Mit Stil zur Jagd

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Kann es sein, dass hier einige Posts geprägt sind von der Freude an der eigenen Verwahrlosung, weil diese doch sehr offenbar zum Maß des Ausweises echter jagdlicher Passion und Expertise erhoben wird?

Ich hatte einige Male die Freude und die Ehre mit Damen und Herren von den britischen Inseln auf Niederwild zu jagen. Die Herrschaften sahen nahezu durchweg eher nach Lackschuh aus und rochen auch nicht nach Stall, sondern nach Fahrenheit. Aber: Sie führten ihre Flinten in einer Kunstfertigkeit, die mir höchsten Respekt und Bewunderung abverlangte.

Ich werde nie verstehen, mit welcher Absolutheit ein gepflegter und stilvoller Auftritt und jagdliches Können zum Widerspruch erhoben werden.
Dafür werden dann 3.000.000 Fasanen ausgesetzt, damit Bekleidung und Waffen stilecht ausgeführt werden können. Passend dazu dann einige Hundeschergen, die dann die Reste stilgerecht einsammeln.
 
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Was Du als "gepflegt" und "stilvoll" bezeichnest ist leider oft unpraktisch und wird zu oft von Leuten getragen, die sich dann für die Drecksarbeit nicht hergeben wollen, weil sie dabei dreckig werden könnten. Gegen jemanden, der zum Aufbrechen den Schlips im Hemd versteckt und die Manschettenknöpfe sicher verwahrt argumentiert doch niemand. Der hat Stil und Niveau. Aber wer sich vornehm im seinem Tweed-Kostüm (denn das ist das dann) zurücklehnt und "das Fußvolk" arbeiten lässt hat zwar vielleicht bekleidungstechnisch Stil, aber nicht sozial und Niveau erst Recht nicht.
Irgendwie muss man sich doch vom Plebs distanzieren.
 
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Dafür werden dann 3.000.000 Fasanen ausgesetzt, damit Bekleidung und Waffen stilecht ausgeführt werden können. Passend dazu dann einige Hundeschergen, die dann die Reste stilgerecht einsammeln.
Ich habe mit den Herrschaften auch in Deutschland gejagt, in münsterländischen Revieren ohne ausgesetztes Wild. Bei entsprechendem Hegeeinsatz sind dort sehr wohl auch große Strecken zu erzielen. Ich kam mit meinem Hund tatsächlich auch zum Einsatz als Picker-Up. Eine intensive, konzentrierte und fordernde Hundearbeit, die mir regelmäßig sehr viel Freude macht und Hunden und Führern deutlich mehr abverlangt als das deutsche Treiben. Keine Spur von Hundeschergen.

Ich bin wirklich erstaunt, welche Hybris den deutschen Waidmann dazu treibt, sich und seine Art der Niederwildjagd auch nur ansatzweise mit den deutlich erfahreneren Briten zu vergleichen.
 
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Solider Brüller bei einer Drückjagd beim Sammeln vor der Jagd: Einer der etwas später gekommenen Jäger geht rum und begrüßt die anderen per Handschlag, bis er zu einem der nicht jagenden Hundeführer kommt; murmelt abfällig "Treiber", und geht weiter.

Wir haben lange gerätselt, ob das Comedy war, oder ob der Typ echt war.
 
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@Skogman

da ich beide Arten von Niederwildjagd kenne und schon viel mit Briten gejagt habe, erlaube ich mir einfach eine Meinung dazu bilden zu können. Es ist eine andere Art von Jagd, die mit meiner Vorliebe von Niederwildjagd nicht korrelliert.
 
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Hier im Norden sind die Niederwildjagden die letzten Jahre extrem Nass ausgefallen, sprich in der Marsch klebriger Boden, auf der Geest, teilweise tiefgründiger Boden (weil gegrubbert und gepflügt) und vom Moorland und den Sumpfgebieten fange ich erst mal gar nicht an.

Einzig die Weiden waren "einigermaßen" begehbar, wobei man da auch klare Unterschiede machen musste. Teilweise, vor allem im Herbst 2019 und 2020 waren auch die etwas... Nass geraten.

Da kommst Du mit "Chick" und "Gentleman" nicht weit, wenn Du die Landschaft nicht kennst und nicht deuten kannst, hast Du möglicherweise am Ende des Tages auf deinen Sitzhöckern dicke Beulen, weil die Bodenhaftung entweder zu stark, oder eben zu glitschig war...

Selbst ich konnte meine "Arbeitskleidung" am Abend erstmal in den Keller hängen, weil die von oben bis unten mit Torf und Matsch verschmiert war - und ich werde von dicken Schollen auf dem Acker bestimmt nicht umgeworfen. Teilweise ist man in den Wiesen und Weiden, bis zu den Knien im aufgeweichten Boden eingesunken... So wie derzeit, der Boden ist einfach butterweich zur Zeit, wegen des vielen Regens - das erinnert mich genau an den November 2019... da war ich in der Kohlernte... jeden Tag, irgendwann habe ich die Klamotten einfach in den Heizraum gehangen und morgens "feuchtwarm" wieder angezogen, weil der ganze Lehm der dir in die Stiefel reingelaufen, und an den Klamotten geklebt hat...

Und mach mal in dem Gelände eine Treibjagd - klar irre viel Spaß, beim Beobachten, Hasen hatten wir auch 25 auf 13 Schützen, 2 Füchse, vier Fasanen und 3 Stockerpel.

Zum Glück haben wir unser Schüsseltreiben beim Gastgeber in der Diele gemacht, weil die Zeit lief uns am Ende davon... Bauern und Dorfvolk unter sich... ein Gentleman kann dahin gehen wo er was nützt, hier nicht.
 
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... Bauern und Dorfvolk unter sich ... ein Gentleman kann dahin gehen wo er was nützt, hier nicht.
Selbst "vom Hof" kommend - und damit ist nicht ein Königshaus gemeint - und dort weitab vom nächsten Dorf aufgewachsen, kenne ich sehr wohl Bauern und Herren vom Dorf, die ich ohne Abstriche als Gentlemen bezeichnen würde. Das ist eine Frage der Haltung, nicht der Kleidung.

Sogar die einfachste deutsche Google-Suche beschreibt den Gentleman kurz als einen Mann von Anstand, Lebensart und Charakter.

Insofern wundere ich mich über Jene, die besonderen Wert auf die Feststellung legen kein Gentleman zu sein - nicht einmal sein zu wollen.
 
G

Gelöschtes Mitglied 13565

Guest
Es gab vor Jahren mal einen Faden, da wurde die Frage gestellt wie man sich anziehen sollte um auf das Oktoberfest zu gehen. Der schlägt nunmehr in die gleiche Richtung, man muß sich nicht verkleiden, sondern darf gerne der Mensch sein der man ist, solange man Mensch ist.
Man wird auch in ganz normaler Bekleidung nicht schlechter behandelt von den Bayern.

Womit wir beim nächsten Punkt sind, wie wird man von Snobs aufgenommen, die sich selbst für Gentlemen halten...


CdB
 
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Ist genau wie mit der Textilierung, es möchte nicht jeder einen Engländer spielen.
Anstand, Lebensart(?) und Charakter kann man auch unkostümiert aufweisen.


CdB
Zunächst bin ich der Auffassung, dass jeder das tragen soll in dem er sich wohl fühlt und was für die betreffende Region passend ist.

Wir sind hier an der norddeutschen Tiefebene, viele Leute sind Friesen oder haben zumindest friesische Abstammung. Die meisten sind eher bodenständig und nicht abgehoben, hier wird alles akzeptiert - es sei denn einer macht sich zum Clown, und blamiert damit die ganze Innung.

Die meisten Beständer hier müssen vor der Treibjagd noch melken, wenn da durch irgendwelche kleineren oder größeren technischen Katastrophen die Zeit knapp wird, dann schlagen die auch durchaus schon mal als Jagdherr im Melker Ornat auf der Treibjagd auf. Deswegen gehen die meisten Treibjagden auch nur bis kurz vor 16 Uhr hier, und die Schüsseltreiben beginnen erst nach 19 Uhr - das ist dem Melk-Rhythmus angepasst.

Wenn es einem nicht passt, und das hatte ich auch schon einmal miterlebt, wie ein Jagdgast aus einem anderen Bundesland, den damaligen Mitpächter und seinen Sohn (der als Treiber mitging) erbost angefaucht hat, "Mensch, hättet ihr Euch denn nicht vor der Jagd wenigstens Duschen und andere Klamotten anziehen können." - Ist es dann auch das letzte mal, dass man als Gast eingeladen wird... Vor allem hat sich zur damaligen Zeit noch das Jagdgericht mit dem Faux Pax des Gastes befasst.

Oder auch immer gerne genommen, der Jäger, der in edeltstem Jagdoutfit erscheint und die Treiber hin und her scheucht damit diese seine jagdliche Beute, aufsammeln. So einer braucht auch nicht mehr wiederkommen.

Es gab mal eine Zeit, da wurden derartige Marotten geduldet... das ist noch nicht so ewig her, davor war es so wie es jetzt mittlerweile wieder ist - man besinnt sich also durchaus noch auf alte Tugenden.

Vor Jahren haben wir noch Leute zur Gänsejagd eingeladen, nachdem da aber auch ein paar mal Clowns dazwischen waren, darunter gewisse Personen hier aus dem Forum, die es auch an Anstand und Augenmaß mangeln ließen - machen wir das nur noch für Jagdfreunde. Auch Schnepfen- und Entenstrich wird nur noch im engsten Freundeskreis zelebriert.
 
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Es gab vor Jahren mal einen Faden, da wurde die Frage gestellt wie man sich anziehen sollte um auf das Oktoberfest zu gehen. Der schlägt nunmehr in die gleiche Richtung, man muß sich nicht verkleiden, sondern darf gerne der Mensch sein der man ist, solange man Mensch ist.
Man wird auch in ganz normaler Bekleidung nicht schlechter behandelt von den Bayern.

Womit wir beim nächsten Punkt sind, wie wird man von Snobs aufgenommen, die sich selbst für Gentlemen halten...


CdB
Genau... nämlich gar nicht...

Nicht einmal dann, wenn Sie Dir eine begehrte Jagdmöglichkeit verdanken.
 
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man muß sich nicht verkleiden, sondern darf gerne der Mensch sein der man ist, solange man Mensch ist.
Man wird auch in ganz normaler Bekleidung nicht schlechter behandelt von den Bayern.
Da fängts an, was ist normal?

Gibt Leute die finden Jogginghosen und Muscle Shirt normal. Zum Oktoberfest geht man feiern, da kann es schon was anderes sein, als die Kleidung die man zu Hause im Bett trägt.

Es hat nichts mit verkleiden zu tun dem Anlass angemessen gekleidet zu sein.
Das fängt mit sauberen Klamotten an.

Verkleidung ist sowas.

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und ich nehme an, daß das jemand kauft und trägt, sonst würde es nicht angeboten.
 

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