Nagant M1895, eine Vorstellung

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Wie gewünscht möchte ich Euch hier mal den Nagant-Revolver M1985 und Nachfolger vorstellen.
Eingeführt wurde der gasdichte Revolver 1895. Ursprünglich war das Kaliber 8mm Pieper vorgesehen, da aber im zaristischen Russland 1891 das Mosin-Nagant „Dreiliniengewehr“ eingeführt wurde, wollten den sparsamen Russen zurückgewiesene Läufe der Gewehrproduktion nutzen, um daraus noch Revolverläufe zu machen, man konnte so auch die gleichen Ziehbänke/Werkzeuge nutzen. Der Drall entspricht also dem der Gewehre, rund 10“, Laufinnenmaße ebenfalls wie beim Mosin, Nominalfeldkaliber 7,62mm/.30“, Zugkaliber irgendwo im Bereich .311“…..314“.
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Die ersten Revolver kamen noch von Nagant in Lüttich, kurz darauf begann die Produktion im Arsenal Tula. Im WK2 wurde Teile der tulaer Fabrik nach Isehvsk gebracht, so das es ab ca. 1943 auch M95 mit dem Fertigungszeichen des Ishevsker Arsenals gibt.
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Die Produktionsstrasse der Nagant-Fabrik ging später nach Polen, wo der Ng30 für die polnische Armee hergestellt wurde, der später von der VIS35 abgelöst wurde.
Die polnischen Revolver sind von vozüglicher Qualität, genau wie die belgischen und vor WK1 aus Tula!!!
Produktionosende war dann 1945, also nach fast 50 Jahren. Dienen mussten die guten Stück VIEL länger, in Russland sicher bis in die späten 70er, in der NVA war schon Anfang der 70er Ausmusterung(waren bei der Panzertruppe im Einsatz).
Anfangs gab es ein Mannschaftsmodell, das nur einen Single Action Abzug hatte, und ein Offiziersmodell mit SA/DA Abzugssystem. Die Abzüge sind gewöhnlich SEHR hart, SA Gewichte von 4…5kg absolut keine Seltenheit, DA noch schwerer. Nach der Oktoberrevolution entfiel das Mannschaftsmodell, die meisten vorhandenen Mannschaftsrevolver wurden bei Überholungen auf DA umgerüstet(neuer Hammer), so dass heute Mannschaftsrevolver sehr selten sind.
Der Abzug ist aber recht einfach überarbeitbar, entweder unterlegt man den Abzugsseitigen Schenkel der großen Hauptfeder oder man schwächt ihn geziehlt durch Beschleifen.
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Die Munition im Kaliber 7,62x38R ist ein Kuriosum, die Hülse ist länger als die Trommel und ragt noch in den Übergangskonus hinnein, zentriert somit die Trommel und eliminiert Timingprobleme.
Hauptsächlich aber dichtet sie den Übergang Trommel/Lauf gasdicht ab.
Die Ordonnanzpatrone hat ein ca. 105…107grn schweres Kegelstumpfgeschoß, das einige mm in der Hülse versenkt sitzt, die Hülse selber ist im vorderen Bereich flach getapert(nicht so stark eingewürgt, wie man es heute bei Fiocchi oder PPU vorfindet!).
Es wird eine VauNull von ca. 265m/s erreicht, was 245J Mündungsenergie entspricht.
Angegeben wird ein Gasdruck von 1100bar, CIP gesteht der Patrone heute nur noch 770bar zu.
Diese Munition ist heute nur noch selten zu bekommen, hat keinen CIP und daher nur was für Smmler
Aus Vereinfachungsgründen verwendete man später die Geschosse der 7,62x25 mit Eisenkern, diese ca. 85 grn schweren Pillen brachten beachtliche 400m/s aus dem M95!

Für den schießsportlichen Einsatz wurde die Patrone B1 mit einem 100grn HBWC Bleigeschoß entwickelt, das mit ca. 190m/s auf die Reise ging.
Anfangs noch aus leicht überarbeiteten M95, später aus Sportrevolvern MZ4(hergestellt aus M95 Rahmen, schwerer Lauf in 6“, verstellbares Visier, ergonomischer Einhandgriff), zuletzt aus dem neu entwickelten Sportrevolver TOZ36 verschossen zeichnet sich diese Patrone durch eine hervorragende Präzision und ein weiches Schußverhalten aus.
Schlußendlich wurde die Hülse verkürzt und die 7,62x26,5R entstand. Geplant war diese Patrone eigentlich für eine Sportpistole MZ582E, die aber die Eerwartungen nicht erfüllen konnte.
Also wurde der TOZ36 überarbeitet und modernisiert und so entstand der TOZ49, eine der präzisesten Zentralfeuerkurzwaffen überhaupt.
TOZ36 und TOZ49 zeichnen sich durch einen voll einstellbaren Abzug und Formgriffe aus, sind also keine zu Sportwaffen umgebauten Gebrauchsrevolver wie die S&W Modelle, es sind geborene Sportwaffen. Geleifert wurden sie, typisch für die alten russischen Sportwaffen, in Holzkästen mit diversem Zubehör und Ersatzteile(Korne, Kimmen, Werkzeuge).
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Wer heute das Potential der alten Kämpen auszutzen will, muss die Muniton wohl oder übel selber herstellen, die Fabrikmunition von Fiocchi oder PPU ist teuer und unpräzise, die Hülsen oft nach dem ersten Verschuß gerissen(zu starker, völlig falscher Crimp).
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Leere Hülsen von Fiocchi oder PPU sind zu haben.
An Geschossen haben sich H&N CUHS oder Blei gefettet bewährt, .314“ Geschosse für die .32long auf .312“ runterkalibrieren und man ist gut aufgestellt.
Man kann natürlich auch die von H&N angebotenen Pillen in 85grn für die 7,62x25 verladen, hat dann aber u.U. herben Tiefschuß und muss das Korn abfeilen.
Als Matrizensatz bietet sich Lee an, da muss man aber auch etwas improvisieren, da der Nagant Satz auf die Verwendung von Hülsen 32-20 ausgelegt ist.
Man muß sich einen andern Setzstempel herstellen oder den vorhandenen abdrehen und mit einem Druckstück verlängern. Eine Seite für RN Geschosse, die andere Für Wadcutter.
Als Kalibriermatrize hat sich ein Lee Carbide Die der .30Carbine bestens bewährt.
Die Aufweit/Füllmatrize dieses Satzes wird dann per selbstgedrehtem Einsatz zur Tapercrimpmatrize umgerüstet. So kann man die Patrone bequem auf den 4 Stationen der Lee Classic Turret laden.
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Vielen Dank für den Einblick. Mittlerweile sehe ich die Sportversion des Nagant in einem anderen Licht. Damals, als 15jähriger, mit den zahllosen Seiten des Frankonia-Kataloges konfrontiert, war man natürlich nur scharf auf Colt, S&W und ggfls. noch Ruger. Aber über die russischen Revolver wurde die Naser gerümpft.

Für welchen Kurs ist denn die Sportversion heutzutage zu haben?
 
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Im Prinzip will die Zwillen wegen der miesen Munversorgung keiner haben, der neuwertige TOZ49 kam für 170, ein eben so neuer TOZ36 180 Euro. Leider beide ohne den Kasten.
Der gut gebrauchte TOZ36 auf den Bildern war mein erster und so um 250 Euro, der hat aber einen Abzug zum Niederknien und schießt super. Zu dem gabs auch noch B1 Mumpeln dazu.

Die meisten TOZ49 laufen heute wohl in Australien, hier sind die kaum noch zu finden.
Die meisten TOZe aus GST Bestand wurden billigs verscherbelt oder verschrottet, ging wohl auch viel ins Ausland.
Ein Dealer sagte mit, er hätte den kompletten Bestand des GST Stützpunktes in der Nähe nach Ungarn verkauft.

Wenn man sowas will, Egun schaun, alles Jubelzeiten taucht da mal was auf.

Ein MZ4 fehlt mir noch zum Glück.................
 
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Hier ein paar Bilder von der russischen Scheibenmunition und einem M 95 aus der 1944er-Fertigung:
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WTO
 
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Hülsen nich weghaun!
Ich kann auch die Berdandinger wiederladen!
 
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Gibt es Nachweise für die volkspolizeiliche Verwendung der Nagants? Wenn ja, wie waren die gekennzeichnet? GST war mir auch neu.
 
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Alte Berdanzange der .22 Hornet geht gut, muss man nur etwas umbaun:biggrin:

GST hatte MZ4 und alle TOZ im Bestand.

Nagant bei der VP wüsst ich grad nicht, kann aber fragen, kenne genug alte Büttel;-)
 
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WENN der M95 bei der VP war, müsste da die "Polizeisonne" oder Kreis im Quadrat(wie auf der Makarov oder dem MN M44, den ich mal hatte) zu finden sein.
GST Waffen haben meist gar keinen Stempel, zumindest ist mir weger bei den diversen Margolins oder TOZ8/17 nie was in der Art untergekommen.
LGs hatten GST im Schaft gestempelt.
 
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Wie ist eigentlich die Margolin?
Die hat ja auch eine interessante Geschichte mit einem blinden Konstrukteur.
Die gibt es auch im Koffer.

Vostok?

Ich haenge eher bei Dienstpistolen/Revolvern aber 22er haben auch ihren Reiz:thumbup:
 
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Die Margolin ist häßlich, PUNKT.
ABER: sie funktioniert und trifft SAGENHAFT gut.
Ehrlich gesagt war die Margolin der Grund für meine Erweiterung der Sammler WBK, ein guter Freund lies mich im Schießkeller in Helsinki mit seiner schießen und ich war sofort in das häßliche Entlein "verschossen".

Ich habe mich dann auf die Modelle der 1960er zurückgezogen, beste Verarbeitung und liegen mir 1a, die längeren Griffe der späteren Modelle mag ich nicht so.
Die Verarbeitung lies auch in den 1970ern nach, die heutigen Margolins kann man getrost vergessen.

Alte KK Revolver fetzten auch, hab mal nen Brünner Grand in .22lr für Kleingeld bekommen, Nill Griff(eigentlich für S&W K Rahmen) angepasst und VM gewonnen :)

Ich liebe diese alten Ostblockzwillen :D
 

JMB

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Schöner Bericht - Danke!

Wie viele mm geht denn die Trommel beim Nagant nach vorne?
Wie viel Luft ist beim Drehen (also Trommel "hinten") zwischen Hülsenmund und Hinterkante Lauf?
Sprich wie verschmutzungsempfindlich waren die Dinger im Einsatz?

Wie bruchempfindlich ist/war eigentlich der extrem lange Schlagbolzen am Hammer?


WaiHei
 
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Trommel vorn/hinten sieht man gut im ersten Bild des 1913er Mannschaftsmodels(wohl Mitbringsel aus Tannenberg).
Ich hab noch keine Klemmer durch Dreck bei originaler Hauptfeder erlebt, mit geschwächter Feder kann die Trommel schon mal vorn haken, die Hauptfeder ist im Prinzip für alle Bewegungen zuständig.

Hab auch noch nix über gebrochene Schlabos gehört, brauchte auch noch nie Ersatz, mein Ishevsker hat schon einiges an Eigenbaumun durch.

Dreck macht die Munition auch nicht viel, ist ja keine Schwarzpulverladung. Wobei es im WK1 mit Schwarzpulver geladene Munition gab als Notlösung.
Ich will das demnächst auch mal testen, aber nicht in den normal belauften M95, ich hab da noch einen mit Überlänge, das könnte lustig werden..............
 
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Danke an awo 425 für den ausführlichen Bericht.
Damit dürfte auch für einen Sportschützen -
mit 3-5.000 Schuß Trainingsmunition / Jahr das Thema
erledigt sein.
Noststalgiker, Sammler mit roter Karte, oder sonstige Freaks mal ausgenommen.
In meiner aktiven Zeit benötigte ich 3-5.000 Schuß Training um einigermaßen mithalten zu können.
Mir war aber bekannt, daß Kaderschützen - z.B. Christine Wenzel -
mindestens 20.000 Schuß/ Jahr benötigten.....
Da sollte man schon differenzieren können.
P:)
 

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