Der Wurstsemmelfuchs
Vergangenen Herbst wurde durch die Behörde eine revierübergreifende Bewegungsjagd angeordnet, um das böse baumrindenfressende Rotwild zu reduzieren.
Termin vereinbart, Jäger eingeladen, Stände festgelegt, Treffpunkt für alle Teilnehmer in der Früh bei mir zu Hause mit Kaffee, Kuchen, Speckweckerln und Wurstsemmeln, danach Belehrung und Sicherheitsunterweisung, Verteilen der Standkarten und Aufteilung der Schützen zu ihren Anstellern.
Während der Belehrung hat meine Frau die überzähligen Speckweckerln und Wurstsemmeln in Küchenfolie verpackt und nach der Belehrung an die möglicherweise während der Jagd hungernde Jägerschaft und Jagdgehilfen verteilt.
Aufsitzen, Fahrt, leises Anstellen und Beziehen der Stände erfolgte problemlos. Da noch genügend Zeit blieb, bis unsere Jagdgehilfen die eine oder andere Dickung durchstreiften, hatte sich Jäger Christian (so nennen wir ihn einmal) seinen Stand am Rand einer Forststraße, gemütlich an einem stärkeren Baum mit einem Dreibein und seinem Bergstock, hergerichtet. Ober der Forststraße ein Schlag, mit einer dahinter befindlichen Dickung, und unter der der Forststraße ebenfalls Dickung und danach kleiner Schlag. Die Ränder der Dickung verlaufen in einer vertikalen Linie, die Schläge sind versetzt. Ideal, um in der Dickung an den Rand annäherndes Wild zu vernehmen. Und nachdem nicht flüchtiges Wild zuerst einmal innerhalb der Dickung sichert bevor es auszieht, tja, ein Platzerl für Experten.
Nun saß er da, die Büchse griffbereit quer über die Oberschenkeln liegend, an der talseitigen Kante der Forststraße.
Durch den kräfteraubenden Anmarsch von 100 m geschwächt, musste natürlich die mitgebrachte Wurstsemmel herhalten, um dem Körper wieder Kraft zu geben. Dass bei der Nahrungsaufnahme die Leistung der Wahrnehmungsorgane Ohren und Augen geschwächt wird, soll bekannlich nicht nur bei ihm vorkommen, und da er sich beim Verspeisen der Wurstsemmel leise verhielt, nahm ihn auch der Fuchs nicht war, der entlang der Forststraße auf ihn zu schnürte.
Wohl im Augenwinkel bemerkten sich die beiden dann doch, der Fuchs gab Fersengeld, die Wurstsemmel fiel zu Boden und der dem Fuchs angetragene Schuss verfehlte sein Ziel.
Nicht geschossen wäre auch nicht getroffen gewesen, aber um der Rauhfusshühner wegen, wird bei uns der Fuchs streng bejagt.
Nachdem ich nach Ende der Bewegungsjagd auf der einen Bergseite die Schützen aufgesammelt hatte und ich mich dann bei mir zu Hause mit dem anderen Ansteller und Schützen aus unserer Jagd getroffen hatte, wurde zuerst einmal bei einem Bier das Erlebte ausgetauscht, und insbesondere die Geschichte mit dem Wurstsemmelfuchs eingehend besprochen. Danach fuhren wir im Konvoi zur Jagdhütte in der angrenzenden Eigenjagd.
Schüsseltrieb mit zweierlei Hirschgulasch vom Feinsten, Strecke verblasen, alles bestens und ohne Probleme abgelaufen. Ein schöner Jagdtag ging zu Ende....
Lediglich die Geschichte betreffend des fuchspardonierenden Jägers Christian wurde im Laufe des Nachmittags bei zwei, drei Flaschen Bier durch die Anwesenden soweit ausgeschmückt, dass bis heute erzählt wird, dass der Fuchs im Vorbeilaufen auch noch die hinuntergefallene Wurstsemmel geschnappt und mitgenommen hat.
:lol: