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- 18 Okt 2014
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Heute habe ich einen kleinen Text geschrieben, in dem ich eines meiner Jagderlebnisse schildere.
Der Hintergrund war, dass meine Arbeitskollegen darum baten, dass ich ihnen doch einmal von meinem Jägerdasein berichte.
Ich bin Sozialarbeiter und somit in einem eher "linksintellektuellen" Milieu unterwegs, in dem jagdkritische Haltungen verbreitet sind.
Umso mehr freute mich das Interesse und die Möglichkeit ein wenig zu "missionieren".
Was soll ich sagen? Der Text kam außerordentlich gut an, ich glaube ich konnte bei vielen die Gedanken zu dem Thema ein wenig neu sortieren helfen.
Ich dachte mir, ich teile den Text auch mit euch. Fürs erste mal finde ich ihn nicht schlecht. Meine Frau meint, ich hätte Talent
(da ich einem nichtjagendem Publikum geschrieben habe, sind nicht alle Ausdrücke, oder Details wie das Aufbrechen, nicht waidmannisch, sondern "Umgangssprachlich" oder weggelassen, damit die Geschichte fließen kann und keine Fragen beim Vorlesen stören können. das Euch Jägern zur Info)
Leseanleitung: Langsam lesen, mit Pausen, leise.
Das Reh - Ein Jagderlebnis
Mit einem lauten, unangenehmen fiepen reißt mich der Wecker aus dem Schlaf.
Es ist warm und gemütlich im Bett.
Draußen ist es dunkel.
Meine Frau murmelt etwas im Schlaf vor sich hin, ich gebe ihr sanft einen Kuss.
Leise schäle ich mich aus der warmen Decke.
Ich ziehe mich an, gehe in die Küche. Der Wasserkocher rauscht, der erste Kaffee am Morgen weckt die Lebensgeister.
Die Sachen hatte ich am Vortag gepackt, Leise öffne ich den Tresor, nehme noch das Gewehr.
Ich schleiche mich aus dem Haus.
In Der Nacht hat es neuen Schnee gegeben. Der Himmel ist klar, Sterne funkeln. Es ist Eiskalt.
Unwillig schimpfend erwacht der Motor meines Geländewagens zum Leben.
Auf der Fahrt ins Revier gehen mir viele Gedanken durch den Kopf. Wird dieser Tag Erfolg bringen? Welche Tiere werde ich sehen? Habe ich an alles gedacht? Alle Gedanken drehen sich nur noch um die nächsten paar Stunden. Alles andere ist ausgeblendet. Ich fühle mich frei.
Im Revier angekommen stelle ich den Wagen ein paar hundert Meter entfernt vom Hochsitz ab.
Den Rucksack auf dem Rücken, nehme ich das Gewehr aus dem Futteral. So leise wie möglich Lade ich drei Patronen in das Magazin. Es macht entsetzliche, metallische, klackernde Geräusche. Fertig. Ich lausche. Nichts. Ich schultere das Gewehr.
Vorsichtig stapfe ich durch den Schnee. Satt knirscht er unter meinen Füßen.
Silbern beleuchtet der Mond die Szene. Bis auf meinen Atem, dem rascheln meines Gepäckes und dem knirschen unter meinen Füßen ist es absolut still. Ich bin jedes mal ne erstaunt wie laut man sein kann, wenn man noch so leise ist. Hören mich die Tiere nicht schon kilometerweit?
Am Hochsitz ist angekommen klettere ich vorsichtig die verschneite Leiter hinauf. Ich setze mich auf das knarzende Sitzbrett in der Kanzel.
Jetzt heißt es warten. Ich bin hochkonzentriert. Nichts entgeht mir. Nicht das rascheln der Maus, die durch das gefrorene Laub huscht. Keines der letzten Blätter, die von den sonst kahlen Ästen zu Boden taumeln. Nur meine Augen bewegen sich.
Langsam erwacht der Tag zu neuem Leben. Erste Sonnenstrahlen klettern zaghaft in die glitzernden, gefrorenen Zweige. Vögel erwachen aus ihrem Nachtschlaf, einge zwitschern fröhlich dem neuen Tag entgegen. In der Ferne bellt ein Hund. Ansonsten ist es still.
Meine Konzentration nimmt ab. Immer wieder schweifen meine Gedanken ab. Irgendwohin. Ich lasse sie.
Plötzlich, ein Knacken! Ein anderes. Ein dünnes Ästchen, das bricht. Das war keine Maus.
Eine Bewegung? Circa 60 m vor mir schält sich langsam ein Schatten aus der fliehenden Dunkelheit des Gebüsches. Ein Reh. Ich kann erkennen dass es ein weibliches ist. Eine Ricke.
Für den Bruchteil einer Sekunde versagt mein Herz seinen Dienst. Dann klopft es umso lauter. So laut dass ich meine, das Reh müsste es hören. Sofort bin ich wieder hellwach. Jetzt nur keine hastigen Bewegungen. Diesem Gefühl von unnachgiebiger Kraft und Angespanntsein nicht nachzugeben und sich völlig langsam und leise zu bewegen ist… furchtbar? fantastisch? Das Jagdfieber!
Langsam zieht das Reh auf die Lichtung vor mir. Zwischendurch bleibt es stehen, schnuppert in der Luft, Wackelt mit den Ohren, zupft an Astspitzen und Gräsern die aus dem Schnee lugen.
Leise hebe ich mein Gewehr, lege es auf die Brüstung vor mir, schaue durch das Zielfernrohr. Das Reh ist klein, schwach. Vermutlich würde es den Winter nicht überleben.
Sekunden werden zu Minuten.
Ich entscheide mich zum Schuss.
Langsam krümme ich meinen Finger. Alles passiert auf einmal. Ein peitschender Schuss zerreißt die Stille. Im Hintergrund fliegt ein Schwarm Vögel laut schimpfend aus dem Bäumen in den Himmel. Das Reh schreckt kurz auf. Es guckt vorwurfsvoll zu mir. Es versucht ungelenk noch einen Schritt zu gehen. Dann sackt es auf der Lichtung zusammen, ohne auch nur einen Schritt gegangen zu sein.
Mein Herz rast. Meine Finger zittern. Das Adrenalin rauscht durch meinen Körper.
Nur langsam kehrt wieder Ruhe ein. Bei mir und draußen in der Natur. Nach einer Viertelstunde hat die Natur vergessen. Erste Meisen flattern fröhlich in den Ästen neben der Kanzel und streiten sich im ein paar erfrorene Beeren. Ich klettere ich vom Hochsitz herab. Langsam gehe ich auf das Reh zu. Schön ist es. Das Fell ist glatt und weich. Die Augen blicken ins Leere. Ich breche einen Zweig von einer nahestehenden Kiefer ab. Neben ihm kniend, stecke ich ihm den Zweig vorsichtig ins Maul. Der letzte Bissen. Altmodisch? Albern? Für mich ein Ritual, ihm die letzte Ehre zu erweisen. Ein Leben ist genommen. Durch meine Hand. Ein Roter Fleck bleibt im Schnee zurück als ich das Reh aufnehme und glücklich zum Auto trage. Gute Nahrung. Ein Abenteuer. Glücksgefühle.
Auf der Fahrt nach Hause schnurrt der Motor meines Wagens leise vor sich hin. Die letzte Kälte, die in meine Knochen gekrochen war, schmilzt durch die Wärme im Auto, wie der Schnee auf der Straße durch das Salz und die Sonne.
Zuhause angekommen, beim Auspacken, betrachte ich das Gewehr. Der Stahl ist noch kalt, eine dünne Schicht Feuchtigkeit sammelt sich auf seiner Oberfläche. Ein Wunderschönes und zugleich schreckliches Produkt menschlichen Geistes. Ich schließe es wieder im Tresor ein. Beim Versorgen des Rehes denke ich: Ein Lebewesen musste sterben, damit ich lebe.
Das ist Natur.
Das ist Jagd.
Der Hintergrund war, dass meine Arbeitskollegen darum baten, dass ich ihnen doch einmal von meinem Jägerdasein berichte.
Ich bin Sozialarbeiter und somit in einem eher "linksintellektuellen" Milieu unterwegs, in dem jagdkritische Haltungen verbreitet sind.
Umso mehr freute mich das Interesse und die Möglichkeit ein wenig zu "missionieren".
Was soll ich sagen? Der Text kam außerordentlich gut an, ich glaube ich konnte bei vielen die Gedanken zu dem Thema ein wenig neu sortieren helfen.
Ich dachte mir, ich teile den Text auch mit euch. Fürs erste mal finde ich ihn nicht schlecht. Meine Frau meint, ich hätte Talent
(da ich einem nichtjagendem Publikum geschrieben habe, sind nicht alle Ausdrücke, oder Details wie das Aufbrechen, nicht waidmannisch, sondern "Umgangssprachlich" oder weggelassen, damit die Geschichte fließen kann und keine Fragen beim Vorlesen stören können. das Euch Jägern zur Info)
Leseanleitung: Langsam lesen, mit Pausen, leise.
Das Reh - Ein Jagderlebnis
Mit einem lauten, unangenehmen fiepen reißt mich der Wecker aus dem Schlaf.
Es ist warm und gemütlich im Bett.
Draußen ist es dunkel.
Meine Frau murmelt etwas im Schlaf vor sich hin, ich gebe ihr sanft einen Kuss.
Leise schäle ich mich aus der warmen Decke.
Ich ziehe mich an, gehe in die Küche. Der Wasserkocher rauscht, der erste Kaffee am Morgen weckt die Lebensgeister.
Die Sachen hatte ich am Vortag gepackt, Leise öffne ich den Tresor, nehme noch das Gewehr.
Ich schleiche mich aus dem Haus.
In Der Nacht hat es neuen Schnee gegeben. Der Himmel ist klar, Sterne funkeln. Es ist Eiskalt.
Unwillig schimpfend erwacht der Motor meines Geländewagens zum Leben.
Auf der Fahrt ins Revier gehen mir viele Gedanken durch den Kopf. Wird dieser Tag Erfolg bringen? Welche Tiere werde ich sehen? Habe ich an alles gedacht? Alle Gedanken drehen sich nur noch um die nächsten paar Stunden. Alles andere ist ausgeblendet. Ich fühle mich frei.
Im Revier angekommen stelle ich den Wagen ein paar hundert Meter entfernt vom Hochsitz ab.
Den Rucksack auf dem Rücken, nehme ich das Gewehr aus dem Futteral. So leise wie möglich Lade ich drei Patronen in das Magazin. Es macht entsetzliche, metallische, klackernde Geräusche. Fertig. Ich lausche. Nichts. Ich schultere das Gewehr.
Vorsichtig stapfe ich durch den Schnee. Satt knirscht er unter meinen Füßen.
Silbern beleuchtet der Mond die Szene. Bis auf meinen Atem, dem rascheln meines Gepäckes und dem knirschen unter meinen Füßen ist es absolut still. Ich bin jedes mal ne erstaunt wie laut man sein kann, wenn man noch so leise ist. Hören mich die Tiere nicht schon kilometerweit?
Am Hochsitz ist angekommen klettere ich vorsichtig die verschneite Leiter hinauf. Ich setze mich auf das knarzende Sitzbrett in der Kanzel.
Jetzt heißt es warten. Ich bin hochkonzentriert. Nichts entgeht mir. Nicht das rascheln der Maus, die durch das gefrorene Laub huscht. Keines der letzten Blätter, die von den sonst kahlen Ästen zu Boden taumeln. Nur meine Augen bewegen sich.
Langsam erwacht der Tag zu neuem Leben. Erste Sonnenstrahlen klettern zaghaft in die glitzernden, gefrorenen Zweige. Vögel erwachen aus ihrem Nachtschlaf, einge zwitschern fröhlich dem neuen Tag entgegen. In der Ferne bellt ein Hund. Ansonsten ist es still.
Meine Konzentration nimmt ab. Immer wieder schweifen meine Gedanken ab. Irgendwohin. Ich lasse sie.
Plötzlich, ein Knacken! Ein anderes. Ein dünnes Ästchen, das bricht. Das war keine Maus.
Eine Bewegung? Circa 60 m vor mir schält sich langsam ein Schatten aus der fliehenden Dunkelheit des Gebüsches. Ein Reh. Ich kann erkennen dass es ein weibliches ist. Eine Ricke.
Für den Bruchteil einer Sekunde versagt mein Herz seinen Dienst. Dann klopft es umso lauter. So laut dass ich meine, das Reh müsste es hören. Sofort bin ich wieder hellwach. Jetzt nur keine hastigen Bewegungen. Diesem Gefühl von unnachgiebiger Kraft und Angespanntsein nicht nachzugeben und sich völlig langsam und leise zu bewegen ist… furchtbar? fantastisch? Das Jagdfieber!
Langsam zieht das Reh auf die Lichtung vor mir. Zwischendurch bleibt es stehen, schnuppert in der Luft, Wackelt mit den Ohren, zupft an Astspitzen und Gräsern die aus dem Schnee lugen.
Leise hebe ich mein Gewehr, lege es auf die Brüstung vor mir, schaue durch das Zielfernrohr. Das Reh ist klein, schwach. Vermutlich würde es den Winter nicht überleben.
Sekunden werden zu Minuten.
Ich entscheide mich zum Schuss.
Langsam krümme ich meinen Finger. Alles passiert auf einmal. Ein peitschender Schuss zerreißt die Stille. Im Hintergrund fliegt ein Schwarm Vögel laut schimpfend aus dem Bäumen in den Himmel. Das Reh schreckt kurz auf. Es guckt vorwurfsvoll zu mir. Es versucht ungelenk noch einen Schritt zu gehen. Dann sackt es auf der Lichtung zusammen, ohne auch nur einen Schritt gegangen zu sein.
Mein Herz rast. Meine Finger zittern. Das Adrenalin rauscht durch meinen Körper.
Nur langsam kehrt wieder Ruhe ein. Bei mir und draußen in der Natur. Nach einer Viertelstunde hat die Natur vergessen. Erste Meisen flattern fröhlich in den Ästen neben der Kanzel und streiten sich im ein paar erfrorene Beeren. Ich klettere ich vom Hochsitz herab. Langsam gehe ich auf das Reh zu. Schön ist es. Das Fell ist glatt und weich. Die Augen blicken ins Leere. Ich breche einen Zweig von einer nahestehenden Kiefer ab. Neben ihm kniend, stecke ich ihm den Zweig vorsichtig ins Maul. Der letzte Bissen. Altmodisch? Albern? Für mich ein Ritual, ihm die letzte Ehre zu erweisen. Ein Leben ist genommen. Durch meine Hand. Ein Roter Fleck bleibt im Schnee zurück als ich das Reh aufnehme und glücklich zum Auto trage. Gute Nahrung. Ein Abenteuer. Glücksgefühle.
Auf der Fahrt nach Hause schnurrt der Motor meines Wagens leise vor sich hin. Die letzte Kälte, die in meine Knochen gekrochen war, schmilzt durch die Wärme im Auto, wie der Schnee auf der Straße durch das Salz und die Sonne.
Zuhause angekommen, beim Auspacken, betrachte ich das Gewehr. Der Stahl ist noch kalt, eine dünne Schicht Feuchtigkeit sammelt sich auf seiner Oberfläche. Ein Wunderschönes und zugleich schreckliches Produkt menschlichen Geistes. Ich schließe es wieder im Tresor ein. Beim Versorgen des Rehes denke ich: Ein Lebewesen musste sterben, damit ich lebe.
Das ist Natur.
Das ist Jagd.