Ich verstehe jeden, der nur unter guten Bedingungen raus geht, aber das lässt sich nun mal nicht immer mit den Umständen vereinen. In Gegenden wie der unseren, die landwirtschaftlich extrem intensiv genutzt werden, ist das Habitat mittlerweile zum 24/7 all-you-can-eat Buffet für Schwarzwild mutiert. Trauben, Mais, Soja, Rüben, Getreide. Und hinter jedem Feld steht ein Landwirt. Dazu kommen die Wälder voller Mast und die "Winter", die keine mehr sind.
Nun muß man auch hier relativieren: wir sind Jäger und keine Kammerjäger, Schwund gehört zum natürlichen Kreislauf und ein Stück weit ist auch der Landwirt in der Pflicht, sein Gut zu schützen. Dennoch: auch wenn wir etwa bei Trauben nicht für den Wildschaden aufkommen müssen, ist es schlichtweg nervig, wenn jedes mal innerhalb der Jagdgenossenschaft die Diskussion wieder auf den "faulen Jäger" zu sprechen kommt. Dabei geben wir uns echt Mühe. Wir haben hier Zeiten, in denen wir im 3-Schichtbetrieb am Start sind und da ist es nicht möglich, ohne Technik zu arbeiten. Das scheint man ja anderweitig ebenso zu sehen, sonst hätte man Licht nicht freigegeben. Es ist dann eine Sache der Waidgerechtigkeit, eben alle Möglichkeiten zu nutzen, die legal zur Verfügung stehen. Einfach so ins Dunkel auf einen schwarzen Klumpen zu schießen, ist nun mal keine Option.
Es fiel das Argument, daß Schwarzwild auf Licht reagiert. Das liegt ja in erster Linie am Jäger selbst. Wird immer gleich die 5.000-Lumenfackel ausgepackt, wenn irgendwo was raschelt, darf man sich nicht wundern. Oder bereitet man den Schuß vor, indem man per WBK erstmal sondiert, ob und was da ist und dann Licht eben nur kurz und behutsam verwendet, den Schuß in die Rotte vermeidet und eben nur einzelne Stücke erlegt. Die dann naturgemäß nicht mehr in der Lage sind, Ihren Artgenossen zu berichten. Und wenn sich der Zeitrahmen verschiebt, dann geht man halt mit. Irgendwann ist wieder morgen. Und ich halte zudem die Vorstellung für abwegig, daß eine Handvoll Jäger, die ab und zu ihre Lämpchen auspacken, dauerhaft Gewohnheitsmuster aufbrechen können - in einer Umgebung, die von Autobahnen und Bundesstraßen durchzogen sind und in denen Wild permanent Lärm und Licht ausgesetzt sind.
Ich erachte es daher als Feigenblatt, diese Möglichkeit künstlich zu relativieren. Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht naß. Es ist nun mal so, daß es heute keine Berufsjäger mehr gibt. Man hat das abgeturft an die Jägerschaft, wie sie heute ist - bissi ein Äquivalent zur freiwilligen Feuerwehr. Hier ist eben nicht jeder ein "Alter Hase" und das Jagdpensum muß sich in das Lebensgefüge (Beruf, Familie) einpassen. Nicht jeder Jäger ist Rentner ohne Berufslast und die Rentner, die Zeit haben, verfügen oft halt nicht mehr über das körperliche Vermögen. Das ist die vorhandene Struktur, da muß sich das alles irgendwie einfügen. Will man mit dieser Mannschaft Herr der Lage sein, nutzt man eben das, wofür der Mensch berühmt ist: den Fortschritt. Ist das wünschenswert? Viel Spaß bei der Diskussion.