Der verloren geglaubte Bock

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Waidmannsheil euch allen,

ich möchte euch von meiner ungewollt, nervenaufreibenden Bockjagd am Wochenende berichten.

Was war passiert?: Ich hatte im Revier einen abnormen Bock ausgemacht und konnte seinen Einstand relativ gut eingrenzen, also beschloss ich ihn zu erlegen.

Das Wetter war gut, der Wind passte hervorragend es versprach also ein toller Ansitzabend zu werden. Zuerst war, bis auf zahlreiche Spatziergänger und Hundehalter, die das tolle Wetter ausnutzten nichts los. Ich glaubte schon nicht mehr dran überhaupt noch etwas zu sehen, als ein Stück Rehwild gegen 21:45 Uhr aus dem Bestand auf das Feld zog.

Ein Blick durchs Spektiv verriet, dass es sich tatsächlich um den erhofften Bock handelte.
Er zog ruhig an der Kante eines kleinen Wäldchens lang. Die Entfernung betrug etwas über 100m.
Ich legte meine Bockbüchsflinte an, stach ein, hielt wie immer etwa zwei Finger breit hinter das Blatt etwas tiefer an und ließ die Kugel fliegen.

Beim Blick durchs Feuer sah ich, wie der Bock kurz zuckte, hoch absprang und in das kleine Wäldchen sprang. Ich war vom Gefühl her super abgekommen und dachte mir: der wird nicht weit gekommen sein.

Ich baumte ab und begab mich zum Anschuss. Dort angekommen der Schock und die ersten Zweifel. Ich konnte keinerlei Schweiß oder andere Pirschzeichen entdecken. Hatte ich ihn doch unterschossen? Meine Bockbüchsflinte ist mit 4cm Hochschuss auf 100m eingeschossen, also eigentlich war ein Unterschießen auf die Entfernung bei sauberem Abkommen nicht möglich.

Inzwischen war ein Jagdkollege hinzu gekommen und suchte mit. Doch auch gemeinsam fanden wir keinerlei Pirschzeichen. Wir beschlossen einmal im Bestand nachzusehen, ob der Bock im näheren Umfeld lag, doch auch diese Suche blieb erfolglos.

Ich beschloss noch einmal im letzten Licht den Anschuss zu inspizieren, während mein Jagdkollege weiter im Bestand suchte. Endlich fand ich einen winzigen Tropfen Schweiß auf einem Grashalm. Ich markierte die Stelle mit einem Sock und hinterfragte mich immer mehr. Hab ich ihn doch Unterschossen bzw. nur leicht angekratzt?

Wir holten noch meinen Jagdherren mit seinem Hund hinzu, doch auch der Hund konnte keine Fährte ausmachen. Gegen 00:30 Uhr brachen wir die Suche Ergebnislos ab. Ich malte mir die schlimmsten Scenarien aus und beschloss in den Morgenstunden noch einmal an der selben Stelle anzusitzen und anschließend weiter zu suchen.

Zu Hause konnte ich kein Auge zumachen. Immer wieder spielte sich der Ablauf in meinem Kopf wie ein Film ab. Am nächsten Morgen blieb auch der erneute Ansitz Ergebnislos. Bis auf ein paar Fasane und Hasen nichts zu sehen. Ich rief meinen Jagdherren an um noch einmal mit dem Hund zu suchen und begab mich in der Zwischenzeit nochmal zum Anschuss und spielte den Abend noch einmal gedanklich durch und versuchte mich in den Bock hineinzuversetzen. Wohin und wie würde ich flüchten, wenn ich der Bock wäre?

Ich durchkämmte den Bestand in engen Schleifen und suchte nach Pirschzeichen oder Wechseln. Und siehe da, ich fand den Bock schließlich im hohen Farn liegend keine 20m vom Anschuss entfernt. Wir sind den Abend zuvor mehrmals an dem Bock vorbei gelaufen. Er lag nur etwa einen halben Meter neber unseren Trittspuren.

Der Bock hatte wie vermutet und anhand des Schusszeichens gesehen einen sauberen Kammerschuss. Ausschuss war ebenfalls vorhanden. Beim Aufbrechen konnte ich sehen, dass das Teilmantelgeschoss meiner 5,6x50R das Herz sauber zerlegt hatte und auch die Lunge ordentlich was abbekommen hatte. Dennoch war nirgends ein Tropfen Schweiß zu finden. Der Bock hatte komplett nach innen geblutet.

Hier stimmte der Spruch, den wir im Jagdkurs so oft zu hören bekamen, die Rehe wissen oft noch nicht, dass sie tot sind, wenn sie getroffen wurden.

Ich war heilfroh und erleichtert, dass der Bock nicht leiden musste und ich keinen Mist gebaut hatte.

Ist euch auch schon einmal so etwas passiert?
 

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ANS

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Weidmannsheil zum Bock!
Schön wenn sich eine für einen persönlich angespannte Situation auflöst!

Und jetzt kannst Du Dir sicher gleich Deine virtuellen Nackenschläge für den Ablauf des Ganzen abholen... :p

Gruß und WH
ANS
 
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Waidmannsheil zum abnormen Bock!
Ist mir auch schon passiert, dass ich den Bock erst nächsten Morgen gefunden habe, weil abends das Licht schwand. Seitdem immer mit eigenem Hund, insbesondere wenn man bleifrei schießen muss ;-)
 
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Waidmannsheil,
ich hatte mal einen Bock mit meiner Sauer BBF Kal. 7x65R geschossen, auf dem Hochsitz legte ich die BBF Richtung Anschuss als Wegweiser und lief dann in die Richtung, ich sah ihn auch erst auf die letzten 2 Meter im Gras liegen.

WMH

Gerhard
 
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Waidmannsheil euch allen,

ich möchte euch von meiner ungewollt, nervenaufreibenden Bockjagd am Wochenende berichten.

Was war passiert?: Ich hatte im Revier einen abnormen Bock ausgemacht und konnte seinen Einstand relativ gut eingrenzen, also beschloss ich ihn zu erlegen.

Das Wetter war gut, der Wind passte hervorragend es versprach also ein toller Ansitzabend zu werden. Zuerst war, bis auf zahlreiche Spatziergänger und Hundehalter, die das tolle Wetter ausnutzten nichts los. Ich glaubte schon nicht mehr dran überhaupt noch etwas zu sehen, als ein Stück Rehwild gegen 21:45 Uhr aus dem Bestand auf das Feld zog.

Ein Blick durchs Spektiv verriet, dass es sich tatsächlich um den erhofften Bock handelte.
Er zog ruhig an der Kante eines kleinen Wäldchens lang. Die Entfernung betrug etwas über 100m.
Ich legte meine Bockbüchsflinte an, stach ein, hielt wie immer etwa zwei Finger breit hinter das Blatt etwas tiefer an und ließ die Kugel fliegen.

Beim Blick durchs Feuer sah ich, wie der Bock kurz zuckte, hoch absprang und in das kleine Wäldchen sprang. Ich war vom Gefühl her super abgekommen und dachte mir: der wird nicht weit gekommen sein.

Ich baumte ab und begab mich zum Anschuss. Dort angekommen der Schock und die ersten Zweifel. Ich konnte keinerlei Schweiß oder andere Pirschzeichen entdecken. Hatte ich ihn doch unterschossen? Meine Bockbüchsflinte ist mit 4cm Hochschuss auf 100m eingeschossen, also eigentlich war ein Unterschießen auf die Entfernung bei sauberem Abkommen nicht möglich.

Inzwischen war ein Jagdkollege hinzu gekommen und suchte mit. Doch auch gemeinsam fanden wir keinerlei Pirschzeichen. Wir beschlossen einmal im Bestand nachzusehen, ob der Bock im näheren Umfeld lag, doch auch diese Suche blieb erfolglos.

Ich beschloss noch einmal im letzten Licht den Anschuss zu inspizieren, während mein Jagdkollege weiter im Bestand suchte. Endlich fand ich einen winzigen Tropfen Schweiß auf einem Grashalm. Ich markierte die Stelle mit einem Sock und hinterfragte mich immer mehr. Hab ich ihn doch Unterschossen bzw. nur leicht angekratzt?

Wir holten noch meinen Jagdherren mit seinem Hund hinzu, doch auch der Hund konnte keine Fährte ausmachen. Gegen 00:30 Uhr brachen wir die Suche Ergebnislos ab. Ich malte mir die schlimmsten Scenarien aus und beschloss in den Morgenstunden noch einmal an der selben Stelle anzusitzen und anschließend weiter zu suchen.

Zu Hause konnte ich kein Auge zumachen. Immer wieder spielte sich der Ablauf in meinem Kopf wie ein Film ab. Am nächsten Morgen blieb auch der erneute Ansitz Ergebnislos. Bis auf ein paar Fasane und Hasen nichts zu sehen. Ich rief meinen Jagdherren an um noch einmal mit dem Hund zu suchen und begab mich in der Zwischenzeit nochmal zum Anschuss und spielte den Abend noch einmal gedanklich durch und versuchte mich in den Bock hineinzuversetzen. Wohin und wie würde ich flüchten, wenn ich der Bock wäre?

Ich durchkämmte den Bestand in engen Schleifen und suchte nach Pirschzeichen oder Wechseln. Und siehe da, ich fand den Bock schließlich im hohen Farn liegend keine 20m vom Anschuss entfernt. Wir sind den Abend zuvor mehrmals an dem Bock vorbei gelaufen. Er lag nur etwa einen halben Meter neber unseren Trittspuren.

Der Bock hatte wie vermutet und anhand des Schusszeichens gesehen einen sauberen Kammerschuss. Ausschuss war ebenfalls vorhanden. Beim Aufbrechen konnte ich sehen, dass das Teilmantelgeschoss meiner 5,6x50R das Herz sauber zerlegt hatte und auch die Lunge ordentlich was abbekommen hatte. Dennoch war nirgends ein Tropfen Schweiß zu finden. Der Bock hatte komplett nach innen geblutet.

Hier stimmte der Spruch, den wir im Jagdkurs so oft zu hören bekamen, die Rehe wissen oft noch nicht, dass sie tot sind, wenn sie getroffen wurden.

Ich war heilfroh und erleichtert, dass der Bock nicht leiden musste und ich keinen Mist gebaut hatte.

Ist euch auch schon einmal so etwas passiert?

Waidmannsheil!
hast nichts verkehrt gemacht, ist schon vielen Jägern so ergangen.
MfG
D.T.
 
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21 Mrz 2007
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Weidmannsheil zum Bock.

Jetzt weißt wenigstens, dass der Hund vom Pächter nichts kann, außer schwitzen und stinken.
Schweiß vorhanden und der findet den 20m vom Anschluß liegenden Bock nicht. Hab selber keinen Hund, aber bin auch schon auf solch "gute Jagdhunde" gestossen. Zum Glück brauchen wir nicht oft einen und wenn, dann haben wir jetzt 2 gute zur Hand.

Robert
 
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Waidmannsheil!
Ich denke, jeder hatte so eine oder eine ähnliche Situation auch schon... ;)

Wmh
Flo

edit: Deshalb fiebere ich so sehr einen eigenen brauchbaren Hund entgegen....:giggle:
 
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Weidmannsheil zum Bock.

Jetzt weißt wenigstens, dass der Hund vom Pächter nichts kann, außer schwitzen und stinken.
Schweiß vorhanden und der findet den 20m vom Anschluß liegenden Bock nicht. Hab selber keinen Hund, aber bin auch schon auf solch "gute Jagdhunde" gestossen. Zum Glück brauchen wir nicht oft einen und wenn, dann haben wir jetzt 2 gute zur Hand.

Robert
niemand weiss wo und wie der hund angesetzt wurde. niemand war dabei. also nicht gleich den hund pauschal verurteilen.

ICH hätte übrigens nicht erst zu zweit herumgesucht sondern gleich einen hund ran gelassen. aber jeder machts ein wenig anders.

weidmannsheil dem erleger.
 
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4 Mai 2018
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29
Erst einmal Waidmannsdank euch allen.

Ich hab eine Wärmebildkamera, aber wir haben den Bock auch damit nicht finden können, weil der Farn zu dicht war.

Der Hund vom Pächter ist schon sehr gut, zu seinem Entschulden, in dem Bereich, wo er suchte ist der Haupteinstand der Rehe, da waren so viele Fährten, Plätzstellen usw., dass hat ihn zu sehr aus dem Konzept gebracht, weil einfach überall der Durft der Rehe war.

Ich werde nächstes Mal auch nur kurz im nahen Umfeld suchen und dann gleich den Hund anfordern.

Ein eigener Jagdhund ist auch noch ein Traum von mir für genau solche Situationen.
 
Zuletzt bearbeitet:
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28 Mai 2011
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Waidmannsheil zum Bock! Nachdem ich selbst leider keinen Jagdhund habe, kenne ich ähnliche Situationen leider auch. Manchmal kann man es gar nicht glauben, wie weit Rehe mit gutem Schuss noch gehen können, speziell wenn der Bewegungsapperat nicht getroffen wurden (die berühmten 2cm hinters Blatt) Eine Wärmebildkamera, kann helfen muss aber nicht. Ich habe dieses Jahr über eine Stunde nach einem Schmalreh gesucht, das ich beim besten Büchsenlicht mit der .30-06 beschossen hatte. Das Stück hatte deutlich gezeichnet und ich hatte ordentlich Lungenschweiss am Anschuss. Danach ist es ca. 50m zur Waldkante und ich glaubte zu sehen, wo es einwechselt hatte. Nachdem der Pächter (mit zwei sehr guten Hunden) an diesem Abend definitiv nicht verfügbar war, beschloss ich selbst zu suchen. Am Wechsel in den Wald noch deutlich Lungenschweiß und dann gar nix mehr.
Danach habe ich über eine Stunde gesucht, bei der ich mich nie weiter als 15m vom verendeten Reh entfernt aufgehalten habe. Auch mit der WBK nichts zu sehen. Schließlich habe ich es genau am Waldrand unter in einer Mulde unter einem dichten Busch gefunden. An der stelle war bestimmt 10x direkt vorbei gelaufen.
 
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9 Jul 2019
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Waidmannsheil zum Abnormen.
Gehe mal davon aus, dass er bei den aktuellen Temperaturen verhitzt ist - schade drum. Oder guten Appetit beim Hautgout, ich weiß ja nicht, wie das bei Euch so gehandhabt wird.

Dass man keinerlei Schweiß am Anschuss findet, kommt vor. Ging mir beim ersten Bock in diesem Jahr genauso: Er hatte nicht erkennbar gezeichnet, kein Tropfen Schweiß am Anschuss, auch am Waldrand nichts. Aber Dank Hund war der innerhalb von 5 Minuten gefunden, er lag eben auch gute 20 Meter weiter mit Blattschuss im dichten Grün. Ohne Hund wäre es mir ähnlich ergangen wie Dir.

In meinem Revier wird j e d e s Stück Wild mit dem Hund gesucht, auch wenn es offen und auf 10 km Entfernung sichtbar auf der brachen Fläche liegt. Einfach, weil auch Hunde Übung, Routine und Jagderlebnisse brauchen. Zum Hund des JAB sage ich mal besser genauso wenig wie zu Eurem Vorgehen, das solltest Du selber wissen.
 

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