Die inhaltliche Tendenz des neuen Bundesjagdgesetzes ist doch glasklar. Es werden uns Jäger weiter ureigene Kompetenzen und Gestaltungsspielräume genommen. Der Mindestabschuss auf Rehwild (wieso eigentlich nur auf Rehwild?) ist künftig davon abhängig, ob der Forst seinen Waldumbau ohne weitere Schutzmassnahmen umsetzen kann. Das wird der entscheidende Parameter für die Festlegung eines Mindestabschusses sein - und zwar überall, im Wald wie im Feld und im Staatsrevier wie in der Privatjagd. Nach meinem laienhaften Eindruck grenzt das schon fast an Enteignung. Externe Faktoren beeinflussen die Abschusshöhe und die Jagd im eigenen Revier. Neu ist das natürlich alles nicht. Aber jetzt steht es eben auch im Bundesjagdgesetz.
Es gehört zu den ureigenen jägerischen Kompetenzen, dass man seine Munition individuell für seine jeweilige Waffe und Jagd relativ frei auswählt. Jeder ist schließlich in mehrfacher Hinsicht für seinen Schuss verantwortlich. Die Munitionswahl ist für die meisten, gewissenhaften Jäger eine Vertrauensfrage. Natürlich gab es hier auch in der Vergangenheit bereits gesetzliche Beschränkungen. Aber was da jetzt kommt, ist absolut unerhört. Meines Wissens ist das Zertifizierungsverfahren für Jagdmunition noch überhaupt nicht verbindlich definiert. Das Gesetz bezieht sich auf etwas, was es so noch gar nicht gibt. Es ist zu befürchten, dass dies ein rein theoretisches Messverfahren sein wird, dass mit der Jagdpraxis nichts zu tun hat und deshalb auch dafür nicht taugen wird. Diese Zertifizierung, egal wie sie dann aussieht, wird bedeuten, dass keine wiedergeladene Munition jagdlich ohne Zertifizierung weiter eingesetzt werden darf ( denn die Munition soll zertifiziert werden, nicht nur das Geschoss!). Es sei denn der Wiederlader nimmt den Aufwand und die Kosten einer Zertifizierung in Kauf. Das ist für den privaten Wiederlader wohl eher nicht der Fall. Im Gegenteil ist zu befürchten, dass nur die grossen und etablierten Firmen die Auflagen einer Zertifizierung ihrer Munition tragen werden, wahrscheinlich nur für gängige und verbreitete Laborierungen. Der Rest fällt künftig aus dem Markt. Das Angebot wird sich dramatisch verschlanken und übrig bleibt für ums eine gewisse Auswahl an Munition, die diese neue Zertifizierung erfüllt aber nicht zwingend die beste Jagdmunition ist. Natürlich ist ausserdem zu befürchten, dass die verbliebenen Munitionsanbieter die verbliebene Munitionsauswahl drastisch verteuern werden, denn irgendwer muss ja die Investitionen in diese Zertifizierungen bezahlen.
Was ist eigentlich mit unseren interessenvertretenden Verbänden los? Schlafen die komplett oder haben die bereits resigniert? Das neue Bundesjagdgesetz hat sich vorher angekündigt, es war genug Zeit, sich einzumischen und dafür zu sorgen, dass die Jägerschaft dazu angehört wird. Der kleine ÖJV wurde offenbar gut gehört, sein Einfluss ist im neuen Gesetz deutlich herauszulesen. Was kann der ÖJV besser als der DJV und alle LJV zusammen? Warum lassen sich unsere Interessenvertretungen die Butter vom Brot nehmen? Mit diesem Bundesjagdgesetz und dem neuen Waffengesetz werden wir Jäger weiter entmündigt und gegängelt. Das neue Bundesjagdgesetz schafft es nicht einmal das Thema Nachtjagd und Nachtsichttechnik bundesweit klar und praxisnah zu regeln, im Sinne einer effektiven Unterstützung der Jagd zur ASP Prävention. Ich sehe bei diesen die Jagd einschränkenden gesetzlichen Rahmenbedingungen für mich keinerlei Motivation mich noch an einer ASP Bekämpfung oder am Waldumbau usw. über das absolut notwendige Mindestmass engagiert zu beteiligen. Sind wird den bekloppt? Wir tragen die Kosten, die Verantwortung und investieren jede Menge Zeit und Herzblut in die Jagd und laufen zunehmend Gefahr uns selber zu kriminalisieren und dann sollen wir, wenn es eng wird (ASP), für den Staat den Karren aus dem Dreck ziehen? Schließlich werden wir ausserdem zunehmend von jagdfernen Bürokraten dazu gezwungen, die Jagd in einer Art und Weise auszuüben, die unserer inneren Einstellung und unserem Ethos widerspricht. Wenn Werte wie Hege und Weidgerechtigkeit zunehmend aus dem Vokabular gestrichen werden und durch Wörter wie Wildmanagement oder Jagdeffizienz ersetzt werden, wenn von Wildentnahme statt Erlegung gesprochen wird, dann ist es mit der Jagd vorbei. Dann geht es um Schädlingsbekämpfung - und es ist eine Schande, dass weder der DJV noch die LJV jetzt beim Bundesjagdgesetz laut auf den Tisch hauen. Wenn ich könnte, würde ich noch heute aus diesen Organisationen austreten.