Gams 2022

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Mittags bei strahlendem Sonnenschein Aufbruch, stapfe vom Haus nach Nordwest, der Aufstieg geht, meine in zwei Monaten ohne Jagd verschwundene körperliche Leistungsfähigkeit kommt wieder.
Da, im Lehm glitzert ein Marmorsplitter – mm, die Form könnte zu einer Pfeilspitze passen, nehme sie auf. Ja, das könnte mesolithisch sein, zwei halbrunde Ausbuchtungen sehen nach drucktechnischer Bearbeitung aus, die ganze Form entspricht den Fundstücken aus Nordafrika.
Schönes Stück, kommt in den Fundus.
2022-01-15 fragliche mesolithische Pfeilspitze.jpg

Auf halber Höhe mache ich Rast und verschnaufe in der Sonne.
Lea wird plötzlich ganz verrückt und winselt, muß sie bändigen. Sicher ist Wild in der anschließenden Hang-Rinne. Gams, versprengte Frischlinge-Überläufer?
Ich hole die Merkel K 5 aus dem Rucksack, schraube den Schalldämpfer auf und gehe vorsichtig zu dem fünf Meter entfernten Felsvorsprung. Er ist dicht mit hohem Ginster bewachsen; ich kann nicht weit genug nach vorn kommen, um die Rinne einzusehen. Also vorsichtige Pirsch am Rand entlang. Mist, da liegt Harschschnee, der knirscht krachend auch unter vorsichtigem Tritt.

Oh, da äst 60 m schräg unter mir der gute Gamsbock, den ich schon letzte Woche hier im Hang in Anblick hatte.
Er hat das Geräusch des brechenden Harschschnees vernommen und äugt schon zu mir hoch. Gut, daß das Gewehr im Safarisling vor der Brust hängt; mit einer leichten Bewegung bin ich im Anschlag, der butterweich stehende Sicherungsschieber der K 5 gleitet nach vorn, das Fadenkreuz steht auf dem halbschräg stehenden Gams. Es muß schnell gehen, der Bock kann jeden Augenblick flüchten, keine Zeit, um den Zielstock aufzustellen. Stehend, halbgebückt am Bergstock angestrichen, lasse ich gleich fliegen.
Im Schuß steilt der Bock auf und torkelt hangab in eine hüfthohe Ginstergruppe. Der DJT war bisher ruhig, aber nun drehte er durch und will ans Wild, mit Mühe bringe ich ihn zur Ruhe.

Als ich vorsichtig den rutschigen Hang abgestiegen und am Anschuß bin, wird das rumzappelnde Hündchen angesetzt und geschnallt. Simple Angelegenheit, Totsuche auf 20 Meter, Hündchen ist glücklich und beutelt den Gamsbock. Herrchen ist auch zufrieden, gute Hundearbeit, nur ihr habe ich den hoch aufhabenden, mit relativ dicken Kruken und weiter Auslage prahlenden Bock zu verdanken. Mit 22,5 cm Länge, 14 cm Auslage, 16,3 cm hoch, 7,6 cm Umfang ist es ein guter Pyrenäen-Gams mit 95 CIC Punkten.
Er ist allerdings nur 8-9 jährig, hat aber auf dem linken Licht ein akutes, schweres Stadium von Gamsblindheit, das Licht eingefallen, er war dort schon blind.
Beim Aufbrechen zeigt sich ein abgekommenes Stück, kein Gramm Feist, die Lungen mit dem Brustkorb verklebt, am Pansen ein gut faustgroßer vernarbter Abszeß, gefüllt mit rahmigem Eiter.
Das Stück hätte einen weiteren Wintereinbruch nicht überlebt.

8 j Gamsbock Bauchabszeß Lunge verklebt Keratokonjunktivitis 2 MP jpeg.jpg8-9 j Gamsbock Keratokonjunktivitis 2 MP jpeg.jpg
 
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JAAAA, kleine Mistviecher, aber sooo lieb zu Hause - und schlau - was die alles für Worte versteht und vor allem auch Erinnerung an kaum sichtbare Pfade und jagdlich erinnerungswerte Orte hat.
Und eben steht sie neben mir und strahlt mich an: "Ich möchte auch Mousse au chocolat haben!!!!" na, dann bekommst Du auch ein Deputat - gewichtsadaptiert...

Kaliber bei Bericht vergessen: .270 Win und Barnes XLC 130 grn
 
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Hallo Doc, Waidmannsheil zum Hegeabschuß (y) (y) (y) ich freu mich schon auf die nächste Woche, wenn ich wieder in deinem Paradies mitjagen darf :D:D:D ich hoffe auf eine Jagd im Schnee, sollte ja bei euch in den höheren lagen schon möglich sein.
Gruß Schlumpschütz
 
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Sind die Gams bei dir immer so braun?
Die Färbung der Pyrenäengams ist deutlich unterschiedlich zur Alpengams, daher kann man das Alter auch leichter aus der Distanz schätzen. Generell sind sie heller. Böcke von ca. 6-9 Jahren haben eine Art "Schabracke" mit heller Färbung über Blättern und Keulen, danach werden sie mehr "uni" gräulich, bis später deutlich grau.
alte-geiß--dez-2007 s MP.jpg

2022-01-12 Piroudoun im Schnee 2 MP.jpg
 
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wie ist das, als Deutscher dort zu leben (von der Akzeptanz der Franzosen....) und zu jagen?Wie läuft das Jagdsystem dort ?
Kannst Du uns darüber einmal etwas berichten?
Gibts die Hundeführung(häufig) ähnlich wie bei uns ?
Was sind die Leibkaliber der Franzosen, nicht nur im Gebirge?
Wird auch Jagdhorn geblasen?im Winter gefüttert ?etc etc.
Durch die Sprachbarriere ist das für mich so fremd wie Portugal,man kennts, aber man weiß letztlich nichts darüber

Gruß +Dank
 
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Ganz interessant wären auch die erlaubten Kaliber, hab da was gehört das diverse Kaliber die auch Militärisch genützt werden (wurden) verboten sind.
 
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Ein tolles Erlebniss,
Nachdem ich meine Reise ins Paradies wegen meines neuen Job´ mehrmals verschieben musste, konnte ich wenigstens zwei Tage in der unsagbaren Schönheit der Pyrenäen verbringen.
Obwohl eine ganze Wochen geplant war konnte ich erst am Sonntag Abend losfahren, die Fahrt über etwa 1100km verlief gut, nach einer Schlafpause von zweieinhalb Stunden konnte ich am Sonntag morgen die letzten 300km abspuhlen und genoss das gute Wetter schon bei der Anfahrt.
Gegen 10Uhr konnte ich endlich beim @Doc-Holiday anklopfen und wurde freudig begrüßt, Nach einem Kaffee und einer kleinen Stärkung bastelten wir noch etwas an einem Projekt, das leider nicht so gut lief wie erwartet (dazu zu gegebener Zeit an anderer Stelle ein Bericht). Nachdem ich dann Doc noch einige Mitbringsel übergeben hatte, legten wir uns am frühen Nachmittag noch zu einem Powernap in die Kuhle.
Gegen 16:00Uhr zogen wir dann zu Berge, es ergreift mich jedesmal auf´s neue eine unbschreibliches Gefühl wenn wir in dieser athemberaubenden Landschaft auf die Pirsch gehen, eine Mischung aus Demut und Verwunderung über die Wildheit und Abgeschiedenheit dieses fleckchen Erde mitten in Europa.
Nach etwa 1 1/2 km Fußmarsch bekamen wir die erste Gams zu Gesicht, die stellte sich auf ca. 80-90m Scheibenbreit, leider war kein freies Schußfeld vorhanden da einige Ästchen in der Flugbahn des Geschoßes waren, der Versuch eine bessere Position zu finden wurde nicht von Erfolg gekrönt, das Stück war aus unserem Blickfeld verschwunden, ob sie uns mitbekommen hat, oder einfach weiterzog werden wir wohl nicht mehr erfahren. Auch mit WBK und nach gründlichem Abglasen blieb sie erstmal unauffindbar. Nachdem wir sie verloren hatten erklommen wir einen felsigen Hang und setzten uns an einer Übersichtlichen Stelle an, Lea verwies uns nach kurzer Zeit Wild und in der WBK konnten wir ein Stück, etwa 200m schräg oberhalb der Stelle wo vorher die Gams stand, ausmachen, ob sie es war wird sich nicht mehr klären lassen. Nach einbruch der Dunkelheit begaben wir uns in dem durchaus anspruchsvollem Gelände auf den Rückweg, dabei erstaunt es mich immer aufs neue wie trittsicher Doc die Strecke meistert. Zurück im Haus namen wir noch ein Nachtmal mit selbsgemachtem Saft (Doc) und selbstgemachter Wildleberwurst (ich) zu uns und gingen nach einem schönen Tag in den Bergen zu Bett.
Nach einer sehr guten erhohlsamen Nacht wurde ich gegen 5Uhr kurz vor dem Wecker wach, also raus aus den Federn und runter zum Frühstück mit reichlich Müssli, um für den Tag gestärkt zu sein. Wir machten uns zeitig fertig und konnten kurz nach 6Uhr, noch bei Dunkelheit, aufbrechen. Gegen 7:30uhr legten wir unsere erste kurze Rast ein bei der wir im nun heller werdenden Licht auf unsere Kopflampen verzichten konnten. Nachdem wir etwa eine weitere halbe Stunden aufgestigen waren, hielt Doc an einer Hangkannte kurz inne, und ich Trampel stellte mich breit und offen neben ihn, was zwei Gamsen etwa 50m hinter der Kannte mit einer krachenden Flucht quittierten, mist mal wieder völlig blöd und wie ein Anfänger angestellt, ich sollte es besser Wissen, sorry Doc.
Also stiegen wir weiter, Meter um Meter auf den Berg, nun kammen wir auch in offeneres Gelände und die Aussicht wurde immer Besser, wir hielten häufig an und glasten die Gegend mit WBK und Fernglas ab, ausserdem beobachteten wir unseren Wildmelder, die kleine tapfer und aussdauernde Lea, ständig.
Gegen 9:30 hatten wir schon eine ordentliche Strecke zurückgelegt und richteten uns am Rande einer übersichtlichen Rinne ein, unser Warten wurde nach kurzer Zeit belohnt, Zwei Geisen mit jeweils zwei Kitzen zogen vertraut auf uns zu und Ästen etwa 50-60m von uns entfernt ein ganze Zeit, kurz darauf erblickten wir etwa 150m über uns zwei Böcke, also machte ich mich fertig um auf diese Funken zu reißen, leider war die Auflage die sich mir bot, bescheiden und als ich endlich fertig war, waren die Böcke hinter einer Kiefer verschwunden.
Nun gut, die zwei Geisen mit ihren Kitzen zogen auch wieder von dannen. Nach etwa 20 min kam etwa 200 Meter über uns noch ein einzelnes Kitz das ich dann auch ins Visier nahm, dann aber pardonierte, ich wollte den Finger nicht krum machen. Nachdem sich das Wild in der Rinne verlaufen hatte, stiegen wir weiter den Berg hinnauf und kamen an einen weitere Rinne, aus der ca. 500m über uns 2 starke Gamsen über ein Schneefeld den Kamm querten und aus unser Sicht entschwanden, danach sahen wir etwa 270m unter uns die Nächste einzelne Gams, die aus meiner Position aber nicht zu beschießen war. Nach etwa 20 Minuten sahen wir dann auf den gegenüber liegenden Felsen gegen den blauen Himmel weitere 3 Geisen und ihre Kitz überrigeln, ein Bild das einem Heimatfilm zur Ehre gereicht hätte. Wir stiegen noch weitere 100m auf und hatten nun eine hervorragende Übersicht über eine felsige Rinne, mittlerweile ging die Uhr auf Mittag zu und wir vesperten unsere Brote, und stärkten uns an frischem Wasser, wie wenig braucht der Mensch in solcher Natur um rundum zufrieden zu sein.
Da kein Wild zu entdecken war, gaben wir uns unseren Gedanken hin und ich beobachtet zwei Adler die etwa 50m über uns kreisten, und war mit mir und der Welt im einklang. Es ist erstaunlich wie kräftig die Sonne selbst im Jannuar dort oben in den Pyrenäen ist, so lag ich im Hang und es ging mir gut wie lange nicht.
gegen 3Uhr machte ich mich fertig für den Rückweg als Doc mir in den Hang hinter mir zeigte, leider konnte ich von meiner Position nichts erkennen, und erst als ich einige Meter abgestigen war, wurde mir klar, das wieder ein Bock über mir flüchtig wurde. beim Absteigen sahen wir noch weiter Gamsen, die aber ausser reichweite Waren, gegen 16:00 Uhr traten wir in unübersichtlich bewachsenen Gelände nochmal zwei Gamsen aus, die sich hochflüchtig verabschiedeten, nun es war der letzte Anblick des Tages. Ein Tag wie man sich als Jäger kaum einen besseren wünschen kann, selten im meinem Leben hab ich bei solchem Kaiserwetter soviel Anblick auf eine aussergewöhnliche Wildart haben dürfen, erlgt habe ich nichts, aber auch wenn ich noch Abends diese Idylle ohne Beute verlassen mußte, war es einer der befriedigensten Jagdtage die ich je hatte.
Danke Doc für deine Führung und die Möglichkeit ein wenig von deinem Paradies genissen zu dürfen. Gamsjagd ist etwas ganz besonderes, auch dann wenn nichts zur Strecke kommt.
 
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