Anekdote
Brauchbarkeitsprüfungen
Da kauft sich ein Mitglied der Jägerschaft , der auch Mitglied im Hegering ist, einen Vorstehhund. Nennen wir ihn mal Ajax. Ajax wird lieb und nett in der Familie, im Haus großgezogen. Er wird immer umgänglicher, springt Besucher nicht mehr an, nur draußen sucht er manchmal seine Freiheit. Apportieren liegt ihm im Blut, er schleppt alles heran, besonders mag er Hausschuhe und hat da auch schon mal Ärger bekommen, da er diese durchaus zerkaut.
Jetzt ist Ajax ein Jahr und Frauchen besteht darauf, dass er jetzt aber auch ausgebildet wird. Auch Herrchen stellt sich darauf ein, samstags nicht mehr Fußball sehen zu können, sondern sich jetzt in der Gruppe mit Gleichgesinnten der Hundeausbildung zuzuwenden.
Als erstes stellt sich natürlich die Frage, wie gut schneidet meiner im Vergleich mit den anderen ab. Aber der Gedanke an ein Bier nach getaner Arbeit und das Kennenlernen anderer Reviere, eventuell sind ja auch Führerinnen dabei, scheint nicht negativ besetzt.
Das erste Treffen um 14 Uhr gestaltet sich positiv. Ajax zeigt sofort, dass er der Herr der Gruppe ist. Dominanz liegt ihm im Blut. Das mitgebrachte Kaninchen des Hegeringsobmanns zeigt starke Auflösungserscheinungen und erste Bedenken stellen sich ein, ob Ajax nach Tragen des Opfers eines Straßenverkehrsunfalls noch der richtige Partner für das Sofa zu Hause ist.
Wegen seinem unbedingten Willen kommt Ajax als erster dran. Eine Schleppe von 200 Meter ist für ihn kein Problem. Er hin, würdigt dem Kiebitz unterwegs nicht einen Blick, schnappt das Kaninchen und kommt schnurstracks freudestrahlend zurück. 20 Meter vor Herrchen kommen ihm Bedenken, ob ihm das Spielzeug nicht entwendet werden könnte und er dreht ab. Hochwerfen, wieder zufassen, Jagdhund sein ist seine Passion. Mit Leckerli und lieben Worten geht es an die Leine. Als aber die mickrige Hündin aus dem Nachbardorf sich auch mal dem Kaninchen zuwenden will, ist es Ajax egal, ob Hündin oder nicht. Er knurrt aus tiefer Seele. Herrchen ist doch schon recht stolz auf Ajax! Die Hündin bringt zwar kurze Zeit später das Kaninchen. Aber welch ein jämmerliches Bild. Nicht etwa freudestrahlend, sondern die letzten Meter schon fast eingeschüchtert. Auch die anderen Hunde scheinen keine überzeugenden Kandidaten zu sein. Einer sucht unterwegs im Graben nach Bisams, das Aussehen danach trostlos. Da kommt dann der Gedanke, dass es auch für Ajax mal eine Zeit geben könnte, nicht mehr auf dem Beifahrersitz mitzufahren.
Als letztes darf er noch mal ran. Ajax hat aber schnell begriffen, Kaninchen sieht jetzt aus wie Frauchen nach dem letzten Frauenabend mit anschließendem Diskobesuch. Da scheint die Alternative Kiebitz deutlich besser. Als Herrchen mit ihm zum Sammelpunkt kommt, haben die anderen schon ein Bier gehabt.
Wieder zu Hause fällt der Bericht für die Gattin vom ersten Tag sehr positiv aus.
Ajax ist eindeutig der Beste. Aber ich hab ja auch schon gesagt, besser 550 km zum Züchter fahren und etwas mehr bezahlen, zum Schluss zahlt sich das aus.
Sie strahlt, ihr Gesicht zeigt Freude und Zuversicht, Ajax bekommt Streicheleinheiten und Herrchen ist stolz. Wie geht es denn jetzt weiter, fragt sie.
Da wird ihm etwas mulmig. Sonntagmorgen 8 Uhr, da hatten sie bis jetzt andere Pläne. Rinderblut besorgen und durchsieben, das muss zu machen sein. Im Internet nachsehen, ob es da Schleppenwild zu kaufen gibt. Die Aufbewahrung von Schweiß und Schleppenwild in der Truhe, da könnte es Probleme geben. Der Obmann hat es wohl als selbstverständlich angesehen, dass jeder schon Schleppenwild in der Truhe lagert, aber das ist doch wohl etwas übertrieben. Überhaupt hatte er den Gedanken, dass die alten Methoden der Hundeausbildung in dieser Gruppe noch etwas stark im Vordergrund standen.
Positive Verstärkung, „ Clicker“ als konditionierte Bestärker einzusetzen, da waren sie weit von entfernt. Das werde ich doch beim nächsten Treffen noch mal einbringen. Dieser Tabel, davon habe ich noch nie was gehört.
Alex muss schon wieder geimpft werden, habe ich glatt übersehen. Da soll die Liebste morgen mit hin. Ich habe ja Mittwoch etwas Zeit. Da werde ich Ajax erst mal beibringen, dass Kaninchen im Garten zu mir bringen zu lassen.
Mit Leckerli und Freundlichkeit wird das kein Problem sein.
Ob das Kaninchen, was jetzt im Kofferraum liegt, die Zeit bis dahin übersteht?
Der Obmann war etwas komisch, seine Bemerkung, auch mal bei uns im Revier zu üben, ist auch nicht einfach umzusetzen. Als ich ihm deutlich machte, dass Freundlichkeit, liebevolles Umgehen mit Ajax immer im Vordergrund bei mir stehen würden, hat er bei der Frage, wie ich Ajax doch sagen könnte, nicht hinter den Kiebitzen herzurennen und das Kaninchen ganz zu bringen, etwas hilflos reagiert. Dass der Mann 6 Hunde im I. Preis zur VGP geführt hat, scheint doch mit viel Zufall verbunden gewesen zu sein. Diese Kungelei unter Richtern dürfte weiter verbreitert zu sein, als ich gedacht habe.