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Mischen wir mal wieder ein paar Fakten unter das Getöse
1. Was ist passiert?
Der ÖJV Niedersachsen/Bremen hat eine Prüfungsordung für die jagdliche Brauchbarkeitsprüfung (zunächst für den Fachbereiche Stöbern und Nachsuche) beim Niedersächsischen Landwirtschaftsministerium eingereicht. Diese wurde nun genehmigt. Inhaltlich entspricht sie fast vollständig der Prüfungsordung der Landesjägerschaft, mit diesen Ausnahmen:
- es gibt keine Rasse- / Herkunfts- / sonstwas- begründeten Einschränkungen. Für das Bestehen der Prüfung ist allein die tatsächlich nachgewiesene Brauchbarkeit relevant.
- bereits in ggf. vorher abgelegten / teilgenommenen Prüfungen nachgewiesene Schussfestigkeit / Grundgehorsam muss nicht erneut abgelegt werden, sondern wird angerechnet.
Der ÖJV Niedersachsen / Bremen hat außerdem eine Prüfer- / Richterordung erstellt und diese dem ML zur Einsicht vorgelegt. Diese weicht logischerweise deutlich von der Richterordung des JGHV ab. Die Richterordung des JGHV ist ausgerichtet auf Verbandsrichter, die die sehr differenzierten Anforderungen der JGVen / HZPen / VGPen bewerten müssen. Für die Durchführung einer Brauchbarkeitprüfung sind die Anforderungen der Richterordung des JGHV geradezu lächerlich überdimensioniert und wurden deshalb entsprechend angepasst.
2. Warum ist das passiert?
Die Jagdgesetze fordern üblicherweise die Verfügbarkeit von brauchbaren Jagdhunden während der Jagdausübung. Diese "Brauchbarkeit" wird im Regelfall durch eine Prüfung nachgewiesen. In Niedersachsen hat nun der Gesetzgeber die Durchführung der Brauchbarkeitsprüfungen an die Landesjägerschaft delegiert... es sind dann Ausführungsbestimmungen "entstanden", die wiederum auf die Brauchbarkeitsrichtlinien der LJN verweisen und in diesen wird als Bedingung für die Teilnahme an einer Brauchbarkeitsprüfung die Zugehörigkeit zu einer vom JGHV anerkannten Rasse ODER ein entsprechender Phänotyp verlangt.
Das muss man sich nun mal genauer überlegen.. auf einen anderen Bereich übertragen: der Gesetzgeber überträgt die Verantwortung für die Hauptuntersuchung unserer Autos (vulgo TÜV) auf sagen wir den "Interessenverband Automobil" und dieser legt dann eineRasseliste Typenliste fest, nach der nur Autos der Hersteller VW, BMW, Mercedes überhaupt geprüft werden können. Klingt befremdlich? Ist es. Aber eben auch die aktuelle Realität im Jagdhundewesen.
Trotzdem ging das viele Jahre gut. Die relativ wenigen "Ausnahmen" wurden "geregelt"... der Heideterrier war dann halt ein Jagdterriermischling.... Eigentlich waren alle zufrieden. Bis dann finanzielle Befürchtungen diverser Großzüchter den JGHV zwangen, seine grundlegende Politik zu ändern. Soweit ich das verstanden habe, waren hier vor allem einige DD-Züchter beteiligt, die sicherstellen wollten, dass ihre Saujager-DD zukünftig die Einzigen sind, die die Frischlinge zerreissen und nicht von irgendwelchen rasseunreinen Heideterriern oder anderem Gesocks gestört werden dabei.
Jedenfalls hat dann der JGHV unter mannhafter Anführung von Herrn Walch das "Lex Heideterrier" erlassen. Dieses hatte zwei Folgen:
1) Es wurden Verbandsrichter aussortiert, die "falsche" Hunde führen und es wurde einer sehr üblen Denunziations- und Blockwarthaltung Tür und Tor geöffnet.
2) Bei den Brauchbarkeitsprüfungen der Jägerschaften wurden durch die JGHV-Verbandsrichter alle nicht rassereinen Hunde zunehmend abgewiesen.
Nun kochte halt die Suppe aus zwei Richtungen hoch und dann über:
1) Abgewiesene Hundeführer sind angepisst.
2) Aussortierte Verbandsrichter sind angepisst.
(Soweit: gute Arbeit JGHV / Walch... immer den Leute feste auf die Nase boxen...und darauf bestehen, dass "wo gehobelt wird, eben auch Späne fliegen")
3. Die Rechtslage
Dumm ist, wenn die beteiligten Juristen bei LJN / JGHV nicht ganz auf der Höhe sind und die Konsequenzen nicht sehen. Es passiert nun also dies:
- die angepissten Hundeführer klagen
- die angepissten (nun ehemaligen) Verbandsrichter verbünden sich u.a. mit dem ÖJV und schaffen Alternativen
Es gibt diverse Urteile unter anderem aus Thüringen und Bayern, die schon ankündigen, was das Verwaltungsgericht Hannover nun sehr verdichtet hat. Ein Hundeführer hatte hier geklagt, weil er und sein Rodesian Ridgeback trotz wirklich aller erfüllter Vorbedingungen und durchlaufenden Prüfungen von der Unteren Jagdbehörde nicht als Schweisshundgespann anerkannt wurde.
Das daraufhin ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover zu lesen lohnt sich wirklich. Ich zitiere hier nur die wesentlichen Passagen, das komplette Urteil befindet sich im Anhang.
"Das NJagdG als solches räumt der Landesjägerschaft und dem JGHV keine Rechte ein, die im Zusammenhang mit einer Bestätigung nach §28 NJagdG stehen, ein."
"Die AB-NJagdG sind auch in materieller Hinsicht nicht geeignet, das Grundrecht aus Art 2. Abs. 1 GG einzuschränken."
"Diesbezüglich ergeben sich für das Gericht Zweifel, denn es ist nicht erkennbar, warum bestimmte Rassen, die nicht im Nr. 28.1 AB-NJagdG genannt und nicht vom JGHV anerkannt sind, von einer Bestätigung als Schweißhund nach § 28 Abs. 1 NJagdG ausgeschlossen werden sollten. [...] Daher ist es nur konsequent, die Eignung eines Schweißhundes nur anhand seiner Leistung zu bemessen."
"Die Anerkennung nur bestimmter Rassen durch den JGHV legt den Verdacht nahe, dass die Zuchtvereine und deren finanzielle Interessen geschützt werden sollen."
"Die AB-NJagdG sind weder in formeller (1) noch in materieller (2) Hinsicht mit dem Grundgesetz vereinbar"
Vor allem den letzten Satz muss man sich nun in allen Konsequenzen auf der Zunge zergehen lassen.
4. Konsequenzen
Die bisherige Praxis der Brauchbarkeitsprüfungen in Niedersachsen ist grundgesetzwidrig.
Das ML MUSS eine Neufassung der Ausführungsbestimmungen zum Niedersächsischem Jagdgesetz vorlegen.
In diesen wird kein Verweis auf irgendwelche Brauchbarkeitsrichtlinien mehr enthalten sein können, die Rasseliste o.Ä. definieren.
Das bisherige Monopol des JGHV und der Landesjägerschaft zur Definition "brauchbarer" Hunde ist für Niedersachsen Geschichte.
5. Hätte das so passieren müssen?
Nein.
Der JGHV hat diese Eskalation ausgelöst und Herr Walch ist wahrscheinlich der Sargnagel für den JGHV als maßgebliche Institution im Jagdhundewesen, Aus seinen gehobelten Spänen ensteht Feuer und der Flächenbrand wird zum Glück kaum noch aufzuhalten sein.
1. Was ist passiert?
Der ÖJV Niedersachsen/Bremen hat eine Prüfungsordung für die jagdliche Brauchbarkeitsprüfung (zunächst für den Fachbereiche Stöbern und Nachsuche) beim Niedersächsischen Landwirtschaftsministerium eingereicht. Diese wurde nun genehmigt. Inhaltlich entspricht sie fast vollständig der Prüfungsordung der Landesjägerschaft, mit diesen Ausnahmen:
- es gibt keine Rasse- / Herkunfts- / sonstwas- begründeten Einschränkungen. Für das Bestehen der Prüfung ist allein die tatsächlich nachgewiesene Brauchbarkeit relevant.
- bereits in ggf. vorher abgelegten / teilgenommenen Prüfungen nachgewiesene Schussfestigkeit / Grundgehorsam muss nicht erneut abgelegt werden, sondern wird angerechnet.
Der ÖJV Niedersachsen / Bremen hat außerdem eine Prüfer- / Richterordung erstellt und diese dem ML zur Einsicht vorgelegt. Diese weicht logischerweise deutlich von der Richterordung des JGHV ab. Die Richterordung des JGHV ist ausgerichtet auf Verbandsrichter, die die sehr differenzierten Anforderungen der JGVen / HZPen / VGPen bewerten müssen. Für die Durchführung einer Brauchbarkeitprüfung sind die Anforderungen der Richterordung des JGHV geradezu lächerlich überdimensioniert und wurden deshalb entsprechend angepasst.
2. Warum ist das passiert?
Die Jagdgesetze fordern üblicherweise die Verfügbarkeit von brauchbaren Jagdhunden während der Jagdausübung. Diese "Brauchbarkeit" wird im Regelfall durch eine Prüfung nachgewiesen. In Niedersachsen hat nun der Gesetzgeber die Durchführung der Brauchbarkeitsprüfungen an die Landesjägerschaft delegiert... es sind dann Ausführungsbestimmungen "entstanden", die wiederum auf die Brauchbarkeitsrichtlinien der LJN verweisen und in diesen wird als Bedingung für die Teilnahme an einer Brauchbarkeitsprüfung die Zugehörigkeit zu einer vom JGHV anerkannten Rasse ODER ein entsprechender Phänotyp verlangt.
Das muss man sich nun mal genauer überlegen.. auf einen anderen Bereich übertragen: der Gesetzgeber überträgt die Verantwortung für die Hauptuntersuchung unserer Autos (vulgo TÜV) auf sagen wir den "Interessenverband Automobil" und dieser legt dann eine
Trotzdem ging das viele Jahre gut. Die relativ wenigen "Ausnahmen" wurden "geregelt"... der Heideterrier war dann halt ein Jagdterriermischling.... Eigentlich waren alle zufrieden. Bis dann finanzielle Befürchtungen diverser Großzüchter den JGHV zwangen, seine grundlegende Politik zu ändern. Soweit ich das verstanden habe, waren hier vor allem einige DD-Züchter beteiligt, die sicherstellen wollten, dass ihre Saujager-DD zukünftig die Einzigen sind, die die Frischlinge zerreissen und nicht von irgendwelchen rasseunreinen Heideterriern oder anderem Gesocks gestört werden dabei.
Jedenfalls hat dann der JGHV unter mannhafter Anführung von Herrn Walch das "Lex Heideterrier" erlassen. Dieses hatte zwei Folgen:
1) Es wurden Verbandsrichter aussortiert, die "falsche" Hunde führen und es wurde einer sehr üblen Denunziations- und Blockwarthaltung Tür und Tor geöffnet.
2) Bei den Brauchbarkeitsprüfungen der Jägerschaften wurden durch die JGHV-Verbandsrichter alle nicht rassereinen Hunde zunehmend abgewiesen.
Nun kochte halt die Suppe aus zwei Richtungen hoch und dann über:
1) Abgewiesene Hundeführer sind angepisst.
2) Aussortierte Verbandsrichter sind angepisst.
(Soweit: gute Arbeit JGHV / Walch... immer den Leute feste auf die Nase boxen...und darauf bestehen, dass "wo gehobelt wird, eben auch Späne fliegen")
3. Die Rechtslage
Dumm ist, wenn die beteiligten Juristen bei LJN / JGHV nicht ganz auf der Höhe sind und die Konsequenzen nicht sehen. Es passiert nun also dies:
- die angepissten Hundeführer klagen
- die angepissten (nun ehemaligen) Verbandsrichter verbünden sich u.a. mit dem ÖJV und schaffen Alternativen
Es gibt diverse Urteile unter anderem aus Thüringen und Bayern, die schon ankündigen, was das Verwaltungsgericht Hannover nun sehr verdichtet hat. Ein Hundeführer hatte hier geklagt, weil er und sein Rodesian Ridgeback trotz wirklich aller erfüllter Vorbedingungen und durchlaufenden Prüfungen von der Unteren Jagdbehörde nicht als Schweisshundgespann anerkannt wurde.
Das daraufhin ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover zu lesen lohnt sich wirklich. Ich zitiere hier nur die wesentlichen Passagen, das komplette Urteil befindet sich im Anhang.
"Das NJagdG als solches räumt der Landesjägerschaft und dem JGHV keine Rechte ein, die im Zusammenhang mit einer Bestätigung nach §28 NJagdG stehen, ein."
"Die AB-NJagdG sind auch in materieller Hinsicht nicht geeignet, das Grundrecht aus Art 2. Abs. 1 GG einzuschränken."
"Diesbezüglich ergeben sich für das Gericht Zweifel, denn es ist nicht erkennbar, warum bestimmte Rassen, die nicht im Nr. 28.1 AB-NJagdG genannt und nicht vom JGHV anerkannt sind, von einer Bestätigung als Schweißhund nach § 28 Abs. 1 NJagdG ausgeschlossen werden sollten. [...] Daher ist es nur konsequent, die Eignung eines Schweißhundes nur anhand seiner Leistung zu bemessen."
"Die Anerkennung nur bestimmter Rassen durch den JGHV legt den Verdacht nahe, dass die Zuchtvereine und deren finanzielle Interessen geschützt werden sollen."
"Die AB-NJagdG sind weder in formeller (1) noch in materieller (2) Hinsicht mit dem Grundgesetz vereinbar"
Vor allem den letzten Satz muss man sich nun in allen Konsequenzen auf der Zunge zergehen lassen.
4. Konsequenzen
Die bisherige Praxis der Brauchbarkeitsprüfungen in Niedersachsen ist grundgesetzwidrig.
Das ML MUSS eine Neufassung der Ausführungsbestimmungen zum Niedersächsischem Jagdgesetz vorlegen.
In diesen wird kein Verweis auf irgendwelche Brauchbarkeitsrichtlinien mehr enthalten sein können, die Rasseliste o.Ä. definieren.
Das bisherige Monopol des JGHV und der Landesjägerschaft zur Definition "brauchbarer" Hunde ist für Niedersachsen Geschichte.
5. Hätte das so passieren müssen?
Nein.
Der JGHV hat diese Eskalation ausgelöst und Herr Walch ist wahrscheinlich der Sargnagel für den JGHV als maßgebliche Institution im Jagdhundewesen, Aus seinen gehobelten Spänen ensteht Feuer und der Flächenbrand wird zum Glück kaum noch aufzuhalten sein.
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