- Registriert
- 14 Feb 2006
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Die meisten hier wissen es:
Ich führe ein Vorsatzgerät bereits seit einiger Zeit in CZ. Seit ein paar Monaten haben ich auch die Genehmigung im bayerischen Revier.
Nirgends werden so viele Vermutungen ausgesprochen und Kaffeesatzleserei betrieben wie bei dem Thema.
1. Tierschutz
Das NZG (hier ist das verwendete Vorsatzgerät gemeint, es gäbe sicherlich noch bessere..) ist ein Quantensprung in Sachen Tierschutz, vergleichbar mit der Umstellung von Kimme und Korn auf Zielfernrohr. Damals gab es die gleichen Debatten und das Abendland drohte unter zu gehen. Die Ausrottung des Wildes war damit nicht abwendbar.
2. Zeitaufwand
Da man nicht auf Mondperioden/Schnee angewiesen ist, schießt man einfacher und schneller Sauen. Aber dann sind sie erst mal verschwunden,wie bei jedem anderen Schuss auch egal wann und unter welche Bedingungen er abgegeben wurde. Also nicht unbedingt mehr, außer bei hoher Dichte.
3. Schadensverhütung
Neben dem Tierschutz der wichtigste Punkt, man kann sofort tätig werden. Was rate ich einem Jagdpächter im Grünlandgürtel der Voralpen wenn sich da eine Überläuferrotte einstellt und die schwarze Fläche jede Nacht zunimmt? Den herumgereichten kalten Kaffee der Retter des Abendlandes verschütten?
4. Bestandsreduzierung
Hier werden die Erwartungen zu hoch angesetzt. Es wird immer eine Kombination von Jagdarten zum Ziel führen. Bei geringer Dichte ja. Das NZG ist nicht die alleinige Lösung aller Probleme.
5. Schadensverlagerung
tritt immer ein wenn irgendwo Schwarzwild beschossen wird, es meidet diese Fläche und sucht sich andere, vielelicht beim Nachbarn. Da sich diese aber in der Regel furchbar lieb haben, verzichtet man auf einen Abschuss damit der Nachbar keinen Schaden hat. Also Scheinargument!
6. Das Wild lernt
Ja bisher hat es gelernt bestimmte Orte zu meiden (Schadensflächen mit hohem Jagddruck, Kirrung über längeren Zeitraum). Außerdem haben wir die Sauen schlau geschossen bestimmte Lichtverhältnisse bei der Aktivität zu berücksichtigen. Beim Einsatz von Nachtzieltechnik werden vermehrt wieder tagaktive Sauen angetroffen. Sie merken sehr schnell wenn diese Burschen in der Arbeit sind. Und dann wieder mal ne Sau bei Tag zu schießen, freut auch den einen oder anderen
7. Wann hat Wild Angst?
Nicht vergleichbar mit dem Menschen der z.B. im Krieg weiß, dass da draußen im Dunkeln Heckenschützen lauern, der bewegt sich dann nicht mehr.
Wildtiere brauchen für eine Todesangst einen Schlüsselreiz wie Jagddruck, Hunde, Erntemaschinen, fehlende Fluchtmöglichkeit. Dann stellt sich Todesangst ein. Vorher sind Wildtiere immer und rund um die Uhr auf der Hut vor natürlichen Feinden und mit einem Höchstmaß an Vorsicht unterwegs. Irgendwann trifft es die Sau im doppelten Sinn. Die Überlebenden können keinen Bezug mit dieser schrecklichen Begegnung verknüpfen, der ihnen beim künftigen Raum-Zeitverhalten von Nutzen ist.
Wir wissen: Wenn wir über die Straße gehen müssen wir nach rechts und links schauen, trotzdem kommen auf den Straßen jährlich einige Tausend Menschen um. Haben wir bei jeder Straßenüberquerung oder dem Besteigen des Autos schon mal automatisch die Hosen voll????
8. Die Verwendung auf andere Wildarten
Der böse Staat schießt damit natürlich auch seine Rehe. Ich halte dagegen: Unsere Privatjäger haben es bisher schon geschafft unser GV beim Rotwild so zu beeinflussen, dass es bei 1: 10 liegt, schlimmer kann es nicht mehr werden. Wenn es darum geht den letzten Knochen vom 3. Kopf bei Schnee am Tresterhaufen zu eleminieren reichten die Mittel jetzt schon aus. Jetzt spinn ich diesen Faden mal weiter: Was wäre wenn die Rehe nachts mit dem NZG geschossen und dafür die Drückjagden verboten werden? Überschreitungen des Abschussplanes gäbe es in diesem Fall ja wohl eher nicht. Selbst bei Anwendung der 1,5 Stunden Frist beim Sonnenuntergang dürfen völlig legal Wildtiere zu Lichtverhältnissen erlegt werden, die jenseits von gut und Böse sind. Aber wir schießen uns ja selber lieber bei Maisjagden tot, anstatt mal nachts mit dem Vorsatzgerät im Mais zu jagen.
Die wahren Argumente werden oft nicht ausgesprochen weil sie niederer Natur sind:
1. Ich will und kann mir kein solches Gerät leisten, deshalb braucht es der andere auch nicht.
2. Wenn ja dann müssen es alle -womöglich kostenlos- bekommen, denn sonst schießt mir der Nachbar ja die Sauen weg. Ich zahle mehr Schaden als das was ich rausschieße und da ist es umgkehrt.
3. Ich mache nicht den Werkschutz für Biogasanlagen mit einer doch nicht unerheblichen Investition.
Diesem Argument kann ich noch teilweise folgen. Das ist eine Sache zwischen Pächter und Verpächter, ganz normales Vertragsgebaren welches sich im Pachtpreis wieder finden kann.
4. Dann haben wir ja (für unsere Faulheit und jagdliche Unfähigkeit) keine Ausrede mehr, warum die Sauen nur unzureichend reduziert werden können und die Bauern heizen uns noch mehr ein. Erst schreit Ihr, dann wollt Ihr, jetzt habt Ihr....
Vielleicht ist das NZG die Jagdart der Zukunft in vom Freizeitdruck gebeutelten Revieren? Was machen die ganzen Eventjäger, denen es wichtig ist dass das Wild nach dem Schuss drei Purzelbäume schlägt und nicht nur lautlos zusammensackt? Vielleicht braucht man sie dann nicht mehr. Ich hätte nichts dagegen.
Würde ich in CZ mit dem Vorsatzgerät einen Wildwiederkäuer zur Nachtzeit schießen, wäre das mein letzten Tag in der Jagdgesellschaft. Wieder ist es die Einstellung der Jäger zum Wild, an der wir in Deutschland jeder für sich ein Stück drehen könnte, anstatt es nur von anderen einzufordern.
Mein Riesling ist leer, es gibt sicher noch eine interessante Diskussion...
Ich führe ein Vorsatzgerät bereits seit einiger Zeit in CZ. Seit ein paar Monaten haben ich auch die Genehmigung im bayerischen Revier.
Nirgends werden so viele Vermutungen ausgesprochen und Kaffeesatzleserei betrieben wie bei dem Thema.
1. Tierschutz
Das NZG (hier ist das verwendete Vorsatzgerät gemeint, es gäbe sicherlich noch bessere..) ist ein Quantensprung in Sachen Tierschutz, vergleichbar mit der Umstellung von Kimme und Korn auf Zielfernrohr. Damals gab es die gleichen Debatten und das Abendland drohte unter zu gehen. Die Ausrottung des Wildes war damit nicht abwendbar.
2. Zeitaufwand
Da man nicht auf Mondperioden/Schnee angewiesen ist, schießt man einfacher und schneller Sauen. Aber dann sind sie erst mal verschwunden,wie bei jedem anderen Schuss auch egal wann und unter welche Bedingungen er abgegeben wurde. Also nicht unbedingt mehr, außer bei hoher Dichte.
3. Schadensverhütung
Neben dem Tierschutz der wichtigste Punkt, man kann sofort tätig werden. Was rate ich einem Jagdpächter im Grünlandgürtel der Voralpen wenn sich da eine Überläuferrotte einstellt und die schwarze Fläche jede Nacht zunimmt? Den herumgereichten kalten Kaffee der Retter des Abendlandes verschütten?
4. Bestandsreduzierung
Hier werden die Erwartungen zu hoch angesetzt. Es wird immer eine Kombination von Jagdarten zum Ziel führen. Bei geringer Dichte ja. Das NZG ist nicht die alleinige Lösung aller Probleme.
5. Schadensverlagerung
tritt immer ein wenn irgendwo Schwarzwild beschossen wird, es meidet diese Fläche und sucht sich andere, vielelicht beim Nachbarn. Da sich diese aber in der Regel furchbar lieb haben, verzichtet man auf einen Abschuss damit der Nachbar keinen Schaden hat. Also Scheinargument!
6. Das Wild lernt
Ja bisher hat es gelernt bestimmte Orte zu meiden (Schadensflächen mit hohem Jagddruck, Kirrung über längeren Zeitraum). Außerdem haben wir die Sauen schlau geschossen bestimmte Lichtverhältnisse bei der Aktivität zu berücksichtigen. Beim Einsatz von Nachtzieltechnik werden vermehrt wieder tagaktive Sauen angetroffen. Sie merken sehr schnell wenn diese Burschen in der Arbeit sind. Und dann wieder mal ne Sau bei Tag zu schießen, freut auch den einen oder anderen
7. Wann hat Wild Angst?
Nicht vergleichbar mit dem Menschen der z.B. im Krieg weiß, dass da draußen im Dunkeln Heckenschützen lauern, der bewegt sich dann nicht mehr.
Wildtiere brauchen für eine Todesangst einen Schlüsselreiz wie Jagddruck, Hunde, Erntemaschinen, fehlende Fluchtmöglichkeit. Dann stellt sich Todesangst ein. Vorher sind Wildtiere immer und rund um die Uhr auf der Hut vor natürlichen Feinden und mit einem Höchstmaß an Vorsicht unterwegs. Irgendwann trifft es die Sau im doppelten Sinn. Die Überlebenden können keinen Bezug mit dieser schrecklichen Begegnung verknüpfen, der ihnen beim künftigen Raum-Zeitverhalten von Nutzen ist.
Wir wissen: Wenn wir über die Straße gehen müssen wir nach rechts und links schauen, trotzdem kommen auf den Straßen jährlich einige Tausend Menschen um. Haben wir bei jeder Straßenüberquerung oder dem Besteigen des Autos schon mal automatisch die Hosen voll????
8. Die Verwendung auf andere Wildarten
Der böse Staat schießt damit natürlich auch seine Rehe. Ich halte dagegen: Unsere Privatjäger haben es bisher schon geschafft unser GV beim Rotwild so zu beeinflussen, dass es bei 1: 10 liegt, schlimmer kann es nicht mehr werden. Wenn es darum geht den letzten Knochen vom 3. Kopf bei Schnee am Tresterhaufen zu eleminieren reichten die Mittel jetzt schon aus. Jetzt spinn ich diesen Faden mal weiter: Was wäre wenn die Rehe nachts mit dem NZG geschossen und dafür die Drückjagden verboten werden? Überschreitungen des Abschussplanes gäbe es in diesem Fall ja wohl eher nicht. Selbst bei Anwendung der 1,5 Stunden Frist beim Sonnenuntergang dürfen völlig legal Wildtiere zu Lichtverhältnissen erlegt werden, die jenseits von gut und Böse sind. Aber wir schießen uns ja selber lieber bei Maisjagden tot, anstatt mal nachts mit dem Vorsatzgerät im Mais zu jagen.
Die wahren Argumente werden oft nicht ausgesprochen weil sie niederer Natur sind:
1. Ich will und kann mir kein solches Gerät leisten, deshalb braucht es der andere auch nicht.
2. Wenn ja dann müssen es alle -womöglich kostenlos- bekommen, denn sonst schießt mir der Nachbar ja die Sauen weg. Ich zahle mehr Schaden als das was ich rausschieße und da ist es umgkehrt.
3. Ich mache nicht den Werkschutz für Biogasanlagen mit einer doch nicht unerheblichen Investition.
Diesem Argument kann ich noch teilweise folgen. Das ist eine Sache zwischen Pächter und Verpächter, ganz normales Vertragsgebaren welches sich im Pachtpreis wieder finden kann.
4. Dann haben wir ja (für unsere Faulheit und jagdliche Unfähigkeit) keine Ausrede mehr, warum die Sauen nur unzureichend reduziert werden können und die Bauern heizen uns noch mehr ein. Erst schreit Ihr, dann wollt Ihr, jetzt habt Ihr....
Vielleicht ist das NZG die Jagdart der Zukunft in vom Freizeitdruck gebeutelten Revieren? Was machen die ganzen Eventjäger, denen es wichtig ist dass das Wild nach dem Schuss drei Purzelbäume schlägt und nicht nur lautlos zusammensackt? Vielleicht braucht man sie dann nicht mehr. Ich hätte nichts dagegen.
Würde ich in CZ mit dem Vorsatzgerät einen Wildwiederkäuer zur Nachtzeit schießen, wäre das mein letzten Tag in der Jagdgesellschaft. Wieder ist es die Einstellung der Jäger zum Wild, an der wir in Deutschland jeder für sich ein Stück drehen könnte, anstatt es nur von anderen einzufordern.
Mein Riesling ist leer, es gibt sicher noch eine interessante Diskussion...