Ja, genauso praktiziere ich es seit Jahrzehnten, schieße meine Waffen mit 10-12 cm Hochschuß auf 100 m ein und kann dann bis 300 m im Wildkörper bleiben, ggf. etwas tiefer oder höher im Körper anhalten. kein Rumfummeln am Zielfernrohr. (Und ein simples leichtes Zf genügt).
Im Eifer des Gefechtes vergißt man, das Absehen wieder zurück zu verstellen - und der nächste Fehlschuß ist programmiert.
Das habe ich schon 1995 in meinem Buch "Bergfieber" geschrieben. Sorry für die Länge, hier nachfolgend Auszug:
PRAXISTIP : RUND UM WAFFE UND KALIBER ZUR BERGJAGD
FACHAUSDRÜCKE:
GEE :
Günstigste Einschießentfernung mit vier Zentimeter Hochschuß auf 100 Meter.
FLECKSCHUSS:
Schneiden der Flugbahn des betreffenden Geschosses mit der Visierlinie.
TPL : Treffpunktlage.
QB : Querschnittsbelastung.
Zum Thema GEE: Wer auf Jagden geht, bei denen es auch auf weite Schüsse ankommt, knobelt oft stundenlang vor den Schußtabellen, welches Kaliber er nun wählen soll. Dabei wird meistens nur auf die Treffpunktlage nach der als Norm üblichen GEE geschaut. Zuletzt kommen Magnum Kaliber in die engere Wahl, und oft wird eine 7 mm Rem Magnum oder .300 Win Magnum gekauft.
Beide führe ich mit Zufriedenheit, wobei .300 Winchester Magnum als Scharfschützenkaliber für Spezialeinheiten der NATO vorgesehen ist. Für europäisches Bergwild wäre auch 6 x 62 Frères eine hervorragende Wahl.
Man kann aber genausogut mit der gewohnten Waffe in einem Standardkaliber wie .30/06, .270 Winchester, 7 x 64 oder 7 x 65 R auskommen. Allerdings muß man sich von der Standardvorstellung der GEE trennen. Diese ist für heimische Reviere definiert worden, in denen es auf geringe Abweichungen der Flugbahn des Geschosses ankommt; eben die vier Zentimeter der GEE, um auch kleines Wild auf in Deutschland übliche Entfernungen noch treffen zu können.
Bei weiten Schüssen in offenem, deckungslosem Gelände muß man anders an das Problem herangehen und mißt bei dem zu bejagenden Wild den Durchmesser der lebenswichtigen Zone im Blatt aus. Selbst beim zierlichen Rehwild wirkt ein Treffer in einem Bereich von gut 20 Zentimetern, bei Gams im Durchmesser von rund 30 Zentimetern, tödlich.
Nun nimmt man die ballistischen Tabellen aus Ballistik- oder Wiederladebüchern zu Hilfe, schlägt die Rubriken des vorhandenen Kalibers und der Präzision bringenden Geschosse auf und sucht eine Kurve aus, die im Bereich bis 300 Meter als maximalen Hochschuß über der Visierlinie, beziehungsweise unter der Visierlinie, den Wert des halben Durchmessers dieser vitalen Zone hat. Will man Reh oder Gams bejagen wären das etwa 10 oder 15 Zentimeter Hochschuß maximaler Hochschuß.
Die Tabellen finden Sie in den Informationen der Hersteller oder in Computerprogrammen, die in den USA lediglich rund 150 Mark ( Barnes, Ballistx ) kosten.
Nun schaut man auf der so gefundenen Flugbahn nach der Treffpunktlage auf 100 Meter und schießt das Gewehr mit diesem Hochschuß ein. Die Maße werden die konventionellen vier Zentimeter der GEE deutlich übertreffen.
Jetzt befindet sich der Fleckschuß, also das Schneiden der Flugbahn des betreffenden Geschosses mit der Visierlinie, weiter entfernt. Für Schußentfernungen, die jenseits dieses Fleckschusses liegen, kann man bis 300 Meter in der Mitte des Blattes anhalten.
Die Kugel wird vor der Fleckschußentfernung im oberen Teil und danach bis 300 Meter im unteren Teil der vitalen Zone des Wildes treffen. Wenn man die Werte aus der Schußtabelle kennt und idealerweise mit Probeschüssen nachvollzogen hat, entfällt umständliches Rechnen.
Für das Standardkaliber .30/06 mit einem Nosler Geschoß von 180 grains, gleich 11,6 Gramm von Federal, bedeutet diese Methode bei einer höchsten Flugbahnerhöhung über die Visierlinie von ( 10 ) 16 Zentimeter:
Haltepunkt auf 100 Meter ( 8,8 ) 13 cm.
Fleckschuß auf ( 228 ) 274 m.
Weiteste Entfernung R max ( 267 ) 322 m.
( Bis zu der man den Haltepunkt des Zielfernrohrstachels nicht aus der Mitte des Blatts zu nehmen braucht, also einer unteren Entfernung der Flugbahnkurve von 10 / 16 Zentimetern )
Diese Daten belegen, daß man für sichere Schüsse auf weite Distanz nicht unbedingt ein Magnum Kaliber benötigt.
Mir liegt fern, weite Schüsse zu fördern, aber bisweilen verlangen die Umstände einer Pirsch, sich einmalig bietende Chancen auf diese Entfernungen jenseits des gewohnten Bereichs zu nutzen. Allerdings darf man nur unter der Voraussetzung fliegen lassen, daß man ein sicherer Schütze ist. Als solcher wird man in den seltensten Fällen geboren, man erwirbt Treffsicherheit durch stetes Trainieren. Das braucht nicht auf den sehr seltenen Schießständen mit 300 Meter-Bahnen zu sein. Schon regelmäßiges Jagdliches Schießen auf dem Stand des Hegerings ist eine hervorragende Übung.
Unsere amerikanischen Jagdfreunde haben es meist viel leichter. Schießstände sind fast überall zu finden und mit geringen Restriktionen zu nutzen. Ihnen ist es eine Freude, vor dem Antritt einer Jagdreise einige Packungen mit der für die bevorstehende Jagd nötigen Laborierung zur Übung zu verschießen.
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