Hier sind einige sehr erfahrene und fähige Hundeleute unterwegs (ernst gemeint). Was mir aber in all den Betrachtungen gänzlich fehlt, ist die medizinische Komponente. Ich habe zum Beispiel einen Deutschen Schäferhund Rüden mit über 70 cm Widerristhöhe. Seine beiden Brüder sind nur halb so groß. Von Anfang an war er eine einzige Katastrophe, obwohl ich auf dem Gebiet der Hundeerziehung (auch in der Jagdhundeausbildung) kein Neuling bin, war er nicht in den Griff zu bekommen. Nachdem wir drei sogenannte Hundeschulen geleert hatten, habe ich eine professionelle Trainerin in der Nähe gefunden, die das hauptberuflich macht. Nach fast zwei Jahren konsequenter und harter Arbeit waren kaum Fortschritte zu verzeichnen. Seine Macken können ganze Ordner füllen, hier ein Auszug:
- extremes Fixieren und Jagen von Schatten (er jagt z.B. oft nicht das Insekt/den Vogel, sondern dessen Schatten)
- wenn z.B. aus einem Rohr Wasser herausläuft, ist er unglaublich aufgedreht und versucht das Wasser zu beißen, zu stoppen, zu zertrampeln etc.
- kaum zu bändigen, wenn ein Auto vorbeifährt und schon bei Wahrnehmung eines Motorengeräuschs extremes Verhalten (Auf-und-ab-rennen, Bellen, Kamm-aufstellen)
- Leinenführigkeit gleich null, trotz täglicher Übungen von Beginn an
- kaum Hunde, mit denen er sich verträgt (ein paar gibt es), aggressives Verhalten bei Begegnungen
- mit 4 Monaten hat er bereits einen ausgewachsenen DD-Rüden auf den Rücken gedreht.
- nahezu keine Aufnahmefähigkeit im Training (es gibt aber dennoch Dinge, die er sehr gut beherrscht)
Glücklicherweise ist meine Trainerin dazu fähig das eigene Vorgehen in Frage zu stellen und sprach aus, was wir beide dachten: Wir kommen hier mit Training und Konsequenz nicht weiter ! Die Wurzel des Problems muss woanders liegen. Sie empfahl mir einen Arzt, der Blut und Kot zur Untersuchung ins Labor schickte. Seine Worte zu dem Befund, der 3 Wochen später da war: Dieser Hund kann nichts aufnehmen. Sein Verhalten ist ein Resultat seiner gesundheitlichen Defizite. Er würde gerne, aber er kann nicht.
Er leidet an Kupfermangel, Jodüberschuss und einer praktisch gar nicht arbeitenden Bauchspeicheldrüse. Laut Tierarzt (nicht irgendeiner), führt dies zu ständiger Übersäuerung und starker Beeinträchtigung des Wohlbefindens, was der Hund durch oben geschildertes Verhalten zu kompensieren versucht. Er produziert Unmengen von Gallenflüssigkeit.
Ich möchte nicht wissen, wie viele Hunde als untauglich, gestört, bekloppt, unerziehbar abgestempelt werden und im Tierheim landen, oder halb tot geprügelt werden, obwohl man nur das Geld für eine umfassende Untersuchung in die Hand hätte nehmen müssen. Ja, das kostet viel Geld, aber es lohnt sich. Übrigens ist die Ernährung hier nicht verantwortlich und die Defizite höchstwahrscheinlich angeboren (laut TA).
Jeder, der mich persönlich kennt, weiß, dass ich konsequent mit meinen Hunden bin, mir viel Zeit nehme und weiß wovon ich rede.
Bitte versteht mich nicht falsch: Sehr oft liegt es an Fehlern des Führers in Training, Konsequenz, Ernährung, Prägung. Aber es gibt auch eine ganze Reihe von Fällen, in denen die Ursache gänzlich anders gelagert ist. Viele Hundeführer und -trainer gehen da mit Scheuklappen durch die Welt, obwohl ein Blick über den Tellerrand lohnt.
Ich (bzw. mein Hund) hatte Glück.
Nach einer Woche Behandlung sieht man bereits Fortschritte.
Er ist deutlich ruhiger und arbeitswilliger. Trotzdem ist noch ein ganzes Stück Weges zu gehen.
Den Befund kann ich gerne einstellen.