Waidmannsheil, Prohunter!
Ich schließe mich dem Thread gerne an.
Muffelwild hat mich schon immer wahnsinnig fasziniert und ich war bisher bei jeder Einladung aufgeregt wie ein kleines Kind. Doch im Anblick hatte ich sie die vergangenen Ansitze noch nie, auch wenn sie vorher tagelang ihren Einstand im Revier hatten.
Vergangenes Wochenende waren meine Freundin und ich dann erneut in Rheinland-Pfalz zu einer gemeinschaftlichen Muffeljagd bei einem befreundeten Pächter eingeladen.
Freigegeben waren Widder bis 2,5 Jahre und alles weibliche Wild, wobei Wild mit sichtbaren Anzeichen von Moderhinke im Abschuss zu bevorzugen waren.
Das Muffelwild ist in dem Revier nach starken Waldarbeiten im Käferholz nur sehr unzuverlässig vor Ort und es ist nie klar, wo sich das Wild gerade befindet.
Demnach sollte die ganze Aktion eine Wundertüte mit ungeahntem Ausgang werden.
Ich wurde auf einer Schlafkanzel angesetzt auf der ich nach vorne eine Wildwiese, nach rechts ein mit Brombeeren und Naturverjüngung zugewachsenes Gatter, nach links Waldweg und nach hinten Windbruch/Freifläche bejagen konnte.
Bereits zu Beginn sah ich einen Frischling durch das Gatter wechseln, hatte wegen des Bewuchs jedoch keine Möglichkeit diesen zu erlegen. Also ließ ich ihn ziehen und beobachtete die Sau eine Zeit lang, bis diese sich in einen der größeren Brombeersträucher einschob.
Lange Zeit passierte nichts, bis ich eine Vielzahl an Stücken weit entfernt über den Waldweg wechseln sah. Ich realisierte erst einen Augenblick nachdem das letzte Stück über den Weg gewechselt war, dass dies das gesuchte Rudel gewesen sein musste.
Jedoch waren die Stücke weit weg und wechselten direkt an der Straße lang, sodass sich sowieso nur eine Beobachtung anbot.
Dankbar für diese (für mich absolut neue) Erfahrung, rechnete ich schon nicht mehr mit Anblick oder gar Erfolg und freute mich nur darüber, mal wieder meinen "Jägerhorizont" erweitert zu haben, als ich plötzlich zwischen Straße und Gatter laute Bewegungen im Laub hörte.
Da an diesem dichten Gatter durchaus Saukontakt im besten Büchsenlicht möglich ist, richtete ich mich ein und staunte nicht schlecht, als das gesamte Muffelrudel keine 60m vor mir über den Waldweg wechselte. Nach einem Moment völliger Unfähigkeit und Aufregung begann ich nach bestem Gewissen die Stücke anzusprechen. Vorweg das äußerst kapitale Leitschaf und dahinter mehrere Alt- und Schmalschafe mit einigen Lämmern. Außerdem ein alter Widder (ca. 5 Jahre) und ein ca. zweieinhalbjähriger Widder sowie zwei Teufelchen.
Dabei konnte ich ausmachen, dass sowohl ein Altschaf den Hinterlauf als auch ein Teufelchen den Vorderlauf sehr stark schonten.
Wie an einer Perlenkette gezogen kam das Rudel über die Windwurffläche und verhoffte als großer Pulk hinter den einzigen zwei Bäumen der gesamten Freifläche.
Meine Aufregung stieg ins Unermessliche. Eine Art von Jagdfieber die mich bisher nie ergriffen hatte nahm mich in Besitz. Meine absolute Lieblingswildart. So nah, in live und auch noch mit der Erlaubnis darauf zu waidwerken.
Diana und Hubertus schienen an diesem Morgen beide im rheinland-pfälzischen Forst zugegen zu sein, denn das zuvor angesprochene Schaf stand als einziges Stück zwei Meter abseits des Rudels, sodass ich auf ca 60m eine gute Kugel antragen konnte (.308 GECO TM).
Das Schaf fiel im Feuer, während ich bereits repetierte, hatte ich doch schon einige Geschichten über die Schusshärte von Muffelwild gehört und wollte für alle Eventualitäten gewappnet sein. Das Rudel sprang einige Meter ab, bevor es erneut verhoffte (ob aufgrund des verwendeten Schalldämpfers oder aus purem Glück kann ich nicht sagen). Wieder standen alle Stücke in einem Pulk, abgesehen von dem zweieinhalbjährigen Widder, der seine Position nicht verlassen hatte. Kurzerhand entschloss ich mich für eine zweite Kugel und sah, dass der Widder mit einem Schuss eine Handbreit hinter dem Blatt keine 5 Meter von dem ersten Stück ebenfalls im Knall verendete.
Kaum war der zweite Schuss raus, sprang das Rudel endgültig ab und verschwand im Hochwald am anderen Ende der Wildwiese. Mein erstes Stück Muffelwild. Und dann auch noch eine Dublette. Ich nahm die Waffe aus dem Anschlag und legte sie auf dem Fensterbrett ab.
Rauchende Schalldämpfermündung, zitternde Hände, Sonne über dem Wald, eine Träne im Augenwinkel. Ein Wahnsinnsgefühl.
Eine Weile später baumte ich ab.
Bei den beiden Stücken angekommen nahm ich sie in Besitz und gab die letzten Bissen. Anschließend musste ich einen Moment innehalten und in mich gehen.
Nachdem das Schaf aufgebrochen war, machte ich mich daran den Widder für ein Trägerpräparat vorzubereiten. Dafür hatte ich mich schon vor dem Ansitz entschieden.
Nicht die stärkste Trophäe, aber das stärkste Erlebnis. Und mit Sicherheit auch in 40 Jahren noch eine Erzählung wert.
Edit: Ich hätte gerne das Teufelchen von seiner Verletzung/Moderhinke erlöst, jedoch stand das Stück die gesamte Zeit über zwischen den Schafen und es bot sich keine Möglichkeit für einen Schuss. Selbstverständlich habe ich die Beobachtung an den Pächter weitergegeben und hoffe, dass das Stück in den kommenden Wochen gestreckt werden kann.
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