Baden-Württbg.: unselbständige Eigenjagden im gemeinschaftlichen Jagdbezirk nach JWMG

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Baden-Württbg.: unselbständige Eigenjagden im gemeinschaftlichen Jagdbezirk nach JWMG

Hallo zusammen,

mich würde Eure Meinung zu folgender Problematik interessieren:

Baden-Württemberg, Neuverpachtung eines gemeinschaftlichen Jagdbezirks zum 01.04.2016.

Die Gemeinde möchte nun die ihr gehörenden (Wald-)Flächen grösser 75 ha als Eigenjagden ausweisen
lassen und so aus der Jagdgenossenschaft ausgliedern. Der Sinn ist, dass die Pachteinnahmen
aus diesen Flächen dann direkt in die Gemeindekasse gehen und Jagdgenossen keine Auskehr daraus
verlangen können. Bei der Jagdgenossenschaft verbleiben dann die jagdlich weniger wertvollen
(und schadensträchtigen) Feldflächen. Der Pachtzins der Eigenjagdflächen wird dann
übrigens auch umsatzsteuerpflichtig, also für die Pächter 19% teurer.
Gleichzeitig würde die Gemeinde aber auf die Selbstständigkeit der Eigenjagden verzichten, damit
die Jagdbezirke wieder insgesamt verpachtet werden können. Klingt kompliziert, ist in BW aber
neuerdings so:

aus §10 JWMG
"(4) Der Eigentümer oder die Eigentümerin eines Eigenjagdbezirks kann mit Zustimmung der Jagdgenossenschaft
eines angrenzenden gemeinschaftlichen Jagdbezirks für den Zeitraum der gesetzlichen Mindestpachtdauer
gegenüber der unteren Jagdbehörde auf die Selbständigkeit des Eigenjagdbezirks verzichten; in diesem Fall wird
der Eigenjagdbezirk für den Zeitraum der gesetzlichen Mindestpachtdauer Bestandteil des gemeinschaftlichen Jagdbezirks,
sofern die untere Jagdbehörde dies im Hinblick auf Erfordernisse der Jagdpflege nicht ablehnt."

Hat sich jemand schon einmal Gedanken über die Rechtsfolgen und die (auch langfristigen) praktischen Auswirkungen
dieser neuen Regelung des JWMG gemacht?

Grüsse und Waidmannsheil, Loxley
 
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AW: Baden-Württbg.: unselbständige Eigenjagden im gemeinschaftlichen Jagdbezirk nach

Moin!

Das verstehe ich nicht. Die wollen ihre Flächen uas dem GJB herauslösen, sie getrennt bezahlen lassen, sich dann aber verpachtungsmäßig wieder in den GJB eingliedern damit sie den Aufwand mit der eigenen Verpachtung nicht haben? Sorry, dafür sehe ich nach dem Wortlaut des zitierten Paragraphen keine Möglichkeit. Schlimmstenfalls verweigert die JG des GJB die Zusammenführung, wenn es da nur Trittbrettfahrereffekte geben soll und lässt die Gemeinde im Regen stehen.

Viele Grüße

Joe
 
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anonym

Guest
AW: Baden-Württbg.: unselbständige Eigenjagden im gemeinschaftlichen Jagdbezirk nach

Moin!

Das verstehe ich nicht. Die wollen ihre Flächen uas dem GJB herauslösen, sie getrennt bezahlen lassen, sich dann aber verpachtungsmäßig wieder in den GJB eingliedern damit sie den Aufwand mit der eigenen Verpachtung nicht haben? Sorry, dafür sehe ich nach dem Wortlaut des zitierten Paragraphen keine Möglichkeit. Schlimmstenfalls verweigert die JG des GJB die Zusammenführung, wenn es da nur Trittbrettfahrereffekte geben soll und lässt die Gemeinde im Regen stehen.

Viele Grüße

Joe

Ne, formal wird das so gemacht (ist im Übrigen auch kein Konstrukt, dass JWMG-neu ist):
Beispiel:
Vorher: bisher GJB "Hintertupfingen" mit 1.000 Hektar, davon gehören 200 ha der Gemeinde und wären "eigenjagdfähig" (Fläche, Bejagung, usw.) - ein Pachtvertrag
Dann: GJB "Hintertupfingen" mit 800 Hektar und EJB "Gemeinde Hintertupfingen" mit 200 ha - zwei Pachtverträge, die an einen oder unterschiedliche Pächter gehen können, unterschiedliche Konditionen haben können und auch unterschiedlich besteuert werden können.

Schmankerl am Rande:
Die Nachbargemeinde hat das letztes Jahr so gemacht, aus einem GJB mit 1.000 ha wurden zwei Jagdbögen mit ca. 450 ha und ein EJB mit 100 ha.
Alles wurde öffentlich ausgeschrieben. Da ein EJB nach "Wald" riecht, gab es doch tatsächlich Leute, die 20 und mehr Euro für den EJB pro ha geboten haben mit vollem Wildschadensausgleich - die GJB gingen für ca. ein fünftel weg - inklusive (!!!) einer Pauschalierung des Wildschadens.

Das Schmankerl: der EJB besteht zu 50 % aus Mais, die anderen 50 % sind Nass(!!!)wiesen. Gepachtet hat es dann der Nachbarpächter, weil der sich keine Laus in den Pelz setzen lassen wollte. Wobei ein solches Gebot trotzdem politisch völlig unklug ist und ich von diesem Mann, da er selbst in den jagdlichen Organisationen und auch in anderen Bereichen eine gewisse Vorbildfunktion hat (wenn ich den Namen schreiben würde, kennen ihn ca. 50 % der Mitlesenden) etwas anderes erwartet hätte.
 
Zuletzt bearbeitet:
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AW: Baden-Württbg.: unselbständige Eigenjagden im gemeinschaftlichen Jagdbezirk nach

Moin!

Dann: GJB "Hintertupfingen" mit 800 Hektar und EJB "Gemeinde Hintertupfingen" mit 200 ha - zwei Pachtverträge, die an einen oder unterschiedliche Pächter gehen können, unterschiedliche Konditionen haben können und auch unterschiedlich besteuert werden können.

Das wäre ja auch völlig o.k., da es sich um zwei getrennte Bezirke handelt. Für den Verzicht auf die Eigenständigkeit gilt das aber IMHO nicht, denn im Gesetzestext steht:

"...wird der Eigenjagdbezirk für den Zeitraum der gesetzlichen Mindestpachtdauer Bestandteil des gemeinschaftlichen Jagdbezirks"

Das schliesst einen separaten Vertrag m. E. aus.

Viele Grüße

Joe
 
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AW: Baden-Württbg.: unselbständige Eigenjagden im gemeinschaftlichen Jagdbezirk nach

(ist im Übrigen auch kein Konstrukt, dass JWMG-neu ist)

Wo war das dann vorher geregelt? Der Abs. 4 §10 JWMG ist IMHO völlig neu. Im BJF und alten LJG
steht dazu glaube ich nichts- oder?
 
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AW: Baden-Württbg.: unselbständige Eigenjagden im gemeinschaftlichen Jagdbezirk nach

Ne, formal wird das so gemacht (ist im Übrigen auch kein Konstrukt, dass JWMG-neu ist):
Beispiel:
Vorher: bisher GJB "Hintertupfingen" mit 1.000 Hektar, davon gehören 200 ha der Gemeinde und wären "eigenjagdfähig" (Fläche, Bejagung, usw.) - ein Pachtvertrag
Dann: GJB "Hintertupfingen" mit 800 Hektar und EJB "Gemeinde Hintertupfingen" mit 200 ha - zwei Pachtverträge, die an einen oder unterschiedliche Pächter gehen können, unterschiedliche Konditionen haben können und auch unterschiedlich besteuert werden können.

Das ist ja klar, dass das früher so gehen konnte. Neu ist im JWMG jedoch, dass ein EJB
seine Selbstständigkeit aufgeben kann und dann alles in einem Vertrag verpachtet wird.
 
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AW: Baden-Württbg.: unselbständige Eigenjagden im gemeinschaftlichen Jagdbezirk nach

ich möchte die Diskussion vielleicht eher noch auf die Überlegung lenken,
welche Konsequenzen es für eine Jagdgenossenschaft haben kann,
wenn sie die (teuren) Flächen der Gemeinde aus dem GJB entlässt...
denn noch hat die Jagdgenossenschaft nicht zugestimmt.
 
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AW: Baden-Württbg.: unselbständige Eigenjagden im gemeinschaftlichen Jagdbezirk nach

Moin!

ich möchte die Diskussion vielleicht eher noch auf die Überlegung lenken,
welche Konsequenzen es für eine Jagdgenossenschaft haben kann,
wenn sie die (teuren) Flächen der Gemeinde aus dem GJB entlässt...
denn noch hat die Jagdgenossenschaft nicht zugestimmt.

Die muss auch garnicht zustimmen! Nach dem mir vorliegenden Wortlaut wird der EJB qua Gesetz begründet und ist aus dem EJB damit automatisch "draussen". Nur der "Beitritt" zu einem GJB ist zustimmungspflichtig!

Viele Grüße

Joe
 
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AW: Baden-Württbg.: unselbständige Eigenjagden im gemeinschaftlichen Jagdbezirk nach

Sorry, da habe ich mich falsch ausgedrückt. Die Genossenschaft muss der
Angliederung zustimmen.
Im vorliegenden Fall sind die EJBe (die Kraft Gesetzes enstanden sind)
jedoch noch nicht arrondiert bzw wurden bisher als GJB verpachtet.

Ein EJB muss aber IMHO so arrondiert sein, dass er - und die umliegenden
Flächen des GJB - auch für sich genommen sinnvoll bejagt werden können.
Dieser verwaltungstechnische Schritt inkl. ich nenne es mal "Anerkennung"
der EJB durch die UJB müssten doch aber wohl vorangehen, bevor der EJB
seine Selbständigkeit wieder aufgibt. Liege ich da falsch?
 
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AW: Baden-Württbg.: unselbständige Eigenjagden im gemeinschaftlichen Jagdbezirk nach

Ja, da liegst Du falsch. § 10 (1) legt fest, dass eine zusammenhängende Fläche, auch Punktberührung erfüllt diese Vorgabe, von 75 ha automatisch einen EJB entstehen lässt. Durch Abrundungen kann man das sinnvoller gestalten aber nie mit der Konsequenz, dass ein EJB dadurch untergeht.
 
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AW: Baden-Württbg.: unselbständige Eigenjagden im gemeinschaftlichen Jagdbezirk nach

Danke für die Antwort, war mir aber soweit klar. Ich drücke mich mangels Jurakenntnissen
vielleicht nicht klar genug aus. Besteht denn aber nicht die Pflicht, die JBe von vorneherein so zu arrondieren,
dass sie separat verpachtbar wären?
Im vorliegenden Fall ergäbe die separate Verpachtung der EJBe völlig unbejagbare Grenzbereiche.
 
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AW: Baden-Württbg.: unselbständige Eigenjagden im gemeinschaftlichen Jagdbezirk nach

Nein, die Pflicht gibt es nicht. Das muss der Eigentümer dann schon selber regeln, entweder den EJB so bejagen (lassen) wie er eben ist oder durch An- und Abgliederungen eben arrondieren. Was aber nicht geht, ist einen EJB aufzuteilen, so dass er nicht mehr besteht, sprich bei 75 ha ist Schluss mit abgliedern.
Nicht jede UJB schaute da bisher genau drauf, bei uns gab es zwei derartige Fälle, die über Jahrzehnte niemand beanstandet hat. Daher vermute ich, dass es landesweit sicher noch einige Dutzend gibt - zumal ja noch nicht einmal für jede Gemarkung ein Jagdkataster existiert...
 
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AW: Baden-Württbg.: unselbständige Eigenjagden im gemeinschaftlichen Jagdbezirk nach

.... Der Sinn ist, dass die Pachteinnahmen
aus diesen Flächen dann direkt in die Gemeindekasse gehen und Jagdgenossen keine Auskehr daraus
verlangen können. Bei der Jagdgenossenschaft verbleiben dann die jagdlich weniger wertvollen
(und schadensträchtigen) Feldflächen....
....Hat sich jemand schon einmal Gedanken über die.... (auch langfristigen) praktischen Auswirkungen
dieser neuen Regelung des JWMG gemacht?....

Lese ich daraus die Angst, dass zukünftig mehr kommunale Eigenjagdbezirke durch Ausgliederung des attraktiveren Waldbestands den Jagdgenossen erhebliche Einbußen bei der Verpachtung ihrer Felder drohen?

Dann sollte man sich mal klarmachen, wie es bisher oft lief: Die Jagdgenossen verfügen hauptsächlich über schadensträchtige landwirtschaftliche Flächen und freuten sich insgeheim über die unreflektierte Bereitschaft der Bürgermeister und Magistrate, ihnen den bürgerlichen Wald als "Instrument der Einnahmesteigerung" zu überlassen, ohne für die dort entstehenden Wildschäden angemessen entschädigt zu werden, weil dafür das Bewusstsein und die praxistauglichen Bewertungsmodelle fehlten.

Wenn jetzt einige Bürgermeister die Situation erkannt haben und durch Eigenjagdbezirke erreichen möchten, mit eigenen Pachtverträgen bessere Steuerungselemente für den Wald ihrer Bürger aushandeln zu können, ist das doch nur verständlich. Jagdgenossen haben schließlich keinen Anspruch auf Angliederung benachbarter Eigenjagdbezirke.
 
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AW: Baden-Württbg.: unselbständige Eigenjagden im gemeinschaftlichen Jagdbezirk nach

...in Baden-Württemberg hat sich kürzlich eine Arbeitsgruppe von Kommunen gegründet, die jagdliche Eigenbewirtschaftung schon praktizieren oder anstreben...ich kann das Modell empfehlen, v.a. Im Bereich der Großstädte gehen die Jagdmöglichkeiten weg wie geschnitten Brot...

Die Jagdgenossen, die ja meistens ihre Flächen an Landwirte zur Bewirtschaftung verpachtet haben, sollen ihre Probleme selber lösen. Wer baut den Mais Mais Mais an? Mitleid braucht es da nicht.
 
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AW: Baden-Württbg.: unselbständige Eigenjagden im gemeinschaftlichen Jagdbezirk nach

Seit der Umsatzsteuerpflicht für EJBs hätten alle Kraft Gesetz existierenden EJB gesondert verpachtet werden müssen. Was die Finanzämter mit der jetzt bestehenden Möglichkeit einen EJB in einem GJB aufgehen zu lassen machen werden muß man noch sehen.
 

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