Mein Dad hat in seinem Revier über 40 Gäste erfolgreich auf Hirsche geführt. Einer ist mir besonders in Erinnerung geblieben. Es ist ein Kollege und Freund meines Vaters, der für seine Verdienste in der Ausbildung und Prüfung einen 2B frei hatte. Rotwild gab es damals noch reichlich, Hirsche aber nur in der Brunft. i.d.R. verabschiedeten sich diese wieder, wenn die Messe gelesen war. Zu Beginn hatte bereits ein anderer Innendienstkollege seinen Pensionshirsch gestreckt, ein Ier wie er im Buche steht, 12. Kopf etwa 6kg, für damalige Verhältnisse ein sehr guter und das nach gerade mal 15Minuten Führung (meins wär's nicht, ein bissl länger darfs schon dauern)
Die Brunft fing so richtig an, da tauchte auch ein IIB der Luxusklasse auf: Einseitig ein Kronenzehner bzw. mit Wolfssprosse, andere Seite ein Achter. über 11 Pfund und achter bis neunter Kopf - viel mehr geht nicht als IIb.
Jedenfalls, mein Dad bestätigte den Hirsch und rief den Kollegen an. Der kam auch, zumindest immer wieder mal, aber gesehen hat ER den Hirsch nie. Wir schon und zwar relativ haufig, aber der Kollege hatte eben auch n Revier zu führen, und war gleichzeitig in die Anwärterprüfung eingebunden, die zeitgleich stand fand. Einmal sah mein Dad den Hirsch zur Ende der Brunft mit etwa 10 Stück Kahlwild morgens in den Haupteinstand einwechseln. Den sofortigen Anruf quitierte der Kollege mit: Ich kann nicht, meine Frau bringt mich um, wir sind auf eine Hochzeit eingeladen..." Der Hirsch brunftete bereits den späten Nachmittag auf der einzigen Wildwiese in der Hauptabteilung, einzig, der liebe H. hat mit seiner Angetrauten auf eine Hochzeit mitmüssen dürfen...
Die Brunft neigte sich zum Ende, die Hirsche meldeten nur mehr schwach bzw. waren bereits die ersten stummen Tage dabei. Gleichzeitig unkten die jenigen, die bessere Kontakte ins Ministerium hatten, dass die kostenlosen Hirschabschüsse (Klasse I und IIb) für verdiente Beamte gestrichen werden würden und zwar sehr bald. Wenigstens war auch die Anwärterprüfung rum und der liebe H. hatte wieder mehr Zeit. So um den 5. oer 7. Oktober war es wohl, als der Gast wiedermal bei uns weilte. Ein goldener Herbsttag wars, nur war die Brunft eben schon rum. Mein Dad: "Hilft ja alles nix, heut gehn wir gleich mitten rein, schreien tut eh nix mehr, wir müssen es so probieren!" Die beiden sitzen also seit etwa 10 Minuten mitten im Einstand auf ner 3m breiten Rückegasse. Da brrechen vor Ihnen Äste und ein IIIer Hirschchen fliegt förmlich über die Gasse. Auf Geheiß macht sich der Gast fertig und dem Hirschchen folgt ein Hirsch. Noch bevor mein Dad ihn ins Fernglas bringt und anschreien kann, überfällt der Hirsch die Gasse und droht auf der anderen Seite unterzutauchen, da peitscht ein Schuss durch den Wald. Der Hirsch bremst abruppt ab, bleibt stehen und kommt sogar rückwärts aus den Büschen wieder raus. Mein Dad hat außer Wildkörper immer noch nix von dem Hirsch gesehen, der scheint aber offensichtlich krank, sonst würd er sich ja anders verhalten. Nur eins ist schlimmer als einen falschen Hirsch zu schießen: einen falschen Hirsch krank zu schießen, drumm tuschelt mein Dad seinem Gast zu: "Schieß nochmal!" Das tut es dann auch und der Hirsch bricht im 2. Schuss zusammen. Mein Dad sieht immer noch nix vom Geweih, der Gast auch nicht. Mit dem Haupt und den Stangen liegt er Hirsch verdeckt in der Dickung, nur Trägeransatz und Wildkörper liegen auf der Gasse. Nach einigen Sekunden ist das Leben aus dem Hirsch. Nach einer kurzen Wartezeit gingen die Beiden dann zum Hirsch. Die Überraschung: Es war exakt der gesuchte Hirsch. Der Kollege voller Selbstbewußtsein: "Gell, ich bin der Django!!!"
Seither heißt er übrigens mit Spitznamen bei uns so, Django!
PS: Der Hirsch hatte übrigens nur einen Schuss, der Saß auf dem Trägeransatz und hat die Wirbelsäule durchschlagen. Wo der 1. Schuss hin ging und warum der Hirsch rückwärts wieder aus der Dickung heraus kam, werden wir nie erfahren...