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Meine Frau hat Pharmazie studiert, ist also Apothekerin. Nach den ersten Berufsjahren war sie ein wenig enttäuscht, dass ihr Berufsalltag sich nur wenig von einer Verkäuferin im Supermarkt unterschied. Sie hatte sich vorgestellt, als Bindeglied zwischen Ärzten und Patienten bezüglich Medikamentation stärker beratend tätig sein zu können, im Labor mehr selbst herzustellen usw.Die urbane, hippe, junge Bevölkerung mit einem Master in Genderstudys oder Soziologie ist gnadenlos hartherzig, wenn es darum geht Anderen die Bürden für ihre schöne bunte neue Welt aufzuerlegen.
Gut, sie war noch jung, hinzu kam vielleicht ein gewisses Helfersyndrom (angeregt durch Praktikum beim Blauen Kreuz) - jedenfalls studierte sie noch einmal Sozialwesen. Einen Professor hatte sie besonders gefressen. Sie hatte den Eindruck, er würde sie absichtlich schlechter bewerten, in peinliche Situationen bringen und anderes. Sie konnte sich aber nicht dagegen wehren, war sich auch unsicher, ob ihr Eindruck nun stimmt oder nicht.
Das zog sich über eine Zeit hin, dann platzte mir die Hutschnur, weil sie oft heulend zu Hause saß. Ich besuchte den Herrn in seinem Büro, stellte ihn zur Rede und sagte ihm, wenn er meine Frau nicht in Ruhe lasse, bekäme er Ärger mit mir. Erstaunlicherweise wurde er sofort ziemlich kleinlaut. Damit hatte ich nicht gerechnet. Eher mit einem lautstarken Rauswurf. Und dann sagte er noch einen Satz, den ich mein Leben lang nicht vergessen werden:
"Sie brauchen nicht glauben, nur weil wir hier Sozialwesen unterrichten, dass wir besonders sozial wären."
Sein Verhalten meiner Frau gegenüber besserte sich dann; sie hatte keine Probleme mehr. Das Studium zog ihr aber dermaßen nachhaltig den Zahn für Sozialarbeit, dass sie seitdem wieder mit Freuden Apothekerin ist.