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Liebe Foristi,
zu Weihnachten ein kleines (naja... so klein ist es nicht) Gedicht über eigentlich unversöhnliche Welten, das vielleicht etwas Hoffnung machen soll, wo es fast keine Hoffnung mehr gibt. Aber es ist Weihnachten. Wann, wenn nicht dann, würde das mit der Hoffnung sonst passen....
Weil es so lang ist, kommt es in zwei Teilen.
Viel Freude damit. Fröhliche & gesegnete Weihnachten!
_________________________________________________________________
Jäger & Beute
erste Szene
Es zogen aus auf viel Gewinn
zwei Jäger, zwei Geschlechter
zwei Welten, zwiefach Doppelsinn
zwei feindselig Verfechter
Sie, äußerlich urban, gepflegt
war innerlich Empörung
ihr wortreich Handwerk angelegt
auf Pranger und Zerstörung
für ihn, der wie durch ein Visier[
die Welt besah und straffer
schien als ein hochgespanntes Tier
war Jagen auch Metapher
sie log, es wäre Empathie
auf dass sie ihn beförder
zur Ächtung denn er war für sie
nichts and'res als ein Mörder
sein scharfgeübter Blick indes
erfasste sie recht zügig
als eine Bolschewikin, kess,
steinhart und ungefügig
Er:
(So komm nur, komm, begleite mich
sollst sehen das Geheimnis)
Sie:
(Wohlan, ich will und streite nicht
bis mein sein wird was dein ist)
zweite Szene
der Jäger fuhr - nicht sanft, nicht sacht
weit über Felderflächen
er schwieg, drum fand sie's angebracht
ihn nicht zu unterbrechen
dann ging es aus der Ebene
auf unbekannten Wegen
durch Nebel und durch Regen
durch Schneegestöber fegend
in gottverlass'ne Gegenden
auf hochgeleg'ne Ebenen
für sie durchaus bewegend denn
die Landschaft war erhebend und
sein Tempo sehr erregend denn
auf diesen wilden Fährten schien
er mehr und mehr zu werden wie
ein heiß jagendes Tier
in die Berge, immer munter
rauf, der Wald ward stetig dunkler
höher, tiefer, stärker, jäher
knarzig krächzt' der Eichelhäher
Stund' und hundert Kilometer
steinig enge Kurven später
kam der Ort dann endlich näher
den der Jäger ausersehen
sollte es ihr dort geschehen
bei den Hirschen, bei den Rehen?
welch ein albernes Klischee
also prüfte sie die Waffen:
Kamera und Dekolleté -
alles gut und wohlbeschaffen
trotzdem suchte ihr Sonar
ob all dies nicht dumm, ja gar
ein g r o ß e r F e h l e r war
sie räusperte sich vorsichtig
"Darf ich mal etwas fragen?
Was machen wir hier eigentlich?"
er brummte mürrisch: "jagen"
dritte Szene
vor Ort schien ihr als ob er sich
an irgendwas erfreue:
"der Wind is gut, 'sis net zu frisch
sogar ae leichte Neue
und Mond hammarae mehr als g'nua
wenn's Glück ham gibt's a Beute"
dann ging er los und trat die Spur
behutsam ins Verschneite
sie folgte ihm, die Tasche streng
geschultert, sehr entschlossen
und doch war ihr die Kehle eng -
die Vorstellung: erschossen
(nur zu, mein Freund, ich fürcht' mich nicht
ich werd's dir schon verderben
wenn's kommt dann tu' ich meine Pflicht
heut Nacht wird kein Tier sterben)
sein Urteil wiederum war harsch:
Reporterungeziefer
so schlichen sie im Gänsemarsch
zum Hochsitz an der Kiefer
Nach einer Stunde Warten fing
sie sichtbar an zu frieren
er reichte ihr ein Fell: "umschling
ma uns damit die Nieren."
Ihr beider Atem, weiß wie Rauch
sich wölkte und durchquerte
da war sie ihm doch dankbar, auch
wenn die Moral sich wehrte
vierte Szene
"Dahier, schaun's einmal durch das Glas!
Ein Hirsch, dort auf der Wiesen"
Sie nahms."Gebn's zu - es macht Ihn' Spaß
die Tiere zu erschießen!"
Er schüttelte den Kopf und sprach
"Sein's bittschön etwas leiser.
Am End' wern sie's scho sehn, Gemach,
dann sammer alle weiser."
Der Hirsch zog langsam an den Rand
der mondbeschien'nen Lichtung
besann sich aber dann und fand
dass links die bess're Richtung
er schritt so majestätisch drein,
im grauen Schattenwandel
ein König, gravitätisch, fein
mit Krone und mit Mantel
in Zeitlupe ging das Gewehr
nach vorne in den Anschlag
ihr Blick ganz starr, das Herz ganz leer
wie unter einem Bann
der Jäger konnte wie kein Mann
Erregung beinah' wittern
er rührte sie beruhigend an
da legte sich ihr Zittern
nun wusste er, er hatte sie
obwohl sie beide schwiegen
er nahm die Hand von ihrem Knie
und ließ die Kugel fliegen
der Schussknall ließ sie mucken
derweil sie durch das Fernglas sah
des Hirsches Flanke zucken
doch der stand weiter reglos da
als könnt' er nicht verstehen
wie's nun sollt' weitergehen
eine halbe Ewigkeit
in Wahrheit nur recht kurze Zeit
dann brach er über Tannen-
Reisig krachend laut zusammen
(Fortsetzung unten...)
zu Weihnachten ein kleines (naja... so klein ist es nicht) Gedicht über eigentlich unversöhnliche Welten, das vielleicht etwas Hoffnung machen soll, wo es fast keine Hoffnung mehr gibt. Aber es ist Weihnachten. Wann, wenn nicht dann, würde das mit der Hoffnung sonst passen....
Weil es so lang ist, kommt es in zwei Teilen.
Viel Freude damit. Fröhliche & gesegnete Weihnachten!
_________________________________________________________________
Jäger & Beute
erste Szene
Es zogen aus auf viel Gewinn
zwei Jäger, zwei Geschlechter
zwei Welten, zwiefach Doppelsinn
zwei feindselig Verfechter
Sie, äußerlich urban, gepflegt
war innerlich Empörung
ihr wortreich Handwerk angelegt
auf Pranger und Zerstörung
für ihn, der wie durch ein Visier[
die Welt besah und straffer
schien als ein hochgespanntes Tier
war Jagen auch Metapher
sie log, es wäre Empathie
auf dass sie ihn beförder
zur Ächtung denn er war für sie
nichts and'res als ein Mörder
sein scharfgeübter Blick indes
erfasste sie recht zügig
als eine Bolschewikin, kess,
steinhart und ungefügig
Er:
(So komm nur, komm, begleite mich
sollst sehen das Geheimnis)
Sie:
(Wohlan, ich will und streite nicht
bis mein sein wird was dein ist)
zweite Szene
der Jäger fuhr - nicht sanft, nicht sacht
weit über Felderflächen
er schwieg, drum fand sie's angebracht
ihn nicht zu unterbrechen
dann ging es aus der Ebene
auf unbekannten Wegen
durch Nebel und durch Regen
durch Schneegestöber fegend
in gottverlass'ne Gegenden
auf hochgeleg'ne Ebenen
für sie durchaus bewegend denn
die Landschaft war erhebend und
sein Tempo sehr erregend denn
auf diesen wilden Fährten schien
er mehr und mehr zu werden wie
ein heiß jagendes Tier
in die Berge, immer munter
rauf, der Wald ward stetig dunkler
höher, tiefer, stärker, jäher
knarzig krächzt' der Eichelhäher
Stund' und hundert Kilometer
steinig enge Kurven später
kam der Ort dann endlich näher
den der Jäger ausersehen
sollte es ihr dort geschehen
bei den Hirschen, bei den Rehen?
welch ein albernes Klischee
also prüfte sie die Waffen:
Kamera und Dekolleté -
alles gut und wohlbeschaffen
trotzdem suchte ihr Sonar
ob all dies nicht dumm, ja gar
ein g r o ß e r F e h l e r war
sie räusperte sich vorsichtig
"Darf ich mal etwas fragen?
Was machen wir hier eigentlich?"
er brummte mürrisch: "jagen"
dritte Szene
vor Ort schien ihr als ob er sich
an irgendwas erfreue:
"der Wind is gut, 'sis net zu frisch
sogar ae leichte Neue
und Mond hammarae mehr als g'nua
wenn's Glück ham gibt's a Beute"
dann ging er los und trat die Spur
behutsam ins Verschneite
sie folgte ihm, die Tasche streng
geschultert, sehr entschlossen
und doch war ihr die Kehle eng -
die Vorstellung: erschossen
(nur zu, mein Freund, ich fürcht' mich nicht
ich werd's dir schon verderben
wenn's kommt dann tu' ich meine Pflicht
heut Nacht wird kein Tier sterben)
sein Urteil wiederum war harsch:
Reporterungeziefer
so schlichen sie im Gänsemarsch
zum Hochsitz an der Kiefer
Nach einer Stunde Warten fing
sie sichtbar an zu frieren
er reichte ihr ein Fell: "umschling
ma uns damit die Nieren."
Ihr beider Atem, weiß wie Rauch
sich wölkte und durchquerte
da war sie ihm doch dankbar, auch
wenn die Moral sich wehrte
vierte Szene
"Dahier, schaun's einmal durch das Glas!
Ein Hirsch, dort auf der Wiesen"
Sie nahms."Gebn's zu - es macht Ihn' Spaß
die Tiere zu erschießen!"
Er schüttelte den Kopf und sprach
"Sein's bittschön etwas leiser.
Am End' wern sie's scho sehn, Gemach,
dann sammer alle weiser."
Der Hirsch zog langsam an den Rand
der mondbeschien'nen Lichtung
besann sich aber dann und fand
dass links die bess're Richtung
er schritt so majestätisch drein,
im grauen Schattenwandel
ein König, gravitätisch, fein
mit Krone und mit Mantel
in Zeitlupe ging das Gewehr
nach vorne in den Anschlag
ihr Blick ganz starr, das Herz ganz leer
wie unter einem Bann
der Jäger konnte wie kein Mann
Erregung beinah' wittern
er rührte sie beruhigend an
da legte sich ihr Zittern
nun wusste er, er hatte sie
obwohl sie beide schwiegen
er nahm die Hand von ihrem Knie
und ließ die Kugel fliegen
der Schussknall ließ sie mucken
derweil sie durch das Fernglas sah
des Hirsches Flanke zucken
doch der stand weiter reglos da
als könnt' er nicht verstehen
wie's nun sollt' weitergehen
eine halbe Ewigkeit
in Wahrheit nur recht kurze Zeit
dann brach er über Tannen-
Reisig krachend laut zusammen
(Fortsetzung unten...)
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