal ganz im Ernst: Du kommst zu einer Gesellschaftsjagd und dein dir ansonsten unbekannter Standnachbar trägt diese bislang fiktive Anstecknadel, deren ebenfalls bislang fiktives Ausbildungsprogramm dir bekannt ist und ungefähr dem oben skizzierten entspricht. Würde dir das nicht durchaus ein ganz gutes Gefühl geben? Also mir schon.
M.