Hirschbrunft 2022

Registriert
2 Jul 2022
Beiträge
558
Um 4h maschieren wir von unserer „Cabana“ los, heut ist der erste Tag seid nun 5 Jagdtagen, wo wir etwas länger blauen Himmel sehen. Zuerst geht‘s wieder leicht steigend bergan, dann zweigen wir nun in einen ziemlich eben führenden, alten Traktorweg ab. Der Wind ist gut, wir pirschen langsam- für Emil der halb so alt ist wie ich (34) ein schwieriges Unterfangen. Bei einem Hochstand, eine absolute Seltenheit in den Karpaten, der aber schon gefährlich baufällig wirkt und die Hälfte seiner Ausblicksmöglichkeit von Fichten verwachsen ist, machen wir halt. Der Dickungseinstand, wo wir den Hirsch in der Früh das letzte Mal gehört haben, liegt ca. 400 m vor uns.Von hier hätten wir talseitig gesehen in das leicht abfallende, lückrige Fichtenkultur Plateau immer wieder Einblick, Ausschuß- ob er uns die Freude macht. Nach ca. 15 Minuten hören wir zuerst eine junge Hirschstimme unter der Plateaukante. Kurzdarauf ein tiefer Brummer auf ca. 200m links von uns. Nachdem die gute Stimme noch 2-3 mal zu hören ist, der Wind paßt und Emil meint, daß am Rande der Kultur links von uns, wo der Hirsch meldet, guter freier Ausblick wäre , pirschen wir vorsichtig weiter. Emil knört leise- ein Brummer als Antwort. Ein Wildwechsel läßt uns leise das Eck der Kultur erreichen, von wo dann freier Auslick in Richtung wo der Hirsch in etwa meldet, sein soll. Ganz langsam und gebückt schauen Emil und ich um die Ecke, meine Herzensfrau steht kurz hinter mir in der Dickung. Gleichzeitig geht ein kurzer Ruck durch Emil und mich- ca.70m vor uns verschwindet gerade das Hintergestell eines Hirsches in die Kultur, ganz kurz ist eine Stange zu sehen, sie kommt mir ziemlich lang und stark vor, oben glaube ich eine langendige 3-er Krone zu sehen. Warum muß das sein, warum wir nicht ein paar Sekunden früher da, der Hirsch etwas länger auf der freien Schlagfläche sind meine ersten bitteren Gedanken. Ob er uns bemerkt hat? Emil röhrt mit schwacher Stimme- zuerst Stille- nach 2-3 Minuten wieder ein kurzer Röhrer, schon ca. 200m von uns weg, nach weiteren 2 Minuten dürfte der Hirsch in das Altholz nach der Dickung auf ca. 300 m einwechseln.
ich kann mir ein paar leise, kräftige Flüche nicht verkneifen, der liebevolle Blick meiner Herzensfrau macht den Entäuschungsschmerz etwas leichter.
“ I think, he‘s gone“ meint Emil-„I think it was quiet strong“ - das glaube ich auch- die Bitterkeit ist wieder da.
 
Registriert
2 Jul 2022
Beiträge
558
Wir pirschen bergwärts Richtung den oberen Weg, der auf die Pojana führt, Emil röhrt immer wieder kurz-Stille. Ich würde mich momentan am liebsten hinsetzen- warum wieder dieses Pech? Warum kann‘s nicht einmal ganz leicht gehen?
Als wir die weite Pojana erreichen, ist weit und nah kein Hirsch zu hören, wie schon so oft in dieser Woche? Warum tue ich mir das an?
In dieser Stimmung trotte ich hinter Emil her, der nun wieder Richtung Tal pirscht, seine kurzen Verhörpausen immer wieder einlegt um dann nunmehr laut und kräftig zu röhren.
Das Ergebniß bleibt gleich- Stille.
Warum tue ich das mir, meiner Herzensfrau der liebevollen Pirschbegleiterin an. Diese Strapatzen, verschwitztes Gewand, oft auch von außen naß, diese teilweise im Dreck versinkenden Wege- wahrscheinlich ist nix zu hören, weils die Rumänen schon ausgeschossen haben…..
Mittlerweile ist es leicht dämmrig, das Altholz durch welches wir talwärts steigen, beginnt lichter zu werden , dafür nimmt Naturverjüngung zu.Vor uns macht der Weg eine Kurve- Emil deutet, irgendwas gehört zu haben und pirscht vorsichtig zum Kurvenaußen Rand, ich dicht hinter ihm. Von dort sehen wir bergab- auf ca. 80 Schritt eine kleine freie Fläche, rechts davon Fichtenkultur- und aus dieser zieht mit gesenktem Haupt im langsamen Troll ein Hirsch schräg bergauf. Ich bin sofort im Anschlag-Zielfernrohr-Hirsch- erster Eindruck- ca. 7kg, nicht so viele Enden, ca.7 Jahre- meist stimmt mein erster Eindruck. Jetzt ist der Hirsch mir kurz von der vor mir stehenden starken Altfichte verdeckt-Bergstock schnell Stückl nach links- da ist er wieder- nein- der ist ja ganz stark in der Figur, Träger kurz und dick- jetzt verhofft er, dreht das Haupt herauf- der paßt- Rotpunkt tiefblatt- die 8x68igerin schießt ja auf 100m etwas hoch-tauch.
Mir kommt vor, der Hirsch hebt vorn leicht ab, zieht die Vorderläufe kurz an- dann ist er in der Naturverjüngung des Fichtenbestandes verschwunden.
“Perfect shot, maybe a little bit high“ meint Emil. Die Herzensfrau blickt mir ruhig in die Augen.
Ich repetiere, sichere die Mauserin und häng sie wieder an die Schulter. „ Nicht böse sein- ich brauch jetzt eine Minute Besinnung“ sag ich der Herzensfrau.
Dann schließ ich die Augen-der ganze Moment, der vielleicht 5-6 Sekunden gedauert hat, läuft nocheinmal ab, Entspannung tritt ein, ein paar Tränen rinnen mir über die Wangen. Ich weiß, daß der Hirsch einen guten Schuß hat- Dankbarkeit und auch Rührung sowie etwas Trauer durchströmen mich.
Dann steigen wir zum Anschuß hinunter, der genau auf einem angewachsenen Traktorweg liegt. Die Schaleneinrisse gut zu sehen, auf einem Stein Lungenschweiß. Ich versuche Emil eizubremsen, noch zu warten, aber als wir im angrenzenden Heidelbeerkraut wieder reichlich LungenSchweiß finden, auf einem Fichtenastl ein kleines Stück Lunge pickt, ist er nicht mehr zu halten und verschwindet im dämmrigen Fichtenaltholz mit mannshoher Naturverjüngung.
 
Registriert
2 Jul 2022
Beiträge
558
Ich mache es kurz- nach ca. 15 bangen Minuten hören wir aus guten 200m Entfernung Emils rufen. 10 Minuten stehen wir vorm Hirsch. Haupt und Träger passen- der hat zumindest 10 Jahre. Das Geweih- typisch eher endenarmer Karpatenhirsch- 10er- auf der eine Seite Eissproß, auf der anderen Krone, wobei die Mittelenden fast eher durch einen Wolfssproß ersetzt sind. Wir schätzen den Hirsch auf ca. 8 kg Geweihgewicht- vielleicht etwas mehr. In der Figur ein Riese, Emil meint ca. 270 kg unaufgebrochen- gelbe Decke und fast kein Brunftgeruch.Schuß leicht Hochblatt mit Ausschuß- jetzt können die Kaliber-Geschoßexperten wieder diskutieren. Ich bin kein Selberlader, bin froh, daß das EVO Geschoß diesen starken Wildkörper durchschlagen hat- gebe nur eine Empfehlung aus langjähriger eigener Erfahrung ab. Wer unter solchen Bedingungen auf so starkes Rotwild jagen will- bitte Kaliber so stark wie möglich- ( keine Afrikakaliber)
Welch ein Glück und Gnade, noch so jagen zu können- Waidmannsdank- auch denen die durch meine vielen Seiten mitgepirscht sind5DB93A06-B9C5-4F6C-94E2-036D00A13AAC.jpeg5DB93A06-B9C5-4F6C-94E2-036D00A13AAC.jpeg720EF529-7D81-49D0-9DB7-73E5753C979F.jpeg720EF529-7D81-49D0-9DB7-73E5753C979F.jpeg9C681A62-A279-497D-8814-3D39D7147580.jpeg
 
Registriert
15 Mai 2010
Beiträge
115
Abseits vom Lärm - nur 80 Jahre später. Herzliches Waidmannsheil zu dem Recken und dass du uns teilhaben ließest an deiner wunderbaren Hirschjagd. Eine echte Bereicherung fürs Forum.

Hirschheil, Thomas
 
Registriert
2 Jul 2022
Beiträge
558
Es freut mich, wenn einigen von Euch das „mitpirschen“ Freude macht. Ich bin ja noch in Rumänien im „Basecamp“ . Ein kurzer Bericht über weitere Pirschen folgt noch. Jetzt geht‘s zum Forstamt zur offiziellen Geweih Abwage. Obwohl ich mehrmals drum gebeten habe, einen ausgekochten Unterkieferast hab ich nicht bekommen- keine rumänische BewertungskomIssion , Jagdbehörde etc. interessiert das Alter von erlegten Schalenwildarten….das finde ich0BBE9890-1CA0-489F-BBB0-466A5CEBD723.jpeg
 
Registriert
9 Mai 2016
Beiträge
3.150
Das ist bei den Ungarn genau so, trotz meiner Bitte: Fehlanzeige mit Unterkiefern.
Aber die eine Grandl, die er noch hatte, sagt auch so genug.
Gibt's in den Karpaten tatsächlich Brom - und Heidelbeeren? Da freut sich der Bär! Mehr per PN, kräftiges Waidmannsheil!
 
Registriert
2 Jul 2022
Beiträge
558
Bärenlosung-schwaches Kaliber- da gibt‘s noch ganz andere Formate😂
Über die gänzliche Schonung der Braunbären sind alle rumänischen Jäger unglücklich. In vielen Regionen nehmen die Bärenbestände stark zu, Bären sind immer häufiger in Wald und Gärten unmittelbar in Umgebung von Ortschaften, kleineren Städten anzutreffen….
Eine seriös kontrollierte, auch kommerzielle Bejagung durchaus vertretbar.
Ich bin sicher, viele der Brüssel Entscheidungsträger sowie viele der damit sich wichtig machenden NGO‘s- die alle auf gut bezahlte „Projekte“ hoffen, haben nie wilde Braunbären und ihre gr
 
Registriert
2 Jul 2022
Beiträge
558
Das ist bei den Ungarn genau so, trotz meiner Bitte: Fehlanzeige mit Unterkiefern.
Aber die eine Grandl, die er noch hatte, sagt auch so genug.
Gibt's in den Karpaten tatsächlich Brom - und Heidelbeeren? Da freut sich der Bär! Mehr per PN, kräftiges Waidmannsheil!
👍-gut beobachtet. Hier im Caliman Gebiet hab ich nur ganz wenige Brombeeren gesehen, die meist nicht reif. Schwarz(Heidel)Beeren dafür auf den Hochplateaus umso mehr.
 
Registriert
2 Jul 2022
Beiträge
558
Hab gerade meine Taschen gepackt, kurz auf der Holzveranda in der Sonne gesessen. Die hatte während der 7 Jagdtage Seltenheitswert.
Wehmut steigt auf- wieder eine Hirschbrunft, das ganze Jahr immer wieder herbeigesehnt, vorbei.
Ob ich diese Art zu jagen noch einmal erleben werde? Gute Gesundheit und ebensolche Grundkondition sind in einem Karpaten-Bergrevier schon erforderlich und für Einen, der langsam auf Ende der 60ig zugeht nicht selbstverständlich. Dieser Gedanke war auch ein Teil meiner Wehmut nach dem Schuß. Carpe Diem.
Die Rückkehr vom erlegten Hirsch zum Jagdhaus war noch ein mehrstündiges Abenteuer.
Ich konnte Emil nicht davon überzeugen, daß Geweih gleich mitzunehmen. Also ohne dieses durch den mittlerweile fast dunklen Wald bis zum Ausgangspunkt, dem Anschuß am Traktorweg retour. Der war‘s dann aber nicht, der per Funk verständigte Vassile mit seinem Geländewagen-Ungetüm fand uns eine Stunde lang nicht, da dieser Revierteil ziemlich abgelegen war.
Dann endlich war das Ungetüm samt Fahrer und rumänischem Jagdgast zur Stelle.
Emil und Vassile verschwanden mit Stirnlampen bewaffnet sofort im nächtlichen Wald- um erstens Vassile den Ort der Wildpretbergung per Timberjack zu zeigen, zweitens das Geweih zu bergen.
Lange Rede, kurzer Sinn, es vergingen 2 Stunden des immer bangeren Wartens, bis wieder 2 Lichtlein im Wald leuchteten und die Beiden zurück waren.
Wie vermutet hatte Emil in der Finsterniß den Hirsch im ersten Anlauf nicht mehr gefunden. Meine besorgten Rufe- Bärenattacke, ausgefallene Lampen etc. geisterten in meinem Kopf herum.
So war es kurz vor Mitternacht, als wir nach abenteuerlicher Fahrt mit dem Ungetüm zur Hütte, grußlos verschwindendem rumänischen Jagdgast, aber mit Hirschhaupt im Tal bei unserem „Base Camp“ am Colibita See angekommen waren.
Mit einer Flasche rumänischen Champagner- durchaus genießenswert, Salami +Käse haben wir den alten Karpartenhirsch und seine Erlegung kurz aber würdig gefeiert.
 

Neueste Beiträge

Online-Statistiken

Zurzeit aktive Mitglieder
83
Zurzeit aktive Gäste
491
Besucher gesamt
574
Oben