Ich habe nicht alle Seiten durchgearbeitet, aber was ich gelesen habe zeigt doch deutlich, dass das Thema sehr stark konfliktgeladen ist.
Mein Standpunkt dazu ist, dass ich die Beweggründe des Bundesgesundheitsministers sehr gut verstehen kann und die jetzt doch offensichtlich begonnene intensive öffentliche Diskussion des Themas durch den Vorstoss schon ein wichtiger Schritt ist, durch den sich mehr Menschen mit der Thematik befassen. Nichtsdestotrotz ist es schlicht nicht okay, ein Stillschweigen als Zustimmung zu werten. Solches Gebahren wird auch von Regierungsseite sonst abgelehnt, schon bei so recht belanglosen Dingen wie Nutzerdatenerfassung für Werbezwecke im Netz, und bei einem so sensiblen und persönlichen Thema wie der Frage, ob man seine Organe nach dem Tod spendet, soll das wieder okay sein?
Davon ab besteht nun mal, wenn auch gering, die Möglichkeit, dass Personen nicht widersprechen können, sei es, weil sie sich zum konkreten Zeitpunkt nicht in Deutschland aufhalten, die Post den Brief verschludert, sich die Menschen in Betreuung befinden usw. Ja, alles nicht zwingend wahrscheinlich, aber real möglich.
Und warum sollen die Nichtspender dann registriert werden und nicht die Spender?
Ja, es ist wichtig, dass die Zahl der Organspender steigt und ein kräftiger Anstieg der Spenderzahlen würde wahrscheinlich auch die korrupten Machenschaften um Transplantationsplätze eindämmen, weil die Not geringer wäre.
Aber als "Zwangsspende" kann das nicht der richtige Weg sein.
Ja, natürlich ist es kein Zwang, aber ich kann nicht umhin, dass ich bei "Du musst ja nicht spenden, du kannst ja widersprechen und dich als Nichtspender registrieren lassen!" immer an "Lass sie doch rein, es ist doch kein Problem, wenn Du nichts zu verbergen hast!" im Kontext von verdachtsunabhängigen Aufbewahrungskontrollen denken muss.
Da finde ich die Ansätze von Frau Baerbock schon besser, die Spendebereitschaft bei Amtsgängen abzufragen und auch Spendewillige zu registrieren.
(Und ich finde es fast schon erschreckend, dass ich zum zweiten Mal nach dem Brief der Landesumweltministerin von Sachsen-Anhalt, einer grünen Politikerin zustimme!)
Nein, wahrscheinlich braucht keiner von uns seine Organe nicht nach dem Tod, aber es sind und bleiben seine Organe und kein öffentliches Eigentum.
Das kann kein Argument sein, hier einen Druck auf andere auszuüben. Hier würde sich jeder wehren, wenn ein Fremder ihm sagt, er brauchte doch soviele Waffen nicht und könnte die meisten abgeben.
Ich habe selbst schon Stammzellen gespendet und es war für mich selbstverständlich, ja zu sagen, als damals der Anruf kam, dass ich als Spender in Frage komme und ob ich immer noch spenden wollte. Aber ich habe mich auch vorher freiwillig und bewusst dafür entschieden und es ist nicht pauschal von Zustimmung ausgegangen worden, weil ich vergessen habe Nein zu sagen.
Ich kann gut verstehen, wenn jemand aus Protest jetzt widerspricht.
Gruß,
Blechhase