Viel Text - ja. Und für viele ists nur ein Bock - ja.
Viel junges Gemüse dieses Jahr gesehen, den ein oder anderen erlegt, aber ein Bock hatte es mir irgendwie angetan:
In einer, durch Grenzverlauf, Straße und sehr stark genutzten Rad- und Wanderweg, schwer bejagbaren Ecke hatte ich zu Beginn des Jagdjahres einen kleinen offenen Sitz aufgestellt. Dachs und Fuchs sind hier häufig unterwegs, selten die Schweine und jedes Jahr tummelt sich der ein oder andere alte Bock in dieser Ecke. Warum das so kommt, ist schwer zu sagen, ich vermute die ebenfalls schwer zu bejagenden Ecken der Nachbarn geben das her. Ab Oktober ist es mit dem Einstand sowieso dahin und die Bejagung reduziert sich komplett auf Raubwild, da das Rehwild erst im Dunklen zu wechselt. Eine Wildkamera am Hauptwechsel bestätigte bis in den Juni rein Ricke, Schmalreh und einen Jährlingsbock, welcher trotz der Nähe zur Straße ruhig weiterziehen kann.
Daher war meine Hoffnung zunächst gedämpft, dass in diesem Jahr hier etwas Bocktechnisch gehen könnte. Beim erneuten Kartenauslesen dann die Überraschung.
Seitdem war der Bock relativ regelmäßig auf der Kamera, jedoch zu späten Stunden und der hohe Weizen ergaben wenig Sinn in der Ecke zu sitzen. Die Brunft- und Blattzeit haben hier schon den ein oder anderen unbekannten hervorgebracht und auch schon manchen Bekannten vor die Büchse gelockt. Geduld war also gefragt. Die Ricke in der Ecke hatte erst Anfang Juni gesetzt, so war der Zeitplan quasi geschrieben.
Wie es halt so ist, will man es vorher wissen. Am 25. Juli morgens etwas spät an, erkenne ich noch gerade, wie zwei Rehe im Gebüsch verschwinden. Also Ruhe einkehren lassen und warten. Nach 5-10 Minuten leicht geblattet und sofort kam eins der Stücke wieder in Anblick: in Anschlag – die Ricke.
Eine zweite Wärmesignatur hinter dem Gebüsch – ok, der Bock folgt. Das wird ja einfach!
Pustekuchen! Der zieht verdeckt hin und her. Die Ricke zieht weiter, bekommt irgendwann Wind und springt ins Revier ab. Ich hoffe, dass der Bock ihr nachzieht, der hat aber andere Gedanken. Ich verliere ihn aus dem Blickfeld. 5 Minuten später sehe ich ihn 200m weiter beim Nachbarn wegziehen. Gut auf, Sechser – das ist er. Auf meine „Pias“ verhofft er, ändert die Richtung und verschwindet abermals aus meinem Blickfeld. Er kommt an diesem Morgen allerdings nicht mehr weiter in Anblick.
So ließen wir in der Ecke nochmals etwas Ruhe. Der Wind, die vielen Mitbürger auf den Wegen und der Zustand, dass ich unter der Woche einfach schlecht morgens aus dem Bett komme und arbeiten muss, passten dazu.
Samstag, 30. Juli. Der Wind sollte passen, und ich bin früh genug vor Ort, die Bühne leer. Nicht mal Hase oder Fuchs unterwegs. Zum Glück - kann ich doch die Roten nicht laufen lassen, sofern es ein junger wäre. Sehr gut.
Als es mir ausreichend hell erscheint, beginne ich eine zarte Serie mit einfachem Fiep. Nichts passiert. Einige Minuten später die nächste Serie und schon erscheint ein Stück. Tiefer Windfang, er zieht wie ein Schweißhund. DAS muss er sein! Die B95 in Anschlag genommen und angesprochen. Die Sechserstangen passen zu dem was ich von der Kamera kenne, Haupt auch. Nur der Körper erscheint mir recht schwach. Ich zögere kurz, während der Gesuchte breit vor mir zieht. Die Entscheidung ist aber an und für sich schon lange gefallen – dafür war ich ja eigentlich hier. Als der Bock steht, komme ich gut ab, er zeichnet wie bei einem guten Kammertreffer, geht 5m, taumelt und fällt um. Puh.
Nachgeladen, kein Schlegeln, Waffe weggelegt. Story zu Ende – Denkste. Nach wenigen Minuten erhebt das Stück sein Haupt ganz leicht.
Sofort wieder in Anschlag. Jetzt kommt das Dilemma: der Bock liegt schräg von mir weg. Auf 80m ist der Schuss auf den Träger ein Hirngespinst, ich möchte aber auch nicht quer durchs Stück schießen. Meine Gedanken rasen, als der Bock aufsteht und ich den ersten Schuss sehe: WHAT?
Warum und wieso? Er geht einen Schritt und der 2. Schuss voll aufs Blatt lässt ihn endgültig verenden.
Ich hole erst das Auto und begebe mich dann zum Bock. Dachte ich noch, er sei nur mittelalt, liegt mal wieder ein reifer Kerl vor mir. Mit 2 eigentlich guten Schüssen. Verrückt – was die Natur manchmal macht.
Ein herrlicher Sonnenaufgang rundet das ganze ab. Ein leicht fader Beigeschmack bleibt doch, weil das Stück nicht sofort verendet ist.
roter Pfeil - Einschuss eins, Ausschuss exakt andere Seite.
grüner Pfeil - Ausschuss zwei ebenso komplett breit gestanden.