Jagdliche Sternstunde

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Heute hatte ich eine jagdliche Sternstunde, wie ich sie im Leben noch nie erlebt habe und mit Sicherheit auch nicht mehr so schnell erleben werde.

Ich bin heute morgen um halb sechs raus und saß ziemlich genau um sechs auf meiner Schweinekanzel. Ich hatte mich noch nicht richtig eingereichtet, da raschelt es schon rechts von mir. Bei uns liegen im Moment ca. 5 cm Schnee, die Schneedecke im Revier ist aber geschlossen. Ich nehme das 8 x 56 hoch - und erkenne trotz dem, dass es noch saudunkel ist - ein Bock. Ich kann zwar nicht so genau erkennen, was er auf hat aber zwischen den Lauschern ist's mächtig dunkel und er hat schon mehr als lauscherhoch auf. Nach weiteren 5 Minuten zieht der Bock ein. Ich richte mich auf eine längere Wartezeit ein, aber nach gut 10 Minuten höre ich ein tapp tapp tapp hinter mir. Vorsichtig drehe ich mich um - Fuchs. Eigentlich sitze ich doch auf Sauen und hab auch noch die 9,3 x 64 mit dem 15 g Vulkan dabei. Andererseits ... Dank des Schnees kann ich das Fadenkreuz eingermaßen auf dem Wildkörper erahnen. Als der Fuchs ruhig steht bricht mein Schuss. Der Fuchs springt mit allen vieren in die Luft, dreht sich zweimal um die eigene Achse und liegt still.

Eine viertel Stunde später höre ich einen Ast brechen und gleich darauf wieder tapp tapp tapp. Von links sehe ich einen Schatten auf meine Kanzel zukommen. Das Licht ist mittlerweile besser geworden, aber es ist immer noch recht dunkel. Im Fernglas sehe ich eine einzelne Sau, die sich an meinen Teerbäumen reibt und immer wieder hinwirft. Im diffusen Licht wirkt die Sau verdammt groß. Große Frage soll ich oder soll ich nicht? Ich bin mir eine ganze Weile unschlüssig. Den dicken Keiler will ich ja nicht auf die Schwarte legen - der hat hier Schonzeit. Nach etwa 5 Minuten zieht die Sau parallel zu meinem Sitz und bleibt dabei an einem etwas höheren Baumstumpf stehen. Zum Glück weiss ich, dass der so etwa 40 cm hoch ist - also kein dicker Keiler. Vorsichtig den Repetierer hoch und dort angehalten wo die Kammer sein muss. Im Mündungsfeuer sehe ich nichts mehr, höre nur noch 5 Schritte von der Sau, dann Stille. Sehen kann ich sie nicht, auch wenn ich immer wieder mit dem Glas die Fläche ableuchte. Andererseits bin ich mir sicher gut abgekommen zu sein. Ich beschließe zu warten, bis es hell ist - bei den tiefen Temperaturen verhitzt die Sau ja nicht so schnell.

Also übe ich mich notgedrungen in Geduld. Etwa gegen viertel vor sieben höre ich erneut ein Tapp, Tapp - Pause - Tapp, Tapp, Tapp - böh böh böh. Eine Ricke mit Kitz war wohl offensichtlich über die Schweißfährte meiner Sau gezogen und empfahl sich mit lautem Geschimpfe. Einerseits hatte ich jetzt eine Bestätigung, dass mein Schuss saß, andererseits war ich mir sicher, dass kaum noch was kommen würde. So wird es sieben Uhr. Schon von weitem sehe ich Fuchs Nummer zwei direkt auf mich zuschnüren. Nun ich hatte mein Schwein und warum nicht den Fuchs auch noch mitnehmen? Gedacht und schon liegt der Repetierer auf der Brüstung. Au weh, der Fuchs hat's mitbekommen und schon ist er weg. Aber nur bis zu der ersten Naturverjüngung. Die jungen Buchen sind ohne Laub sehr gut einsehbar. Die Entfernung sind so etwa 60 - 70 m. Also spitze ich die Lippen und ziehe stoßweise die Luft ein. Ich hab das erst einmal gemacht und entsprechend gering sind meine Hoffnungen. Und der Fuchs hält mich tatsächlich für eine Maus und kommt aus seiner Deckung heraus. Auf 60 m wirft das 15 g Geschoss ihn einfach um.

Eine halbe Stunde will ich noch sitzen bleiben, um diesen Morgen ausklingen zu lassen. Es beginnt leicht zu schneien. Ich habe heute innerhalb einer Stunde zwei Füchse und ein Schwein erlegt und noch drei Stück Rehwild gesehen. Was will ich mehr. Und wie ich da sitze sehe ich, dass sich auf dem alten Sauwechsel etwas bewegt. Ich denke noch das kann doch nur eine Einbildung sein, als die Einbildung laut und vernehmlich den Weg überfällt. Ich zähle 5 dicke Schweine und um die wuseln so zwischen 15 und 20 kleine herum. Ich bin versucht mich zu kneifen, weil ich's nicht glauben kann, aber die Schweine sind laut genug. Leider bleiben sie in den dünnen Buchenstämmchen. Ich kann die Rotte gut von meinem Sitz sehen, aber schießen ist an der Stelle unmöglich. Die Kugel streift immer einen Ast und ist dann weg. So warte ich und erwarte eigentlich, dass sie auf dem Wechsel weiter ziehen. Der führt zwar quer an meiner Kanzel vorbei, aber immer im Gestrüpp. Plötzlich setzt sich eine Gruppe von 5 Frischlingen etwas von der Rotte ab und verläßt doch tatsächlich das schützende Gestrüpp. Längst liegt das Gewehr auf der Brüstung, das Glas habe ich auf 6fach hochgedreht, so habe ich genügend Sichtfeld und kann die 5 trotzdem recht genau erkennen. Als einer mal nicht von den anderen verdeckt ist bricht mein vierter Schuss. Kopflos stürmt die Rotte über den Wechsel zurück. Ich kann nicht sagen, ob ich getroffen habe oder nicht. Die Entfernung sind etwa 80 m und ich habe keine Sau in eine andere Richtung flüchten sehen. Entweder ist sie mit der Rotte mit, oder sie muss liegen. Kaum hab' ich das gedacht höre ich ein brechen und schlegeln. Jetzt bin ich mir sicher, dass die Sau liegen muss. Ein paar Minuten bleibe ich noch auf dem Sitz, dann hält mich wirklich nichts mehr. Ich habe auch nur noch eine Patrone bei mir.

Nach kurzem suchen, finde ich den Anschuss des ersten Schweins. Am Anschuss liegen zwei ca. 5 Markstück große Lungenfetzen. Ich bin mir meiner Sache sicher und es liegt auch reichlich Schweiss. Ich gehe der Fährte nach und bin nach ca. 80 m am verendeten Stück. Also gehe ich zum vermeintlichen zweiten Anschuss und finde dort nichts. Kein Schweiss, nur die Fährte der Rotte. Also nochmal auf den Sitz und die Stelle genau eingeprägt. Wieder finde ich nichts. Nun dann mach ich mal die Gegenprobe und gehe an die Stelle, wo der Wechsel den Waldweg kreutz. Die Fährte steht eindeutig aber kein Schweiss. Sollte ich doch vorbeigeschossen haben? Nein ich bin mir sicher. Nach einer halben Stunde Suche gebe ich auf und rufe den Förster an. Der wohnt nicht weit und ist auch 10 Minuten später da. Gemeinsam suchen wir: Nichts. O. K. ich akzeptiere, dass ich mich geirrt habe. Gemeinsam gehen wir zur ersten Sau und staunen nicht schlecht. Wie ist es möglich, dass eine Sau eine Schweißfährte rechts vom Stamm hinterläßt und links von Stamm auch - ohne dass am Stamm selbst Schweiss ist. Während wir noch rätseln stolpern wir fast über das Schwein - aber wieso ist das so klein? Eben war die Sau doch noch viel größer? Des Rätsels Lösung: Beide Schweine haben den gleichen Fluchtweg genommen. Eines rechts um den Baum und eines links. Vorher auf ca. 30 m nur eine Schweißspur - von beiden Sauen. Da ich den Anschuss des zweiten Schweins nicht gefunden habe, hielt ich die Schweissspur für die des ersten Schweins. Hat halt ein wenig mehr geschweisst. Beide Sauen lagen nur 20 m voneinander weg. Wir ziehen sie zum Weg und ich breche sie dort auf. Gemeinsam laden wir sie in den Kofferaum. Jetzt bin ich für den neuen Geländewagen wirklich dankbar. Die Füchse sind leider nicht zu verwerten. Beide haben gut zwei Faustgroße Ausschüsse. Schade aber auch nicht zu ändern.

Die Waage im Forstamt zeigt später für Frischling Nr. 1 35 kg und für Nr. 2 20 kg. Der kleinere wird am Sonntag bei uns als Spanferkel verzehrt und ich freue mich schon jetzt darauf.

Klingt wie Jägerlatein, ist aber wirklich passiert. Morgen zwischen 13 und 14 Uhr kann ich die Schweine abholen. Vor dem Abschwarten mache ich noch ein paar Fotos, denn ob mir so ein Erlebnis nochmal vergönnt ist wissen nur die Götter.

Waidmannsheil Andreas
 
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Hallo Andreas,

ein herzliches Waidmansheil von mir.

Soviel auch dazu, daß man Füchse padonieren muss :)

Manchmal läuft es einfach !

Gruss

Schüsseltreiber
 
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20 Dez 2000
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Schwein gehabt, alter Fuchs !

Ein kräftiges Waidmannsheil !

Solche Geschichten lese ich gern, allerdings passieren sie nicht so oft.
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222Rem
 
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16 Dez 2000
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11.022
WH !!

Jagd live;
Herz was will mann mehr.

Mein Mitpächter würde jetzt sagen :

Wenn das Glück zum A.r.s.c.h. rein will;
dann kann mann nicht gegen zukneifen...

dankend hinnehmen und sich drann freuen.

Andreas

[ 06. Februar 2003: Beitrag editiert von: Rugen ]
 
A

anonym

Guest
Servus Andreas!

Da hattest Du ja heute einen richtig
schwungvollen Donnerstag!

Was für ein Jagdtag!

Klasse, daß Du Zeit gefunden hast um
uns davon zu berichten!

Ein herzliches Waidmannsheil!
 
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14 Jul 2002
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2.317
Schönes Jagderlebnis, herzliches Weidmannsheil.

Wünsche Dir noch mehr davon.

Stöbi, derauchgernmorgensjagt
 
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23 Feb 2001
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1.828
Waidmannsheil !!!
Es gibt Tage, da geht einfach garnix und an "anderen" da "läufts". Meistens sind (leider) die "anderen" in der Minderzahl.
Herzlichen Glückwunsch zu diesem Erlebnis.
Foxh.
 
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8 Apr 2001
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Den Wünschen schließe ich mich gerne an: Von diesem Erlebnis kannst du noch jede Menge zehren, wenn die jagdlichen Ergebnisse mal etwas schmaler ausfallen!

WH
Njl.
 
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16 Jun 2001
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1.490
Waidmannsheil!
Waidmannsheil!
Waidmannsheil!
Waidmannsheil!

So ich glaub jetzt hab ich alle.
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Wo sollen wir am Sonntag zum Spanferkelessen hinkommen??
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mit leicht neidischem Gruß

Lindy
 
Registriert
8 Feb 2002
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216
Weidmannsheil!
Und ich sitze mir seit Tagen den Hintern wund.
Leicht neidisch aber durch Deine Geschichte hochmotiviert werde ich morgen früh wiedermal auf meine Lieblingskanzel.

Cazador
 
Registriert
28 Jul 2002
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10.895
Ein herzliches Waidmannsheil auch von mir. Da komme ich in die richtige Wochenendstimmung und versuche dir nachzueifern
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Gruß und Waidmannsheil

Brackenjäger
 

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