Der mykenische Eberzahnhelm

Registriert
19 Jan 2014
Beiträge
1.311
@Löffelmann "Rund ums Schwarze Meer war eine Hochburg des Bogenbaus. Die "Terminalballistik" eines Pfeils ist raffinierter als man denkt. Ich würde es nicht ausschließen wollen, dass der Helm dagegen sehr gut geschützt hat."

super Thema, gute Frage. Kannst Du ausführen, warum du das glaubst bzw ggf. kannst du ja erklären, warum das so sein könnte...

@grandveneur danke für das Einstellen!

Gruss Peter

P.S.:
Mein Gefühl als Bogenschütze ist eher das Gegenteil... da rutscht der Pfeil mit schwerer Spitze halt in die Lücke oder zerschlägt den Zahn wenn er viel Energie mitbringt...
Der Helm schützt gut gegen Schwerter die gebogen sind und durch Schnitt wirken wollen. Wenn etwas haut, dann federt er ab. Aber alles was sticht, hat gute Chancen...
Ich bin kein Experte geschweige habe ich von alten Waffen, der Wirkungsweise oder ähnlichem Ahnung...drum freue ich mich, wenn jemand die Wirkungsweise erklären kann.
 
Registriert
11 Jun 2009
Beiträge
4.623
In der Bronzezeit haben die Stichwaffen beim Nahkampf dominiert, vor allem Lanzen, Dolche und insbesondere Stichschwerter mit gerader spitze Klinge. Es gab aber auch Hiebe-Schwerter die schwerer waren und eine andere aber auch gerade Klingenform hatten. Alles war natürlich aus Bronze gegossen.

Die Zonenhelme und insbesondere der Eberzahnhelm haben unter aller Wahrscheinlichkeit einen gewissen Schutz gegen Stiche geboten, wobei das Gesicht und der Hals durch den Helm nicht geschützt waren. Gegen schwere Hiebe und vielleicht auch Pfeile war die Schutzfunktion sicher fraglich. Man hat ja aber auch noch in dieser Periode sehr große rechteckige oder achtförmige Schilde mitgeführt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Registriert
25 Dez 2018
Beiträge
13.786
super Thema, gute Frage. Kannst Du ausführen, warum du das glaubst bzw ggf. kannst du ja erklären, warum das so sein könnte...

P.S.:
Mein Gefühl als Bogenschütze ist eher das Gegenteil... da rutscht der Pfeil mit schwerer Spitze halt in die Lücke oder zerschlägt den Zahn wenn er viel Energie mitbringt...
Der Helm schützt gut gegen Schwerter die gebogen sind und durch Schnitt wirken wollen. Wenn etwas haut, dann federt er ab. Aber alles was sticht, hat gute Chancen...
Ein Pfeil sticht nicht. Er windet sich im Flug. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass er von den Hauer-Platten abgelenkt wird. ;)
Selbst wenn er dann noch durch den "Unterbau" des Helmes bis an den Kopf gelangt wird es mit höherer Wahrscheinlichkeit in einem flacheren Winkel passieren, was die Chancen des Helmträgers erhöht.

Die Platten sind nahe dran an dem, was wir heute wahrscheinlich aus Keramik machen würden. @nerofrankkirn könnte uns wahrscheinlich einen langen Vortrag halten über die Härte von Adamantin (Zahnschmelz). Ich gehe davon aus, dass sie z. B. die von Knochen (die man damals ja auch hätte nehmen können) deutlich übersteigt.

Sollten die Platten doch brechen, dann wird dabei ebenfalls wieder Energie abgebaut, auch wieder von Vorteil für den Helmträger.

Heutige Schutzwesten sind mehr auf stumpfe Projektile mit gerader Flugbahn ausgelegt. Die werden durch Gewebe gebremst. Pfeile sind/wären ein echtes Problem. Da hilft dann nur zusätzlicher Stichschutz. Oder das generelle Aufrüsten (was auch für stärkere Kaliber hilft) mit Keramikplatten. Womit wir schon wieder bei der Keramik wären. :giggle:

Das Material für den Helm war sicher schwer zusammen zu kriegen - und entsprechend (Wortspiel) sauteuer. Aber sich darauf zu verlassen, dass es nur um Exklusivität ging? Glaub ich eher nicht.

Auch in anderen Kulturen war man sich der Besonderheiten der Ballistik von Pfeilen durchaus bewusst. Und die Lösungen waren durchaus aus Sicht der geistigen Leistung und im Hinblick auf die verfügbaren Materialien High-Tech.
 
Registriert
11 Jun 2009
Beiträge
4.623
Die Problematik des Kriegswesen dieser Kulturen der Bronzezeit ist daß zeitgenössische schriftliche Dokumenten fehlen, so daß man vor allem auf die Archäologische Befunde angewiesen ist, unter anderem auch auf die Keramik mit den diversen farbigen Abbildungen. Das alles lässt viel Spielraum für diverse und sehr unterschiedliche Interpretationen. Letztendlich weiß keiner so richtig wie die damals im mykenischen Zeitalter in Griechenland und auf Kreta mit ihrem Eberzahnhelm auf dem Kopf gekämpft haben.
 
Zuletzt bearbeitet:
Registriert
9 Jul 2019
Beiträge
3.000
Alles Fragen, die man mit Hilfe experimenteller Archäologie beantworten könnte. Gibt‘s hier keine Archäologen, die eine Idee für ihr nächstes Projekt suchen?
 
Registriert
12 Nov 2014
Beiträge
3.559
Upps, ich wollt jetzt keine Diskussion dazu anstoßen...

Wenn ich Keilerwaffen auskoche und auslöse, hab ich halt immer Angst, dass mir die hohlen Stücke einreißen oder abbrechen. Von daher hab ich den Teilen nicht die hohe Widerstandsfähigkeit zugeschrieben, die hier die Mehrheit whl sieht...

Den einzigen Vorteil seh ich in der hohlen Struktur, die den Helm sehr leicht macht. Aber widerstand gegen schwerthiebe, Lanzenstiche oder Pfeilspitzen abhalten? Eher nicht...

Aber vielleicht findet sich bei Terra X, Galileo oder Welt der Wunder jemand, der sowas mal nachbaut und mit zeitgemäßen Waffen austestet. Natürlich mit der üblichen Wassermelone drunter. Gleub nicht, dass da einer seine Rübe drunter steckt und nen anderen mit nem Schwert draufkloppen lässt...
 
Registriert
14 Sep 2005
Beiträge
2.893
Kriegspfeile hatten meist/oft/immer eine lockere Spitze, der Aufprall dieser auf der schuppigen Panzerung des Helms mit dem schon von Löffelmann angesprochenen Spin eines Pfeils, erhöht sogar noch die Möglichkeit, dass der Pfeil in der Spitze abknickend abgleitet. ZumAl tiefer liegende Körperteile durch Schilde gedeckt werden konnten und in gestaffelter Schlachtordnung der Kopf halt überragt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Registriert
14 Sep 2005
Beiträge
2.893
Upps, ich wollt jetzt keine Diskussion dazu anstoßen...

Wenn ich Keilerwaffen auskoche und auslöse, hab ich halt immer Angst, dass mir die hohlen Stücke einreißen oder abbrechen. Von daher hab ich den Teilen nicht die hohe Widerstandsfähigkeit zugeschrieben, die hier die Mehrheit whl sieht...

Den einzigen Vorteil seh ich in der hohlen Struktur, die den Helm sehr leicht macht. Aber widerstand gegen schwerthiebe, Lanzenstiche oder Pfeilspitzen abhalten? Eher nicht...

Aber vielleicht findet sich bei Terra X, Galileo oder Welt der Wunder jemand, der sowas mal nachbaut und mit zeitgemäßen Waffen austestet. Natürlich mit der üblichen Wassermelone drunter. Gleub nicht, dass da einer seine Rübe drunter steckt und nen anderen mit nem Schwert draufkloppen lässt...

Fetzt doch.
 
Registriert
14 Sep 2005
Beiträge
2.893
Wenn der Helm besser gegen Hiebe schützt, so kommt auch da ein ökonomischer/logistischer Ansatz, denn mitgeführte Schweine lieferten nicht nur Nahrung sondern auch Ersatzzähne für lädierten Helme.
 
Registriert
25 Dez 2018
Beiträge
13.786
Upps, ich wollt jetzt keine Diskussion dazu anstoßen...
Doch! :ROFLMAO:

Wenn ich Keilerwaffen auskoche und auslöse, hab ich halt immer Angst, dass mir die hohlen Stücke einreißen oder abbrechen. Von daher hab ich den Teilen nicht die hohe Widerstandsfähigkeit zugeschrieben, die hier die Mehrheit whl sieht...
Schau Dir das Bild im Startposting nochmal an. ;)
Darauf wurde schon geachtet.

Den einzigen Vorteil seh ich in der hohlen Struktur, die den Helm sehr leicht macht. Aber widerstand gegen schwerthiebe, Lanzenstiche oder Pfeilspitzen abhalten? Eher nicht...
Grade beim Helm ist viel Gewicht natürlich unangenehm.
Man kann nicht immer vom 100%-Idealfall ausgehen, Ausrüstung ist immer auch ein Stück weit ein Kompromiss.

Aber vielleicht findet sich bei Terra X, Galileo oder Welt der Wunder jemand, der sowas mal nachbaut und mit zeitgemäßen Waffen austestet. Natürlich mit der üblichen Wassermelone drunter. Gleub nicht, dass da einer seine Rübe drunter steckt und nen anderen mit nem Schwert draufkloppen lässt...
Die Kosten für ein Experiment wären sicher ganz schön hoch. Interessant wäre es sicherlich für experimentelle Archäologie.
Interessieren würde es mich auch was dabei rauskäme. (y)

Es ist halt oft so, dass man sich in der Wissenschaft Dinge (noch) nicht erklären kann - und dann wird ein ritueller oder kultischer Gegenstand draus gemacht.
In dem Fall kann ich mir vorstellen, dass es sicherlich ein Prestige-Objekt war. Aber eben auch ein funktionaler.

Die Grenzen sind sicher fließend. Aber man stelle sich nur mal vor man fände in 1000 Jahren ein iPhone... Ohne zu wissen was es ist!
Kultgegenstand? Spiegel? Acessoire
 
Registriert
11 Jun 2009
Beiträge
4.623
Alles Fragen, die man mit Hilfe experimenteller Archäologie beantworten könnte. Gibt‘s hier keine Archäologen, die eine Idee für ihr nächstes Projekt suchen?

Es wurden einige Eberzahnhelme nachgebaut, es gibt sogar auf dem Internet Anleitungen für so was. Daß aber danach einer aus experimentellen Gründen sein Kunstwerk mit irgendeiner Waffe aus Bronze zerschmettert hat, ist mir nicht bekannt.
 
Registriert
11 Jun 2009
Beiträge
4.623
Leider ist es oft so mit der Interpretation, auch in der Archäologie. Zum Glück gibt es immer mehr Fachleute die sich trauen zu sagen daß sie es nicht wissen. Man ist auf diesem Gebiet von vielem abgekommen, auch zu versuchen ausgegrabene Gebäudereste nach seinen eigenen Vorstellungen zu rekonstruieren. Deswegen stehe ich auch ein wenig kritisch der sogenannte experimentelle Archäologie gegenüber.
 

doa

Registriert
23 Aug 2001
Beiträge
3.658
Bei Kon-Tiki und Ra gab es genug Hinweise, die mussten nur bestätigt werden.
Alles andere ist Halt experimentell, wenn es nicht funktioniert ist es auch ein Erkenntnisgewinn, wenn es funktioniert könnte es so oder ähnlich gewesen sein - häufig finden sich erst neue Hinweise wenn man weiß wonach man ungefähr sehen sollte oder in anderen bzw. Folgekulturen.
Würde ich heute eine Speerschleuder finden wäre ich auch erstmal planlos.
 
Registriert
7 Nov 2018
Beiträge
134
Ich hab schon einige menschliche Überreste aus den letzten 3500 Jahren untersucht. Ausgeheilte Kampfspuren sind nicht selten. Auch gerne mit den Resten der Projektile im Knochen: Feuersteinpfeilspitzen brechen darin ab und verbleiben. Ich bin nebenbei der erste Entdecker der Pfeilspitze in Ötzis Schulter. Ich dachte dazu: Wenn ich das erkenne, haben die Wissenschaftler sicher schon längst alles durchblickt. Jahre später die Sensationsmeldung: Ötzi wurde erschossen. Tja. Wobei in der Steinzeit die Pfeilspitzen meist nicht wie im Comicfilm spitz waren, sondern eine quer zur Flugbahn verlaufende, schmale Schneide hatten. Pfeile für den Krieg gegen gerüstete Gegner waren einfach mit einer langen, recht dünnen Spitze versehen, ohne Schneidwirkung. Damit wird jede Rüstung (Auftreffwinkel vorrausgesetzt) durchschlagen. Panzerhemden ("Kettenhemden") werden einfach ein oder zwei Ringe gesprengt. Zu Versuchen mit Zahnmaterial kenn ich nix, Knochenlamellen (Schuppenpanzer) werden durchschlagen. Falls hier jemand Experimente mit Eberhauern anstellen will, ich stelle meine Technik (Computertomograph) und Expertise zur Verfügung.
 

Online-Statistiken

Zurzeit aktive Mitglieder
123
Zurzeit aktive Gäste
556
Besucher gesamt
679
Oben