Neuer Pachtvertrag, oder ... der Schuss ins Weidloch

Registriert
30 Sep 2009
Beiträge
324
Unsere Pachtperiode geht in wenigen Wochen zu Ende. Das Jagdrevier, in dem ich schon als Kind umherstreifte und jeden einzelnen Baum und Strauch kenne, ist mir sehr ans Herz gewachsen, obwohl seit Jahren die Jagdqualität durch steigenden Erholungsdruck der Bevölkerung abnimmt. Es handelt sich um ein kleines Waldrevier mit einer guten Vegetation.

Seit über 40 Jahren bejagen wir dieses Revier mit mehr oder weniger dem selben Team. Wir haben zwei sehr zuverlässige Jungjäger (davon einen Jugendjagdscheininhaber) integriert und geben auch anderen Jungjägern (u.a. auch aus diesem Forum) regelmäßig Gelegenheit, ihr erstes Schweinchen bei uns zu erlegen. Jagdneid ist uns absolut fremd. Daher halten wir es auch schon "sehr lange" miteinander aus. Die Pacht wird regelmäßig pünktlich bezahlt, der Wildbestand sowie der Wald ist gesund und in Ordnung, der Abschussplan wurde bisher stets weitgehend erfüllt, das Verhältnis zum Verpächter war immer gut und vertrauensvoll, Wildschäden wurden einvernehmlich mit den Geschädigten geregelt, der Kontakt mit der Bevölkerung ist gut. Man kennt sich eben. Kurz: Frieden an der Front.

Wir bemühen uns, die Eigenjagd von der Stadtverwaltung wieder zu den selben Konditionen wie bisher zu bekommen, obwohl landauf-landab die Pachtpreise eher sinken, weil die Qualität abnimmt und Wildschäden immer unkalkulierbarer werden. Nach dem Wechsel der Person des städtischen Försters vor etwa einem Jahr weicht dieser Wunsch zunehmend einer irritierenden Realität. Wir können gerne weiter pachten, aber: ....

Ein entsprechender Gesprächstermin zwischen Forstamt und Pächter ist nach Gutsherrenart festgelegt worden. Verschiebung nicht möglich, obwohl Mitpächter Arzt ist und am Termin ein voll besetztes Wartezimmer hat. Egal, der "König" sitzt im Forstamt.

Der Vertragsentwurf, der in Papierform vorliegt, ist auch im terminierten Gespräch nicht veränderbar, das wurde bereits unmissverständlich am Telefon klar gemacht. Selbstverständlich soll der Vertragstext auch nicht als Word-Dokument per eMail verfügbar gemacht werden. Änderung nicht gewollt!

Der Vertrag sieht - unterm Strich - vor, dass der Förster alle Macht in Händen hält und die Jagdpächter nach seinen Anweisungen zu jagen haben. Eine eigenverantwortliche Jagdausübung ist in wesentlichen Teilen nicht mehr gegeben und wahrscheinlich auch nicht gewollt.

Nur einige Beispiele:

Waldwildschäden werden völlig unkalkulierbar, da nach Belieben des Verpächters die entsprechende Wildschadenspauschale jährlich erhöht werden kann. Bei der Errichtung von etwaigen Aufforstungsgattern wird die Pauschale ebenfalls erhöht, es sei denn, der Pächter hat sich verpflichtet, die Kosten für die Gatterung selbst zu übernehmen.

Des weiteren muss damit gerechnet werden, dass Kosten für Wegebau nach Gutdünken des Verpächters durch den Jagdpächter voll übernommen werden müssen, sofern (oder besser "weil") durch die Jagdausübung die Wege kaputtgefahren werden.

Außerdem kann bei diesem Vertrag der Herr Förster zu jeder Tages- und Nachtzeit in allen Revierteilen in Jagdausrüstung und Jagdausübung angetroffen werden, und er hat auch noch das kleine Jägerrecht. Von ihm erlegtes Wildbret darf/muss (grün geschossen?) vom Pächter am Dienstsitz des Verpächters abgeholt und in Besitz genommen werden.

Sollte Rehwild in einer Aufforstungsfläche gesichtet werden, ist es dort innerhalb von 48 Stunden zu erlegen. Ansonsten nimmt der Förster diese Aufgabe selber wahr bzw. beauftragt Berufsjäger auf Kosten des Pächters. "Herr ... (Pächter), ich habe heute in Aufforstungsfläche XY 3 Stück Rehwild gesehen. Bitte erlegen Sie die Stücke bis morgen. Ansonsten kommt Herr xxx. Die 300 € dafür stelle ich Ihnen dann in Rechnung ..."

Ergo: Ich muss dulden, dass irgend ein Berufsjäger den Zukunftsbock in meinem Revier erlegt, und darf ihn dafür auch noch gut bezahlen.

Sollte der weibl. Abschuss bis November nicht zu 70 % erledigt sein, kommt erneut der kostenpflichtige Berufsjäger xxx.

Jede Errichtung oder Beseitigung von Hochsitzen ist schriftlich bei der Forstverwaltung zu beantragen und wird per schriftlichem Verwaltungsakt beschieden.

Der Verpächter stellt kostenlos Flächen für Wildwiesen zur Verfügung (als Totschießplätze). Natülich sind die Pächter dann verpflichtet, diese auch zu bewirtschaften. Falls diese Flächen anschließend als Holzlagerplätze gebaucht werden, muss der Pächter dies entschädigungsfrei dulden.

Das waren nur einige Beispiele. Ich wollte eigentlich gar nicht so viel schreiben und frage mal in die Runde: Was sagt ihr zu diesem "Knebelvertrag"?
Was wir davon halten, sage ich an dieser Stelle aus gutem Grund nicht.

Gruß und WMH
b3
 
Registriert
23 Aug 2004
Beiträge
2.835
Unter diesen Voraussetzungen würde ich nicht mal jagen wollen wenn ich Geld dafür bekommen würde.
 
Registriert
11 Jan 2010
Beiträge
2.930
Lass es.
Such dir was anderes in der Gegend, er wird so schnell auch keinen Dummen finden der sich auf einen solchen Vertrag einlässt.
Oder er will euch da raushaben, um einem Freund/Verwandtem das Revier zu verpachten.

Viel Glück

FS
 
A

anonym

Guest
Der will Dich da raushaben.
Entweder gleich - weil der Schmarrn eh nicht akzeptierbar ist. Oder später weil er Dich mit den netten kleinen Details über die nächste Periode fertig macht.
 
Registriert
24 Nov 2010
Beiträge
7.088
basti3 schrieb:
Das waren nur einige Beispiele. Ich wollte eigentlich gar nicht so viel schreiben und frage mal in die Runde: Was sagt ihr zu diesem "Knebelvertrag"?
Was wir davon halten, sage ich an dieser Stelle aus gutem Grund nicht.

Gruß und WMH
b3

Servus,

wer einen solchen Vertrag unterschreibt, muss "mit Reissnägeln gepudert sein" !!!

Habt ihr schon einmal überlegt, ob er euch aus dem Revier "rausekeln" will, damit er eine gute und billige Regiejagd hat ???

Nimm den Vertragsentwurf und geh damit zur Stadtverwaltung, zum Bürgermeister, zu den Stadträten und verweise auf euere langjährige Hege und Pflege des Reviers sowie dessen ordnungsgemässe Bejagung. Zeigt den Herrschaften auf, dass ihr durch euere nachhaltige Bewirtschaftung den "Jagdwert" des Reviers gesteigert bzw. erhalten habt.

Pfüarte und viel Glück beim "Kampf" ums liebgewonnene Revier
 
Registriert
30 Sep 2009
Beiträge
324
Das Vorgehen ist sicher nicht persönlich auf mich oder uns bezogen. Es sind gleichermaßen 5 städtische Eigenjagdreviere betroffen. Dabei kommen wir eher noch positiv weg.

Der Förster hat sich auch schon bei sämtlichen Haubergsleuten (Privatleute, die sich auf zugewiesenen Waldstücken Brennholz im Wald schlagen) unbeliebt gemacht, da er generell auf einem sehr hohen Ross sitzt. Er versucht auf diesem Weg, möglichst viel Kapital aus den städtischen Liegenschaften zu schlagen und sich gleichzeitig aufgabenmäßig weitgehende Macht anzueignen. Das Aufgabengebiet "Jagdpacht" hat er von der bisher zuständigen Liegenschaftverwaltung an sich gezogen. Er geht bei seiner Tätigkeit völlig unsensibel und rücksichtslos vor.

Davon abgesehen habt ihr, @Snoebel, Froschschenkel und Gletscherpris absolut Recht. Würden wir uns auf diesen Vertrag einlassen, hätten wir zukünftig permanenten Ärger mit dem Verpächter am Hals. Darauf können wir gut und gerne verzichten.
 
Registriert
25 Dez 2006
Beiträge
5.348
würde mich mit den anderen Revieren zusammen tun und bei der Stadt mal vorsprechen :evil:
 
A

anonym

Guest
marterhund schrieb:
würde mich mit den anderen Revieren zusammen tun und bei der Stadt mal vorsprechen :evil:

100 % Zustimmung.
Nicht als Einzelner - außer sonst will keiner natürlich - hin zur Stadt.
Und dann mit dem Bürgermeister reden.
Wer einen Stadtrat kennt und vorab schon da mal das Gespräch sucht wird auch nicht viel verkehrt machen.
 
Registriert
26 Jun 2006
Beiträge
1.916
Einige (unsortierte) Gedanken:

Auch Förster haben Vorgesetzte (Forstamtsleiter, Bürgermeister).
Denen klar machen, dass keiner solche Knebelverträge unterschreiben wird und die Frage nachschießen, ob die Kommune es so dicke hat, dass sie auf die Jagdpacht in der bisherigen Höhe verzichten kann.
Ggf. vom Anwalt prüfen, ob der Vertragsentwurf sittenwidrig ist.

Auch Förster dürfen ihr Amt nicht missbrauchen (Dienstaufsichtsbeschwerte etc.)

Mancher begreift es nur auf die harte Tour

Aber es ist wahr, bei dem Knilch macht das Jagen keinen Spass.

WH
T.
 
A

anonym

Guest
Hört sich so an, als ob sie lieber jeden Hochsitz einzeln für 150 E je Wochenende an Holländer verpachten wollen.
 
Registriert
21 Feb 2006
Beiträge
5.575
Ich würde ebenfalls den Weg über den Dienstvorgesetzten, in dem Fall wohl ein Bürgermeister oder Dezernent, wählen. Falls du oder einer deiner Mitpächter oder einer der Pächter der übrigen 5 Reviere im Stadtgebiet wohnt, lohnt ebenfalls ein Gespräch mit einem Stadtrat der eigenen Fraktion.
 
Registriert
7 Sep 2010
Beiträge
1.454
Was regen sich hier alle künstlich auf, das ist die Zukunft der deutschen Jagd, zumindest wenn es nach Oberförster VS hier im Forum geht. Eine Enteignung von Jagdgenossenschaften und Entmündigung der JAB zu Pirschbezirklern und Befehlsempfängern. Die Entwicklung geht ganz klar in diese Richtung. Wäre schön, wenn OberförsterVS den Herren hier mal erklären würde, wie der Hase in Zukunft läuft :roll: .

Außerdem spielt das ganze wahrscheinlich in NRW, da werden sich viele Dumme um ein Revier mit noch so vielen Einschränkungen geradezu reißen, Geld spielt keine Rolle. Und sollte sich tatsächlich keiner finden lassen dann das Modell mit jede Menge entrechteten Pirschbezirklern :roll: , die das böse Rehlein schon ausradieren, die Naturverjüngung schützen und dafür auch noch Geld zahlen.

Die Zukunft gehört dem Forst.

Nachtjäger
 

Online-Statistiken

Zurzeit aktive Mitglieder
161
Zurzeit aktive Gäste
787
Besucher gesamt
948
Oben