Jagd braucht Traditionsbewusstsein

Registriert
27 Nov 2016
Beiträge
16.943
Als Jugendlicher JJ war ich einmal Jagdkönig und ne Woche später Schuldiger beim Jagdgericht. Da ging eine Vierteljahr Taschengeld drauf. Die einzige Tradition bestand darin, abnehmend gepflegt einen wegzuzwittschern und jemand zu finden, der dafür zahlt.

Siehst Du, so etwas wurde hier vollkommen anders gelöst. Hier wurde ein Schüler/Student/Soldat/AZUBI höchstens Jagdkönig, wenn im kleinen Kreis gejagt wurde, aber selbst dann war eine Runde mit max. 20,-DM bezahlt. Auf den großen Jagden wurden immer Leute Jagdkönig, denen es auch nicht weh tat, da wurde dann auch schon mal ein Eichelhäher, wegen der Schäden die er anrichtet, mit 3 Hasen eines JJ verrechnet. Oder der lange Sporn eines Hahns, den ein Unternehmer geschossen hat, wog 3 Kaninchen auf usw.
Hier wurde kein JJ vorgeführt.
 
Registriert
24 Mai 2019
Beiträge
15.185
Nur zur Krähenjagd und da braucht man es auch.

Ich will es auch nicht vertiefen - aber genauso ist es !
Man schießt in Deutschland nicht ein Stück Nieder- oder Hochwild mehr, wenn man die superduper Vieltaschen-Membran-Camo-Geruchstarn-Jacke neuesten Musters und dazu passende Hose trägt.

Zu diesem Urteil darf ich nach 40 Jahren intensiver Waldläuferei schon kommen.

Ich bin als Jäger von meinen Vorfahren her geprägt auf zweckmäßige Jagd-Kleidung in gedeckten Farbtönen grün und braun - dazu stehe ich, es gefällt mir und ich lebe das so.
 
Zuletzt bearbeitet:

z/7

Registriert
10 Jul 2011
Beiträge
20.452
Ist das so? Vollcamo, Tactical Sniperoutfit zur Ansitzjagd wirkt auf mich lächerlich bis verstörend.
Aber jeder wie er will. Dieses Thema gabs schon zur Genüge.
Nu, es wird damals auch welche gegeben haben, die es übertrieben und mit dem Kragen aus dem Kontor steifnackig über den Acker stolzierten. So what?
 

steve

Moderator
Registriert
9 Jan 2001
Beiträge
11.548
Gut, dieses „Kein Stück Wild mehr oder weniger“-Argument funktioniert rechts wie linksrum. Stören tut der Kampfanzug beim Ansitz - so er nicht zu laut ist - ja auch nicht. Man braucht aber in full camo mit entsprechender Waffe und anderem Equipment nicht so zu tun, als jage man in der Tradition seiner Vorväter und wahre deren kulturelles Erbe indem man den rechtstrinkenden Wicht zu einer Runde verdonnert. Das ist dann fehlgeleitetes Bewusstsein.
 
Zuletzt bearbeitet:
M

Mannlicher764

Guest
Moin,
Bei unserer ersten dorfjagd mit neuen pächtern gab es abends auch ein jagdgericht. Es ging darum die Treiber etwas freizuhalten. Jedenfalls führte das dazu, das im Jahr drauf, alle sich so benommen haben, das ich für mich beschlossen habe es krachen zu lassen für das jagdgericht. Auf diese buddel köm und ne Runde Bier kam es mir nicht an. Am Ende wurde das extra verstoßen auch noch bestraft. Nächstes mal sollen sie sehen wer die Zeche zahlt...

Bei einer anderen jagd letztes Jahr, bin ich von mehreren schützen gelobt worden, wegen meines tollen schusses auf einen Hasen. Das war auch wirklich klasse. Leider habe ich nicht mitbekommen das es im Kessel war... Naja, hast ja keinen gefährdet und dad war so klasse das wird nicht teuer...
Mein Gesichtsausdruck war wohl legendär...
Nach Eingeständnis irgendwie 2 lange Getränke und gut.
 
Registriert
1 Jan 2019
Beiträge
1.410
Meiner Meinung haben Jagdgerichte so wenig mit Tradition zu tun, wie die Frage ob man mit links oder rechts trinkt.

Natürlich nicht, aber es ist eine Form der Geselligkeit, die unterhaltsam oder auch langweilig sein kann und die man bei Weitem nicht überall kannte. Im Gegensatz zum Trinken. Das hatte fast überall "Tradition" und förderte die Geselligkeit, wurscht ob mit links oder rechts.
 
Registriert
15 Okt 2017
Beiträge
5.621
Ich schieb hier mal wieder ein wenig nach.

Ich beschäftige mich in meiner Freizeit ganz gerne mit Folklore, Brauchtum, etc. - mag auch in gewisser Weise ursächlich für den Faden hier gewesen sein...

Auf jeden Fall bin ich unlängst über ein Buch zu den Rauhnächten gestoßen:

https://www.amazon.de/Von-Sonnwend-...613685852&sprefix=valentin+kir,aps,206&sr=8-1

Der Autor geht dabei auf den Jahreslauf ein und wie dieser christlich und heidnisch geprägt ist. Interessant dabei war für mich in der Analyse, wenn man so will, dass hier unter anderem auch die Sicht des kindlichen Autors auf den ritualisierten Jahreslauf bei der Oma abgebildet ist.
Er bringt ganz gut auf den Punkt, was Rituale und Traditionen leisten - sie geben dem Leben Struktur und Halt und sorgen ganz speziell bei Kindern dafür, dass - und das finde ich besonders wichtig und etwas das in unserer Zeit generell zu kurz kommt - die Magie zumindest noch ein wenig in der Welt bleibt.
Auf die Jagd übertragen leisten die Traditionen und Rituale genau das Gleiche.
Hubertusmesse, Hörnerklang, letzter Bissen, bis hin zur Beerdigung von Waidkameraden - sie geben Struktur, Halt und sorgen - vielleicht am wichtigsten von allen - für Gemeinschaft.
Insofern kann man sagen, dass jede Tradition, die dafür sorgt, dass Leute zusammenkommen, gar nicht hohl oder nutzlos sein kann.
 
Registriert
15 Okt 2017
Beiträge
5.621
Moin @Auerochse,

und vergess er mir die Märchen nicht - ich mag die Märchenerzählungen meiner Oma und auch meiner Mutter nicht missen (mit all den furchterregenden Vorstellungen und Bildern im Kopf).

munter bleiben!!

hobo

Genau. Aber die original Grimm'schen... nicht der modernisierte Quatsch, wo die Hexe in den Wald gejagt wird, statt in den Ofen gesteckt...
 
Registriert
14 Feb 2006
Beiträge
15.198
In Tschechien gibt es feste Regeln zu Beginn und am Ende der Jagd. Darüber wird nicht diskutiert. Jagd ist dort nationales Kulturgut. Von diesen Regeln wird keinen Zentimeter abgewichen. Egal auf welcher Jagd. Die ganzen Diskussionen hier gäbe es dort nicht. Das sind in Stein gemeiselte Bräuche wie z.B.
Begrüßung auf Aufstellung um den mit Nadelholzzweigen umrandeteten Streckenplatz. Jagdleiter, Jagdaufseher, Pächter auf der einen Seite, zur Rechten die Schützen, zur Linken die Hundeführer und Treiber. Die Schützen stehen in zwei Reihen die dann die Zugehörigkeit zum Ansteller ergeben.
Die Umrandung der Strecke mit Nadelholzzweigen darf nicht überschrittten werdern, es wird ein Eingang geschaffen der dann wieder geschlossen wird.
Strecke legen wie bei uns, wenn auf Niederwildjagden Sauen vorkommen, liegen diese am Ende der Strecke
Zur Bruchverleihung stellt sich jeder Erleger an sein Stück. Wird bei einer Gesellschaftsjagd ein Stück Wild erlegt, welches nicht frei war kommt es nicht auf die Strecke und es gibt auch keinen Bruch.

Nie würde ein tschechischer Jäger da etwas hinterfragen oder ändern wollen oder darüber diskutieren wer denn das jetzt vor x Jahren so erfunden hat. Niemand redet da drüber. Das gefällt mir gut dort. Ich habe viel gefunden was bei uns in der geistigen und Wohlstandsverwahrlosung unter gegangen ist. Da ist kein Platz zum Missionieren. Du darfst im Ausland Dich nur nicht in die Schublade "typisch deutsch" stecken lassen. Wenn ich mein Wild anders versorge, dann lässt man mir diese Freiheit, schaut mir manchmal über die Schulter. Die einen denken irgendwas, die anderen machen es auch mal nach.

Es ist eine andere Jagd. Es gibt auch Schießer die nur auf Gesellschaftsjagen gehen genau wie bei uns. Neureiche Prager die "die Sau rauslassen". Lovec einfach. Davon abgehoben versteht sich der "Myslivec" übersetzt mit "denkener Jäger". Wir gehen auch am Heiligenabend ins Revier und bringen Futter aus, egal ob Schnee liegt oder nicht.

Ich habe mich dort nicht "eingekauft". Irgendwann sagte man mir: "Wir haben uns in der Jagdgesellschaft über Dich unterhalten und sind zum dem Schluss gekommen: Du würdest gut zu uns passen. Magst mitgehen? Unentgeltlich!" Wenn man lange genug auf die Jagd geht gibt es Urkunden und Anstecknadeln für alles mögliche. Hab einen ganzen Ordner und ne kleine Kiste voll davon. Ich trage sie nicht. Es gibt Dinge die kann man nicht mit Händen greifen und bildlich vor sich hertragen.
 

Online-Statistiken

Zurzeit aktive Mitglieder
26
Zurzeit aktive Gäste
535
Besucher gesamt
561
Oben