Welt:
lesenswert!
Sehe mich als Comicfigur – und mir wird schlecht dabei“
Mit seinen öffentlichen Auftritten, seinen Teilnahmen an verschiedenen Talkformaten und seinem eigenen Podcast beim NDR ist Christian Drosten in Deutschland der Corona-Erklärer Nummer eins geworden. In der aktuellsten Ausgabe des Podcasts
„Coronavirus-Update“ vom Montag drohte der
Chefvirologe der Berliner Charité nun mit dem Rückzug der Wissenschaft aus der Öffentlichkeit.
Es seien nicht Wissenschaftler, sondern die Politik, die Entscheidungen in der Krise treffe. Seine und die Aufgabe seiner Kollegen sei es, Daten zur Verfügung zu stellen und diese zu erklären. „Das ist ja das, was im Moment Wissenschaftler auch vielfach tun – und dafür dann leider auch überzeichnet werden“, setzt Drosten dann an. Seriöse Wissenschaftler würden weder bereits getroffene Entscheidungen bewerten noch konkrete Entscheidungen von der Politik einfordern.
Er sehe in der Gesellschaft und in den Medien die Neigung, zu dramatisieren und zu überzeichnen. „Es gibt Zeitungen, die malen inzwischen nicht nur in den Wörtern, sondern in Bildern Karikaturen von Virologen. Ich sehe mich selber als Comicfigur gezeichnet – und mir wird schlecht dabei.“ Er sei „wütend darüber, wie hier Personen für ein Bild missbraucht werden, das Medien zeichnen wollen, um zu kontrastieren. Das muss wirklich aufhören.“
Wohlfühlniveau wird nicht so bleiben in den nächsten Wochen“
Noch sei das „Wohlfühlniveau“ in Deutschland offenbar so hoch, so Drosten, dass Medien immer noch versuchen würden, „was obendrauf zu setzen“ und „gesellschaftliche Unzufriedenheit“ zu befördern. Er fühle sich dabei immer unwohler, sagte Drosten: „Denn dieses Wohlfühlniveau in der Gesellschaft wird nicht so bleiben in den nächsten Wochen.“
Deshalb fordere er
die Medien dazu auf, sich klarzumachen, was ihre Verantwortung sei. Er selbst müsse sich nicht exponieren in der Öffentlichkeit. „Im Gegenteil. Für einen Wissenschaftler ist es gefährlich, es kann wirklich karriereschädigend sein, sich zu sehr in die Öffentlichkeit zu begeben.“ Wenn man das tue, müsse man schließlich Dinge vereinfachen – „und das steht einem Wissenschaftler eigentlich nicht gut“.