der künstliche Kuhstall für mehr Insekten

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Das folgende Thema richtet sich nicht nur an Niederwildjäger sondern auch an Freunde von insektenfressenden Vogelarten des Offenlandes.


Noch bis in die 1970er bis 1980er Jahre wurde die landwirtschaftliche Kulturlandschaft von gemischten Bauernhöfen geformt. Die Bauernhöfe betrieben sowohl Ackerbau als auch Viehzucht. Es gab Rinder, Arbeitspferde , Schweine und teils auch Ziegen und Schafe auf den Höfen.

Heute ist dies in typischen Ackerbauregionen nicht mehr so. Landwirtschaftliche Betriebe sind spezialisiert. Sie betreiben dort reinen Ackerbau. Die Viehhaltung hat sich an Grünlandstandorte verlagert.

Auf den beiden Fotos sieht man noch Regionen, wo Ackerbau und Viehzucht zusammen betrieben werden.



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Auf diesem Foto sieht man eine Landschaft mit reinem Ackerbau.


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Die Viehhaltung auf den früheren Bauernhöfen lieferte zusätzlich Massen von Insekten für die Vogelwelt im Offenland. Viele Vogelarten sind nicht darauf angewiesen. Es gibt bspw. auch Rebhühner, Fasane und andere Feldvögel in reinen Ackerbauregionen. Dennoch waren die früheren gemischten Betriebe ein zusätzlicher Baustein für mehr Insektenleben.

Fliegen wärmen sich am Vieh und nähren sich auch von deren Sekreten.


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Das Vieh wurde auf Einstreu gehalten. Im Frühjahr und Sommer bot die mistgetränkte Einstreu eine gute Brutstätte für Fliegenmaden. Dies umso besser, wenn die Rinder keine Rückstände von Entwurmungsmitteln aufweisen und in den Mist abgeben.

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Auf jedem Bauernhof lag ein Misthaufen , der vielerorts auch eine feuchte Jauchezone an den Rändern aufwies. Im Festmist und im feuchten Jauchebereich entwickelten sich unterschiedliche Fliegenarten.


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Auch Kuhfladen ohne Rückstände von Entwurmungsmitteln werden von zahlreichen Insekten besiedelt. Darin entwickeln sich unter anderem verschiedene Mistkäfer - und Fliegenarten.


von Insekten durchlöcherter Kuhfladen

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eine Mistkäferart im Kuhfladen

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Von den zahlreichen Insekten konnten sich auch zahlreiche Vögel ernähren.

Auf dem Foto sieht man einen Neuntöter mit einem erbeuteten Mistkäfer neben einer Viehweide, unweit der oben fotografierten Kuhfladen.

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In den Ställen waren die Schwalbennester noch voller Jungvögel.

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Aufgrund der Spezialisierung mancher Regionen auf reinen Ackberbau, hat nicht mehr jede
offene Kulturlandschaft diese gemischten Bedingungen. Auch Vogelfreunde und Niederwildheger kommen nicht mehr so leicht an Mist von Rindern, Pferden, Schweinen oder Schafen heran. Erst Recht kommen sie kaum noch an Mist von Tieren heran, welcher keine Rückstände von Entwurmungsmitteln mehr enthält bzw. nicht mehr mit solchem Mist durchmischt ist.
Am Rande sei angemerkt, dass schweizer Wissenschaftler diesbezüglich herausgefunden haben, dass die Mischhaltung von Rindern und Ziegen nicht zwingend einen Einsatz von Entwurmungsmitteln erfordern würde. Denn jede dieser Tierart reduziert den Parasitendruck für die andere. Die aufgenommenen Parasiten der einen Wirtsart ( Kuh oder Ziege) können sich in der anderen nicht weiter entwickeln , und geraten in eine Sackgasse ihrer Entwicklung.
 
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Eigenes Experimentieren hat gezeigt, dass man einen „ Ersatzmist“ herstellen kann, in welchem sich ebenfalls zahlreiche Insekten der Mistfauna entwickeln können.

1. Man nehme frischen Rasenschnitt, welcher beim Mähen in Hausgärten und in Parks anfällt. Diesen gibt man in verschließbare Tonnen. Dann füllt man die Tonnen mit Wasser auf. Das Gras sollte völlig von Wasser durchtränkt werden.
Die Tonnen sind quasi das Verdauungssystem der Pflanzenfresser.

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2. Je nach Außentemperatur sollte man den Rasenschnitt mindestens 4-5 Wochen bei verschlossenen Deckel gären lassen. Hin und wieder kann man den Inhalt auch mal umrühren. Der Gärvorgang läuft so lange, bis der Rasenschnitt braun ist und der Inhalt der Tonne beim Rühren nach Jauche riecht.
Um schon zeitig Frühjahr , ca. ab Ende März/Anfang April, den ersten Ersatzmist für die Entwicklung der Insekten im Offenland ausbringen zu können, kann man auch einen der letzten Sommerschnitte des Vorjahres in die Tonnen geben , und über den Winter bis zum folgenden Frühjahr in den Tonnen vergären lassen. Man könnte also jetzt um diese Zeit schon Rasenschnitt für das folgende Frühjahr vergären. Trotz der langen Lagerung erhält man einen guten Ersatzmist, der zeitig im Jahr zur Verfügung steht.

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Den Mist bringt man aber nicht einfach aus. Jauche würde ungewollt in den Boden versickern. Zudem würde Regen von oben weitere Jauche ausspülen. Dies hätte auch umweltrechtliche Probleme zur Folge. Je nach Örtlichkeit könnten auch angrenzende Magerbiotope, wie Magerwiesen, überdüngt werden.

Es werden daher kleine Hütten für den Ersatzmist gebaut.

Als Unterlage für den Mist kann man günstige Sandkastenschalen für Kinder aus Hartplastik verwenden. In den Becken hält sich die flüssige Jauche und die Becken können nicht so leicht von Tieren durchlöchert werden. Die Jauche kann so nicht durchsickern, und in die Umwelt gelangen.

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In bunte Sandkastenschalen kann man zur Tarnung schwarze Plane legen.

Den Ersatzmist gibt man so in die Sandkastenschale, dass ein aufgetürmter feuchter Festmistbereich entsteht und eine feuchte Jauchezone; letztere bestehend aus einer Jauchepfütze. Der Mist sollte in manchen Bereichen den Rand der Sandkastenschale so berühren, dass hinein geflogene Insekten notfalls auch wieder aus der Wanne herausklettern können, bspw Ameisen und Mistkäfer.


hier ein Beispiel von der Schichtung des "Ersatzmistes" : Gelbe Dungfliegen sitzen schon drauf.

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Über den Mist kommt ein Dach gegen den Regen. Der Regen würde ansonsten die Wanne zum Überlaufen bringen. Die Frontöffnungen werden mit Kaninchendraht verschlossen, damit Insekten rein und raus fliegen können. Durch den Draht können dann aber keine größeren Tiere in die Häuschen gelangen und im Mist und in der Jauche rum wühlen.



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In der höheren Festmistzone in der Hütte entwickeln sich bspw. Stallfliegen, gelbe Dungfliegen, Schwingfliegen und Schmetterlingsmücken. Sollte die Festmistzone nach einiger Zeit an der Oberfläche etwas trocken erscheinen, kann man etwas Jauche aus der Jauchezone abschöpfen und über der Festmistzone verteilen. So wird sie feucht gehalten. Durch den entstehenden Duft beim Überschütten der Festmistzone werden auch wieder verstärkt Fliegen aus der Umgebung angezogen, die dann ebenfalls Eier im Mist legen können.
Der Festmistbereich sollte aber aus dem Grund nicht zu sehr austrocknen, weil die Fliegenmaden sich von den Bakterien der Mistsäfte ernähren.

Stallfliegenmade im Ersatzmist

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Stallfliegenpuppen im Ersatzmist


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gelbe Dungfliegenmade im Ersatzmist (lebt räuberisch von anderen Maden )


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In der Jauchezone entwickeln sich Mistbienenmaden. Diese werden auch Rattenschwanzlarven genannt. Durch das lange Hinterteil können die Larven an der Oberfläche der Pfütze Atemluft aufnehmen. Mistbienen sind eine Schwebfliegenart. Sie können nicht stechen. Verschiedene Schwebflliegenarten sind eine willkommene Beute für manche Vogelart, wie bspw. für Schwalben und Mauersegler.



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Durch verschiedene Blühpflanzen werden die oben genannten Insekten in die offene Feldflur gelockt.

Mistbiene auf einer Senfblüte

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Mistbiene auf wildem Majoran (origanum vulgare)

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Stallfliegenart auf Senfblüte

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Stallfliegenart auf wildem Majoran

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Aber auch die extrafloralen Nektarien ( außen liegende Nektardrüsen) mancher Pflanzenarten ziehen Fliegen raus ins Offenland.

Fliege an Zaunwicke ( vicia sepium )

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Fliege an Ackerbohne (vicia faba)

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Fliege an Sommerwicke (vicia sativa)

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Besonders aber ziehen die Blüten von Doldenblütlern Fliegen an, wie bspw. vom Fenchel, der wilden Möhre, Kerbel , Kümmel oder dem Wiesenbärenklau.

gelbe Dungfliege auf Wiesenbärenklau

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Schwingfliege, Blattwespe und verschiedene Stallfliegenarten auf Wiesenbärenklau

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Schwebfliege und verschiedene Stallfliegenarten auf Wiesenbärenklau

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Schwingfliege auf Wiesenbärenklau


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Stallfliegen auf wilder Möhre

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Auch die flachen Blüten der Schafgarbe (Korbblütler) werden von Fliegen angeflogen.

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Der Ersatzmist riecht ürbigens nur dann kurzfristig streng, wenn man ihn umrührt oder umschichtet. Lässt man ihn ruhen, belästigt er die Umgebung nicht mit unangenehmem Geruch.

Im zeitigen Frühjahr gibt es dann noch einen weiteren Tipp für die Methode von oben .

Interessierte können ja schon mal über den Winter das erste Gras gären lassen. ;)
 
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