Ein Update und Erfahrungsbericht, falls jemand auch mal so etwas ausrichten muss:
ich habe die diesjährige Generalversammlung unseres Vereins mit 68 Mitgliedern letzte Woche online abgehalten, da sich hier (CH) wegen der Pandemie nur maximal 50 Leute versammeln durften. Es waren dann 54 Teilnehmer und die Erfahrung zwiespältig:
Abgesprungene Kollegen, die Desinteresse am digitalen Format äusserten und hinzugekommene Teilnehmer, die sonst nicht dabei gewesen wären, halten sich dabei etwa die Waage.
Leider gab es während der GV immer wieder ein Kommen und Gehen der Teilnehmer, was zu häufigen Unterbrechungen führte. Hier hatten wir hier die Technik nicht wie geplant im Griff und anstatt, dass der dafür vorgesehen Co-Moderator dies regeln konnte, musste ich immer wieder aus der Präsentation raus, um Nachzügler oder Wiederkehrer der Versammlung beitreten zu lassen.
Beim nächsten Mal werden wir dies vorab testen und abstellen können, sodass man dann von solch einem Hin und Her nichts merken wird. Aber was ist die Veranstaltung mit vermeintlich hoher Teilnehmerzahl wert, wenn dauernd die Tür klappert?
Nach der notwendigen Entscheidung, die GV online durchzuführen, hatten wir neben der normalen Arbeit nur drei Tage Zeit zur Vorbereitung. Ein Zoom Abo für den Verein war rasch gebucht, eine kleine Konferenzkamera gekauft und der Beamer eingepackt. Etwas mehr Zeit brauchte es schon, um das Live-Voting bei Polyas.ch einzurichten und die Abstimmungen vorzubereiten. Zumindest dieses Tool hat sich hervorragend bewährt.
Wir legten grossen Wert darauf, dass wir die GV als Vorstand gemeinsam durchführen und trafen uns im Hinterzimmer eines Lokals. Dort sassen wir dann mit mehreren Rechnern und hatten die Aufgaben verteilt: Vortrag, Zoom und die Kamera waren zu betreuen, einer musste Chat im Auge behalten, einer die Teilnehmerliste kontrollieren und ein weiterer für das live-voting zuständig sein.
Man braucht also mehr Leute vor Ort, die sich die ganze Zeit um Technik, statt um Inhalte kümmern. Und dies mit dem alleinigen Ziel, dass mehr Leute abwesend sein können?!? Nun wandten manche ein: "Moment, ohne das elektronische Angebot hätte ich doch gar nicht teilgenommen!" Das mag ja sein, aber aus der Perspektive der Vortragenden sind diese Personen in erster Linie nur eines: abwesend.
Leinwand und Beamer hatten den Zweck, dass wir möglichst viele Teilnehmer sehen und direkt ansprechen können. Doch selbst wenn es bei dieser Premiere richtig funktioniert hätte, so wären nie alle der im Schnitt über fünfzig Teilnehmer gleichzeitig zu sehen gewesen und obendrein hatten nur jeweils 6-8 überhaupt ihre Kamera an. Stattdessen sah man nur schwarze Felder mit den Namen oder auch bloss nur ein nichtssagendes anonymes Kürzel.
Ich empfinde dies als respektlose Unhöflichkeit. Das ist kein individueller Vorwurf, sondern eine allgemeine Feststellung und Anlass zur Annahme, dass auch auf der Teilnehmerseite noch die Routine in der Online-Nutzung fehlt und glaube, dass wir uns die entsprechenden Etikette für den kollegialen Umgang unter digitalen Bedingungen noch werden erarbeiten müssen.
Bei der Einrichtung eines Zoom Meetings kann und sollte man es tunlichst so einstellen, dass den eintretenden Teilnehmern erst einmal das Mikro abgestellt wird. Will sich jemand zu Wort melden, kann es jeder individuell wieder einschalten und etwas sagen. Wenn anschliessend vergessen wird, das Mikro wieder auszustellen, kann man dies als Moderator aus der Ferne erledigen. Diese Funktion habe ich recht fleissig benutzt. Ansonsten hören alle anderen sämtliche Hintergrundgeräusche, sei es Tassengeklapper neben der Tastatur oder alle Gespräche aus dem jeweiligen Raum.
Ich stelle mir die Frage, wie anwesend ist jemand, den ich stummschalten muss?
Fazit: Machbar und der rechtlichen Form genügend, aber ohne Pandemie: nie wieder.