TEIL II
Gewinn in Aussicht?
Ein weiteres Kriterium, das von der Nachhaltigkeit inhaltlich nicht ganz zu trennen ist, ist das Erfordernis der Gewinnerzielungsabsicht. Sie ist für die Lebensfähigkeit des Betriebes ein gewichtiges Indiz. An der Frage, ob demnach überhaupt ein Betrieb vorliegt, erfolgt regelmäßig die Abgrenzung zum Hobby.
Auch hier lässt sich ein Mindestertrag nicht in konkrete Zahlen fassen. Ebenso wie beim Pachtanteil ist eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen, anhand derer sich eine Faustregel konstruieren lässt: Die Gewinnerzielung hat umso größeres Gewicht, je kleiner beispielsweise die landwirtschaftliche Nutzfläche, je geringer die Anzahl der Tiere oder je geringer der Kapitaleinsatz ist.
Zugunsten des Antragstellers ist zunächst zu berücksichtigen, dass ihm eine längere Anlaufphase einzuräumen ist, in der wirtschaftlich auch Verluste eingefahren werden. Dies allein schließt eine Privilegierung jedenfalls nicht aus. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof konkretisiert diese Voraussetzung, dass zumindest das für eine dauerhafte Bestandssicherung notwendige Eigenkapital gebildet werden muss.
Werden Gewinne nicht erwirtschaftet und ist damit auch in nächster Zeit nicht zu rechnen - welche Zeiträume hier anzusetzen sind ist unklar und vom Betriebskonzept abhängig -, gewinnen andere Kriterien ein erhöhtes Gewicht. Diese Prognose findet dort ihre Grenzen, wo auch auf Dauer nicht die Absicht oder Möglichkeit besteht, Gewinne zu erzielen und es ist von Liebhaberei auszugehen. Hier sollte der Pferdebesitzer selbst seine Motivation kritisch hinterfragen, ob bei der Art der Bebauung noch die landwirtschaftliche Nutzung im Vordergrund steht.
Eine sicher nicht uninteressante Frage in diesem Zusammenhang ist, wie ein Betrieb zu bewerten ist, der rein wirtschaftlich betrachtet eine „schwarze Null“ schreibt, bei dem aber beispielsweise 7 oder 10 Personen in Lohn und Brot stehen. Hier wird man unter dem Stichwort „Wertschöpfung“ davon ausgehen können, dass in einem solchen Fall die Gerichte wahrscheinlich eher gehalten sein werden, auf eine Gewinnerzielung im Wortsinne zu verzichten, da hier zweifellos etwas Werthaltiges geschaffen wird. Auch hier werden weitere Entscheidungen abzuwarten bleiben.
Wie groß muss der Tierbestand sein?
Eng verbunden mit den Aspekten der Nachhaltigkeit und Gewinnerzielungsabsicht ist natürlich die Zahl der Tiere. Soll auf der Fläche Pferdezucht betrieben werden, dann ist insbesondere vor dem Hintergrund der Wirtschaftlichkeit ein ausreichender Pferdebestand erforderlich. Hier hat die Rechtsprechung schon praxistaugliche Entscheidungen getroffen. Empfehlenswert ist die Lektüre einer älteren Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes Kassel, wonach für eine Zucht „20 Pferde in einer charakteristischen altersmäßigen Zusammensetzung vorhanden“ sein sollten. Die Entscheidung führt anschaulich aus, dass mit allzu starr festgelegten Bestandszahlen vorsichtig umzugehen ist, da manchmal eben „Mutter Natur“ die Vorgaben gibt, ob ein für die dauerhafte Zucht ausreichender Bestand gegeben ist. Konsequenterweise gibt der Außenbereichserlass in diesem Punkt auch keine konkreten Vorgaben; bei weniger als 20 Pferden wird man im Einzelfall um die Hinzuziehung beispielsweise eines Zuchtexperten nicht herumkommen, um der Baubehörde diesen Nachweis fachlich fundiert zu begründen.
Das Bundesverwaltungsgericht hat auch schon die Pferdezucht mit 8 bis 15 Pferden auf 13 ha genügen lassen. Insgesamt ist die Rechtsprechung in diesem Punkt von stark einzelfallorientierten Entscheidungen geprägt. Das Urteil des Verwaltungsgerichtshofes Kassel bietet mit einer Mindestzahl von 20 Pferden eine brauchbare Grenze. Wird diese unterschritten, wird der Nachweis eines erfolgreichen und dauerhaften Zuchtbetriebes vom Antragsteller wesentlich ausführlicher dargelegt werden müssen.
Bei einer Pensionspferdehaltung muss der Bestand insbesondere im Hinblick auf die verhältnismäßig kurze Dauer der Pensionsverträge ausreichen, um eine Dauerhaftigkeit des Betriebes zu bejahen.
Reit- und Bewegungshallen
Schwierigkeiten bereitet im Einzelfall, ob unter den Landwirtschaftsbegriff auch die mit der Pferdehaltung zusammenhängenden Dienstleistungen einzuordnen sind. Im Falle der Pensionstierhaltung hat sich der Gesetzgeber eindeutig dafür entschieden. Der Zweck der Tierhaltung kann darüber hinaus aber auch in einer Ausbildung der Tiere bestehen, wenn diese noch in einem landwirtschaftsgeprägten Zusammenhang mit der Bodenertragsnutzung und der Tierzucht steht. Von diesem Ansatz aus hat das Bundesverwaltungsgericht auch die Errichtung einer Reit- und Bewegungshalle zur Ausbildung gezüchteter Pferde als privilegiert angesehen.
Der Außenbereichserlass hat für die in der Praxis am häufigsten auftretenden Fallgestaltungen konkrete Vorgaben festgelegt:
Reitsportanlagen gehören demnach nicht zu den im Außenbereich privilegierten Vorhaben, und zwar auch dann nicht, wenn sie von einem Landwirt betrieben werden. Gleiches gilt für Hallen, die nur auf Darbietungen vor Publikum ausgelegt sind; sie sind nicht Bestandteil landwirtschaftlicher Betätigung.
Bei der Pensionspferdehaltung können dagegen Hallen zulässig sein, die dazu dienen, den eingestallten Tieren im Interesse artgerechter Tierhaltung auch in der kalten Jahreszeit die notwendige Bewegung zu vermitteln. Die Rechtsprechung trägt dem Umstand Rechnung, dass Pferdebesitzer auch im Winter ihre Tiere auf Reitturniere vorbereiten wollen, sogar in vielen Fällen die Unterbringung ihrer Pferde vom Vorhandensein entsprechender Bewegungshallen abhängig machen. Auch im Rahmen landwirtschaftlicher Pferdezucht können Hallen nach den obigen Ausführungen zulässig sein, wenn sie dazu dienen, Zuchtpferden die notwendigen Bewegungsmöglichkeiten zu verschaffen und den gezüchteten Jungpferden die für eine Veräußerung erforderliche reiterliche Erstausbildung zu vermitteln. Das Bundesverwaltungsgericht rechnet diese Erstausbildung genau genommen nicht ausdrücklich zur Landwirtschaft, sie wird jedoch als eigentlich landwirtschaftsfremde Tätigkeit als von der Privilegierung „mitgezogen“ angesehen.
Die Bewegungsflächen selbst können nur in einem angemessenen Verhältnis zur Zahl der eingestallten Pferde genehmigt werden.
Um Pferden artgerecht Bewegung zu ermöglichen, ist nach dem Außenbereichserlass eine Fläche im Hufschlagmaß von 20 m x 40 m grundsätzlich ausreichend. Diese Fläche gestattet, etwa 10 Pferde gleichzeitig zu bewegen. Da die Bewegung der Tiere nacheinander abgewickelt werden kann, ist eine solche Fläche bei einem Betrieb mit bis zu 40 eingestallten Pferden ausreichend. Bei größeren Betrieben kann eine größere Bewegungsfläche genehmigt werden, wenn der Bauherr den Bedarf nachweist.
Insbesondere dann, wenn die landwirtschaftliche Pferdehaltung nur einen geringen Umfang besitzt, z.B. bei Nebenerwerbsbetrieben, ist nachzuweisen, dass die Investition in einem betriebswirtschaftlich nachvollziehbaren Verhältnis zu den aus der landwirtschaftlichen Pferdehaltung erzielbaren Einnahmen steht.
Eignung des Betriebsinhabers
Nicht zu vernachlässigen ist auch die Person des Betriebsinhabers. Die größere oder geringere Eignung kann gerade in Grenzfällen den Ausschlag geben, ob die Ernsthaftigkeit einer Betätigung angenommen wird oder nicht. Wer weder durch Herkunft noch Ausbildung mit der Landwirtschaft verbunden ist, bietet in der Regel eben nicht die Gewähr dafür, dass sich die Erwartung eines dauerhaften Betriebes erfüllt. Daneben wird oftmals unterschätzt, welche körperlichen Leistungen erforderlich sind oder welcher Zeitaufwand der Tätigkeit eingeräumt werden muss. Dieser Aspekt sollte selbstkritisch berücksichtigt werden. In solchen Fällen können auch das Alter, die körperliche Konstitution oder die sonstige berufliche Tätigkeit des Antragstellers in die Entscheidungsfindung mit einbezogen werden. Werden für gewisse Arbeiten Drittkräfte eingesetzt, wird dieser Umstand wieder bei der Wirtschaftlichkeit des Betriebes zu berücksichtigen sein.
Wirtschaftlichkeit gewährleistet?
Die Wirtschaftlichkeit als besonderes Indiz für die nachhaltige Betriebsführung umfasst insgesamt 4 Einzelpositionen, die zusammengefasst betrachtet werden müssen:
Laufende Einnahmen und Kosten des Betriebszweiges Pferdehaltung
Hierzu gehören alle Einnahme- und Kostenpositionen, die direkt mit der Pferdehaltung verbunden sind. Im Pensionspferdebetrieb sind dies auf der Einnahmeseite die zu kalkulierenden Pensionsentgelte einschließlich der Zusatzleistungen wie z.B. Weidegang, im Zuchtbetrieb sind es die zu veranschlagenden Einnahmen aus dem Verkauf der Pferde. Für beide Betriebszweige kommen Nebeneinnahmen, so z.B. die Flächenprämien aus der Agrarförderung hinzu. Als direkte Kostenpositionen fallen die Flächenbewirtschaftung zur Futtergewinnung - Düngung, Pflanzenschutz, Zäune, Lohnunternehmer -, Zukauf von Fremdfuttermitteln, Stroh, Wasser und Strom, in der Pferdezucht weiterhin Tierarzt- und Besamungskosten, Erstausbildung und Vermarktungskosten an.
Investitionskosten
Die zu kalkulierenden Investitionskosten eines Bauvorhabens umfassen die Abschreibung, den Zinssatz sowie anfallende Reparaturen. Grundlage bilden Kostenvoranschläge für alle Gewerke oder eine Kostenaufstellung des Architekten. Bei massiven Stallanlagen ist von einer 40jährigen Nutzungsdauer auszugehen, entsprechend von einer 2,5 %igen Abschreibung. Das gleiche gilt für Hallen in entsprechender Ausführung. Leichtbauweisen haben eine kürzere Nutzungsdauer, entsprechend liegt hier der Abschreibungssatz bei 3 bis 4 %. Die eingebaute Technik unterliegt einem höheren Verschleiß und ist mit einem eigenen Abschreibungssatz, in der Regel 6,5 %, zu kalkulieren.
Unabhängig von der tatsächlichen Finanzierung des Bauvorhabens wird ein unternehmerisch denkender Landwirt nur dann das Geld in die Hand nehmen, wenn das eingesetzte Kapital zumindest die Verzinsung langfristiger Geldanlagen erwirtschaftet. Daher ist auch bei vollständiger Eigenfinanzierung ein Zinsansatz für das Investitionskapital in Höhe langfristiger, wenig verzinslicher Kapitalmarktdarlehen zu kalkulieren. Dieser liegt zur Zeit bei 2 % und ist auf den jeweiligen tatsächlichen Stand anzupassen.
Für die Unterhaltung gilt: Je weniger massiv gebaut wird, umso höher ist diese zu veranschlagen. Sie liegt für Massivbauweisen bei 1 %, für Leichtbauweisen um 2 %.
Kosten der allgemeinen Betriebsführung
Zur Installierung und Aufrechterhaltung der Betriebsabläufe sind weitere betriebliche Einrichtungen sowie vertragliche Verbindungen erforderlich. Hierzu gehören Pachten, Maschinenkosten, Versicherungen, Beiträge zur Berufsgenossenschaft, betriebliche Steuern, Abgaben und Beiträge. Diese Kostenpositionen sind produktionsunabhängig.
Landwirtschaftliche Sozialversicherungen
Mit der Neugründung eines landwirtschaftlichen Betriebes wird grundsätzlich die Versicherungspflicht des landwirtschaftlichen Unternehmens zur landwirtschaftlichen Alterskasse und Krankenkasse ausgelöst. Bei Nebenerwerbsbetrieben besteht die Möglichkeit der Beitragsbefreiung, soweit der Landwirt und seine Ehefrau in einem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis stehen und entsprechende Beiträge in andere Sozialversicherungskassen einzahlen.
Für sämtliche Einnahme- und Kostenpositionen der Wirtschaftlichkeitsberechnung gilt, dass diese auf der Grundlage der im jeweiligen Einzelfall vorliegenden Verhältnisse zu kalkulieren sind. Die betrieblichen Verhältnisse der Betriebsorganisation, das Betriebsangebot in der Pensionspferdehaltung, die Vermarktungswege in der Zucht, die Arbeitserledigung unter Hinweis auf die Qualifikation der Personen sind daher zunächst mit einem ausführlichen Betriebskonzept darzustellen. Die zu kalkulierenden Erfolgszahlen sind anhand von Vergleichswerten oder einer Marktanalyse nachzuweisen. Dies gilt sowohl für Boxenmieten im Pensionsbereich als auch für die Verkaufserlöse in der Zucht. Die Erfolgsaussichten müssen realistisch eingeschätzt werden; gerade in der Anfangsphase sind Risikoabschläge vorzunehmen.