Die Idee von einem Zusammenschluss und gemeinsamer Vermarktung ist nicht neu.
Folgenden Text schrieb Florian Asche bereits im Oktober 2018 zum Thema Wildvermarktung:
Guten Appetit
Nun hat sie angefangen, die geliebte DrĂŒckjagdsaison. Alle GrĂŒnröcke blicken erwartungsfroh auf die kommenden Monate, reichliche Strecken im Hinterkopf, den Klang von Hörnern und HundegelĂ€ut im Ohr. Und wie jedes Jahr stellen wir uns wieder die Frage: Wohin mit dem Wild?
Als im vergangenen Jahr die Wildbretpreise im Norden einbrachen, da rettete manche Revierkasse nur noch die âPĂŒrzelprĂ€mieâ von 25 ⏠fĂŒr jedes erlegte StĂŒck Schwarzwild. Als langjĂ€hrige Zusatzfinanzierung taugt diese Augenblicksinitiative natĂŒrlich nicht. Dazu ist sie auch zu missbrauchsanfĂ€llig. Man stelle sich nur vor wie ein kleines mecklenburgisches Auto auf einen polnischen Forsthof fĂ€hrt und der Fahrer verkĂŒndet dem befreundeten Amtsleiter mit HĂ€nden und FĂŒĂen: âStefan, Du können machen mit Wild was Du wollen. Ich kriegen nur viele, viele SchwĂ€nze!â Wahrscheinlich hat diese Marketingstrategie auch ein wenig zur hohen Schwarzwildstatistik im schönen Mecklenburg beigetragen.
Nein, auf lange Sicht sind wir wieder beim gleichen Problem. Unser hart erarbeitetes regionales Spitzenzeugnis steht unter dem Druck auslĂ€ndischer Erzeuger. So warb im vergangenen endlosen Grillsommer die Supermarktkette Lidl mit âWildschwein aus den USAâ, obgleich jeder Trottel doch weiĂ, dass diese Erzeugnisse nur noch genetische Spuren von Wildschwein enthalten. SchlieĂlich ist das Wildschwein in den USA keine autochthone Wildart, sondern eine verwilderte Form von Migranten aus dem guten alten Europa, die als âRazorbacksâ oder âFeral hogsâ bezeichnet werden. Ăhnlich sieht es mit dem neuseelĂ€ndischen Rotwild aus. Als Wild im Sinne von âfreiâ und âungezĂ€hmtâ kann man diese hoch professionell gehaltenen Gattertiere nicht mehr bezeichnen. Auf groĂen FlĂ€chen werden sie nach JahrgĂ€ngen sortiert und eingekammert. Den Hirschen wird das Bastgeweih abgesĂ€gt, um gemeinsam mit der getrockneten Brunftrute und dem Wedel dafĂŒr zu sorgen, dass Chinas MĂ€nner einen groĂen Jing bekommen. Danach werden sie nicht erlegt sondern eher geschlachtet und landen dann mit der ganzen Fantasie des Verbrauchers auf dessen Weihnachtsteller. Der schmatzt vergnĂŒgt, greift nach dem Rotweinglas und prostet der Familie zu: âFrohe Weihnachten Kinder, das ist doch mal etwas anderes so freies Wild aus dem Wald!â
Wir JĂ€ger stehen wĂ€hrenddessen schmallippig da und murmeln etwas von Eigenverwertung. Dabei wachsen uns schon PĂŒrzel vom vielen Wildbret, das wir selbst verzehren. Beim Verbraucher kommen deutschlandweit nur homöopathische Dosen an. Nein, wenn wir bei einer Jahresstrecke zwischen 600.000 und 800.000 Sauen nicht anfangen, professionelleres Marketing zu betreiben, dann werden wir weiterhin unter schlechten Wildbretpreisen zu leiden haben.
Ein richtiger Schritt in die richtige Richtung wĂ€re der Aufbau einer Dachmarke âHeimisches Wildâ durch Veredelung der groĂen Forstverwaltungen, auch lĂ€nderĂŒbergreifend. Wenn sich beispielsweise die Forstanstalten Mecklenburg-Vorpommerns, Brandenburgs und Niedersachsens zusammentĂ€ten und gemeinsam mit den LandesjagdverbĂ€nden ein System analog zum Projekt âFellwechselâ entwickelten, dann hĂ€tten groĂe Gastronomiezulieferer endlich einen Partner mit einer gewissen Marktmacht. Voraussetzung eines solchen Konzeptes wĂ€re natĂŒrlich eine gnadenlose Professionalisierung der Wildaufbereitung, die bereits mit dem Aufbrechen beginnt. Diese Fertigkeiten leiden leider immer mehr. Als ich neulich einen Standnachbarn beobachtete, der das von ihm geschossene StĂŒck Rotwild aufbrechen wollte, da wusste ich nicht, welches Ziel er eigentlich mit seinem Messer verfolgte. Er schwankte zwischen Hascheeproduktion, Grandelextraktion und wilder Zerstörungswut. Im praktischen Umgang mit dem erlegten Wild ist noch viel QualitĂ€tsluft nach oben. Wie wĂ€re es beispielsweise, wenn die reiche Jagdfilmindustrie statt âSauenfieber Teil 17â echte Praxishilfen lieferte?
Neulich kam meine Frau ganz begeistert von einer Vortragsveranstaltung, die zeigte, wie man auch aus einem vollreifen Brunfthirsch geschmacklich sauberes Wildbret erzielt, ohne ihn erst sechs Monate einzufrieren. Die Decke um den Brunftfleck wird vollstĂ€ndig und groĂrĂ€umig vor dem Aufbrechen abgeschĂ€rft. Danach wird das Messer gewechselt. Auch das Handschuhpaar wird ausgetauscht und erst dann wird die völlig freie Bauchdecke aufgeschĂ€rft. SelbstverstĂ€ndlich ist auch, dass sĂ€mtliche eingelagerten DrĂŒsen penibel entfernt werden. Die Geschmacksprobe ĂŒberzeugte, ebenso wie der Abnehmerpreis der Gastronomie von 4 EUR pro Kilogramm. Wir können mehr tun, als uns ĂŒber einen lausigen Wildhandel zu beschweren.