Hallo,
die Geschichten vierer Gläser:
mein Urgroßvater war Jahrgang 1889. Als er seine ersten jagdl. Schritte machte, was wohl in der erste Dekatenhälfte der 1900er Jahre passierte, bekam er von seinem Onkle Louis ein Fernglas geschenkt. Dieses Glas (Hersteller unbekannt) hat ein dunkel angelassenes Messinggehäuse und am Objektivtubus eine Echtlederummantelung. Es ist in Dachkantbauweise ausgeführt,
die Maße sind 11,5 x 9,5cm, der Objektivdurchmesser beträgt 38mm und die Vergrößerung wohl 3x oder 3,5x. Das Gewicht beträgt 290g. Ein Ledertrageriemen ist am Steg angenietet und die Fokusierung erfolgt mittels geriffeltem Stellrad am Mitteltrieb, dabei werden die Okulare aus den Objektivtuben gezogen, bzw. reingedrückt.
Das Glas leistete meinem Urgroßvater 70 Jahre lang, bis er 1973 seinen letzten Jahresjagdschein löste, treue Dienste und war sein einzigstes, optisches Gerät (mit seinem Hahndrilling und dem K98k schoß er immer über Kimme + Korn).
Im November 1977 starb mein Uropa und ich (damals 2 1/2 Jahre alt) bekam das Ferngals vermacht.
Da es recht stabil und einfach gebaut ist, überstand es meine, in der Freizeit hauptsächl. in der Natur zugebrachte, Kindheit anstandslos. Nur die linke Objektivlinse ist etwas locker, so daß das Glas bei kalter Witterung linksseitig gerne beschlägt. Kann aber sein, daß der Fehler schon in den 75 Jahren vor meinem Erbe passierte.
Im Frühjahr, Sommer und Herbst und für Waldjagdentfernungen ist es aber immer noch absolut brauchbar (brauchbarer als das moderne 10x25 das sich mein Vater in den 90ern in einem Fotogeschäft für 120DM gekauft hatte) und wird auch noch von mir geführt. Irgendwann lasse ich mal die Linsen reinigen und die linke Objektivlinse wieder festkitten.
Als ich 10 oder 11 Jahre alt wurde, meinte mein Vater ich bräuchte auch ein größeres Glas und schenkte mir zum Geburtstag ein Porro-Glas der Abmessung 10x50. Das Teil war groß, schwer und hatte diese schwarze, genarbte Kunstlederoberfläche (wie die alten Ford-Capri-Autodächer).
Wenn ich meinen Vater zur Jagd begleitete, v.a. beim winterl. Füttern, war das dicke 10x50 immer dabei. (Für eigene Unternehmungen hatte ich ja noch Uropas FG)
Aufbewahrt hatte ich das große Glas am Kleiderhaken in Omas Waschküche, an dem auch mein Parka hing (damit es nicht vergessen wurde).
Auf einmal war´s weg. Offenbar hatte es jemand aus der nie abgeschlossenen Waschküche entwendet und die Waschmaschine bzw. die Wäscheschleuder waren dem Dieb einfach zu schwer und unhandlich und mit Gummistiefeln, alten Jacken, Maulwurfsfallen, Wäscheklammern und Waschmittel konnte er nix anfangen.
Durch den Verlust obigen Glases sowie dem Vorhandensein des alten Glases einerseits, andererseits der Tatsache, daß für mich als 13 bis 15-Jähriger Bob Dylan "mehr sagte" als die Vöglein im Wald und man auch das andere Geschlecht immer attraktiver fand, bestand zuerst mal keinen Bedarf für den Ersatz des verlorenen Fernglases.
Das änderte sich, als mein Wunsch Anfang der 90er Jahre immer konkreter wurde den Jagdschein zu machen, was dann 1994 auch geschah. Zu meinem 19. Geburtstag, im Mai selben Jahres, bekam ich dann von meinem Vater zum etwa gleichzeitig beginnenden Lehrprinzenjahr ein Eschenbach 10x50 (mein Vater mochte irgendwie dieses Vergrößerungs-/Objektivverhältnis, führet er selber auch ein Alljagd-ZF 10x50) geschenkt.
Später sollten wir unsere 10x50 Gläser tauschen, da jeder mit desanderen Fernglas besser zurechtkam und auch besser sah.
2005 starb mein Vater viel zu früh und so habe ich nun beide.
Beim Eschenbach lößt sich allerdings mittlerweile die gefühlt lakritzartige Gummiamierung auf.
Als mein Großvater im Dezember 2009 starb wollte ich mir aus dem ererbten Geld eine Kleinigkeit kaufen, die mich an meinen Opa erinnern sollte.
Da ich mit dem Alljagd 10x50 meines Vaters auch nie richtig warm geworden bin (mittlerweile dient es mir als Zweitglas im Auto), v.a. in der Dämmerung, ersteigerte ich mir Anfang 2010 bei egun ein Zeiss Dialyt 7x42B/GA T*P (Baujahr: 1994/95).
Das war schon ein himmelhoher Unterschied zum Eschenbach oder Alljagd, alleine schon wegen des weiten Gesichtsfeldes von 150m/1000m. Von der Brillinaz kommt auch nur (ausgerechnet) Uropas 3,5x38 in die Nähe. :-D
Seit 7 Jahren ist also nun das 7x42er Dialyt mein ständiger Begleiter.
Grüße
Sirius