Jagd & Technik - Löns hat es immer schon gewusst

steve

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Beim lesen dieses Postings:

Jeder kennt das Taubenkarussell oder den Krähenmagneten

Bei den Schweden gibt es auch das Rehkarussell :D


Ab. 1:16min
https://www.youtube.com/watch?v=ltDBWj9D2gs

erinnerte ich mich an eine Treibjagd an der ich als ~12jähriger Pimpf teilgenommen habe. Abends hat der Jagdherr zur Unterhaltung seiner Gäste ein Kapitel aus Kraut und Lot von Hermann Löns vorgelesen. Dies hat mich damals so beeindruckend, dass ich mich heute, mehr als zwei Jahrzehnte danach spontan daran erinnert habe. Aus dem Anlass zitiere ich den alten Löns und letztlich den längst verblichenen Jagdherren. Ich hoffe es gefällt auch hier dem ein oder anderen. Nicht zuletzt steckt auch viel Wahrheit an diesem über 100 Jahre alten Text.

[h=3]Der Überjäger[/h]Die schöne alte Stadt Münster in Westfalen besitzt einen schönen Zoologischen Garten, eine Schöpfung des verstorbenen Naturforschers Hermann Landois, und in der Wirtschaft des Gartens hält die zoologische Abendgesellschaft, gleichfalls eine Gründung Landois', ihre Sitzungen ab, bei denen der Tischälteste eine große Glocke schwingt, auf der zu lesen steht: »Im neunzehnten Jahrhundert hat mancher sich gewundert.«

Liest man das, so denkt man »Sie haben ja so recht!« Denn was hat uns das neunzehnte Jahrhundert nicht alles gebracht: das Lied vom kleinen Kohn, Maximilian Harden, die Frauenbewegungsbewegung, den amerikanischen Stachelbeermehltau, Marie Madeleine, die Krebspest, Dörings Seife mit der Eule, Hippolit Mehles, Wachsrings Hühneraugenpflaster in der Uhr, den Schäfer Äst, den Simplizissimus, den Tolstoirummel und ähnliche welterschütternde Etceterapepes.

Heute aber können wir singen: »Im zwanzigsten Jahrhundert man sich noch viel mehr wundert«, denn eine Errungenschaft, so sagt man ja wohl, jagt die andere. Auch in jagdlicher Beziehung, auf das Repetiergewehr folgte die automatische Flinte, auf den mechanischen Uhu das künstliche Schmalreh, und so eröffnen sich dem denkenden Leser die schönsten Perspektiven auf eine vielleicht schon baldige Zukunft, in der der Jäger dem Wilde mit allen Hilfsmitteln der modernen Technik auf den Balg, die Decke, die Haut oder die Schwarte rücken wird, in der aus dem Jäger ein Überjäger, wenn nicht gar ein Überüberjäger wird, der auf den Weidmann von heute hinabblickt, wie dieser auf den Mann von Anno dunnemals, der mit Pfeil und Bogen durch Gebirg und Tal früh im Morgenstrahl dahinzog.

Übrigens hat der Jäger von heute dazu gar keine Ursache. Man setzte ihn, nur mit einer Schwimmhose bekleidet, irgendwo aus, wo es weder Telephon noch Straßenbahn, ja noch nicht einmal eine Stehbierhalle und einen Briefkasten gibt, und sage ihm: »So, mein Lieber; nun jagen Sie, so weit der Himmel blau und die Heide braun ist. Es ist nicht so wie bei armen Leuten; es ist ja alles da, Hoch- und Niederwild, Feuersteine und was Sie sonst noch brauchen.« Er wird vollkommen aufgeschmissen sein und würde seinem Schöpfer danken, besäße er den leider verloren gegangenen »Kleinen Leitfaden zur Herstellung von Waffen und Handwerkzeug aus Flintstein«, herausgegeben von Wrodo Krwosohn im Jahre Zwölftausend vor unserer Zeitrechnung, in demselben Jahre, als im Spreewald die große Mammutpest herrschte. Mit aller unserer Technik bringen wir es nicht mehr fertig, aus dem spröden Flintsteine eine einzige lumpige Pfeilspitze einfachster Art zustande zu bringen, und wenn wir in die Museen gehen und uns die nadelscharfen, ganz gleichmäßig gearbeiteten, mit Widerhaken versehenen Pfeil- und Lanzenspitzen aus Feuerstein, oder die Sägen aus demselben Gestein ansehen, an denen ein Zahn wie der andere ist, und die in der jüngeren Steinzeit von Leuten angefertigt wurden, gegen die der Buschmann von heute ein hochgebildeter Mensch ist, dann machen wir doch ein etwas langes Gesicht und bilden uns nicht mehr so schrecklich viel auf unsere Technik ein, denn es knickt uns doch ein wenig, daß die Kunst der Feuersteinverwertung so restlos von uns vergessen ist, daß wir also bei unserem Fortschritte einen ganz gewaltigen Rückschritt gemacht haben.

Aber trotz alledem: im neunzehnten Jahrhundert hat mancher sich gewundert! Was würde wohl ein Steinzeitmensch sagen, und wenn er auch imstande war, einen Elche auf zweihundert Gänge den Pfeil bis auf den halben Schaft hinter das Blatt zu jagen, bekäme er ein Zentralfeuergewehr zu sehen und zu hören, oder sogar eine Browning, aus der man in sechs Minuten sechs Hühner mit Schrot bespritzen kann! Oder eine jener üblen Entenmitrailleusen, mit denen man an Hollands Küsten ganze Entenschwärme auf einmal erschlägt, und das Zielfernrohr und die pneumatische Blatte, und den tragbaren Hochsitz, und den mechanischen Uhu, den Hühnerdrachen, die künstliche Lockente, und alle die anderen neuen schönen mechanischen Spielsachen für Jäger, von denen der Anzeigenteil der Jagdpresse singt und sagt? Wissen Sie, was er sagen würde: »Das ist mir viel zu umständlich, Herrschaften! Ich schieße ebensoviel und mehr mit meinem Flitzebogen und hole mir mit dem Wurfholz genau soviel Federvieh aus der Luft, wie ihr mit euern Donnerbüchsen!« Der Mann ist eben ein blutiger Reaktionär, und mit solchen Leuten ist nicht zu reden; sie haben kein Verständnis für den wahren, den echten, den großen Fortschritt und sehen nicht ein, daß es rückständig ist, wenn des Mannes Auge und Muskelkraft den Hirsch auf die Decke legt, anstatt daß dieses das Fadenkreuz, die Stellschraube und der Zielstock besorgt. Denn ein moderner Mensch will sich bei der Jagd nicht anstrengen, er will seinem Deltoides keine Arbeit zumuten, die er nicht gerne leistet, Hühner will er an den Galgen und Knochen an die Wände haben, möglichst viele von beiden und auf so bequeme Weise wie es eben geht, und so stopft er sich den Rucksack und die Jackentaschen bis zum Platzen voller Apparate mit patentiertem Klappmatismus und erreicht damit nicht mehr, als Wrodo Krwosohn, der große Mammutjäger vom Jahre Zwölftausend oder so herum aus der Zeit, wo die Jahreszahlen noch nicht im Gebrauch waren.
Heute befinden wir uns im zwanzigsten Jahrhundert; der Überjäger ist erst im Entstehen und bildet sich wer weiß was ein, wenn er in irgendeiner Zuckerrübengegend mit seiner Browning und zwei Büchsenspannern zweihundert Hasen vom Leben zum Tode bringt. Das ist aber noch gar nichts, denn im Jahre 1224 veranstaltete Khan Temudschin in der Steppe am Dschinhun Jagden, bei denen an einem Tage hunderttausend Stück Hochwild zusammengeschossen wurden, und zehn bis zwanzig Löwen an einem Tage zur Strecke zu bringen, das war für Kurusch, den Perserkönig, das Übliche. Aber dabei ging es für die hohen Herrschaften nicht ohne Leibes- und Lebensgefahr ab, und darauf verzichtet der Überjäger von heute liegendgern, und selbst wenn er Elefanten, Nashörner und Nilpferde abmurkst, so vergißt er nie, daß Vorsicht der bessere Teil der Tapferkeit ist, und umgibt sich mit einem stoßzahnsicheren Verhau von Askaris, hinter dem her er dem Dickhäuter so viel Nickelmantelgeschosse mit Stahlkerneinlage in die Haut jagt, bis diese siebförmig durchlöchert ist und das Leben nicht mehr halten kann. Ob man heute einen Hasen oder einen Eisbären, einen Fuchs oder einen Tiger schießt, die Gefahr ist dank der modernen Waffen bei dem einen nicht größer als bei dem anderen, das Vergnügen aber doppelt so groß, »denn was nützt mir das schönste Eisbärenfell,« denkt der Überjäger, »wenn mein eigenes dabei reparaturbedüftig wird?« Mut zeiget auch der Mameluk; Hygiene ist des Weidmanns Schmuck; das ist die Forderung des Tages, und so läuft der Mann los in wasserdichten Schuhen mit Gummieinlage, einer Regenhaut, Lederhandschuhen und dem Mückenschleier mit verstellbarer Schießluke, ungefähr in der Tracht, die im Mittelalter zu Pestzeiten die schwarzen Brüder trugen. Aber recht hat er, der Mann; wer die ganze Woche auf dem Drehschemel hockt und am Sabbat sich behufs Jägerns in die Natur begibt, den kann schon ein Schnupfen in seinen Grundfesten erschüttern, und ein Mückenstich zerstört sein körperliches und seelisches Gleichgewicht völlig.

Darum muß er sich die Sache so angenehm und bequem wie nur eben möglich machen, und Frau Industria kommt ihm darin auch in der besten Weise entgegen. Vorläufig befinden wir uns noch im Anfangsstadium der Überjägerei, aber wenn wir 1999 schreiben, so wird sich die Sache folgendermaßen, wie folgt und also entwickeln: D-Zug, Auto oder Aeroplan befördern den Überjäger in seine Jagdgründe. Es ist Blattezeit. Mit der automatischen Blitzlichtphotographiermaschine Schillingscher Erfindung hat der Jagdaufseher die Böcke bestätigt. Der Sicherheit halber werden die Dickungen mit Xpsilonstrahlen abgeleuchtet und es wird festgestellt, daß die Böcke zu Hause sind. Geblattet wird nicht mehr; die Blatte liegt neben der Pfeilspitze aus Flintstein im Museum. Der Überjäger hat eine bessere Weise, den Bock vor das Fadenkreuz zu bringen, als auf so altväterliche Art. Er setzt sich über dem Winde auf den transportablen Aluminiumhochsitz mit Rückenlehne und Regendach, der Jagdaufseher klappt das mechanische, infolge eines Uhrwerkes Äsungsbewegungen machende und ab und zu fiepende Schmalreh, D. R. P. Nr. 15763981041, auf und stellt es fünfzig Schritte vor dem Hochsitze auf, stellt das Uhrwerk an und klettert auf den zweiten transportablen Hochsitz. Eine Minute nachher löst das Uhrwerk in dem künstlichen Schmalreh den Verschluß der Flasche mit künstlicher Brunftwitterung aus, und eine Minute später darauf steht der Bock vor der Dickung und noch eine später bei dem künstlichen Schmalreh. Knips, er hat die Kugeln! Durch das Feuer braucht der Überjäger nicht zu sehen, denn erstens hat die Überbüchse kein Feuer, sintemal sie mit Preßluft geladen ist, wie sie denn auch weder Knall noch Rückstoß hat, dagegen in einer Sekunde sechs Kugeln von sich geben kann, und zweitens befindet sich in dem Zielfernrohre ein winziger, aber todsicherer Momentaufnahmeapparat, der beim Abdrücken in Tätigkeit tritt und in der Sekunde soviel Aufnahmen macht, wie Schüsse abgegeben sind. Schnell die Films heraus, in den Taschenentwickler getaucht und durch den Vergrößerungsapparat besehen. Weidmannsgeheul, er hat die Kugeln alle sechse nebeneinander. Da liegt er ja auch schon! Schade, die beiden Blätter sind hin! Aber der Überjäger ist Weidmann, und nicht Bratenschütze, und das Gehörn ist ihm die Hauptsache, und das ist eins a, denn seit zwölf Jahren ist sibirisches Blut eingeführt und feste mit phosphorsaurem Kalke gefüttert. Auslage zwanzig, höhe dreißig Zentimeter, Perlung tiptop, und darum erklinge, du Taschengrammophon, und verkünde über Berg und Tal: »Bock tot, Bock tot, Bock tot!« Und dann kommt zweitens Bock Nr. zwei an die Reihe und so weiter, bis es so dunkel ist, daß auch das elektrische Zielkorn nicht mehr ausreicht.

»Ist das nicht reizend, ist das nicht schön, schade daß wir es nicht mehr erleben!« wie es in einem Tingeltangelliede heißt. Wie angenehm leicht wird man einst mit künstlicher Brunftwitterung und dem Grammophon, das das Orgeln eines Hirsches täuschend ähnlich wiedergibt, den Platzhirsch vor das Zielfernrohr bringen! Die automatisch quakende Lockente holt die streichenden Enten herbei, die künstliche Sieke den Schnepf, der mechanische Uhu mit Projektionsapparat jede Krähe und alle Raubvögel, der patentierte Quäkhase den Fuchs; der künstliche Hühnerdrache, Modell Latham, stellt die Hühner besser als jeder Pointer, das Einlappen macht man mit mehrfarbigen elektrischen Birnen, die ein abschreckendes Wechsellicht ausstrahlen, bei den Hasenschlachten arbeitet man mit dem Maschinengeschütz, und der eleganteste Sport ist die Pirsch vom Aeroplane aus, natürlich mit Damen vom Ballett und diversen dicken Pullen.

Glauben Sie, ich übertreibe? Meinen Sie, so wird es nicht? Vor dreißig Jahren pumpten wir uns noch mit dem Ladestock müde; heute haben wir die Browning. Eins, zwei, drei, Geschwindigkeit ist keine Hexerei, der Fortschritt schreitet fort, die Technik macht nicht halt; wir stehen an dem bekannten Vorabende der bekannten großen Ereignisse, haben Radium und andere schöne Dinge und ahnen es nicht, was die Zukunft alles in der Unterrocktasche hat.

Noch steht die Jagd im Anfange ihrer Fortentwicklung, ist urmenschenhaft und primitiv; aber über ein Kleines, dann wird er auf der Höhe der Situation stehen, der Überjäger.
 
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Wenn sonst keiner schreibt, mach ich das halt. :D

Ein sehr schöner, inspirierender, treffender Text!

Vielleicht bin ich da auch empfänglicher als andere: Als Kind in den 70ern und frühen 80ern jagdlich geprägt von Vater und Großvater, in der Jugend kein Interesse mehr an der Jagd, dann ausgezogen und anderes im Sinn und erst jetzt als Spätberufener wieder zur Jagd zurück gefunden.

Geistig stecke ich also quasi noch in der Jagd der 70er und war extrem erstaunt, wie sich die Jagd seitdem verändert hat. Und ja, ich sehne die Zeit zurück, weil sie mich an Vater, Großvater und die Kindheit erinnert als Leuchtabsehen, variable ZF, Schalldämpfer, Entfernungsmesser, Wildkameras und Nachtsichtgeräte noch kein Thema waren...

So, Schmalz abputzen, weiter machen! :D
 
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Der Beitrag hat mich angeregt die Gedanken etwas schweifen zu lassen. Meine erste Büchse war ein gebrauchter 98er Frankonia Favorit in .308 Win mit einem Frankonia 4x36 ZF mit einfacher Absehenverstellung. Trotz des vierfachen Glases gab es aber keinerlei Probleme damit Rehwild und Füchse zu erlegen. Besonders erinnere ich mich an einen Eichelhäher der damit auf (abgeschritten) 160 Schritte Entfernung zur Strecke kam. Das ging ohne Laserentfernungsmesser, 8-fach-Zoom, Absehenschnellverstellung und Leuchtpunkt.
Einige Jahre später entdeckte ich den Spaß an alten Jagdwaffen und so hielten auch diverse ältere Stücke Einzug in den Waffenschrank. Zu meinen Lieblingsstücken gehört eine ganz geschäftete 98er Repetierbüchse von Gebrüder Merkel im Kaliber 7x64 mit Antinitlauf und ZF Zeiss Zielmar die mir unheimlich gut liegt und die bei Drückjagden richtig Spaß macht. Wenn eine Drückjagdwaffe gut liegt, also die Schäftung paßt, und man genug Übung hat, ist es meiner Meinung nach ziemlich egal ob das ZF einen Leuchtpunkt hat oder nicht.
Wenn ich mir die rasante Entwicklung in den letzten Jahren so ansehe kann ich die Einstellung/Meinungen mancher Jäger bezüglich der Ausrüstung nicht unbedingt nachvollziehen.Laserentfernungsmesser, Absehenschnellverstellung, Leuchtpunkt und 6-8fach Zoom sind bei der Auslandsjagd auf unbekannten Terrain bestimmt hilfreich. Bei der Jagd im heimischen Revier sind Revierkenntnis, Übung und Erfahrung erheblich wichtiger als der ganze technische Schnickschnack.
Ich bin auch noch der Meinung, daß man die lokalen Büchsenmacher – sofern die Qualität stimmt - hegen und pflegen sollte. Soll er doch mal einige Euros an einer Montage oder einer Waffe verdienen. Dafür kann ich dann aber bei Problemen auch jederzeit hingehen. Heimwerken à la Picatinny, Weaver und co. ist ja für Sportschützen vielleicht schön und gut, aber an eine Waffe mit der ich jage, also auf Lebewesen schieße, lasse ich nur Profis!
Wenn ich zur Jagd gehe, möchte ich auch als Jäger wahrgenommen werden. Ich verstehe deshalb nicht, warum manche so großen Wert darauf legen mit paramilitärischen Outfit und mit Sturmgewehr-Klonen auf die Jagd zu gehen. Die Gefahr, daß beim Anblick eines „Lodenjockel“ ein Sondereinsatzkommando gerufen wird ist vermutlich weitaus geringer.
 
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Aus "Kraut und Lot" gefällt mir besonders die Definition des Jägers,
könnte hier doch einige herausfordern!

Grüße La
 
Y

Yumitori

Guest
Mahlzeit zusammen,

ich war 12 Jahre alt, als ich - mein Vater hatte gerade die Jägerprüfung - von meiner Großtante Löns' gesammelte Werke geschenkt erhielt. Ich war begeistert und bin es noch immer.
Ich denke grundsätzlich "suum cuique" (Jedem das Seine) - aber alles bitte in vertretbarem Rahmen.
Natürlich lässt sich mit Nachtsicht- und Nachtzielgeräten Beute machen, die Nichverwendern vorenthalten bleibt.

Aber muss man denn immer alles an Beute mit nach Hause nehmen, was da kreucht und fleucht und Jagdzeit hat?
Unsere heute zur Verfügung stehende Technik ist so supertoll (??), dass wirklich jagdliches Geschick kaum noch erlernt wird oder angewendet werden müsste.
Stundenlang regloses Sitzen oder Liegen ist natürlich anstrengend, wer im Zeitlupentempo pirschen kann, weiß nach einer halben Stunde, was er geschafft hat.
Unser Wild ist uns nur mit seinen Sinnen noch überlegen; wenn wir diese Überlegenheitausschließlich dadurch ausschalten, dass wir Technik unserer Zeit nutzen, so sind wir,denke ich, nicht mehr in ausreichendem Maß Teil der Natur. Wir bringen uns damit um ein Erlebnis und "verdienen" uns die Beute nicht mehr wirklich.

Es mag Situationen geben, in denen kunstloses Erlegen in der Nacht unter dem Gesichtspunkt "so viel wie möglich" wirklich sein muss ( i c h glaube dies nicht, aber ....) - Jagen kann man dies aber in meinen Augen nicht mehr nennen. Ich will kein Überjäger sein müssen Jäger sein zu dürfen, reicht mir völllig aus.
Habe die Ehre und
Waidmannsheil
 
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Bei der Jagd im heimischen Revier sind Revierkenntnis, Übung und Erfahrung erheblich wichtiger als der ganze technische Schnickschnack.
Ich bin auch noch der Meinung, daß man die lokalen Büchsenmacher – sofern die Qualität stimmt - hegen und pflegen sollte. Soll er doch mal einige Euros an einer Montage oder einer Waffe verdienen. Dafür kann ich dann aber bei Problemen auch jederzeit hingehen. Heimwerken à la Picatinny, Weaver und co. ist ja für Sportschützen vielleicht schön und gut, aber an eine Waffe mit der ich jage, also auf Lebewesen schieße, lasse ich nur Profis!
Wenn ich zur Jagd gehe, möchte ich auch als Jäger wahrgenommen werden. Ich verstehe deshalb nicht, warum manche so großen Wert darauf legen mit paramilitärischen Outfit und mit Sturmgewehr-Klonen auf die Jagd zu gehen. Die Gefahr, daß beim Anblick eines „Lodenjockel“ ein Sondereinsatzkommando gerufen wird ist vermutlich weitaus geringer.

Da unterschreibe ich jeden Satz ! :thumbup::thumbup::thumbup:
 
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Joa,

da habt ihr aber den hinteren Sinn der Geschichte nicht ganz verstanden.

Löns hielt bestimmt auch schon nichts von Zielfernrohren, hochrasanten Kalibern wie der 7x64 und Schüssen über 100m.

All das war für ihn schon zu modern und er hat es ähnlich beurteilt, wie mancher heutzutage Sturmgewehrrepliken auf der Drückjagd. Er war eben ein Kind seiner Zeit.

So wie manchem, der jagdlich in den 70ern groß geworden ist, Zielfernrohre dann schon wieder ganz normal vorkommen, Leuchtpunkt und Schalli aber nicht, sind letztere für die jetzt heranwachsenden Jägern wiederrum ganz normal.

Er beklagte, dass der Jäger durch die Technisierung (die zu seiner Zeit schon längst begonnen hatte) den Kontakt zu Wild und Jagd verliert.

Wie weit man aber seinen jagdlichen Erfolg schmälern will, um diese Verbindung zurück zu erlangen, sollte wohl jedem selbst überlassen bleiben.

Tatsache ist aber wohl, dass Löns das heutige Deutschland als großes Land der Kanzelhocker nicht gefallen würde.

Gebastelt wurde übrigens auch schon damals durchaus zuhause.
Und eine gut selbst gemachte, mit hochwertigen Teilen hergestellte Weaver-Montage ist immer noch um Längen besser, als ne schlechte Schwenkmontage vom Büma.
Davon gibt es leider nämlich auch mehr als genug.

Wmh. Skidder
 
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Irgendwo habe ich mal sinngemäß folgendes aufgeschnappt.

Solche Technik/Fortschritt, die man zwischen Geburt und Pubertät kennen lernt, nimmt man als Gott gegeben war. Danach bis ca. zum Alter von 35 Jahren sind neue Entwicklungen spannend – da kann man noch eine Karriere darauf aufbauen. Danach sieht man den Fortschritt kritischer, die nun Jungen werden zur Konkurrenz und kennen das Neue besser als man selbst. Ab dem Rentenalter ist dann alles Hexenwerk der Jugend.

Das ging schon dem alten Löns so und wer sich heute noch auf den Text beruft, hat den selben Zyklus nur mit 100 Jahren Technikvorsprung durchgemacht.
 
Y

Yumitori

Guest
Irgendwo habe ich mal sinngemäß folgendes aufgeschnappt.

Solche Technik/Fortschritt, die man zwischen Geburt und Pubertät kennen lernt, nimmt man als Gott gegeben war. Danach bis ca. zum Alter von 35 Jahren sind neue Entwicklungen spannend – da kann man noch eine Karriere darauf aufbauen. Danach sieht man den Fortschritt kritischer, die nun Jungen werden zur Konkurrenz und kennen das Neue besser als man selbst. Ab dem Rentenalter ist dann alles Hexenwerk der Jugend.

Das ging schon dem alten Löns so und wer sich heute noch auf den Text beruft, hat den selben Zyklus nur mit 100 Jahren Technikvorsprung durchgemacht.

N'Abend,

das mag stimmen; ich habe -ehrlich und ohne Gefühlsduselei - seit meiner Jägerprüfung 1974 bis heute nur zwei Dinge an meinen Waffen/meiner Ausrüstung und mir vermisst:

1. Das beste Fernglas für meine Augen,die eine Brille tragen müssen -
2. Gesunde Beine, damit ich besserr pirschen kann.

Punkt 1. ist durch- ich habe die beste Brille und das beste Fernglas gefunden, Punkt 2. ist eine angeborene Behinderung, der Große Jäger hat sich viell etwas dabei gedacht... .

Einen Leuchtpunkt habe ich auf genau einem meiner 5 Zielfernrohre für 6 Waffen - weil essozusagenkostenfrei dabei war. Benutzt habe ich es noch nie. Kommt vielleicht noch.

Als ich mit 16 Jahren meinen ostpr. Lehrprinzen (er hatte gerade ein Zeiss Diavari für seinen alten Drilling montieren lassen) zu dem Punkt "Technik und Jagd" interviewte, sagte er folgendes:
"Jung, wenn Du Dir dieses Jahr einen Bock ausmachst und nur auf den gehst, wenn Du die Prüfung hast, denk beim Schuss immer daran, wenn Du Deine Beute nicht überlisten kannst, reicht Dein jagdliches Können eben nicht aus.
Man kann im Hochgebirge viell. manchmal mit nur sehr weiten Schüssen Beute machen. In Mitteleuropa musst Du nicht weiter als 150m schießen.
Wenn die Technik Dir mehr wird, als ein bloßes Hilfsmittel, bist Du kein Jäger, eher einer, der sih als Regulierer versteht. Hoffentlich musst Du so etwas nie machen."

S o jage ich seit damals - ich finde die Nachtsichtgeräte toll, aber toller finde ich es, wenn ich mir meinen Bock beim Beständer abliefern kann und erzählen kann, dass er endlich so kam, wie ich dachte, dass ich ihn endlich überlisten konnte.
Ich mache gerne Beute, ich esse gerne Fleisch (haupts. Wild) und am besten schmeckt es mir, wenn ich endlich listiger, schlauer war.
Möge der Große Jäger mir Augen und Hände in diesem Sinne noch ein paar Jahre führen.

Ansonsten: Suum cuique

Habe die Ehre und
Waidmannsheil
 

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