@Busch Ich dachte mir schon, dass du ein älterer Jäger bist.
Alle Argumente, die du auch jetzt wieder vorbringst, passen dazu. Ich verweise da einfach nochmal auf die Indianer. Sie waren Profis im Jagen und übten trotzdem. Weil es kein Widerspruch ist, sondern die eigenen Fertigkeiten ständig erhält und verbessert.
Aber vielleicht liegen wir gar nicht weit auseinander, außer in dem Punkt, dass ich tatsächlich der Ansicht bin, dass Schießtraining in den allermeisten Fällen hilft, schlechte Schüsse und damit Nachsuchen zu vermeiden.
Wir stimmen in folgendem überein: es hilft keinem, wenn ich auf dem Schießstand treffe und während der Jagd das große Flattern bekomme. Aber, und hier stimmen wir scheinbar nicht überein: auch das kann das Resultat schlechter Schießausbildung sein. Gute Schießausbildung beinhaltet nämlich auch den bunten Strauß von Maßnahmen gegen dieses Flattern, Jagdfieber etc.
Du hast recht, ich komme sowohl aus der jagdlichen Ecke als auch aus der Sportschützenecke. Ich bin schon sehr früh mit Vater, Großvater und Großonkel mitgegangen. Zudem schieße ich seit Kindesbeinen an und habe beruflich mit Waffen zu tun. Da ich aber alles mit Waffen mache, kenne ich sehr wohl den Unterschied zwischen jagdlicher Praxis und dem was auf der Jagd notwendig ist und passiert und dem Training. Im Gegensatz zu den allermeisten Jägern, die irgendwann mal im Hegering, Jagdverein oder einer Jagdschule die übliche schlechte Schießausbildung "genossen" haben, kann ich das Schießen aus vielen verschiedenen Blickwinkeln und in vielen unterschiedlichen Situationen beurteilen.
Ich bin wahrhaftig kein Trainingsweltmeister - ich bin der Wettkampftyp. Das gilt im übertragenen Sinne auch bei der Jagd. Wenn ich etwas angehe, kriege ich es auch. Ich bin als Jäger von Anfang an vor schwierige Aufgaben gestellt worden und habe dabei von Anfang an das wenigste Wild vom Ansitz oder bei Tag oder in der Dämmerung erlegt. Ich schieße auch bei Nacht über 100m vom Pirschstock aus - weil ich es kann! Warum kann ich es? Sicherlich trägt der frühe Umgang mit Waffen dazu bei, Talent habe ich sicherlich auch, aber es ist vor allem viel Training dabei und sicherlich auch genügend jagdliche Situationen in denen ich bestanden habe, die auch geschult haben. Ich weiß wovon ich spreche, auch wenn ich keine 40 Jahresjagdscheine habe.
Und genau deshalb bin ich der Überzeugung, dass regelmäßiges Übungsschießen mit deutlichem Praxisbezug (ich rede nicht von sitzend aufgelegt) die schlechten Schüsse und damit die Nachsuchen minimiert. Denn schlechtes Schießen (in allen Facetten: Nervosität, wenig Übung, Schießgeilheit, Selbstüberschätzung etc.) macht erst die Nachsuche notwendig.
Und weil so viele Jäger schlecht schießen, haben wir auch das Dilemma, welches der Autor des Artikels beschreibt. Ich denke wir sind uns einig darin, dass, wenn jeder Schuss ein sofort tödlicher Treffer ist, die Nachsuchen entfallen?!
Die eigentliche Übung, der es bedarf, ist die Einschätzung der Situation und das Treffen von Entscheidungen. Und das geht nur in der Praxis.
Absoluter Widerspruch, sofern du nur die Jagdpraxis meinst! Nebenbei: Schießen auf dem Schießstand ist auch Praxis...
Warum mein Widerspruch? Ohne die Erfahrung im Schießen, die ich natürlich erst im Schießtraining erlerne, kann ich doch in der dann folgenden jagdlichen Praxis gar nicht eben diese Situationen beurteilen und treffe vielleicht falsche Entscheidungen. Und so geht das doch ein Jägerleben lang. Geht man auf die ersten Drückjagden oder nach langer Zeit wieder auf Drückjagden, geht der verantwortungsvolle Jäger zuerst nochmal auf den Schießstand. Sehe ich dann, dass ich auf 60m auf den lfd. Keiler nichts treffe, lasse ich auf der DJ den Finger auf diese Distanzen besser lang oder übe so lange bis es klappt. Und, traurig aber wahr: dafür haben die meisten kein Geld, das wird dann lieber in das Nachsuchengespann investiert...
Schießtechnisch sind doch die meisten jagdlichen Situationen keine wirkliche Herausforderung,
Das kommt darauf an! Selbst wenn dem so ist, geht der verantwortungsvolle Jäger mit seiner Waffe regelmäßig auf den Stand, allein um sie zu überprüfen!
Im Übrigen: dass der Puls höher geht, ist wirklich gut - aber ich muss das auch so sehen und erleben und es vor allem als etwas normales ansehen, was in gewissen Grenzen förderlich sein kann, dem ich aber jenseits dieser Grenzen mit schnellen geeigneten Maßnahmen begegnen muss. Finger lang ist nämlich in diesen Fällen keine Lösung sondern erzeugt bei öfterem Vorkommen Frust.
Wenn ich aber im Revier auf Situationen treffe, die über das sitzend aufgelegt schießen von der Kanzel hinaus gehen (Weitschüsse, Gebirgsjagd, nur Nachtjagd, nur Pirsch oder beides zusammen usw....) muss ich begleitend zur jagdlichen Praxis immer wieder auf den Stand, weil die Anforderungen einfach viel höher sind. Die Hand-Auge-Koordinationen bei der Nachtpirsch stehend freihändig auf ein sich bewegendes Ziel ist auf 80-100m nun einmal eine andere als die, wenn man tagsüber mit nem Brötchen in der Fresse auf 50m auf einen breit stehenden Bock aufgelegt aus der Kanzel anlegt - und muss natürlich viel öfter geübt werden!