Patentjagd in der Schweiz - Erfahrungen

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Die dortigen Kollegen mit Revierjagdsystem hatten vor Jahren immer ihre Witze über die
Unfallhäufung durch die kurzen Jagdzeiten der Graubündener gemacht. War da was dran?
 
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Die dortigen Kollegen mit Revierjagdsystem hatten vor Jahren immer ihre Witze über die
Unfallhäufung durch die kurzen Jagdzeiten der Graubündener gemacht. War da was dran?
Erstens:
Dass Jäger „Witze“ über die Unfälle der anderen Jäger machen die ev. Ihr Leben lassen finde ich äusserst geschmacklos.

Zweitens:
Dass Jäger über andere Jäger herziehen und wir unseren Ruf selbst „zur Sau“ machen deutet auch nicht gerade auf intelligenz hin. Was soll denn die nichtjagende Bevölkerung über uns denken, wenn wir schon so übereinander reden?

Drittens:
Wenn du nun wirklich an Fakten interessiert bist: lies bitte hier den SUVA-Unfallbericht mit Daten über 10 Jahre (Achtung: Unfälle der ganzen Schweiz, nicht nur Graubünden. Aber die mehrheit der Kantone in CH kennt die Patentjagd):


-> 23 Todesfälle in 10 Jahren in der ganzen Schweiz, vier davon durch Schusswaffen

Sehr viele Unfälle passieren im steilen Gelände, leider stürzen immer wieder Jäger im Gebirge ab (Schnee, Eis, rutschiges Gras...)
 

steve

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Mit sagte ein schweizer Jäger den ich bei einem Hundekurs kennengelernt habe, „Wir sind 350 Tage glühende Verfechter der Patentjagd. Aber während der 14 Tage Hochjagd verteidigen wir unser Revier mit allen Mitteln.“ Die Jägergruppe hat abends dann ein paar Anekdoten rausgehauen, die man kaum glauben konnte. Gefällte Bäume über Zufahrtswegen zu bestimmten Revierteilen war da noch das harmloseste.
 
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Indian Summer, ich war der Meinung mir stehe es nicht zu, als Gast die Qualität der "Witze"
Schweizer Jäger zu beurteilen. Der Vergleich mit der Patentjagd bezog sich ausdrücklich
auf den hohen Jagddruck in der kurzen Zeit in Verbindung mit dem Schusswaffengebrauch.
Die Unfallhäufung in Graubünden ist wohl da, meine Frage lässt sich aber aus deiner Grafik
nicht beantworten. Trotzdem danke für die Antwort.
 
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Die Unfälle der letzten Jahre kannst du leicht per Google selbst nachlesen. Da findest du in den einschlägigen Medien alles was so passiert ist und kannst dir selbst ein Bild darüber machen in welchen Kantonen, mit welchem Jagdsystem was passiert ist.

Dass das Patentsystem zu einem gewissen Konkurrenz- und auch Zeitdruck auf der Jagd führt, ist Tatsache. Dies ermöglicht aber auch recht hohe Abschusszahlen in kurzer Zeit.

Als Patentjäger jagt man innerhalb eines gesetzlich recht straff geregelten Systems mit zahlreichen Auflagen und Kontrollen. Durch die staatlichen Wildhüter, die teils freiwillige Jagdaufsicht und durch alle anderen Jäger hat der Wald viele Augen und die Sanktionen fallen je nach Vergehen recht drastisch aus. Jagdpolizeilich ist das schon ein Unterschied zum Reviersystem.

Die Patentkantone erstrecken sich über alle vier Sprachregionen und die Patentsysteme in sich selbst sind von Kanton zu Kanton verschieden. Endsprechend untetschiedlich ist auch die Jagdkultur und der Jagdbetrieb in den Patentkantonen.
 
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Das Thema "Patentjagd" ist für mich ungemein spannend. Weil, irgendwie passt es vorne und hinten nicht mit dem zusammen, was unsereiner so als Kern der Jagd versteht:

  • Niederwildhege? Nein.
  • Bau und Erhaltung von jagdlichen Einrichtungen, z.B. Pirschsteigen? Nein.
  • Beobachten und Lernen vom Wild übers ganze Jahr? Nein.
  • Verschärfte Bejagung von Schadflächen/Schadwild? Nein.
  • Wildschäden? Nein.

So vom Blickwinkel eines österreichischen Jagdaufsichtsorgans aus entspricht die Patentjagd am ehesten kollektiver Wilderei.​

Und es geht doch! Die tatsächlich vorhandenen Spielräume sind offenbar größer, als sich ein biederer Revierjäger das jemals vorstellen kann.
 
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Die Hege ist über die örtlichen Jagdvereine organisiert und flächenmässig z. B. in Kreise mit zugeteilten Verantwortlichen aufgeteilt. Das Engagement ist (meines Wissens überall) freiwillig und keine Bedingung für den Erwerb eines Jagdpatents. Lediglich während der Jägerausbildung sind gewisse Pflichtstunden zu leisten.
Niederwild hat in der Schweiz fast keine Bedeutung mehr. Ob das an mangelnder Hege oder am Lebensraum liegt, kann ich nicht beurteilen. Mit Hege wäre sicherlich etwas zu erreichen, aber es steht auch in den Revierkantonen schlecht ums Niederwild. Interessanterweise wird aber abgesehen von Wasservögeln fast nur noch in den Patentkantonen nennenswert Niederwild bejagd. Was daran liegt, dass in den Bergregionen noch im kleinen Rahmen bejagbare Niederwildbesätze vorhanden sind. Hasen und Schneehasen als Beispiel, werden soweit ich weiss fast nur noch in den Patentkantonen erlegt. Birkwild und Schneehühner ebenfals. Die Gebirgskantone haben fast alle das Patensystem. Die klassische Niederwildhege im Kulturland ist ausser etwas Heckenpflege praktisch inexistent. Für gute Besätze fehlen uns auch die Flächen. Die Hege an sich besteht deshalb eher aus Rehkitzrettung, Unfallverhütung, etc..

Jagdliche Einrichtungem gibt es, sind erlaubt und werden auch genutzt. Im gekammerten Gelände sind sie aber zumindest aus Sicherheitsgründen nicht so essentiel wie in den Niederungen, da Kugelfang eher gegeben ist. Viele Jäger hier haben ihr Leben lang Wild erlegt ohne jemals einen Schuss von einem Hochsitz oder Drückjagdbock abgegeben zu haben.

Auch Patentjäger kümmern sich übers Jahr um ihr Wild. Viele jagen direkt an ihrem Wohn- und Arbeitsort und haben Wochenendhütten im Jagdgebiet. Zeit zur Wildbeobachtung nehmen sich die meisten gerne.
Auch sonst engagiert man sich das Jahr über für die Jagd. Sei es im Schiess- oder Hundewesen, in der Hege oder beim Jagdhornblasen. In der Schonzeit hat man für diese Aktivitäten genügend Zeit.

Schwerpunktmässige Bejagung ist etwas schwierig, aber auch da gibt es gewisse Möglichkeiten. Wald-Wild ist und bleibt ein ehwiges Thema. Ob das aber am Jagdsystem liegt bezweifle ich. Die Trennung von Grundbesitz und Jagdrecht und die Trennung von Jagd- und Forstverwaltung (in einigen Kantonen) öffnet den Graben wahrscheinlich genauso wie das Jagdsystem.


Ich mag es nicht so wenn unser Jagdsystem - sei es Revier oder Patent - direkt mit dem Ausland verglichen werden. Unsere Topographie, Besiedlungsdichte, die Eigentumsstrukturen, das Gemeindewesen, die Forstorganisation, die Geschichte, die Mentalität und Jagdtradition ist weder mit Deutschland noch mit Österreich vergleichbar.
Das führt beispielsweise dazu das Bewegungsjagden in der Schweiz nicht vergleichbar sind mit Drückjagden in Deutschland. Und wiederum deshalb funktioniert bei uns auch der Schrotschuss auf Rehwild bzw. darum ist er auch nicht entbehrlich.
 
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Ich habe hier sicher schon öfter über die Patentjagd gemeckert. Einfach weil sie so kurz ist.

Gamsjagd ist toll. In Bern das Jagdpatent A kaufen, zwei Gams frei. Dazu 2 Wochen Urlaub nehmen. Viel Spaß! Das ist wirklich Jagd.

Laute Jagd sind in Bern 6 Wochen.. 2 Rehe sind günstig. Jedes weitere wird dann irgendwann teuer. Gedeckelt auf 9 oder so. Andere Kantone noch weniger. Hase und Fuchs könnte man brackieren, aber wie gesagt nur 6 Wochen Jagdzeit. Dazu nur an 3 Tagen in der Woche erlaubt. In Deutschland jage ich mit dem Hund von September bis Januar.

Wir waren Weihnachten wieder auf Familienbesuch in der Schweiz. Ich überlege dann immer wieder mal 5 Minuten. Aber nee.
Hase ist in Bern ganzjährig geschont. Gruss aus Bern 👍🏻

Jagdzeit im Kt Bern. 02.08-28.02

Mit Wildschwein geht es im August los. Ansitz nur ausserhalb des Waldes. (Einzige bejagbare Art im August)
September kommt der Hirsch und Gams dazu inkl Raubwild. Und Federwild

Oktober bis Mitte November klassisch Rehjagd. Laute Jagd hier genannt also Drückjagd (Schrot oder Büchse) aber angesessen oder gepirscht wird auch.

Dezember noch raubwild und Schwarzwild und Federwild offen.

Januar noch Schwarzwild und Fuchs

Februar nur noch Fuchs

Kt Bern ist mit Abstand ein sehr Jagdfreundlicher Kanton was die Zeiten angeht. 7 Monate durchgehend Jagd kenne ich in keinem anderen Patentsystem.

Kehrseite der Medaille ist der Jagdneid. Es ist wirklich schlimm und teilweise peinlich was da jedes Jahr passiert. Bis hin zu Schlägerei unter 2 Jägern 70+ aus dem selben Jagdverein 🤦🏼‍♂️ mit Wildhut und Polizei vor Ort. Bin mir sicher in Deutschland wären die Waffenrechtlichen Erlaubnisse weg gewesen.

Wenn man im Berner Oberland jagen will, also im Gebirge sollte man Anschluss da oben haben an eine Jagdgruppe. Erstens weil es auch im Gelände für Flachländer gefährlich werden kann und zweitens werden einem nicht die Reifen zerstochen. Ja die Bergmenschen sind wirklich eigen.
 
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Okay - wenn man geselliges Jagen möchte, dann wird man naturgemäß Anschluss an eine Jagdgemeinschaft suchen.

Aber das ist doch kein Muss?
Ich Stelle mir das wie in weiten Teilen von USA/Can vor. In der Open-Season löse ich mein "Tag für was auch immer" und bin dann im Jagdgebiet unterwegs. Wenn mein Ziel ist, etwas Ruhe zu haben und bspw. 1-3 Stk. Rehwild für die heimische Küche zu erlegen, warum sollte ich dafür eine Jagdgemeinschaft brauchen?

Oder ist es tatsächlich so wie tlw. angedeutet, das, überspitzt formuliert, an jedem Eingang zum Jagdgebiet ein Aufpasser steht, der sicherstellt das nur "Clubangehörige" jagen?
So einfach geht das in den USA und Canada auch nicht. Crown land ist nicht überall. Und die Farmer passen schon auf ihr Land auf. Dazu muss man sich genau über Zonen informieren.
Das dauert auch alles etwas.
 

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