Der Schießnachweis in BW und die Verbände

A

anonym

Guest
Liebe Foristi,

ich habe gerade einen richtigen Hals, wie die diversen Verbände in Baden-Württemberg uns versuchen im Hinblick auf den Schießnachweis für dumm zu verkaufen, aktuell ist dies die "Jagdkynologischen Vereinigung Baden Württemberg im Jagdgebrauchshundverband e.V.".

In einer Rund-Mail dieses Verbandes wird folgendes geschrieben:
"§ 31 Sachliche Verbote
(1) Verboten ist im Rahmen der Jagdausübung,
1. ohne eine innerhalb der zurückliegenden 12 Monate unternommene Übung in der Schießfertigkeit an Bewegungsjagden teilzunehmen oder mit Schrot auf Vögel zu schießen,"

und weiter:

"Aus dieser Regelung ergibt sich ohne Zweifel, dass bei Wasserübungstagen und bei allen Prüfungen, bei denen es grundsätzlich vorkommen kann, dass im Rahmen der Prüfung aus "Vögel" geschossen wird, ein Nachweis der Übung der Schiessfertigkeit auf Wurfscheiben (Tontauben) für jeden Schützen zwingend erforderlich ist.
Dies gilt auch für Prüfungen, bei denen das Resultat der Stöberarbeit hinter lebender Ente grundsätzlich übernommen werden soll (z.B. VGP/VPS, div.
GP, .), da es hier geschehen kann, dass der Hund im Rahmen der Wasserarbeit auf eine lebende Ente stößt, und dann im Rahmen dieser Arbeit die Ente erlegt werden muss. Dies gilt ausnahmslos immer, wenn auf einen "Vogel" geschossen wird! Also selbstverständlich auch, wenn z.B. im Rahmen einer Feldarbeit abstreichendes Federwild beschossen werden sollte.
Selbstverständlich müssen auch Richter, die im Rahmen der Prüfung auf einen "Vogel" schießen einen entsprechenden Nachweis der Übung der Schiessfertigkeit vorlegen können.
Als Nachweis ist zum Beispiel ein entsprechender Eintrag im Schießbuch oder auch die Landesflintennadel geeignet, aber auch eine formlose Bestätigung des Schießstandes über die erfolgte Übung der Schießfertigkeit.
Wie immer, so ist auch hier der Prüfungs- bzw. Übungsleiter verantwortlich für die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen und muss die Kontrolle der Schiessnachweise sicherstellen."

Das ist, schlicht gesagt, völliger Unsinn und reiht sich ein in das Verhalten des LJV BW, in seiner Mulitplikatorenschulung aus dem "Übungsnachweis" ein "Schießfertigkeitsnachweis" zu machen.

Warum ist dies völliger Unsinn?
Das LMR hat bei der Verfassung des JWMG schwere handwerkliche Fehler gemacht. So wurde beispielsweise im Gesetz ein "Übungsnachweis" festgelegt. Man hat aber sowohl versäumt, eine Pflicht zum Mitführen des Nachweises bei den vorgesehenen Jagden (DJ und Vogeljagd) im Gesetz zu hinterlegen noch hat man eine dedizierte Ermächtigungsvorschrift hinterlegt, so dass die Ausgestaltung des Übungsnachweises im Rahmen einer Verordnung festgelegt werden kann. Es gibt zwar eine generalisierte Öffnungsklausel im Gesetz, die ist aber so offen, dass das ganze an das Ermächtigungsgesetz von 1933 erinnert.
Und bislang traut sich die Landesregierung nicht, diese Öffnungsklausel zu nutzen, weil Sie fest damit rechnen muss, dass eine Normenkontrollklage gegen diese Öffnungsklausel erfolgen könnte und darüber hinaus sie damit zugeben müsste, beim Gesetz handwerkliche Fehler gemacht zu haben.
Die Ermächtigungsvorschrift im JWMG lautet wir folgt:
"Die oberste Jagdbehörde wird ermächtigt, die Verbote des Absatzes 1 durch Rechtsverordnung zu erweitern oder einzuschränken, soweit dies aus besonderen Gründen erforderlich ist, insbesondere aus Gründen der Tierseuchenbekämpfung, zur Vermeidung erheblicher land-, forst- und fischereiwirtschaftlicher Schäden, zur Abwehr von Gefahren für Leib oder Leben von Menschen oder für erhebliche Sachwerte, zum Schutz der Wildtiere, aus Gründen des Tierschutzes, zu wissenschaftlichen Lehr- und Forschungszwecken oder bei Störung des biologischen Gleichgewichts. Unter den gleichen Voraussetzungen können die Verbote auch durch Einzelanordnung der obersten Jagdbehörde eingeschränkt und Ausnahmen zugelassen werden. Einschränkungen und Ausnahmen sind nur unter Beachtung der Vorgaben des § 9 zulässig."
Eine Ermächtigung für den Verordnungsgeber (hier das Ministerium) setzt nach Art. 80 GG und insoweit inhaltlich gleichlautend in Baden-Württemberg voraus, dass in der Ermächtigungsnorm „Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung“ bestimmt werden. Die Bestimmung von Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung muss mit einwandfreier Deutlichkeit geschehen, der Bürger muss schon nach dem Gesetz hinreichend deutlich vorhersehen können, in welchen Fällen und mit welchem möglichen Inhalten auf Grund der Ermächtigung Verordnungen erlassen werden können. Es bedarf einer Ermächtigungsgrundlage, die Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung klar formuliert.
Dem entspricht § 31 Abs. 3 JWMG nicht. Es wird zwar noch eine Reihe von Zwecken aufgeführt, die in der Vielzahl und Unbegrenztheit (Beliebigkeit) schon keine Eingrenzung enthalten. Dies wird unmissverständlich auch dadurch deutlich, dass auch die „besonderen Gründe“ die den Erlass von Rechtsverordnungen auf dieser Grundlage ermöglichen sollen, in keiner Weise konkretisiert sind. Je nach Auslegung dieser Norm stehen damit alle sachlichen Verbote des § 31 Abs. 1 JWMG zur beliebigen Disposition des Ministeriums.

Dies bedeutet im Ergebnis:
- der Übungsnachweis ist gesetzlich in keiner Form festgelegt
- es ist somit auch nicht festgelegt, wie geübt werden muss, was die Kriterien sind und wer "das Üben" bestätigen kann, insofern ist der Satz "Als Nachweis ist zum Beispiel ein entsprechender Eintrag im Schießbuch oder auch die Landesflintennadel geeignet, aber auch eine formlose Bestätigung des Schießstandes über die erfolgte Übung der Schießfertigkeit." schlichter Unsinn, denn das ist im Gesetz nicht so festgelegt.
- im Gesetz ist keinerlei Nachweispflicht hinterlegt, so ist der Satz "der Übung der Schiessfertigkeit auf Wurfscheiben (Tontauben) für jeden Schützen zwingend erforderlich" auch Unsinn.
- der Gesetzgeber kann diesen Übungsnachweis durch eine Verordnung auch nicht konkretisieren, weil er dann eine Normenkontrollklage riskiert (wohl nicht durch den LJV, aber im Zweifel durch mich)

So fehlt dem jagdkynologischen Verband schlicht die Rechtsgrundlage festzulegen, wie ein Übungsnachweis auszusehen hat. Wenn mein Begehungsscheininhaber oder meine Freundin oder mein Nachbar mir bestätigt, dass ich geübt habe, muss der Verband das akzeptieren, wenn er sich auf das Gesetz beruft. Zwar hat das LMR nun einen "Erlass" herausgegeben, in dem die unter geordneten Behörden darüber informiert werden, was anerkannt werden soll, aber dieser Erlass ist für mich als Bürger nichts anderes als eine Dienstanweisung zwischen Behörden - das muss mich als Bürger nicht interessieren.

Selbst wenn ich, ohne geübt zu haben auf Wasserwild schieße, wäre es eine Ordnungswidrigkeit und bei Ordnungswidrigkeiten ist immer die Behörde beweispflichtig. D.h. die Behörden müssten den Teilnehmer einer Hundeprüfung nachweisen, dass er nicht geübt hat.
Anders gesagt: Wer morgen einen Strafzettel bekommt, dass er zu schnell gefahren sei, erwartet ja auch von der Behörde, dass sie ihm das nachweist und man würde sich dagegen wehren, nachzuweisen, dass man nicht zu schnell gefahren ist.
So ist der Satz des Verbandes: "müssen auch Richter, die im Rahmen der Prüfung auf einen "Vogel" schießen einen entsprechenden Nachweis der Übung der Schiessfertigkeit vorlegen können" bzw. die "Übung der Schiessfertigkeit auf Wurfscheiben (Tontauben) für jeden Schützen zwingend erforderlich" ist. So ist es eben nicht. Eine Behörde muss dem Richter / dem Teilnehmer nachweisen, dass er NICHT geübt hat.
Und das ist schlicht unmöglich!

Der Verband geht ja noch weiter, in dem er sich aufschwingt, die gesetzlich nicht festgelegte Nachweispflicht des Übungsnachweises für sich selbst in Anspruch zu nehme: "Prüfungs- bzw. Übungsleiter verantwortlich für die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen und muss die Kontrolle der Schiessnachweise sicherstellen". Wie geschrieben, es gibt keine Nachweispflicht und auch irgendeine Behörde kann bei mir den Übungsnachweis nicht kontrollieren, sie muss mir nachweisen, dass ich nicht geübt habe!

Dass der jagdkynologische Verband nun für das MLR als Dienstleister tätig ist und somit die fehlerhafte Gesetzespolitik von sich heraus ZUM NACHTEIL der Teilnehmer und der Richter "verbessern" möchte, ist schlicht ein Skandal.

Natürlich kann der Verband festlegen, "an unseren Prüfungen dürfen nur noch die teilnehmen, die einen Übungsnachweis vorlegen, der so und so auszusehen hat". Aber damit macht er sich schlicht unglaubwürdig und wird so Helfershelfer einer inkompetenten grünroten Regierung und es wäre vielleicht sogar vorher eine Änderung der PO erforderlich.

Der eigentliche Skandal ist, dass sich hier zwischenzeitlich alle Verbände zum Helfershelfer der grün-roten Regierung machen. Und man muss schon die Frage stellen, warum machen die Verbände dies. Man könnte unterstellen, dass man so die Umsätze auf den Schießständen der Mitglieds-JV steigern könnte. Das wäre aber in hohem Maße unseriös.

Das Argument, der Forst verlange schon einen Schießnachweis, zieht ebenfalls nicht. Denn es steht jedem Jagdpächter frei, die Voraussetzungen festzulegen, unter welchen Bedingungen jemand bei ihm die Jagd antreten darf. Wenn ich als Pächter entscheide, dass bei mir eine Groß-Gold-Nadel vorliegen muss, bevor jemand bei mir auf Enten schießt, dann ist das so. Dann können meine Gäste entscheiden, ob sie noch zu mir kommen möchten oder nicht.
Das hat aber nichts mit den gesetzlichen Vorgaben zu tun.

Und da erwarte ich von jedem Verband in Baden-Württemberg, der vorgibt, meine Sache zu vertreten, dass er den Gesetzestext und die daraus resultierenden Konsequenzen so darstellt, wie dies in meinem, also dem Mitgliedsinteresse sich darstellt. Und nicht dem Interesse des LJVs, der KV oder gar dem Ministerium in einem unglaublichen, den Jägern schadenden vorauseilendem Gehorsam.

Viele Grüße,
******
 
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Kann Deinen Ärger sowohl über die Politik als auch die Verbände gut verstehen,
aber mir ist immer noch lieber wir können die Ausgestaltung selbst regeln als dass es irgend ein grüner Politiker mit noch mehr handwerklichen Fehlern macht. So kann man die "Lücken" notfalls zumindest auch mal kreativ nutzen. ;-)
 
A

anonym

Guest
Kann Deinen Ärger sowohl über die Politik als auch die Verbände gut verstehen,
aber mir ist immer noch lieber wir können die Ausgestaltung selbst regeln als dass es irgend ein grüner Politiker mit noch mehr handwerklichen Fehlern macht. So kann man die "Lücken" notfalls zumindest auch mal kreativ nutzen. ;-)

Ich bin ja bei Dir, dann aber richtig formuliert:
So und so ist die Rechtslage, müssen muss keiner, aber wir empfehlen dieses oder jenes.
Das was die Verbände hier machen, ist ihre eigenen Mitglieder für dumm verkaufen.
 
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Ich bin ja bei Dir, dann aber richtig formuliert:
So und so ist die Rechtslage, müssen muss keiner, aber wir empfehlen dieses oder jenes.
Sehe ich ganz genau so

Das was die Verbände hier machen, ist ihre eigenen Mitglieder für dumm verkaufen.
Wobei das impliziert, dass ihnen die Politik näher ist als ihre Mitglieder.
Die andere Alternative ist, dass sie es nicht besser wissen/können.
 
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#1 :thumbup: echt viel Arbeit gemacht.

Mir scheint, dass die Anwanzung an den ÖJv und seine wirksame Wühlarbeit nicht nur bei der BW-Regierung,
sondern auch in den eigenen Reihen die erhofften und erwarteten Früchte trägt.

Die Meinung, durch die vorauseilende Anpassung an zu erwartende Entwicklungen irgendwelche Kröten nicht schlucken zu müssen, hat sich noch in keinem Fall bestätigt.

Das ist mit bleifrei und BKG genau das gleiche. Wenn es mal durch ist, kommt das Gejammere.
Vorher hat man es freudig begrüßt und wer das kritisch gesehen hat, ist vorgestrig.

Zum Schrotschießen auf Vögel wie bei der anderen Schrotschießerei generell:
was für die Prüfung gereicht hat, hat auch für die praktische Jagd zu reichen.
Mit Schrot tut man sich generell schwer, auch die Ökos
Nachdem Hasen mit Schrot geschossen werden (auf HP zwar nicht, aber dafür schwimmende Enten),
wird das wieder ausgeklammert, wie das ach so "giftige" Bleischrot als solches.
 
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Gab es denn nicht schon mal in Deutschland die Aufforderung, das alle "jäger" regelmässig
üben sollen, damit sie besser treffen und dies auch nachzuweisen haben?
 
G

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Guest
Gibt es für den Flintenübungsschein irgendwo einen Vordruck oder hat sich jemand so etwas selbst erstellt?
Ich muss ganz vielleicht im Oktober einmal so einen Übungsnachweis in BW vorlegen und hätte am kommenden Samstag gute Gelegenheit, die Übung zu vollziehen.
 
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Gibt es für den Flintenübungsschein irgendwo einen Vordruck oder hat sich jemand so etwas selbst erstellt?
Ich muss ganz vielleicht im Oktober einmal so einen Übungsnachweis in BW vorlegen und hätte am kommenden Samstag gute Gelegenheit, die Übung zu vollziehen.


Du brauchst nur vom Standbetreiber oder Aufsicht ne Unterschrift das du auf Tontauben geübt hast.

Da reicht ein Fresszettel den du vorher schon selbst schreibst mit, Name Datum Schiessstand usw.

Das lässt unterschrieben mit Stempel und gut.
 
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Herr Andiman hat am 16.08.17 am Schiessstand xyz den Schrotschuss auf Flugwild geübt. Unterschrift, Stempel.

Mehr braucht es nach derzeitiger Gesetzeslage derzeit nicht.
 

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