Hm, viel geschrieben hier.
Interessant auch die Schärfe, die teilweise an die Tastatur gelegt wird. Ich habe wirklich überlegt, ob ich überhaupt was schreibe. Ich machs halt mal.
Wir haben ein Revier im nörlichen Pfälzerwald. Es ist eines derer, in den unser LJV mit den Behörden unter viel Tamtam die Luchse auf die Reise entlassen hat und sie "Willkommen" hieß. Nur, um das nicht in den falschen Hals zu bekommen: ich bin für Biodiversität und freue mich, wenn man gefährdeten Arten einen Steigbügel halten kann, um es ihnen leichter zu machen. In begrenztem Umfang gilt das auch für den Luchs, jedoch nicht für den Wolf. Letzterer ist für UNSERE Verhältnisse in der stark zerschnittenen Kulturlandschaft einfach fehl am Platz. Naja, 40km nördlich meines Wohnorts hatten wir ja kürzlich den ersten Autobahnwolf in RLP. Er wird also auch zu uns kommen.
Zurück zum Luchs: unser Revier ist (sehr) stark von Wanderern, Mountainbikern, E-Bikern und was weiß ich frequentiert. Nicht weit ist eine PWV Hütte. Wenn das Wetter paßt, ist da Jahrmarkt.
VOR der Luchsansiedlung hatte das keinen Einfluß auf egal welches Wild. Sie verstanden alle, daß spätestens ab der Dämmerung der Wald wieder ruhig sein wird. Teilweise stand Rehwild am hellen Tag nur wenige Meter im Bestand und betrachtete sich die bunten Vögel, die mit Getöse durch den Wald liefen. Auch die Fifis waren idR kein Problem.
In der Abenddämmerung kamen die Rehe raus, völlig entspannt. Nicht schreckhaft, nicht permanent auf dem Sprung. Oft habe ich Rehe an einer Wasserstelle sich niederlegen und wiederkäuen sehen. Unsere Durchschnittsgewichte bei Böcken lagen irgendwo um 15-16kg, weiblich ~1kg schwächer. Reines Waldrevier.
Seit Lynx seine Fährten zieht: Rehwild nur noch bei Dunkelheit! Man hört es, sieht es aber nicht mehr. Sie schrecken massive bei jeder kleinen Störung. Sie haben Streß, was sich u.a. bei den Böcken am Gehörn zeigen läßt. Die "Trophäen" sind vergleichsweise gering geworden. Im laufenden Jagdjahr konnten wir unsere Streckenvorgabe knapp erfüllen. Das SCHWERSTE(!) Stück lag bei 12 Kilo.
Nein, wir sind nicht unbedingt Anfänger, ja, wir sind auch draußen und nein, wir haben unsere Erfahrungen nicht vom Stammtisch. Und auch NEIN, wir haben kein 20 Stück/100ha Rehwilddichte.
Die Beobachtungen teilen unsere Nachbarn in ähnlicher Form. Das größte war die Beobachtung eines Wirtes, der nur etwa 150m von seinem Gasthaus im Wald (er ist dort auch Pächter) am hellen Tag eine Luchsin mit einem Jungtier und einem aus dem Vorjahr angetroffen hat. SIe machten nicht mal Anstalten, zu flüchten. Im Gegenteil. Dann war auch ihm klar, wo das vorher "normal sichtige" Rehwild abgeblieben sein könnte.
Rotwild ist bei uns Duchzügler und auch seitens des FA nicht geduldet. Auch hier zeichnet sich ein geändertes Verhalten ab, jedoch nicht so massiv wie beim Reh. Schwarzwild, zumindest Bachen mit Streifenhörnchen, kommen mittlerweile bei "Luchsalarm" im Endeffekt bei völliger Dunkelheit an die Kirrungen. Sie sind sehr unruhig, die Bachen quasi im Daueralarm. Fällt auch nur irgendwo ein Ästchen runter, gibts Fersengeld. Es dauert lange, bis sie wieder aus dem Bestand kommen.
Alles nicht wissenschaftlich, reine Beobachtung. Man kann seine Schlüsse ziehen. Fakt ist, wenn Luchsens wieder mal jemand anderen beehren, normalisiert sich die Lage etwas. Fakt ist aber auch, daß es einen hohen Einfluß auf die Entwicklung und das Verhalten des Rehwildes hat. Tagesaktivitäten beim Rehwild sind zumindest bei uns nahezu nicht mehr feststellbar, gesteigertes Schrecken und extremes Fluchtverhalten hingegen haben sich etabliert. Dazu gesellt sich auch das verstärkte Scheinäsen. Da wir auch Wärmebildgeräte nutzen, um mal "in den Bestand zu schauen", ist festzustellen, daß es nicht nur schwächere Stücke, sondern auch WENIGER Rehe hat. Wir hatten nie einen Rehpuff, wo jetzt jammern auf hohem Niveau angesagt wäre. Risse haben wir gefunden, wir räumen sie auch nicht weg.