Interessanter Artikel von Paul Krugman

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Paul Krugman ist ein US-amerikanischer Professor für Volkswirtschaftslehre an der Princeton University, Centenary Professor an der London School of Economics, Sachbuchautor und Träger des Wirtschaftsnobelpreises 2008. Er ist Begründer der Neuen Ökonomischen Geographie. In den Vereinigten Staaten ist er besonders durch seine wöchentlichen Kolumnen in der New York Times über Fachkreise hinaus bekannt geworden.

Und in der NYTimes habe ich nachfolgenden Artikel gelesen. Warum stelle ich den hier ein? Weil ich denke, das es wichtig ist, dass wir uns vor Augen führen, wie der Rest der Welt die Euro Krise und Deutschland in diem Zusammenhang sieht und Krugman ein Volkswirtschaftiches Schwergewicht ist.

Die Übersetzung ist frei von mir. Der Originalartikel ist verlinkt:

http://www.nytimes.com/2012/02/27/opinion/krugman-what-ails-europe.html?_r=1&emc=eta1

Lissabon. Die Dinge sind furchtbar hier, die Arbeitslosigkeit liegt bei über 13 Prozent. Die Lage ist noch schlimmer in Griechenland, Irland, und wohl auch in Spanien und Europa als Ganzes scheint wieder in eine Rezession abzugleiten.

Warum ist Europa der kranke Mann der Weltwirtschaft geworden? Jeder kennt die Antwort. Leider ist das meiste, was Menschen wissen, nicht wahr - und falsche Geschichten über europäische Leiden sind beeinträchtigen unsere ökonomischen Diskussionen.

Lesen Sie einen Beitrag über Europa - oder nur allzu oft, eine angeblich sachliche Reportage - und Sie werden wahrscheinlich einer von zwei Geschichten begegnen, die ich als die republikanische Erzählung und die deutsche Erzählung bezeichne. Weder die eine noch die andere Story passt zu den Fakten.

Die republikanische Geschichte - eine der zentralen Themen der Mitt Romney-Kampagne - ist, dass Europa in Schwierigkeiten ist, weil es zu viel getan hat, um den Armen zu helfen, und das wir den Todeskampf des Wohlfahrtsstaates beobachten. Diese Geschichte ist, nebenbei bemerkt, ein mehrjähriger Favorit der Rechten zurückgehend bis 1991, als Schweden in einer Bankenkrise wegen Deregulierung war (Hört sich bekannt an?). Damals veröffentlichte das Cato Institute einen triumphierenden Bericht darüber, wie dies als das Scheitern des gesamten Wohlfahrtsstaates Modell erwies.

Habe ich erwähnt, dass Schweden, das immer noch einen sehr großzügigen Wohlfahrtsstaates hat, derzeit ist ein Star Performer, mit einem Wirtschaftswachstum das größer als die jeder anderen wohlhabend Nation, ist?

Aber lassen Sie uns dies systematisch betrachten. Schauen Sie sich die 15 europäischen Länder derzeit mit dem Euro (Malta und Zypern außen vor lassend), und ordnen Sie sie nach dem Prozentsatz des BIP der auf soziale Programme vor der Krise ausgegeben wurde. Hatten die GIPSI Nationen (Griechenland, Irland, Portugal, Spanien, Italien) einen ungewöhnlich großen Wohlfahrtsstaat? Nein, das hatten sie nicht, nur Italien war in den Top Fünf, und deren Wohlfahrtsstaat war kleiner als Deutschlands.

Also sind übermäßig große Wohlfahrtsstaaten nicht die Ursache der Probleme.

Als nächstes, die deutsche Geschichte. Die dreht sich um finanzpolitische Verantwortungslosigkeit. Diese Geschichte scheint Griechenland zu passen, aber sonst niemand. Italien hatte schon Defizite in den Jahren vor der Krise, aber die waren nur geringfügig größer als in Deutschland (Italiens Schulden sind ein Erbe von vor Jahren). Portugals Defizite waren deutlich kleiner, während Spanien und Irland tatsächlich Überschüsse hatten.

Ach ja, und Länder, die nicht den Euro haben, scheinen in der Lage zu sein, große Defizite und hohe Schulden zu haben ohne Krisen. Großbritannien und die Vereinigten Staaten können langfristige Kredite zu Zinssätzen von rund 2 Prozent leihen; Japan, das viel tiefer verschuldet ist als jedes andere Land in Europa, inklusive Griechenland, zahlt nur 1 Prozent.

Mit anderen Worten, die Hellenisierung unseres wirtschaftlichen Diskurses, in dem wir sind alle nur ein oder zwei Jahre davon entfernt sind eine zweites Griechenland zu werden, ist völlig daneben.

Was quält Europa den nun? Die Wahrheit ist, dass die Geschichte vor allem eine monetäre ist. Durch die Einführung einer einheitlichen Währung, ohne die notwendigen Institutionen, hat Europa praktisch die Defekte des Gold Standards wieder eingeführt, selbiger zur großen Depression führte.

Genauer gesagt, förderte die Schaffung des Euro ein falsches Gefühl der Sicherheit bei privaten Anlegern, die riesige, nicht nachhaltige Kapitalströme in Länder in Europas Peripherie fließen ließ. Als eine Folge dieser Zuflüsse, steigen Kosten und Preise, Produktion verlor Ihre Wettbewerbsfähigkeit und Nationen, die eine etwa ausgeglichene Handelbilanz im Jahr 1999 hatten rannten nun große Handelsdefizite. Dann hörte die Musik auf.

Hätten die peripheren Nationen noch ihre eigenen Währungen, könnten sie durch Abwertung eine rasche Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit herbeiführen. Aber das machen Sie nicht, was zu einem langen Zeitraum von Massenarbeitslosigkeit und Deflation führen wird. Ihre Schuldenkrise sind hauptsächlich ein Nebenprodukt dieser traurigen Aussichten, denn depressive Volkswirtschaften führen zu Haushaltsdefiziten und Deflation vergrößert die Schuldenlast.

Nun, das Verständnis der Natur der europäischen Probleme bietet nur begrenzte Vorteile für die Europäer selbst. Die betroffenen Länder im Besonderen, haben nur schlechte Möglichkeiten: Entweder sie leiden unter den Schmerzen der Deflation oder sie nehmen den drastischen Schritt der Austritt aus der Eurozone, was nicht politisch durchsetzbar ist, es ei den alle Stricke reißen (ein Punkt, dem Griechenland sich zu nähern scheint). Deutschland könnte durch eine Abkehr von ihrer eigenen Sparpolitik und die Annahme einer höheren Inflation helfen, wird es aber nicht.

Für den Rest von uns aber macht es einen riesigen Unterschied Europa wieder in Ordnung zu bekommen, denn wenn falsche Geschichten über Europa verwendet werden um Richtlinien durchzudrücken, die grausam und zerstörerisch, oder beides sind. Das nächste Mal, wenn Sie Leute unter Berufung auf Europa sagen hören, dass wir unser soziales Netz zerstören sollten oder Ausgaben zu kürzen im Angesicht einer zutiefst angeschlagenen Wirtschaft, dann sollten sie wissen: Die haben keine Ahnung, was sie reden.
 

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