Gamsjagd 2023

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Es schneit gerade satt, 40 Zentimeter sind angesagt, 20 nasse Zentimeter liegen schon auf dem Boden; Zeit fürs Nachholen der letzten Gamsjagd:


Nachtrag zur abgelaufenen Saison:
Mein Bestreben ist immer, eine weitere alte oder abnorme Gams zu erlegen; ich lasse mir Zeit und beobachte lieber das faszinierende Bergwild.
Die Jagdsaison auf Gams geht bis Ende Januar, nun gilt es; eine Lizenz für Gams ab vier Jahre habe ich noch. Es gibt in Südfrankreich nur zwei Kriterien: Gams bis drei Jahre, Gams ab vier Jahre.
Fertig, kein Brimborium über Zielalter, bombastisches Streckenlegen mit Zweig-kredenztem Haupt, Waidmannsheil Zuprosten mit linker Hand, diskretem Briefumschlag mit entsprechender Rechnung, Trophäenschau etc.

Ich habe einen Hang im Hinterkopf, an dem sehr selten andere Jäger pirschen. Im Lizenzjagdsystem ist der Jagddruck an aussichtsreichen Stellen hoch; dieser Hang ist aber sehr abgelegen – und man muß Geduld haben und auch mal am Boden ansitzen und warten, was so plötzlich irgendwo aus dem Ginster oder zwischen Felsblöcken sichtbar wird.

Weit vor Morgengrauen trete ich aus dem Haus, der DJT tänzelt erwartungsvoll neben mir – aber die Leine ist sicher am Gürtel befestigt. Pech, meine Liebe, keine fröhliche, laute Morgenhatz auf den frischen Fährten der Nacht… Wildschwein, Reh, Wildkatze, Fuchs und mehr tummeln sich nachts in Steinwurfweite vom Haus.

Wir haben einen gut einstündigen Fußmarsch, aber nur hundert Meter Höhenunterschied vor uns. Vor Büchsenlicht erreichen wir den zum Ansitz erkorenen Felsen.

Über den wild durch und über Felsen rauschenden Fluß hinweg habe ich Schußfeld ab 150 Meter und mehr, das gurgelnde, laute Rauschen des Wassers überdeckt alle Geräusche. In meinem Nordhang liegt Schnee, gegenüber im Südhang ist die weiße Pracht wieder fast völlig abgetaut.

Meter für Meter glase ich das Gewirr aus Felsen, wild wuchernden, buschigen Haselnußhorsten ab.
Der DJT auf dem Schoß wärmt angenehm und sucht wie ein Radar nach Bewegung oder Wild-Silhouetten. Die Bühne ist leer; warten wir ab, Gams sind tagaktiv.
Die Zeit vergeht, langsam werde ich müde. Leises Winseln des Hundes weckt meine Aufmerksamkeit, ich glase in die Richtung, die er fixiert.
Da, hinter einem weitausladendem Busch wird auf dem fahlen Gras eine Gemse sichtbar: Schade, nur ein junger, ca. sechsjähriger Bock auf 150 m. Schauen wir weiter.
Nach einer halben Stunde wechselt aus dem flußab liegendem Bestand weiter oben ein weiterer Gams. Ah, jetzt wird es interessant - er hat hoch auf, nach der Färbung und Statur sollte er älter sein.
Ja, in voller Fahrt saust er herunter und jagt den jungen Bock. Die Brunft ist zwar schon lange vorbei, aber die Rangordnung muß gewahrt werden…

Die wilde Jagd geht durch den Hang abwärts, näher zu mir – aber leider auch wieder aufwärts.
Genug des Spiels, der Alte beginnt hier und da zu äsen. Inzwischen konnte ich ausreichend ansprechen, er ist alt und hat hoch auf - das paßt jetzt zu Ende der Jagdzeit.
Aber leider steht er etwas weit, 270 Meter muß nicht sein, ich warte ab.
Die Spannung steigt, langsam äst er immer näher
Nach einer Stunde steht der Alte nun gamstypisch auf einem Felsblock, der ihm eine weite Sicht erlaubt.

Welch prachtvolles Bild - er hebt er sich vom Hintergrund wie eine Statue ab. Der Entfernungsmesser zeigt 245 Meter. Hm, das ist etwas weit, ich mache lieber einige Fotos.

2023 Alter Gams auf Fels 245 m 2 MP.jpg

Die Zeit vergeht, der Bock stellt sich breit, es ist windstill, die Merkel K 5 im Kaliber .270 schießt mit Handladung Barnes TTSX 110 grn hochpräzise und ist auf 200 m Fleck eingeschossen.
Dazu habe ich mit dem 150 cm Carbon-Vierbein-Zielstock die beste Auflage, das 12 fache Glas bildet mit feinem Duplex den Bock deutlich und groß ab.
Der feine Zielpunkt sitzt fest hochblatt.

Also soll es sein, tief Einatmen, halb Ausatmen und im Schuß wischt es den Bock vom Felsen, deutlicher Kugelschlag hallt erst nach einem kurzen Moment herüber.

Lange beobachte ich die Umgebung des Felsens, alles ist gut einsehbar, nichts rührt sich. Der DJT winselt unruhig, die Kleine weiß, nun gibt es eine Suche auf Wild.

Schließlich packe ich meine Siebensachen zusammen, wir müssen einen Umweg von zwei Kilometern machen, um den Anschuß zu erreichen.
Ich bin mir des Sitzes der Kugel sicher, aber trotzdem bleibt die Spannung hoch.

Schließlich kämpfe ich mich schwer schnaubend und langsam in der Nähe des Anschusses den Steilhang hoch, aus dieser Warte sieht das Gelände ganz anders aus. Aber das Umfeld des markanten Felsens hatte ich mir gut eingeprägt. Der DJT dreht fast durch, Lea hat nun ihr Glöckchen umhängen, sie weiß, was das bedeutet.

Um hinter den Felsen zu gelangen, muß ich erst höher steigen, eine Barriere aus zackigen, steilen Felsblöcken verwehrt den direkte Zugang.

– AH, erleichtert mache ich von oben den im Schuß verendeten Bock 15 m tiefer auf einer kleinen Terrasse direkt hinter dem Felsen aus.
Aufgeregt nimmt Lea Besitz von „ihrem“ Wild, das Glöckchen bimmelt wie wild. Diesmal brauchten wir die akustische Lokalisation nicht, um Lea mit ihrer Beute im Ginsterdickicht zu finden.
Ja, die Zügel sind schon mit grauem Haar durchsetzt, er hat gut auf, schnell zähle ich die Altersringe und komme auf 12 Jahre; das war eine schöne Jagd als Abschluß dieser Gamsjagdsaison.

2023 Alter Gams vom Felsen 2 MP.jpg
 

ray

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Waidmannsheil zum Gamsbock, denke das Liefern war dann noch etwas schweißtreibend.
Freue mich für Dich.
 
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WMH und Félicitations (y)

Nachtrag, ist das jetzt Chamois oder Izard ?
 
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Waidmannsheil !! Immer super Berichte von Dir über die Bergjagd.
 
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Es schneit gerade satt, 40 Zentimeter sind angesagt, 20 nasse Zentimeter liegen schon auf dem Boden; Zeit fürs Nachholen der letzten Gamsjagd:


Nachtrag zur abgelaufenen Saison:
Mein Bestreben ist immer, eine weitere alte oder abnorme Gams zu erlegen; ich lasse mir Zeit und beobachte lieber das faszinierende Bergwild.
Die Jagdsaison auf Gams geht bis Ende Januar, nun gilt es; eine Lizenz für Gams ab vier Jahre habe ich noch. Es gibt in Südfrankreich nur zwei Kriterien: Gams bis drei Jahre, Gams ab vier Jahre.
Fertig, kein Brimborium über Zielalter, bombastisches Streckenlegen mit Zweig-kredenztem Haupt, Waidmannsheil Zuprosten mit linker Hand, diskretem Briefumschlag mit entsprechender Rechnung, Trophäenschau etc.

Ich habe einen Hang im Hinterkopf, an dem sehr selten andere Jäger pirschen. Im Lizenzjagdsystem ist der Jagddruck an aussichtsreichen Stellen hoch; dieser Hang ist aber sehr abgelegen – und man muß Geduld haben und auch mal am Boden ansitzen und warten, was so plötzlich irgendwo aus dem Ginster oder zwischen Felsblöcken sichtbar wird.

Weit vor Morgengrauen trete ich aus dem Haus, der DJT tänzelt erwartungsvoll neben mir – aber die Leine ist sicher am Gürtel befestigt. Pech, meine Liebe, keine fröhliche, laute Morgenhatz auf den frischen Fährten der Nacht… Wildschwein, Reh, Wildkatze, Fuchs und mehr tummeln sich nachts in Steinwurfweite vom Haus.

Wir haben einen gut einstündigen Fußmarsch, aber nur hundert Meter Höhenunterschied vor uns. Vor Büchsenlicht erreichen wir den zum Ansitz erkorenen Felsen.

Über den wild durch und über Felsen rauschenden Fluß hinweg habe ich Schußfeld ab 150 Meter und mehr, das gurgelnde, laute Rauschen des Wassers überdeckt alle Geräusche. In meinem Nordhang liegt Schnee, gegenüber im Südhang ist die weiße Pracht wieder fast völlig abgetaut.

Meter für Meter glase ich das Gewirr aus Felsen, wild wuchernden, buschigen Haselnußhorsten ab.
Der DJT auf dem Schoß wärmt angenehm und sucht wie ein Radar nach Bewegung oder Wild-Silhouetten. Die Bühne ist leer; warten wir ab, Gams sind tagaktiv.
Die Zeit vergeht, langsam werde ich müde. Leises Winseln des Hundes weckt meine Aufmerksamkeit, ich glase in die Richtung, die er fixiert.
Da, hinter einem weitausladendem Busch wird auf dem fahlen Gras eine Gemse sichtbar: Schade, nur ein junger, ca. sechsjähriger Bock auf 150 m. Schauen wir weiter.
Nach einer halben Stunde wechselt aus dem flußab liegendem Bestand weiter oben ein weiterer Gams. Ah, jetzt wird es interessant - er hat hoch auf, nach der Färbung und Statur sollte er älter sein.
Ja, in voller Fahrt saust er herunter und jagt den jungen Bock. Die Brunft ist zwar schon lange vorbei, aber die Rangordnung muß gewahrt werden…

Die wilde Jagd geht durch den Hang abwärts, näher zu mir – aber leider auch wieder aufwärts.
Genug des Spiels, der Alte beginnt hier und da zu äsen. Inzwischen konnte ich ausreichend ansprechen, er ist alt und hat hoch auf - das paßt jetzt zu Ende der Jagdzeit.
Aber leider steht er etwas weit, 270 Meter muß nicht sein, ich warte ab.
Die Spannung steigt, langsam äst er immer näher
Nach einer Stunde steht der Alte nun gamstypisch auf einem Felsblock, der ihm eine weite Sicht erlaubt.

Welch prachtvolles Bild - er hebt er sich vom Hintergrund wie eine Statue ab. Der Entfernungsmesser zeigt 245 Meter. Hm, das ist etwas weit, ich mache lieber einige Fotos.

Anhang anzeigen 213909

Die Zeit vergeht, der Bock stellt sich breit, es ist windstill, die Merkel K 5 im Kaliber .270 schießt mit Handladung Barnes TTSX 110 grn hochpräzise und ist auf 200 m Fleck eingeschossen.
Dazu habe ich mit dem 150 cm Carbon-Vierbein-Zielstock die beste Auflage, das 12 fache Glas bildet mit feinem Duplex den Bock deutlich und groß ab.
Der feine Zielpunkt sitzt fest hochblatt.

Also soll es sein, tief Einatmen, halb Ausatmen und im Schuß wischt es den Bock vom Felsen, deutlicher Kugelschlag hallt erst nach einem kurzen Moment herüber.

Lange beobachte ich die Umgebung des Felsens, alles ist gut einsehbar, nichts rührt sich. Der DJT winselt unruhig, die Kleine weiß, nun gibt es eine Suche auf Wild.

Schließlich packe ich meine Siebensachen zusammen, wir müssen einen Umweg von zwei Kilometern machen, um den Anschuß zu erreichen.
Ich bin mir des Sitzes der Kugel sicher, aber trotzdem bleibt die Spannung hoch.

Schließlich kämpfe ich mich schwer schnaubend und langsam in der Nähe des Anschusses den Steilhang hoch, aus dieser Warte sieht das Gelände ganz anders aus. Aber das Umfeld des markanten Felsens hatte ich mir gut eingeprägt. Der DJT dreht fast durch, Lea hat nun ihr Glöckchen umhängen, sie weiß, was das bedeutet.

Um hinter den Felsen zu gelangen, muß ich erst höher steigen, eine Barriere aus zackigen, steilen Felsblöcken verwehrt den direkte Zugang.

– AH, erleichtert mache ich von oben den im Schuß verendeten Bock 15 m tiefer auf einer kleinen Terrasse direkt hinter dem Felsen aus.
Aufgeregt nimmt Lea Besitz von „ihrem“ Wild, das Glöckchen bimmelt wie wild. Diesmal brauchten wir die akustische Lokalisation nicht, um Lea mit ihrer Beute im Ginsterdickicht zu finden.
Ja, die Zügel sind schon mit grauem Haar durchsetzt, er hat gut auf, schnell zähle ich die Altersringe und komme auf 12 Jahre; das war eine schöne Jagd als Abschluß dieser Gamsjagdsaison.

Anhang anzeigen 213910
Waidmannsheil zu Deinem Gamsbock- guter Bock- bißl Geißkrucken.
Interessant für mich die Farbe, ist das die normale Winterdecke in dieser Gegend ?Bei uns sind ältere Böcke im Winter schwarz, schwarz-braun.
 
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So geht Jagd.
Planen, Zeit nehmen und erbeuten.
Bin kein Fan der Berge, aber Deine Berichte werden mehrmals gelesen!
Top!!👍
 
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Kräftiges Waidmannsheil und besten Dank für den Bericht, man konnte direkt mitfiebern...
 

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